Das polnische Bibliothekswesen bis 1939 | Die polnischen Bibliotheken 1939-1945 | Die Zeit nach 1945 | Die Zeit nach 1990 | Kooperationen | Schlussbemerkung | Literatur
„Die Generation, der ich angehörte, befand sich in einer Lage, die polnischen Generationen nicht oft widerfährt – wir betraten das Leben in einem freien, unabhängigen Polen. Diese Idylle sollte ganze zwanzig Jahre dauern.“[Fn1]
In diesen zwei Sätzen umfasst der polnische Schriftsteller und Intellektuelle Witold Gombrowicz das schwierige Schicksal des polnischen Staates, welches vor allem durch die Geschichte ständiger territorialer Veränderung und Teilungen bis hin zur Nichtexistenz des Landes bzw. grundsätzlichen Abhängigkeiten von anderen Nationen gekennzeichnet ist. Und tatsächlich waren die Jahre der Zwischenkriegszeit ab etwa 1917 bzw. nach dem Frieden von Riga 1921 erstmals in der Geschichte des Landes eine Phase, in der das polnische Volk die Möglichkeit hatte, sich als eine stabile Nation mit stabilem Landesgebiet zu konsolidieren. Insofern schien für eine kurze Zeit der „dritte Tag“ greifbar, den der polnische Nationaldichter Adam Mickiewicz nach dem Scheitern der nationalen Erhebung 1832 im Exil ersehnte:
„Denn das polnische Volk ist nicht gestorben; sein Körper liegt im Grabe und seine Seele wanderte aus der Erde, d.h. dem öffentlichen Leben der Völker, in die Hölle, d.h. dem Alltagsleben der Völker, die Sklaverei leiden im eigenen Lande und außerhalb, um ihr Leiden zu sehen. Aber am dritten Tag kehrt die Seele wieder zurück in ihren Körper, und das Volk wird auferstehen ...“
So blieb dem polnischen Volk lange Zeit nur die Identifikation über ihre Nationalsprache und ihre Literatur, deren Wurzeln hauptsächlich im polnischen Humanismus des 16. Jahrhunderts, besonders in der Lyrik Jan Kochanowskis, liegen.
Das polnische Bibliothekswesen bis 1939
Das polnische Bibliothekswesen selbst ist allerdings noch weitaus älter. Bereits 1364 entstand an der Jagiellonischen Universität in Kraków eine Universitätsbibliothek, deren Bestände zu den ältesten Sammlungen in Mitteleuropa gehören. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten literarischen Zeugnisse in polnischer Sprache. Obschon sich Polen noch 1791 die erste geschriebene demokratische Verfassung Europas gab, wurde das Land, nachdem es schon 1772 und 1793 weite Gebiete an Russland, Preußen und Österreich verlor, 1795 mit der 3. Teilung endgültig als politisch selbstständiges Gebilde entmachtet. Dabei ging auch die Zaluski-Bibliothek, aus welcher die Nationalbibliothek Polens entstehen sollte, in russischen Besitz über und wurde direkt nach der Teilung nach St. Petersburg überführt. Was damals eine Katastrophe für die Nationalkultur und das Bibliothekswesens Polens darstellte, war erst ein Vorspiel zu dem, was sich 145 Jahre später ereignen sollte.
Erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges entstand nach Intervention des amerikanischen Präsidenten Thomas Woodrow Wilson die Republik Polen. Jedoch kam es nicht zum verstärkten Ausbau und zur Entwicklung des nationalen Bibliothekswesens, obwohl durch den 1917 gegründeten Verein der polnischen Bibliothekare zahlreiche Aktivitäten zur Schaffung eines einheitlichen Bibliothekssystems und zur Vorlage des Entwurfs für ein Bibliotheksgesetz ausgingen. Diese Bemühungen scheiterten jedoch an der Gleichgültigkeit der für die Bibliotheken verantwortlichen Organe. Erst 10 Jahre später, 1928, wurde die Nationalbibliothek als ein Symbol der kulturellen Eigenständigkeit Polens in Warschau gegründet, die die Bibliographie mit laufenden polnischen Neuerscheinungen herausgab. Als zweites Standbein des polnischen Kulturwesens entwickelte sich die Jagiellonische Bibliothek in Krakau.
Die polnischen Bibliotheken 1939-1945
Während des Zweiten Weltkrieges wurden zwei Drittel der Sammlungen der polnischen öffentlichen und privaten Bibliotheken vernichtet: Dabei handelt es sich um typische Kriegsverluste (Zerstörung von Gebäuden und Sammlungen vieler polnischer Bibliotheken durch Bomben und Artilleriefeuer), aber auch um gezielte Aktionen, begründet in der NS-Politik, die sowohl die staatlichen Institutionen als auch die kulturelle Identität in den besetzten Gebieten zu zerstören suchten. Mit diesem Ziel liquidierte man zentrale Ämter sowie das Universitäts- und Schulwesen und mit den Institutionen verschwanden jeweils auch ihre Bibliotheken.
Bei den wissenschaftlichen Bibliotheken sah man aufgrund des potentiellen Wertes der Sammlungen von einer systematischen Vernichtung ab. Vielmehr unterstanden die Häuser seit 1940 der neu geschaffenen Hauptverwaltung der Bibliotheken im Generalgouvernement, die in Krakau, Warschau, Lvov (Lemberg [heute Ukraine]) und Lublin daraus sog. Staatsbibliotheken bildete. Diese vier Bibliotheken umfassten insgesamt 6 Mio. Bände, die den Krieg überstanden haben. Unter der Leitung der deutschen ’Hauptverwaltung’ arbeiteten 300 polnische Bibliothekare. An deren Spitze stand Dr. Gustav Abb, seit 1935 Direktor der Universitätsbibliothek Berlin und 1937-1942 Vorsitzender des Vereins Deutscher Bibliothekare (VDB). Durch seinen Einsatz blieben die Bestände – bis auf die Warschauer Sammlungen – weitgehend erhalten.
Die Bilanz des Krieges liest sich wie in so vielen europäischen Nationen verheerend: Von den Gymnasial-Bibliotheken wurden 70%, von den öffentlichen Bibliotheken 93% und von den wissenschaftlichen Bibliotheken etwa die Hälfte zerstört.
Nach dem Warschauer Aufstand im Sommer 1944 setzten spezielle Brandkommandos systematisch die ganze Stadt in Brand und verbrannten dabei auch die wertvollsten Sondersammlungen der Warschauer Bibliotheken, in der Summe etwa 3 Mio. Bände.[Fn2] Auch die Nationalbibliothek war stark betroffen. Diese Lücke ließ sich bis heute nicht schließen und bleibt damit nicht nur eine Bestandslücke, sondern auch als Leerstelle in der polnischen Kulturgeschichte zurück.
Die Zeit nach 1945
Im Zuge des Wiederaufbaus des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg ging es für die Bibliotheken verhältnismäßig schnell wieder bergauf. Wie es den Prinzipien der sozialistischen Gesellschaftsordnung entsprach, entstand schon bald wieder ein dichtes Netz öffentlicher Bibliotheken, das mit enormen Schwung gefördert und ausgebaut wurde. Es basierte auf einer erheblich großen Zahl von Kleinstbüchereien auf dem Lande, die heute noch ehrenamtlich geführt werden, aber ins öffentliche Bibliothekssystem integriert sind und deren Bestände über die nächste Stadt- oder Bezirksbibliothek verwaltet werden. In den Jahren 1949-1959 arbeiteten bereits wieder 3.000 Gemeindebibliotheken und 20.000 kleine Büchereien in ländlichen Gebieten.[Fn3]
Am 17. April 1946 wurde vom polnischen Ministerrat das Dekret über die Bibliotheken und die Betreuung der Bibliotheksbestände erlassen. Darin legt der Artikel 2 fest, dass ein ganz Polen überziehendes System von öffentlichen Bibliotheksnetzen geschaffen werden soll, um eine einheitliche Kulturarbeit mit Hilfe des Buches und der Bibliotheken durchführen zu können und jedem Bürger die Möglichkeit zu geben, die Bibliotheksbestände des ganzen Landes zu nutzen. Dieses Dekret leitete eine Entwicklung ein, die darauf abzielte, die verschiedenen Bibliothekstypen des Landes in ein System einzugliedern.[Fn4] Als Ergebnis des Dekrets und weiteren staatlichen Förderungsmaßnahmen entstand in Polen ein umfangreiches Netzwerk allgemeiner öffentlicher Bibliotheken, das sowohl von der Anzahl der Bibliotheken als auch von der Größe des Buchbestandes her im Bibliothekswesen des Landes einen führenden Platz einnahm.
Abb1. Am Eingang des Gebäudes der Nationalbibliothek in Warschau
Ein Meilenstein in der Entwicklung des polnischen Bibliothekswesens war die Verabschiedung des Bibliotheksgesetzes vom 9. April 1968 durch den Staatsrat. Im Artikel 1 ist festgehalten, dass jedem Bürger das uneingeschränkte Recht zur Nutzung der Bibliotheken des Landes zukommt und der Staat die Entwicklung der Bibliotheken und die breite Erschließung ihrer Bestände garantiert. Das Bibliotheksgesetz verpflichtet die staatlichen Organe, denen Bibliotheken unterstellt sind, für entsprechende Arbeits- und Entwicklungsbedingungen der Bibliotheken zu sorgen, insbesondere für geeignete Räume und deren Ausstattung sowie für die Bereitstellung von Mitteln zur Erwerbung von Bibliotheksmaterialien.[Fn5]
Das dem Ministerium für Kultur und Kunst unterstehende Netz verfügte acht Jahre nach dem Erlass des Bibliotheksgesetzes über 9060 Einrichtungen, die insgesamt einen Buchbestand von 77,7 Mio. Bänden aufwiesen, 7,2 Mio. Leser und 141,7 Mio. Entleihungen zählten.
Die Zeit nach 1990
„Im Gegensatz zu Deutschland ist die Abgrenzung zwischen wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken in Polen nicht so ausgeprägt.“[Fn6]
Das Netz der wissenschaftlichen Bibliotheken wird von den Bibliotheken der Polnischen Akademie der Wissenschaften, den Universitäts- und Institutsbibliotheken sowie von einigen Bibliotheken zentraler Institutionen, Behörden und Organisationen und einigen öffentlichen Bibliotheken der größten Städte Polens gebildet. Fanden sich zum Ende der 1980er Jahre in Polen 289 wissenschaftliche Bibliotheken, darunter 89 Hochschulbibliotheken, so sind es heute schon mit insgesamt 1.209 Einrichtungen, darunter 981 Hochschulbibliotheken, deutlich mehr. Der Gesamtbestand beläuft sich auf etwa 66 Mio. Bände.[Fn7] Auffällig ist der auf die Kriegsverluste zurückzuführende Mangel an Altbeständen.
Nach 1990 übernahmen die kommunalen Selbstverwaltungen
die Trägerschaft für die Mehrheit der öffentlichen
Bibliotheken. Sehr oft kam es dabei zu einer Reduzierung der Aufwendungen.
So hat sich die Anzahl der öffentlichen Bibliotheken in Polen
seither verringert. Die Statistik weist zum Ende des Jahres 1999
für Polen 9046 öffentliche Bibliotheken und 2870 Kleinstbüchereien
aus. Diese verfügen insgesamt über 135 Mio. Bände
und werden jährlich von etwa 7 Mio. Lesern genutzt[Fn8],
was etwa einem Fünftel der Gesamtbevölkerung Polens von
etwa 38,632 Mio. Einwohnern entspricht.
Der Gesamtbestand der bestehenden Bibliotheksnetze in Polen beträgt
39.711.700 Bände (Bücher und Zeitschriften) und 10.464.700
Einheiten in den Spezialsammlungen (alte Drucke, Handschriften,
Grafiken und Mikrofilme). Auffallend umfangreiche Bestandszahlen
finden sich außerdem für die Schulbibliotheken.
Die Stellung der öffentlichen Bibliotheken veränderte sich durch die Gesetzesänderung vom 8. März 1990 zur territorialen Selbstverwaltung grundsätzlich. Nach dieser fällt der Unterhalt der Bibliotheken in den Aufgabenbereich der Gemeinden.[Fn9] Das Problem der lokalen Verfügungsautonomie ist allerdings offensichtlich: Wo zuvor das Netz der Einrichtungen gleichermaßen ausgestattet wurde, entwickeln sich nun deutliche Unterschiede bei der materiellen Versorgung einzelner Einrichtungen. Besonders in ländlichen Gebieten waren z.T. drastische Einschnitte die Folge. Im Ergebnis dünnte sich das Bibliotheksnetz aus und auch die Erwerbungszahlen gingen zurück. Als zusätzlicher Nebeneffekt wurden die Kontakte und Bindungen zwischen den Bibliotheken geschwächt.
Andererseits führte kein Weg an einer Reform des übersubventionierten Systems der Volksrepublik, das letztlich in der vorliegenden Form auch ökonomisch nicht tragbar war, vorbei. Die positiven Seiten der Entwicklung finden sich in der Aufhebung der Zensur, der Öffnung des Verlagswesens und der Entstehung eines freien Buchmarktes. Das Aufkommen elektronischer Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten und die steigende Bedeutung der vielfältigen modernen Medien förderte zudem die Modernisierung der Bibliotheken und veränderte ihre Einstellung zum gesellschaftlichen Umfeld. Dass hier mittlerweile lokal und nicht mehr zentral entschieden wird, ermöglicht ein flexibleres Reagieren auf die Bedürfnisse der lokalen Gemeinschaften. Der neue Wettbewerb führte dazu, dass die bibliothekarischen Angebote reichhaltiger und moderner wurden, die Computer in die Bibliotheken einzogen und mit neuen Angeboten auf veränderte Benutzeransprüche reagierten. Diese verstärkte Nutzerorientierung führte zu grundsätzlichen Änderungen im Bestandsprofil.
In Bezug auf die Zielgruppen ist eine steigende Nachfrage nach bibliothekarischen Leistungen seitens sozio-ökonomisch schlechter gestellter Gesellschaftsgruppen zu beobachten, die sich Bücher häufig nicht leisten können. Außerdem arbeiten die polnischen Bibliotheken immer stärker mit ausländischen Bibliotheken vornehmlich aus Westeuropa zusammen, um Erfahrungen zu sammeln und Informationen auszutauschen. Auch gibt es mehrere Projekte, z.B. die im Jahr 2004 von der Bertelsmann Stiftung initiierten Modellbibliotheken für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in den Städten Wroclaw (Breslau) und Olsztyn (Allenstein). Diese bieten freien und zielgruppenspezifischen Informationszugang, vermitteln Lese- und Informationskompetenz und tragen zur Förderung von Lernen, Berufsorientierung und Alltagsmanagement bei. Ein Viertel der Bevölkerung Polens sind Kinder oder Jugendliche, daher ist die Ansiedlung der Modellbibliotheken für junge Menschen durchaus sinnvoll. In enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Kommunen Wroclaw und Olsztyn und deren öffentlichen Bibliotheken leitet die Bertelsmann Stiftung das Projekt bis zum Jahr 2007. [Fn10]
Abb. 2 Die neue Universitätsbibliothek in Warschau
Kooperationen
Die Pommersche Landesbibliothek Szczecin (Stettin) erfüllt ihre Aufgabe als wissenschaftliche und öffentliche Bibliothek. Sie besitzt rund 760.000 Bücher, 143.000 Zeitschriften und 380.000 Bände in Spezialsammlungen. Darunter befinden sich wertvolle Museumssammlungen wie etwa 30.000 alte Drucke. Momentan wird ein Projekt durchgeführt, das sich mit der „Verbesserung der Aufbewahrung und der Verfügbarkeit sowie des Schutzes der Sammlungen aus der polnisch-deutschen Kultur-Grenzregion“ beschäftigt. Dieses fünfjährige Projekt umfasst die Katalogisierung und die Mikroverfilmung der wertvollsten Bücher- und Zeitschriftensammlungen in der Bibliothek unter Nutzung modernster Technik. Es wird durch die Robert-Bosch-Stiftung in Stuttgart betreut, methodische Hilfe leistet die Bayerische Staatsbibliothek in München.
Seit 1969 erhält die Bibliothek aus dem ganzen
Land Pflichtexemplare, was den Lesern sehr zugute kommt. Sie ist
die Hauptbibliothek der Stettiner Woiwodschaft und erfüllt
die Funktion einer zentralen Pommerschen Landesbibliothek für
sieben Woiwodschaften. Sie ist eine der wichtigsten Bibliotheken
im polnisch-deutschen Grenzgebiet.
Um das Bildungssystem zu unterstützen wurden u.a. für
den Großteil der Benutzer (Studenten und wissenschaftliche
Mitarbeiter) spezielle Lesesäle eingerichtet und nötige
in- und ausländische Literatur beschafft. In den 1990er Jahren
stieg die Nachfrage nach Literatur und Informationen über Deutschland
erheblich. 1993 richtete das Goethe-Institut daraufhin einen deutschen
Lesesaal ein.
Das Deutsch-Polnische Dokumentations- und Medienzentrum (DPDM) in Poznan (Posen), unmittelbar auf Frankfurt (Oder) blickend, ist eine Informationsvermittlungsstelle, die sich auf die deutsch-polnische Problematik spezialisiert hat und von der Informationsvermittlungs- und Dokumentationsstelle des Europäischen Wissenschaftszentrums (EWZ) in Slubice betreut wird, das im Oktober 2002 am Collegium Polonicum gegründet wurde. Auch die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), und die Adam-Mickiewicz-Universität in Poznan unterstützen das DPDM. Das Zentrum ist ein Ergebnis der deutsch-polnischen Kooperation. Die Mitarbeiter sprechen sowohl Polnisch als auch Deutsch. Das Vermitteln aktueller Informationen und Sammeln von Literatur und anderer Medien zum Bereich deutsch-polnischer Beziehungen sind seine Hauptaufgaben. Im Mittelpunkt steht dabei die Grenzregion der beiden Länder. Themenkomplexe sind beispielsweise die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung in dieser Region und die fortschreitende Angleichung Polens an das europäische Wirtschafts- und Rechtssystem.
Aufgrund der historischen Dimension der europäischen Integration Polens will man wesentliche Publikationen und Dokumente dieses Prozesses für die Nachwelt sichern und der wissenschaftlichen Forschung zugänglich machen. Deshalb entsteht sukzessive ein Archiv, das den gegenwärtigen Wandel in der Grenzregion Polen-Deutschland dokumentiert. Der Sammlungsbestand wird nach professionellen dokumentarischen Qualitätskriterien erschlossen und in den Bibliothekskatalog der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) aufgenommen. Das hat den Vorteil, dass der Archivbestand jederzeit über das Internet recherchierbar ist. [Fn11]
Man sieht, Europa im Kleinen wächst zusammen, auch im Hinblick auf die Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen. Die deutsch-polnische Grenzregion bildet heute die Nahtstelle zwischen West- und Osteuropa.
Schlussbemerkung
Die moderne polnische öffentliche Bibliothek versteht sich als eine lokale Kulturinstitution, die Informations- und Bildungsarbeit für Schüler und Erwachsene leistet und Dienstleistungen für lokale Unternehmen und Behörden erbringt. Um diese Aufgabe richtig zu erfüllen, ist es notwendig, ein weitverzweigtes Netzwerk von organisatorischen und funktionellen Verbindungen zu schaffen.[Fn12] Eine zentrale Institution gibt es dafür nicht, jedoch bietet das Kultusministerium einen administrativen Rahmen für die heute insgesamt etwa 40.000 Mitarbeiter des polnischen Bibliothekswesens.
In der Rückschau bleibt zu vermerken, dass das Fundament des seit 1946 aufgebauten Bibliotheksnetzes ein recht gutes ist, in dessen Rahmen ein Verständnis für die Bedeutung der bibliothekarischen Einrichtungen tief in der Bevölkerung verinnerlicht wurde. Darauf kann das weitgehend ideologiebereinigte Bibliothekswesen der Republik Polen gut aufbauen. Mehr denn je bilden die Bibliotheken in Polen ein von der Gesellschaft anerkanntes Netzwerk kultureller Anlaufpunkte, deren Aufgabe die Verbreitung von allgemeinem und kulturellem Wissen darstellt, wobei sie ausdrücklich als ein wichtiger Baustein im nationalen Bildungssystem (besonders im Bereich der Fortbildung) fungieren. Obendrein erfüllen sie innerhalb der lokalen Gemeinschaften die Funktion des zentralen Anlaufpunktes für den Zugang zu Information.
Literatur
Akribie (Hrsg.) (2002) Bibliotheksreise nach Warschau und Krakau. Nümbrecht: Kirsch-Verlag.
Deutsches Bibliotheksinstitut (DBI) (Hrsg.) (1998) Wladyslaw, Michnal: Die Pommersche Landesbibliothek Szcezin/Stettin. Eine Bibliothek, die für alle Ideen und Initiativen offen ist. In: Bibliotheksdienst, Heft 5. S. 852-857.
Deutsches Bibliotheksinstitut (DBI) (Hrsg.) (1993) Gabel, Gernot U.: Aktuelle Situation und Perspektiven der Öffentlichen Bibliotheken in Polen am Beispiel der Region Poznan. In: Bibliotheksdienst, Heft 3. S. 335-342.
Fachschule für Bibliothekare “Erich Weinert“ Abteilung Fernstudium (Hrsg.) (1980) Das Bibliothekswesen der Volksrepublik Polen. Leipzig.
Gombrowicz, Witold (2005) Polnische Erinnerungen.
Frankfurt/Main: Fischer.
Fußnoten
[Fn 1]
Gombrowicz, Polnische Erinnerungen. Frankfurt/Main 2005, S. 108
(zurück)
[Fn
2]
Bibliotheksreise nach Warschau
und Krakau, S. 19f. (zurück)
[Fn
3]
ebd., S. 21 (zurück)
[Fn
4]
Das Bibliothekswesen der Volksrepublik
Polen, S. 13ff. (zurück)
[Fn
5]
ebd., S. 16 (zurück)
[Fn
6]
ebd., S. 24 (zurück)
[Fn
7]
Bibliotheksreise nach Warschau
und Krakau , S. 21 (zurück)
[Fn
8]
ebd., S. 21 (zurück)
[Fn
9]
DBI, Bibliotheksdienst 1993/Heft 3 (zurück)
[Fn
10]
vgl.u.a. www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-0A000F0A-BCD9810C/bst/hs.xsl/11842.htm
(15.12.05). (zurück)
[Fn
11]
www.ewz.euv-frankfurt-o.de/DPDMZ.
(zurück)
[Fn12]
DBI, Bibliotheksdienst 1998, Heft
5. (zurück)
Stephanie Funk studiert Deutsche Literatur und Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin.