> > > LIBREAS. Library Ideas # 47

Annotate via hypothes.is

Download PDF
doi:10.18452/x (edoc HU Berlin)

Das liest die LIBREAS, Nummer #16 (Frühling–Sommer 2025)


Zitiervorschlag
Redaktion LIBREAS, "Das liest die LIBREAS, Nummer #16 (Frühling–Sommer 2025)". LIBREAS. Library Ideas, 47 ().


Beiträge von Eva Bunge (eb), Najko Jahn (nj), Ben Kaden (bk), Karsten Schuldt (ks)

1. Zur Kolumne

Ziel dieser Kolumne ist es, eine Übersicht über ausgewählte in der letzten Zeit erschienene bibliothekarische, informations- und bibliothekswissenschaftliche sowie für diesen Bereich interessante Literatur zu geben. Enthalten sind Beiträge, die der LIBREAS-Redaktion oder anderen Beitragenden als relevant erschienen.

Eine Themenvielfalt sowie ein Nebeneinander von wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Ansätzen wird angestrebt. Auch in der Form sollen traditionelle Publikationen ebenso erwähnt werden wie andere Medieninhalte, beispielsweise Blogbeiträge oder Videos beziehungsweise TV-Beiträge.

Wir freuen uns über Hinweise auf interessante Publikationen. Diese bitte an die Redaktion richten. (Siehe Impressum, Mailkontakt für diese Kolumne ist zeitschriftenschau@libreas.eu.)

Die Koordination der Kolumne liegt bei Karsten Schuldt, verantwortlich für die Inhalte sind die jeweiligen Beitragenden. Die Kolumne unterstützt den Vereinszweck des LIBREAS-Vereins zur Förderung der bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Kommunikation.

LIBREAS liest gern und viel Open-Access-Veröffentlichungen. Wenn sich Beiträge dennoch hinter einer Bezahlschranke verbergen, werden diese durch [Paywall] gekennzeichnet. Zwar macht das Plugin Unpaywall das Finden von legalen Open-Access-Versionen sehr viel einfacher. Als Service an der Leserschaft verlinken wir jedoch auch direkt OA-Versionen, die wir vorab finden konnten. Für alle Beiträge, die dann immer noch nicht frei zugänglich sind, empfiehlt die Redaktion (neben Unpaywall) die Browser-Plugins Open Access Button oder CORE zu nutzen sowie auf dem favorisierten Social-Media-Kanal mit #icanhazpdf, um Hilfe bei der legalen Dokumentenbeschaffung zu bitten.

Die bibliographischen Daten der besprochenen Beiträge aller Ausgaben dieser Kolumne finden sich in der öffentlich zugänglichen Zotero-Gruppe: https://www.zotero.org/groups/4620604/libreas_dldl/library.

2. Artikel und Zeitschriftenausgaben

2.1 Vermischte Themen

Lupu, Viorica ; Țurcan, Nelly ; Cujba, Robica (2025). Moldovan academic librarians’ perception on research data management. In: IFLA Journal 2025, Online First, https://doi.org/10.1177/03400352241304118 [Paywall] [OA-Version]

Die Studie präsentiert die Ergebnisse einer Onlineumfrage zu Ansichten Wissenschaftlicher Bibliothekar*innen in der Republik Moldau zum Forschungsdatenmanagement und andere Themen der Open Science. Grundsätzlich geht es darum, ob die Kolleg*innen sich schon aktiv mit dem Thema beschäftigen, ob die Bibliotheken Services aufgebaut haben, Kooperationen innerhalb ihrer Einrichtung eingegangen sind oder ob zumindest das Thema bekannt ist. Dies ist alles zu grossen Teilen der Fall. Zwar gibt es in vielen moldawischen Bibliotheken auch immer den Wunsch, mehr zu tun und die Vermutung, dass es vor allem fehlende Ressourcen wären, welche den Aufbau weiterer Services behindern würden. (Der Text postuliert, dass dies seinen Grund in der wirtschaftlichen Lage des Landes hätte. Aber die Situation findet sich auch in anderen Ländern.) Gleichzeitig ist das Thema etabliert. Die Autor*innen zeigen in der Literaturübersicht auch, dass die gleichen Fragen in den letzten Jahren in anderen Studien schon in anderen Ländern gestellt wurden und dort ähnliche Ergebnisse zeigten. Die Studie und ihre Ergebnisse selber sind also wenig innovativ.

Der Text sticht aber durch eine kurzen Absatz am Anfang des Methodenkapitels hervor. Dort steht, dass die Umfrage eigentlich für Moldawien, Rumänien, Georgien und die Ukraine geplant war. Das hätte zeigen können, ob es unterschiedliche Antworten bei den Bibliothekar*innen dieser Länder gibt. Aber: Due to the war initiated by Russia against Ukraine and its subsequent consequences, we were compelled to restrict our data collection to libraries in the Republic of Moldova. (ebenda: 4) Sicherlich hat dieser Krieg weit schlimmere Folgen – ganz abgesehen davon, dass er auch in Moldawien selber zu Problemen führt –, aber offenbar zerstört er auch Möglichkeiten der internationalen Zusammenarbeit im Bereich Bibliothekswesen und Bibliotheksforschung. War – what is it good for? Absolutely nothing. (The Temptations / Edwin Starr) (ks)


Lim, Elisha ; Lisker, Mareike ; Hess, Lukas ; Engeler, Malte ; Friedman, Leah ; Lingel, Jessa ; Ali, Muna-Ubdi (2025). Abolish privacy. In: First Monday 30 (2025) 2, https://doi.org/10.5210/fm.v30i2.13671

Die Idee von Privacy – also das Recht, die eigenen Daten und deren Nutzung zu kontrollieren – ist fest verbunden mit einer ungerechten Gesellschaft und einer Geschichte, die es zu überwinden gilt. Die Diskurse um Privacy und die Versuche, diese zum Beispiel durch Gesetze sicherzustellen, sind vielleicht gut gemeint, lösen aber das Hauptproblem nicht: Dass es überhaupt eine Notwendigkeit gibt, diese Privatheit von der restlichen Gesellschaft abzugrenzen und zu verteidigen. Privatheit ist das Ergebnis der aktuellen Gesellschaftsstruktur und eine umfassende Lösung wird nur durch die Veränderung dieser Struktur möglich sein. Deshalb muss über diese Veränderung nachgedacht werden.

Wenn das überraschende Aussagen sind, dann ist die Hauptfunktion des hier besprochenen Textes erfüllt. Es ist ein explizit politisches Manifest und als solches darauf ausgelegt, Gewissheiten zu erschüttern sowie zum utopischen Denken anzuregen, um mögliche Zukünfte vorzuzeichnen. Dabei, das ist wichtig, geht es den Autor*innen nicht um eine libertäre, techno-utopische Zukunft, wie sie mit prägenden Diskursen des Silicon Valley verbunden sind. Privacy soll nicht aufgegeben werden, damit einfach alle Daten über alle Menschen von einigen wenigen Firmen und Personen genutzt werden können. Vielmehr soll eine Gesellschaft angestrebt werden, in welcher Privacy nicht notwendig ist, weil es keine Notwendigkeit zur Herstellung einer privaten Sphäre mehr gibt. Die Autor*innen argumentieren auf der Basis von dekolonialer und feministischer Theorie dafür, zu erkennen, dass diese private Sphäre zusammen mit den modernen Gesellschaften entstanden ist. Eingeschrieben in diese Sphäre ist also zum Beispiel die Geschichte des Kolonialismus, der Daten über Menschen produzierte und nutzte, um sie zu beherrschen und auszubeuten.

Den Rezenten – vielleicht zeigt sich hier dessen intellektuelle Geschichte – erinnert das Manifest in seiner Argumentation vor allem an marxistisch oder anarchistisch geprägte Gesellschaftsanalysen aus dem frühen 20. Jahrhundert und an ebenso marxistische geprägte radikale Texte aus der US-amerikanischen Black-Power-Bewegung in den 1960er und 1970er Jahren, welche die Frage stellten, ob bestimmte Auseinandersetzungen der jeweiligen Zeit tatsächlich Veränderungen ermöglichen werden oder ob sie die jeweiligen Systeme erhalten. Also beispielsweise, ob Genossenschaften nicht die kapitalistische Gesellschaftsstruktur reproduzieren, wenn sie auch deren Auswirkungen abfedern würden, oder ob die Inklusion von schwarzen Menschen in die Parlamente und Polizeieinheiten nicht grundsätzlich ein rassistisches System mit erhalten, wenn auch leicht verbessert? Oder ob halt nicht eine andere Gesellschaft – je nach Text eine nicht-kapitalistische, eine machtfreie oder eine nicht-rassistische – besser wäre? Was die Autor*innen dieses Textes zu argumentieren scheinen, ist, dass eine Gesellschaft, in der zum Beispiel Unterschiede zwischen Menschen mit verschiedenen sexuellen Identitäten egal sind oder in denen der Fokus darauf liegt, die notwendige Pflege für alle Menschen zu ermöglichen (und nicht sie zu privatisieren oder staatlich zu regeln), auch die Notwendigkeit verschwinden lassen würden, überhaupt eine private Sphäre oder private Daten zu verteidigen. Eine Gesellschaft, in der Daten nicht verwendet werden (können), um Menschen auszubeuten oder zu unterdrücken, würde die Probleme, welche der Datenschutz regeln will, besser und endgültig regeln. Sie schliessen, dass es sinnvoller wäre, über eine solche Gesellschaft und dann auch Datennutzung nachzudenken, als sich in der Frage zu verlieren, wie immer wieder neue Regeln erlassen und durchgesetzt werden können, um private Daten zu schützen. Das erinnert an die Fragen zu Beginn des 20. Jahrhunderts und in den 1960er/1970er Jahren, nur hier zu einem anderen Thema.

Was das Manifest schafft und empfehlenswert macht, ist, dazu zu zwingen, die eigenen Grundannahmen zu hinterfragen. In diesem Fall gerade im Bibliothekswesen, in dem sich stark im Bereich Daten und Fragen des Datenschutzes engagiert wird. Was genau ist eigentlich das Ziel dieses Engagements? Sollte man nicht ganz andere, weitergreifende Ziele anstreben, als nur die Menschen zu befähigen, ihre Daten zu schützen? Es gibt keine klare Antwort auf diese Fragen – etwas, was man auch aus der Geschichte anderer radikaler Bewegungen lernen kann. Aber es fühlt sich wie ein notwendiger Schritt an, diese Fragen anzugehen und nicht einfach nur auf Überzeugungen zum Datenschutz zu beharren. Sicherlich: Egal, welche Position jemand nach dem Lesen und Durchdenken des Textes anschliessend vertritt – das anschliessende Handeln ist dann wichtiger als die Meinung selbst. Auch das hat dieses Manifest mit früheren Manifesten gemein. (ks)


Eckerdal, Johanna Rivano ; Engström, Lisa ; Färber, Alexa ; Hamm, Marion ; Kofi, Jamea ; Landau-Donnelly, Friederike ; van Melik, Rianne (2024). Social infrastructuring in public libraries: librarians’ continuous care in everyday library practice. In: Journal of Documentation 80 (2024) 7: 206–225, https://doi.org/10.1108/JD-12-2023-0260

Die Arbeit stammt aus der Ethnologie und geht deshalb auch ethnologisch vor. Sie will klären, wie in Personen in Öffentlichen Bibliotheken handeln, damit diese Einrichtungen zu einem place of care werden. Im Fokus stehen dabei die Handlungen von Bibliothekar*innen selber, welche die Bibliothek und ihre konkrete Arbeit so gestalten, dass sich Nutzer*innen in diesen Bibliotheken ernst genommen fühlen. Dieser Fokus auf das Handeln von Bibliothekar*innen ist explizit ethnologisch, da es in dieser Forschungsrichtung ja immer darum geht, zu fragen, wie konkretes Handeln zum Entstehen und zur Reproduktion von sozialen Strukturen, Identitäten und Kulturen führt.

Grundsätzlich referiert die Arbeit zuerst die gängigen bibliothekarischen Diskurse darüber, dass Öffentliche Bibliotheken aktuell Orte beziehungsweise Dritte Orte wären. Anschliessend beschreibt der Text, wie die Forschenden in sechs Bibliotheken (je die Hauptfiliale und eine Zweigstelle in Wien, Rotterdam und Malmö) Bibliothekar*innen bei ihrem Arbeitsalltag begleiteten. Bei dieser Begleitung wurde beobachtet, was die Bibliothekar*innen tun und dieses Handeln anschliessend von den Forschenden interpretiert. Dabei wird sichtbar, dass Bibliothekar*innen bemüht sind, die Probleme von Nutzer*innen möglichst umfassend zu lösen und deren Interessen zu befriedigen. Dies geht oft damit einher, konkrete Regeln zu übertreten oder zumindest zu dehnen. (Ein Beispiel im Text war, dass eine Bibliothekar*in in Wien die Nutzer*in einer Abteilung bediente, obwohl diese Abteilung eigentlich an diesem Tag noch geschlossen war.) Die Autor*innen betonen zwar Unterschiede zwischen den Bibliothekssystemen in den drei Ländern, in denen sie forschten. Beispielsweise gehen sie auf explizit von der Politik formulierte Erwartungen an die niederländischen Bibliotheken ein, Nutzer*innen beim Umgang mit der öffentlichen Bürokratie zu unterstützen, also zum Beispiel beim Ausfüllen von Formularen behilflich zu sein – was in Österreich und Schweden nicht zum Aufgabenbereich von Bibliotheken gehört. Aber aus diesen thematisierten Unterschieden scheint sich für die weitere Untersuchung wenig zu ergeben.

Auffällig sind zudem zwei Dinge: Erstens beobachteten die Forschenden eigentlich nur Interaktionen, die von Nutzer*innen initiiert wurden, die etwas von Bibliothekar*innen wollen (selbst, wenn es in einem Fall Kinder sind, die den Bibliothekar*innen einen Dankesbrief überreichen wollen). Andere Arbeiten oder gar Interaktionen, die von den Bibliothekar*innen ausgelöst werden, scheinen nicht in den Fokus der Untersuchung gelangt zu sein. Angekündigt ist zwar, dass im weiteren Projekt auch andere Fragen angegangen werden. Aber es überrascht schon, dass die Autor*innen bereits aus der Lösung von Problemen von Nutzer*innen zu schliessen scheinen, dass Bibliothekar*innen aktiv den Ort Bibliothek schaffen. Ist das wirklich die wichtigste Form sozialer Interaktion in Öffentlichen Bibliotheken? Zweitens stellen die Autor*innen am Anfang, wie erwähnt, den zeitgenössischen bibliothekarischen Diskurs dar, aber sie kommen dann auf ihn in ihren Ausführungen nicht mehr zurück. Dabei wäre es interessant gewesen zu erfahren, ob und wenn ja, wie dieser einen Einfluss auf das konkrete Handeln von Bibliothekar*innen hat. Jetzt zumindest vermittelt der Artikel eher den Eindruck, dass dieser Diskurs so weit von der konkreten Praxis entfernt ist, dass er eigentlich auch ignoriert werden kann. (ks)


[Editorial]. Transparent peer review to be extended to all of Nature’s research papers. In: Nature 642, 542 (2025) https://doi.org/10.1038/d41586-025-01880-9

Im Juni 2025 meldet die Nature-Redaktion, dass die Zeitschrift zu den jeweiligen Aufsätzen auch jeweils ein Peer-Review-File publizieren wird. Dieses dokumentiert die Kommunikation zwischen den Reviewer*innen und den Autor*innen und erhöht, so die Hoffnung, die Transparenz und damit auch das Verständnis für wissenschaftliche Kommunikationsprozesse. Die Peer-Review-Report-Veröffentlichung war bisher bereits per opt-in verfügbar. Ab sofort ist es für Veröffentlichungen in Nature der Standard. Das Verfahren der Peer Review selbst wurde bei Nature im Jahr 1973 verpflichtend eingeführt. (bk)

2.2 Geschichte der Bibliotheken und der Informationswissenschaft

Kayak, Noyan (2025). Bibliothèques de musées: entre métier et approche historique. In: RESSI - Revue électronique Suisse de science de l’information 25 (2025), https://doi.org/10.55790/journals/ressi.2025.e1885

In gewisser Weise ist dieser Artikel ein verzweifelter Ruf. Kayak führt seit 2022 die Bibliothek des Musée Ariana, dem schweizerischen Museum für Keramik und Glas in Genf. Dies beinhaltete unter anderem, einen Plan für die Weiterentwicklung der Bibliothek aufzustellen. Für Kayak war offenbar klar, dass dies nur auf Basis einer Geschichte dieser Einrichtung geschehen kann: Entwicklung sei als Weiterentwicklung anzusehen, die nicht einfach mit dem Status Quo startet, sondern früher – in diesem konkreten Fall 1993, mit der Gründung der Bibliothek – und die dann unter Einbezug der bisherigen Arbeiten in die Zukunft verlängert werden kann. Eine solche Geschichte würde Auskunft darüber geben, was schon etabliert wurde, was sich schon entwickelt hat oder auch nicht entwickeln konnte. Aber: Es gibt diese Geschichte nicht. Wie Kayak feststellt, gibt es noch nicht einmal eine Übersicht über die Entwicklung von Museumsbibliotheken im Allgemeinen.

Er hat daraufhin in einem anderen Artikel diese Geschichte für die betreffenden Einrichtungen in Genf aufbereitet. Im vorliegenden Text ruft er Bibliothekar*innen vor allem dazu auf, die Geschichte der eigenen Profession zu erarbeiten, denn offenbar würden sich Historiker*innen wenig für dieses Thema interessieren. Dabei müsse methodisch vorgegangen werden und nicht einfach Anekdoten versammelt werden. Eine solche Geschichte würde es der Profession ermöglichen, selbstbewusster und realistischer in die Zukunft zu planen und zum Beispiel auch zu wissen, was sie schon erfolgreich gemeistert hat. Ein Anfang wäre schon, wenn Bibliotheken auf ihren Homepages eine Übersicht über die eigene Geschichte bieten würden. (ks)


Schwerpunkt “Libraries at the intersection of history and the present” (2024). In: IFLA Journal 50 (2024) 4, https://journals.sagepub.com/toc/iflb/50/4 [Paywall] [OA-Version]

Die IFLA – also die International Federation of Library Associations and Institutions – wird 2027 hundert Jahre alt. Eine in ihr angesiedelte Special Interest Group zur Bibliotheksgeschichte bereitet zu diesem Jubiläum ein Buch vor. In Vorbereitung dazu führte sie 2023 eine Tagung durch. Die dort präsentierten Paper sind in dieser Schwerpunktausgabe des IFLA Journals veröffentlicht. Grundsätzlich sollen sie sich mit den Quellen befassen, welche die Geschichte von Bibliotheksverbänden – sowohl gesamthaft der IFLA als auch einzelner Verbände – nachvollziehbar machen können. Dabei geht es laut dem einleitenden Editorial auch darum, ob es aktiv gepflegte Archive der Verbände gibt, wie ihr Erhaltungszustand ist und ob sie zugänglich sind. Mehrfach wird im Editorial und einzelnen Artikeln darauf verwiesen, dass gerade Bibliotheksverbände und Bibliotheken schlecht darin sind, die eigene Geschichte zu erhalten, auszuwerten und zu reflektieren. Hervor sticht dabei gleich der erste Artikel von Alistar Black (Black, Alistar (2024). Memory and amnesia in the archival practices of national library and information associations. In: IFLA Journal 50 (2024) 4: 696–705, https://doi.org/10.1177/03400352241236733 [Paywall] [OA-Version S. 8]), der konkret festhält, dass diese Einrichtungen sich für Bibliotheksgeschichte eigentlich nur dann interessieren, wenn sie für repräsentative Zwecke genutzt werden kann. Ansonsten würde sie praktisch nicht betrieben. Aktiv würden die Dokumente der Verbände kaum langfristig erhalten und die Möglichkeiten von Bibliotheksgeschichte – nämlich aus ihr zu lernen, welchen konkreten Traditionen Bibliotheken und Bibliotheksverbände folgen – würden nicht genutzt. Das ist eine zutreffende Beschreibung der Situation.

Insgesamt macht die Schwerpunktausgabe aber einen unausgewogenen Eindruck. Neben dem Artikel von Black beschäftigen sich einzelne Texte mit konkreten Archivbeständen, die von einer sehr kleinen Anzahl von Bibliotheksverbänden tatsächlich gepflegt werden. (Unter anderem Bertram, Cara (2024). Preserving the history of the American Library Association. In: IFLA Journal 50 (2024) 4: 724–731, https://doi.org/10.1177/03400352241246445 [Paywall] [OA-Version S. 36].) Dabei wird sichtbar, dass die beste Lösung im Sinne eines nachhaltigen Betriebs und Erhalts dieser Archivalien offenbar die konkrete Zusammenarbeit mit einem schon existierenden Archiv, welches die Bestände erhält, sowie einer konkreten Strategie zur regelmässigen Abgabe von Dokumenten an dieses Archiv besteht. Diese Strategie muss von den Verbandsvorständen aktiv umgesetzt werden.

Andere Texte erzählen kleinteilig und mit einem Fokus auf Entscheidungen ausgesuchter Personen die Entwicklung einzelner Verbände. Sichtbar wird dabei eine andere Gefahr für die Bibliotheksgeschichte, nämlich dass Bestände, wenn sie einmal vorhanden sind, einfach kontextlos nacherzählt werden – also der Blick nur auf sie fokussiert bleibt –, während gerade dann, wenn diese Bestände nicht existieren oder nur sehr wenig umfangreich sind, offenbar mehr Kontext dargestellt wird.

Bei einer Anzahl von Beiträgen ist der Zusammenhang zum eigentlichen Thema des Schwerpunkts aber gar nicht klar. Diese stellen zwar auch Bibliotheksgeschichte dar (Interessant vor allem Fontanin, Matilde (2024). A narrative on the codebreakers’ library at Blechtley Park. In: IFLA Journal 50 (2024) 4: 787–797, https://doi.org/10.1177/03400352241265376 [Paywall] [OA-Version S. 99].), aber beziehen sich gerade nicht auf Bibliotheksverbände. Insgesamt lässt sich also aus diesem Schwerpunkt noch nicht erschliessen, was genau der Fokus der für 2027 versprochenen Publikation sein wird, ob sie also eine Ansammlung von Geschichten, eine Nacherzählung von Entwicklungen oder aber eine – notwendige – kritische Reflektion der Geschichte der IFLA sein wird. (ks)


Stock, Wolfgang G. (2024). Information science in the German Democratic Republic. In: Journal of Documentation 80 (2024) 7: 287–305, https://doi.org/10.1108/JD-03-2024-0058

Der Autor stellt zutreffend fest, dass die bisherige Geschichtsschreibung zur Informationswissenschaft im DACH-Raum die DDR praktisch vollständig übergangen hat, obwohl gerade in der DDR eine eigene Informationslandschaft und -wissenschaft bestand, die auch – wie implizit aus dem Text klar wird – auf viele Ressourcen zurückgreifen konnte. Der Text unternimmt nun den Versuch, diese Geschichte darzustellen. Dabei muss er sich hauptsächlich auf publizierte Zeitschriftenartikel stützen, da andere Materialien bislang kaum aufgearbeitet wurden.

Dargestellt wird, dass die Entwicklung der Informationswissenschaft in der DDR explizit verbunden war mit der DDR-Politik und der Weltanschauung, auf deren Basis diese Politik betrieben wurde. Der Autor zeigt dies zum Beispiel daran, wie das Konzept Information in das marxistische Denken integriert wurde, obgleich es zum Beispiel bei den Begründern der Kybernetik so konzipiert war – als nicht Materie, nicht Ideologie –, dass es eigentlich nicht in dieses Denksystem eingefügt werden konnte. Gleichzeitig machte es die Struktur des Wissenschaftssystems in der DDR möglich, ein System von Forschungsinformation zu etablieren, bei dem die Forschenden zu aktiver Zuarbeit verpflichtet wurden. Zu diesem System gehörten nicht nur Pflichtenhefte, welche von den Forschenden zu Beginn eines Projektes auszufüllen waren, sondern auch zahlreiche Datenbanken und Informationsstrukturen, eine eigene Ausbildung von Informationsspezialist*innen, und auf dem Gebiet der Informationswissenschaft eigene Forschungen, Tagungen und Theorieentwicklungen sowie ein eigenes Zentralinstitut. Informationswesen und -wissenschaft waren in der DDR ein konkretes Arbeitsfeld für eine wohl beachtliche Anzahl von Personen.

Der Autor stellt in seinem Text neben dem System selber vor allem vier theoretische Zugänge zur Wissenschaftlichen Information und deren Nutzung vor, welche in der DDR erarbeitet wurden. Wenig geht er auf die konkrete Arbeit in Informationseinrichtungen ein. Vielmehr widmet er ein recht langes Kapitel der Abwicklung dieser Strukturen nach 1989 sowie einer Einordnung in die heutige Forschung. Dabei postuliert er, dass die Tradition der DDR-Forschung abgebrochen und praktisch vergessen wurde. (Der Text vermittelt aber den Eindruck, als wäre er im Original in einer viel längeren, ausführlicheren Variante geschrieben, aber dann für die Publikation gerade um diese Kapitel, die sich mit der konkreten Praxis beschäftigten, gekürzt worden.) Während diese Klagen inhaltlich berechtigt sind, tragen sie wenig zu einer weiteren Forschung bei. Dabei drängen sich andere Fragen auf. Beispielsweise zeigt der Autor, dass es in der DDR ein System von Forschungsinformation gab, dass in Vielem das Gleiche zu erreichen versuchte, wie heute mit Current Research Information Systems oder den verschiedenen Persistent Identifiers im Wissenschaftsbereich (ORCID, DOI und so weiter) angestrebt wird. Was liesse sich aus den Erfahrungen der DDR mit diesem System lernen?

Gleichzeitig zeigt der Artikel, wie eng Informationspraxis und ideologische Basis miteinander verbunden waren, was für heute die Frage aufwirft, ob das Denken über Information nicht auch eine ideologische Basis hat – nur eine, die nicht so explizit wie in der DDR thematisiert wird. (ks)

2.3 Open Access

o.A. (2025): Universiteter betaler dyrt for Open Access. In: Forskerforum. Dezember 2024, S. 13, https://dm.dk/media/vebn2rmg/forskerforum-nr-6-2024.pdf

In einer kurzen Einschätzung beschreibt die dänische Hochschulzeitschrift Forskerforum die Herausforderungen der Kosten für Open Access für die Universitäten in Dänemark. Auch dort werden Publikationsgebühren zunehmend als problematisch angesehen, besonders da die Lizenzierungskosten für wissenschaftliche Zeitschriften ebenfalls steigen. Angegeben wird eine Kostensteigerung von 20 % über vier Jahre. Dies widerspricht aus Sicht des Sprechers der dänischen Universitäten, Jesper Langergaard, der Idee des Open Access. Als schwierig zeigt sich, dass die Universitäten einzeln mit den Verlagen verhandeln und keine gemeinsame und damit wirksamere Position einnehmen. Das Interesse der Forschenden ist dagegen vor allem, in bestimmten Journalen zu erscheinen, was die Nutzung der vorhandenen Alternativen wie Green Open Access bremst. Aus Sicht der dänischen Universitäten wäre eine supranationale Lösung, also durch die Europäische Gemeinschaft, für die Finanzierung des Open-Access-Publizierens und des Durchbrechens von Monopolstrukturen wünschenswert. (bk)


Céspedes, Lucía ; Kozlowski, Diego ; Pradier, Carolina et al. (2025). Evaluating the linguistic coverage of OpenAlex: An assessment of metadata accuracy and completeness. In: Journal of the Association for Information Science and Technology. https://doi.org/10.1002/asi.24979

Die Studie analysierte die sprachliche Abdeckung und die Qualität der Metadaten von OpenAlex im Vergleich zu Web of Science (WoS). Es lässt sich festhalten, dass OpenAlex gegenüber WoS eine ausgewogenere sprachliche Abdeckung besitzt. Damit bietet es sich prinzipiell für linguistische Auswertungen und Untersuchungen an, wobei die Qualität der Sprachmetadaten zum Zeitpunkt der Studie noch Qualitätsmängel aufwiesen. Entsprechend scheint bei OpenAlex Englisch derzeit überrepräsentiert. Auch mögliche Nachweislücken bei Publikationen, die keinen PID haben, werden benannt. Die Autor*innen empfehlen daher den Ausbau der Forschung zu disziplinären Klassifikationen und Publikationstypen in OpenAlex und gehen davon aus, dass die Datenqualität unter anderem durch das Feedback der Nutzenden steigen wird. Als Alternative zu proprietären Datenbanken und zur wissenschaftstheoretischen und linguistischen Forschung besitzt OpenAlex ein großes Potential. (bk)

2.4 Bestandsmanagement und Bibliotheksbestände

England, Erica (2025). Will We Ever Learn?: The Un-Enlightenment of Selector Librarians. In: Journal of Radical Librarianship 11 (2025): 1–32, https://journal.radicallibrarianship.org/index.php/journal/article/view/114

Der Studie geht es darum, ob und wie Bibliothekar*innen in US-amerikanischen Bibliotheken das Ziel umsetzen, den jeweiligen Bestand diverser zu gestalten, also Medien aufzunehmen, die eine breitere, gesellschaftlich repräsentativere Auswahl darstellen. Der Text hält sich lange mit der Herleitung dieses Themas auf, aber grundsätzlich basiert er auf der Auswertung von semi-strukturierten Interviews mit 19 Bibliothekar*innen, welche Bestandsmanagement betreiben. Diese Auswahl war durch eine vorhergehende Umfrage schon einigermassen gesteuert: Es waren alles Personen, die ein Interesse daran hatten, den jeweiligen Bestand divers zu gestalten.

Das wichtige Ergebnis ist, dass allen die Notwendigkeit dafür bewusst ist, um einen gesellschaftlich sinnvollen, fairen Bestand zu entwickeln, aber dass es strukturelle Hürden gibt. Weder in der Ausbildung noch in der Weiterbildung würde vermittelt werden, wie dieses Ziel praktisch umsetzbar ist. Wenn überhaupt, dann sei vermittelt worden, dass es wichtig wäre. Eigentliche Werkzeuge oder Vorgehensweisen würden dagegen nicht thematisiert. Zum anderen müsse man sich beim Bestandsmanagement immer mehr auf den Einsatz von Tools von externen Anbietern verlassen. Die Medienauswahl erfolgte immer weniger direkt durch die Bibliothekar*innen. Stattdessen verliessen sie sich auf die Auswahl von Verlagen, dem Buchhandel oder mehr noch spezifischen Anbietern.

Der Text ruft zwar dazu auf, die Aus- und Weiterbildung praktischer zu orientieren, also direkt zu vermitteln, wie Bibliothekar*innen diversitätsorientiert Bestände auswählen oder Medien so einschätzen und bewerten können, dass sie am Ende zu diversen Beständen führen. Was nicht diskutiert wird, ist, ob nicht auch die anderen Strukturen verändert werden könnten, beispielsweise durch (wieder mehr) bibliothekarische Besprechungen oder aber dadurch, dass Anbieter verpflichtet werden, ihre Auswahlkriterien transparent darzulegen und gegebenenfalls anzupassen. (ks)


Orner, Sylvia (2024). Analyzing and Assessing a Library Collection Using Faculty Via OpenAlex and R. In: Evidence Based Library and Information Science 19 (2024) 4: 39–52, https://doi.org/10.18438/eblip30493

Der Artikel stellt dar, wie eine Universitätsbibliothek – die University of Scranton, Pennsylvania – versuchte, die Nutzung des Bibliotheksbestandes durch die Forschenden der Universität mittels einer Auswertung von Zitations- und anderen Daten zu erheben. Das Ganze war Teil einer Evaluation des gesamten Bibliotheksbestandes. Es wurde also unter anderem gefragt, ob die Forschenden Literatur zitieren, die von der Bibliothek lizenziert oder gekauft worden war.

Solche Versuche, die Publikationen von Forschenden zu nutzen, um die Bestände von Bibliotheken zu evaluieren, sind nicht grundsätzlich neu. Interessant an diesem Beispiel ist aber – neben dem, dass dies hier einmal publiziert wurde und nicht intern in einer Bibliothek verblieb –, dass dafür OpenAlex und R genutzt wurden. OpenAlex ist als Anbieter von Forschungsinformation relativ neu, scheint sich aber sehr schnell als offene Alternative zu den bekannten kommerziellen Anbietern zu etablieren. R ist ebenso eine offene Variante des Angebots eines kommerziellen Anbieters, aber schon länger etabliert. Was der Artikel zeigt, ist, dass es für Bibliotheken jetzt tatsächlich relativ einfach möglich ist, ohne grossen finanziellen oder personellen Aufwand solche Analysen durchzuführen. (Der Artikel stellt die Schritte der Analyse dar, die verwendeten R-Skripte sind ebenso publiziert.) Nicht diskutiert wird allerdings, ob diese ausgewerteten Daten tatsächlich etwas über den Bibliotheksbestand aussagen. (ks)


René, Will (2024). Displaying sound: the National Poetry Library’s vinyl collection, 2019–2024. In: Art Libraries Journal 49 (2024) 4: 126–135, https://doi.org/10.1017/alj.2024.21 [Paywall]

In diesem Artikel geht es um einen sehr speziellen Bestand in einer sehr spezifischen Bibliothek: Die National Poetry Library in London sammelt, erschliesst und präsentiert die Lyrik Grossbritanniens. Das beinhaltet auch das Veranstalten von Lesungen oder Workshops sowie das Ausrichten von Ausstellungen. Im Bestand der Bibliothek finden sich – allerdings zu Beginn der im Artikel diskutierten Periode noch sehr verstreut – aufgezeichnete Lesungen von Lyrik, zumeist von den Dichter*innen selber, auf Vinyl.

Der Text beschreibt nun, wie dieser Bestand in den letzten Jahren zusammengezogen, bibliothekarisch bearbeitet und neu präsentiert wurde. Es ist ein sehr praxisorientierter Artikel, der aber einmal direkt auf die konkrete Arbeit von Bibliothekar*innen mit den Medien eingeht. Angesichts dessen, dass in der bibliothekarischen Fachliteratur sonst gerne über abstraktere Themen berichtet wird, ist er erfrischend nerdig. (ks)


Bobrow, Evan (2025). The Role of Academic Libraries in the Shifting Landscape of Zines. In: College & Research Libraries, 86 (2025) 2: 204–208, https://doi.org/10.5860/crl.86.2.204

Zines – also selber hergestellte, gedruckte Hefte, die vor allem seit dem Aufkommen von Kopierern eine Rolle in fast allen Subkulturen im Globalen Norden spielten – sind Teil von Beständen US-amerikanischer Bibliotheken geworden. Es gab in den letzten Jahren verstärkt Publikationen zu diesem Thema und auch Projekte, diese Medien nicht nur in die Bestände aufzunehmen, sondern auch aktiv zu vermitteln. Das Editorial von Bobrow reflektiert kurz den Stand und die möglichen Entwicklungen.

Dabei wird betont, dass Zines weiterhin das Potential haben, eine Gegenöffentlichkeit herzustellen und auch Personen zu motivieren, selber Zines zu erstellen. Gerade in Zeiten, in denen auf der einen Seite alles online gestellt werden könnte, aber auf der anderen Seite immer mehr der Eindruck entsteht, dass online alles immer weniger sinnvoll und selbstbestimmt ist, stellten Zines ein Gegenmedium dar. Wer ein Zine erstellt, entscheidet sich explizit für das materielle Objekt. Gleichzeitig gäbe es aktuell eine Entwicklung dahin, Zines als grosse Projekte zu planen und zu realisieren, inklusive künstlerischer Ausgestaltung und gutem Druck. Dies vermittle aber vielen Menschen den Eindruck, dass es für die Herstellung eines Zines bestimmter Fähigkeiten bedürfe. Bobrow führt dies darauf zurück, wie vor allem junge Leute heute Medien kennenlernen würden – nämlich zuerst digital, also auch in professionellem Layout. Hingegen sei es wichtig, dass sie auch einfach hergestellte Zines als Medium kennenlernen würden, also lieber als selber kopierte und geklammerte Hefte, anstatt als fertiges, professionelles Druckerzeugnis. Dies vermittelte, dass wirklich alle etwas sagen könnten und auch die Mittel dazu hätten. Bestände solcher Zines in Bibliotheken, so die implizite Aussage, würden dazu beitragen. (ks)

3. Monographien und Buchkapitel

3.1 Vermischte Themen

Keyes, Kelsey ; Dworak, Ellie (2024). Supporting Student Parents in the Academic Library: Designing Spaces, Policies, and Services. Chicago: Association of College and Research Libraries, 2024 [gedruckt]

Wie im Titel angegeben, beschäftigt sich das Buch aus Sicht von Hochschulbibliotheken mit Eltern, die studieren und damit, wie diese durch die Bibliotheken beim Studium unterstützt werden können. Die Autor*innen (beide arbeiteten in der Bibliothek der Boise State University in Idaho) zeigen schon im Vorwort anhand von selber erlebten Situationen, dass dies grundsätzlich sinnvoll und notwendig ist. Sie berichten davon, dass die meisten Hochschulbibliotheken nicht einmal klare Regeln dazu hätten, ob Eltern ihre Kinder mit in die Bibliotheken bringen können und wenn ja, mit welchen Auflagen. Es sei oft nicht einmal klar, ob Kinder ruhig sein müssten und was Ruhe genau heisst. Dabei gibt es eine grosse Anzahl von Studierenden, die Kinder in allen Altersstufen betreuen und gleichzeitig Studium, Elternschaft und Arbeit managen.

Die Universitäten in den USA und auch deren Bibliotheken seien für Studierende eingerichtet, die es immer weniger gäbe: Nämlich solche, welche direkt nach der Schule auf den Campus ziehen, sich dann dort vollkommen auf das Studium konzentrieren könnten und keine Verpflichtungen für Kinder (oder andere Angehörige) hätten. Die Autor*innen argumentieren, dass es richtig sei, diesen Blick zu weiten. Obwohl die Daten nicht eindeutig wären, ist doch davon auszugehen, dass an jeder Hochschule eine grosse Minderheit der Studierenden selber Eltern sind. Die Autor*innen betonen zudem, dass davon auch die Universitäten selber profitieren werden, weil sie so für mehr Studierende offen werden und gleichzeitig dazu beitragen können, dass mehr Studierende das Studium auch abschliessen und nicht vorzeitig abbrechen müssen.

Am Ende laufen ihre Empfehlungen darauf hinaus, klare Regeln zu etablieren, eigene Bereiche für Studierende und ihre Kinder einzurichten sowie im Idealfall Services wie Lesestunden oder Hausaufgabenhilfe anzubieten und dies auch in Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen, wobei unter den besprochenen erstaunlicherweise die Public Libraries fehlen.

Das Buch ist aber mehr als diese Argumentation. Es will daneben Daten zusammentragen, um diese Argumentation zu unterstützen, gleichzeitig zeigen, wie Bibliotheken studierende Eltern unterstützen können und zudem eine ganze Anzahl von Beispielen aus Bibliotheken dokumentieren. Diese verschiedenen Ziele erweisen sich als Schwäche der Publikation. Sie lässt sich als Potpourri beschreiben: Lange Abschnitte zu einem spezifischen Thema stehen neben Auswertungen einzelner Datensätze (zum Beispiel zu den Policies von Universitätsbibliotheken). Daneben stehen Beschreibungen von Studien. Gleichzeitig finden sich detaillierte Beschreibungen dazu, welche Daten es zu studierenden Eltern gibt oder wie eine Policy geschrieben werden könnte, die studierende Eltern in einer Bibliothek willkommen heisst. Mitten im Text stehen dann noch Case Studies – sogar im Kapitel zur Boise State University Library, das selber eine Case Study ist –, die nicht immer eine Verbindung zum Kapitel zu haben scheinen, in denen sie stehen. Das alles vermittelt einen ungeordneten, unklaren Eindruck.

Zudem ist dies alles, wie zu erwarten, immer direkt auf die USA bezogen. Für den DACH-Raum, wo ja zum Beispiel das Leben auf dem Campus praktisch nicht zum Studienalltag gehört, kann es nicht direkt genutzt werden – auch wenn das Thema studierende Eltern für Hochschulbibliotheken hierzulande ebenfalls ein relevantes Thema sein sollte. (ks)


Jürgens, Moritz ; Sander, Julia ; Werner, Sybille (Hrsg.) (2022). Leseförderung in der Ganztagsschule. (Lesesozialisation und Medien) Weinheim, Basel: Beltz Juventa, 2022 [gedruckt]

In der bibliothekarischen Fachpresse wird erstaunlich selten auf die Forschung zur Leseförderung zurückgegriffen, welche im Rahmen der Erziehungswissenschaft produziert wird. Angesichts dessen, dass Öffentliche Bibliotheken sich gerne selber als Ort der Leseförderung begreifen, wäre das eigentlich zu erwarten.

Dieser aktuelle Band mit Forschungsergebnissen und Praxisbeispielen deutet allerdings an, dass es auch Schulen selber schwerfällt, konsequent und nachvollziehbar auf die vorliegende Forschung zu reagieren. Interessant ist allerdings, dass Bibliotheken in diesem Band tatsächlich auch direkt thematisiert werden. In dem Buch werden in einigen Beiträgen theoretische Konzepte der Leseförderung erklärt, dann Ergebnisse aus Schulleistungsvergleichsstudien (PISA, Nationaler Bildungsbericht) und vergleichbarer weitflächiger Untersuchungen der letzten Jahre referiert. Dann wird eine Studie, die genau eine Schule betrachtet, dargestellt und anschliessend eine Anzahl von Praxisbeispielen zur Leseförderung in Schulen. Die letzten beiden Beiträge beschäftigen sich mit Schulbibliotheken. Der Fokus des gesamten Bandes liegt, ausser bei einem Text über die Situation in Finnland, immer auf Deutschland.

Im Gesamtblick fallen zwei Dinge auf: Es gibt keine richtige Verbindung zwischen den Ergebnissen aus den grossen Studien und der Praxis in den Schulen. Und: Die Fördermassnahmen der vergangenen fast zwanzig Jahre hatten wenig nachweisbaren Erfolg. Diese Massnahmen der jüngeren Vergangenheit zielten darauf, Lesekompetenz als Set von Kompetenzen und Fähigkeiten zu definieren und diese dann gezielt zu fördern. Es ging also nicht mehr darum, Lesen an sich zu promoten, sondern beispielsweise das Sinn-entnehmende Lesen zu üben. In kontrollierten Settings konnten damit messbare Erfolge nachgewiesen werden, aber offenbar nicht mehr, wenn dies breitflächig im gesamten Schulsystem angewendet wurde. Gleichwohl zeigen die Daten, dass die Probleme, die schon bei der ersten PISA-Studie 2003 sichtbar waren, weiter bestehen: Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Lesekompetenz von Schüler*innen in Deutschland schwach, wobei vor allem auffällt, dass es zwar viele leistungsstarke, aber auch viele leistungsschwache Schüler*innen gibt. Diese Spreizung ist weit grösser als in vergleichbaren Ländern. Zudem sind die Ergebnisse bei der Lesekompetenz weit mehr als in anderen Ländern an den sozialen Status des Elternhauses gebunden. Oder anders gesagt: Im deutschen Bildungssystem werden soziale Unterschiede stärker reproduziert als in anderen Ländern und dies hat sich, trotz einiger versprechender Ansätze, nicht gross geändert.

Die Beiträge zu den übergreifenden Daten sind interessant, wenn auch desillusionierend zu lesen. Aber die Praxisbeispiele beziehen sich dann gar nicht darauf, die Probleme – also die soziale Ungerechtigkeit – anzugehen, sondern setzen andere Schwerpunkte bei der Leseförderung. Während in den einführenden Beiträgen des Buches argumentiert wird, dass es eine Aufgabe der Schulen sein muss, sozial gerechter zu werden, indem der soziale Hintergrund des Lesenlernens betrachtet wird, wird in den meisten Praxisbeiträgen behauptet, dass es darum ginge, möglichst viele Kinder zu erreichen und beispielsweise mittels Partizipation zum Lesen zu motivieren. Im Ganzen vermitteln diese Beiträge den Eindruck, dass in der Leseförderung in Schulen in Deutschland zwar engagiert gehandelt wird, aber unterhalb dieser ganzen Aktivitäten gerade die tatsächlichen Probleme ignoriert und damit reproduziert werden. In diesem scheinen Schulen den Bibliotheken zu gleichen, deren Leseförderungsaktivitäten auch oft die vorliegenden Daten nicht wahrzunehmen scheinen und stattdessen versuchen, andere Probleme anzugehen.

Um auf Bibliotheksthemen zu sprechen zu kommen: In einer ganzen Reihe der datenbasierten Beiträge wird darauf insistiert, dass es wichtig wäre, Kindern in der Schule direkt Lesezeiten zur Verfügung zu stellen und zwar möglichst selbstbestimmt sowie in gesonderten Leseräumen, aber auch in Leseecken in den Schulzimmern. Man verspricht sich davon, dass das Lesen so durch kontinuierliche Praxis besser gelernt werden kann. Genannt werden dabei mehrfach Schulbibliotheken. Allerdings sind auch hier zwei Dinge sichtbar: Zum einen beziehen sich diese Nennungen nie auf die bibliothekarische Literatur oder bibliothekarische Vorstellungen von Schulbibliotheken. Man stellt sich letztere meist nur als Leseräume mit Büchern vor, die einfach einzurichten wären. Alle weiteren Funktionen von Schulbibliotheken werden offenbar nicht angedacht. Ergänzt wird dieser reine Schulblick noch dadurch, dass es ein Blick nur auf Deutschland ist. Mit der Schweiz gibt es nämlich ein Land, dessen Schulsystem dem deutschen sehr ähnlich ist, aber in dem freie Lesestunden für Schüler*innen in recht gut ausgestatteten Schulbibliotheken Teil des Unterrichtsalltags in Primarschulen sind. Wenn dies eine Lösung für die Probleme in Deutschland wäre, müsste sich das zum Beispiel in den PISA-Studien zeigen. Aber das tut es nicht wirklich. Ein Grossteil der besseren Ergebnisse in der Schweiz scheint sich aus dem allgemein höheren sozio-ökonomischen Stand der Haushalte zu erklären. Ansonsten sind die Leistungen und die Spreizung zwischen guten und schlechten Leser*innen fast gleich gross. Insoweit ist nicht klar, warum dieser Vorschlag eine bessere Lösung als die jetzige Praxis darstellen soll.

Die beiden Beiträge zu Schulbibliotheken am Ende des Buches helfen wenig, diesen grundsätzlich verwirrenden Gesamteindruck des Bandes zu mildern. Im ersten wird dargestellt, wie in Bibliotheken Bestände systematisiert werden, um dann eine mit Kindern erarbeitete Systematik in einer konkreten Schulbibliothek darzustellen. Im zweiten stellen Kolleg*innen der schulbibliothekarischen Arbeitsstelle in Frankfurt am Main überblicksartig dar, was Schulbibliotheken angeblich alles ermöglichen würden und dann, wie sie in Frankfurt unterstützt werden. Dieser Text liest sich wie ein Werbetext, der am Ende zudem die ganzen Daten aus den ersten Beiträgen des Bandes ignoriert. Auch hier wird ohne jede Herleitung behauptet, dass eine Schulbibliothek das Lesen aller Schüler*innen fördert. Alles in allem ist dieser Band also eher verwirrend und zeigt, wie inkonsequent die Leseförderung in Deutschland bezogen auf das Ziel von Bildungsgerechtigkeit eigentlich ist. (ks)


Lo, Patrick ; Sutherland, Robert ; Hsu, Wei-En ; Girsberger, Russ (edit.) (2022). Stories and Lessons from the World’s Leading Opera, Orchestra Librarians, and Music Archivists, Volume 1: North and South America. Bingley: Emerald Publishing Limited, 2022 [gedruckt]

Lo, Patrick ; Sutherland, Robert ; Hsu, Wei-En ; Girsberger, Russ (edit.) (2022). Stories and Lessons from the World’s Leading Opera, Orchestra Librarians, and Music Archivists, Volume 2: Europa and Asia. Bingley: Emerald Publishing Limited, 2022 [gedruckt]

Die beiden Bände versammeln Interviews mit Opera Librarians und Personen mit ähnlichen Positionen. Dies stellt ein eigenes Aufgabenfeld dar und – so argumentieren die Herausgebenden in den kurzen Vorworten der beiden Bände – praktisch einen eigenen Bibliotheks- und Archivtyp. Opera Librarians haben in den Orchestern, für die sie angestellt sind, verschiedene, unterstützende Aufgaben: Sie verwalten die Notenblätter, welche im Besitz der Orchester sind, üben praktisch Lizenzmanagement aus (obgleich sie die Lizenzen mit den Musikverlagen oft nicht selber schliessen, sondern jemand anders im Orchester dafür zuständig ist), bereiten Noten für die Musiker*innen vor und bearbeiten sie zum Teil in Zusammenarbeit mit den Dirigent*innen. Aber sie sind auch zum Teil verantwortlich dafür, Instrumente anzuordnen oder Notenhalter aufzustellen sowie die Aktivitäten der Orchester zu dokumentieren. Bei den Orchestern, die in diesen beiden Bänden thematisiert werden, handelt es sich immer um grosse, professionelle und wohl durchgehend staatlich finanzierte: Die Berliner Philharmonie, die Wiener Staatsoper oder die Canadian Opera Company sind einige der hier vertretenen.

Auch die Herausgeber*innen, welche die Interviews durchführten, arbeiten in solchen Positionen. Es scheint sich – wie die Opernwelt an sich – um eine eigene, international stark vernetzte Szene zu handeln. (Wobei die Internationalität auch eingeschränkt ist, offenbar hier auf Personen, die Englisch sprechen und unter Auslassung von Afrika und Ozeanien.) Das Erstaunlichste ist wohl, dass es tatsächlich so viele Opera Librarians gibt, dass sich so viele rund je zehnseitige Interviews führen lassen, um zwei Bände zu füllen. Man hat beim Lesen nicht den Eindruck, dass hier lauter Ausnahmen gemacht werden mussten, um mehr Personen zu finden, die inkludiert werden konnten. Bis auf eine Person, die in der Musikabteilung der Library of Congress arbeitet, sind alle wirklich fest an Orchestern angestellt. Allerdings zeigt sich in den Interviews auch die grosse Vertrautheit miteinander. Obgleich alle Personen am Anfang vorgestellt werden, hat es immer den Eindruck, als wenn Personen miteinander reden würden, die sich alle kennen. Ständig werden persönliche Anekdoten erzählt oder es gibt Verweise auf andere Personen, deren Interviews sich oft auch in den Bänden finden.

Die Interviews geben Einblick in den Arbeitsalltag der Opera Librarians. Dieser ist abwechslungsreich, direkt an die Arbeit der Orchester gebunden und beispielsweise von Probe- und Aufführungsaisons geprägt. Er lässt sich nicht auf das Verwalten von Noten reduzieren, sondern ist tatsächlich Teil der Infrastrukturarbeit für die Orchester. Dies geschieht alles in recht offenen, wertschätzenden Gesprächen, welche oft durch Bildmaterial unterstützt werden. Aber was kaum sichtbar wird, ist die konkrete bibliothekarische Arbeit. Man erfährt weit mehr über die Orchester selber, über herausragende Aufführungen oder die Zusammenarbeit von Opera Librarians und anderen Personen, als darüber, wie der Bestand gemanagt wird oder wie genau das Lizenzmanagement geschieht. Es sind unterhaltsame Einblicke, aber sie sind wohl am Besten als eine Selbstvergewisserung der Szene der Opera Librarians zu verstehen, die sich hier gegenseitig präsentieren und damit bestätigen, dass es sie als eigene Profession gibt und sie nicht jeweils allein stehen. (ks)


Wiley, Claire Walker ; Click, Amanda B. ; Houlihan, Meggan (edit.) (2023). Everyday Evidence-Based Practice in Academic Libraries: Case Studies and Reflections. Chicago: Association of Research and College Libraries, 2023 [gedruckt]

Evidence Based Library and Information Practice ist ein Sammelbegriff für den Einsatz wissenschaftlicher Methoden und Denkweisen beim Treffen von Entscheidungen in Bibliotheken, also beispielsweise der Planung der Bestandsentwicklung oder der Evaluierung von Bibliotheksservices. Anfang des 21. Jahrhunderts wurde es insbesondere in Kanada als eigene Richtung – inklusive eigener Zeitschrift, Einbindung in die bibliothekarische Ausbildung und Praxis – entwickelt. Damals wurde sich stark an die Evidence Based Medicine angelehnt, welche den Einsatz jeweils der besten wissenschaftlichen Fakten im Medizinbereich, also zum Beispiel bei der Wahl von Therapien, anstrebt.

Seitdem hat sich diese Bewegung ausgebreitet, eigene Modelle etabliert und dabei auch Veränderungen vollzogen. So ist es heute auch in anderen englisch-sprachigen Bibliothekswesen im Globalen Norden (vor allem Grossbritannien und Australien) verbreitet. Es wurde sich auch vom medizinischen Vorbild abgewandt und eine der Praxisorientierung von Bibliotheken angepasste Variante entwickelt. Ein wichtiges Modell ist dabei ein Modell, das mit der Abkürzung 5As process benannt wurde: Articulate (Formulieren einer praxisorientierten Forschungsfrage, zum Beispiel: Was denken unsere Nutzer*innen über die neue Möblierung der Bibliothek?), Assemble (Zusammentragen von Evidenzen zum Thema, beispielsweise der wissenschaftlichen Forschung oder anderen Bibliotheken, und durch eigene Datenerhebungen), Assess (Übertragung der Evidenz auf die lokale Situation und gemeinsame Interpretation, Beantwortung der Frage), Agree (Gemeinsames Treffen von Entscheidungen über das weitere Vorgehen in der Bibliothek, auf Basis der Ergebnisse), Adapt (Umsetzen der Entscheidung und Überprüfung der Ergebnisse). Diese Schritte sind als Kreislauf vorgesehen. Es soll am Ende also immer wieder mit neuen Fragen angeschlossen werden. Ziel ist es, die Entscheidungen in Bibliotheken grundsätzlich auf Evidenzen aufzubauen und nicht auf Bauchgefühl oder rein strukturellen Zwängen. Das Modell wurde 2016 in einem auf Forschungen zum tatsächlichen Einsatz von Evidence Based Practices in Bibliotheken basierenden Buch vorgeschlagen. (Brettle, Allison ; Koufogiannakis, Denise (edit.) (2016). Being Evidence Based in Library and Information Practice. London: Facet Publishing, 2016 [gedruckt]) Die beiden damaligen Herausgeber*innen führen das Modell in diesem Buch im ersten Beitrag noch einmal aus und schreiben darüber, wie es seitdem von anderen weiterentwickelt wurde.

Der Rest des Buches besteht aber aus Beiträgen, in denen der originale 5As process von Hochschulbibliotheken in den USA angewendet wurde. Es liest sich ein wenig wie eine Ergänzung zum Buch von 2016. Jeder dieser Beiträge beginnt mit einer Darstellung der jeweiligen Bibliothek und folgt dann dem Prozess selber. In jedem Beitrag wird eine praxisorientierte Forschung vorgestellt. Zudem ist praktisch jedem Beitrag ein Anhang mit den jeweiligen Forschungsinstrumenten beigefügt, die erstellt wurden (also zum Beispiel die Fragebögen oder Interviewleitfäden). Was damit gezeigt wird, ist, dass der Prozess genutzt werden kann, um Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig wird vermittelt, dass praxisorientierte Forschung in Bibliotheken möglich und sinnvoll ist. Ansonsten sind die Beispiele alle immer wieder spezifisch für die jeweilige Bibliothek. Wenn das Buch einen Einfluss haben kann, dann wohl vor allem, andere Bibliotheken dazu anzuspornen, den Prozess bei eigenen Fragen einzusetzen. (ks)

3.2 Schrift- und Bibliotheksgeschichte

Ferrara, Silvia (2021). La Fabuleuse Histoire de l’invention de l’écriture. (Traduit de l’italien par Jacques Dalarun) Paris: Éditions du Seuil, 2021 [gedruckt]

Ferrara, Silvia (2023). Avant l’écriture: Signes, figures, paroles. Voyage au source de l’imagination. (Traduit de l’italien par Jacques Dalarun) Paris: Éditions du Seuil, 2023 [gedruckt]

Diese beiden Bücher sind aufeinander bezogen. Beide erschienen je zwei Jahre vor ihrer französischen Übersetzung (die hier für die Besprechung herangezogen werden) im italienischen Original (also 2019 respektive 2021). Die Autorin ist Professorin für mykenische Philologie oder anders gesagt: Expertin für eine vorantike Kultur im heutigen Griechenland. In ihren Büchern geht es ihr um die Frage, wie Menschen weltweit – und also nicht nur im heutigen Griechenland – begannen, Schrift und Schriftkultur zu entwickeln sowie wie sie zuvor Erfahrungen aufzeichneten. Während es im ersten Buch darum geht, wie, wo, wieso und von welchen Menschen in früheren Kulturen die Schrift erfunden wurde, geht es im zweiten Buch um Zeichen und Symbole, die von vorschriftlichen Kulturen hinterlassen wurden.

Zum Thema passend kann Ferrara für diese Themen fast nicht mit schriftlichen Quellen arbeiten, sondern muss erste Symbolsysteme, die Schriften sein könnten oder aber auch noch nicht wirklich Schriften sind, interpretieren oder – im zweiten Buch – Symbole (Einritzungen in Berge, Höhlenzeichnungen, intentional angeordnete Steine und so weiter), die teilweise mehrere 10.000 Jahre alt sind, zum Ausgang ihrer Überlegungen nehmen. Beide Bücher zeichnet aus, dass hier die Ergebnisse historischer Forschung mit expliziten Spekulationen und Mutmassungen verbunden werden. Dabei wird nicht versucht, die Grenzen zwischen Fakten und Interpretationen zu vermischen. Aber es liest sich nicht wie ein historisches Fachbuch, sondern ein wenig so, als würde Ferrara in geselliger Runde begeistert von ihrem Thema, von archäologischen Funden und dann von ihren Vermutungen erzählen. Dabei werden im Text sowohl recht unbekannte Funde präsentiert als auch prominente wie zum Beispiel die Bauten in Göbekli Tepe.

Was Ferrara offenbar fasziniert, ist, dass Menschen (und nicht nur Homo sapiens) über mehrere Jahrtausende immer wieder dazu angetrieben wurden, entweder (im zweiten Buch) Spuren, Zeichnungen und ähnliches zu hinterlassen oder (im ersten Buch) von diesen Zeichen ausgehend Zeichensysteme zu entwickeln, die dann zu Schriften wurden. Immer wieder versucht Ferrara, sich vorzustellen, in welchen Situationen und zu welchen Zwecken das passierte. Und sie fragt auch, warum es immer wieder neu passierte. An den Grenzen zur Schriftlichkeit scheint Ferrara einen Willen der damaligen Menschen zu vermuten, ihre Gedanken zu hinterlassen und zu kommunizieren. Gleichzeitig scheinen Schriftsysteme auch wieder eingegangen zu sein. In einem Kapitel geht Ferrara auf die Geschichte der chinesischen Schrift ein, die gleichsam fertig die Welt betritt – in einem Grab (von Lady Fu Hao), das rund 1.200 Jahre vor unserer Zeitrechnung angelegt wurde, findet sich der erste Text in dieser Schrift, ohne dass wir (bislang) Vorläufersysteme kennen, aus denen sie sich entwickelt hat. Auch dieses Beispiel lässt die gleichen Fragen offen: Wie wurde dieses komplexe Schriftsystem erfunden, ohne weitere Spuren hinterlassen zu haben? Warum so und nicht anders? Was sagt diese Form der Schrift über die Menschen, die sie benutzt haben? Das Thema steht also immer an der Grenze von Verständlichkeit und Nicht-Verständlichkeit, von Vermutungen und Fakten.

Beide Bücher sind erfrischend zu lesen und ähneln einem langem Gespräch mit einer Person, die sich in ein interessantes Spezialthema eingearbeitet hat und die hier hinter die sonst so alltägliche scheinende Schrift zu schauen versucht. Wobei Ferrara dabei ein erfrischend humanistisches Interesse an allen Menschen hat, welches die ganzen Vermutungen und Darstellungen durchzieht: Immer geht es darum, die früheren Menschen in ihrer ganzen Komplexität zu verstehen und wertzuschätzen. (ks)


Charles, Sara J. (2024). The Medieval Scriptorium: Making Books in the Middle Ages. London: Reaktion Books, 2024 [gedruckt]

Das Buch gibt einen gut lesbaren, wenn auch an Stellen vielleicht etwas zu detaillierten, Überblick zur Buchherstellung in der Spätantike und im (europäischen) Mittelalter, beginnend mit den ersten christlichen Schriften im zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung und endend mit der Verbreitung des Buchdrucks. Dabei geht Sara J. Charles nicht nur auf die Bücher selber, sondern auch auf das ein, was über die Herstellung der Handschriften und der Materialien für diese (Pergament, Tinten und Farben, Schreibwerkzeuge, das Buchbinden) bekannt ist. Zudem stellt sie dar, was überhaupt über die Skriptorien an den europäischen Klöstern nachgewiesen ist. Dieser Fokus auf die Herstellungsprozesse hebt das Buch von anderen Werken zu diesem Thema ab. Während Beispiele mittelalterlicher Handschriften in vielen Büchern – von Coffee Table Books bis zu wissenschaftlichen Arbeiten – oft präsentiert werden und auch die historische Entwicklung der verwendeten Schriften gerne dargestellt wird, werden die Fragen, wie diese Bücher überhaupt hergestellt werden, zumeist nur kurz angeschnitten – dann oft mit Zitaten von Schreibenden, die sich in den Manuskripten selber beklagen, wie anstrengend ihre Arbeit sei.

Was in diesem Buch zu lernen ist, ist, dass die Herstellungsprozesse recht anstrengend und unhygienisch waren, beispielsweise wenn bei der Produktion von Pergament Urin eingesetzt wurde. Gleichzeitig zeigen die verwendeten Materialien auch, wie stark die mittelalterlichen Klöster notwendigerweise für einige der Inhaltsstoffe in weitreichende Handelsnetzwerke eingebunden waren. Gleichzeitig zeigt Charles, dass die Vorstellung von kontinuierlich arbeitenden, extra eingerichteten Skriptorien wohl falsch ist. Es gibt nur einige Hinweise (auf dem St. Galler Klosterplan und in einigen Texten), aber keine archäologischen Funde, die solche nachweisen würden. Wenn, dann existierten sie wohl nur für eine bestimmte Zeit. Aber eher scheinen schreibende Mönche und Nonnen oft allein gearbeitet zu haben.

Jedes Kapitel des Buches beginnt mit einer erfundenen Geschichte über eine Person, die an der spätantiken oder mittelalterlichen Buchproduktion beteiligt ist – immer zum jeweiligen Thema des Kapitels passend und basierend auf Personen, deren Existenz nachgewiesen ist, also beispielsweise Schreibern und Illustratorinnen, die sich in Handschriften selber genannt haben oder, im letzten Kapitel zum Ende der Buchproduktion, Johannes Gutenberg. Nach dieser Geschichte wird jeweils in einer erzählenden Weise das Thema des Kapitels dargestellt. Dabei ist zu merken, dass Charles ein persönliches Interesse an den konkreten Herstellungsprozessen hat. Die dazu vorhandenen Kapitel lesen sich lebhafter als die anderen und sind teilweise mit Bildern aus der Herstellung illustriert, die Charles selber experimentell durchgeführt hat. Eine anzubringende Kritik ist, dass in anderen Kapiteln oft auf Handschriften als Beispiele für jeweils geschilderte Fakten verwiesen wird, ohne dass diese abgebildet werden (oder alternativ auf Digitalisate verwiesen wird). Dies scheint eher dem Verlag anzulasten zu sein, da diese Manuskripte selbstverständlich alle gemeinfrei sind. Davon abgesehen kann man dieses Buch aber sehr als Einführung ins Thema empfehlen. (ks)


Nikolaizig, Andrea ; Kohl, Annika (2024). Helene Petrenz und die Ernst-Abbe-Bücherei Jena 1865 – 1899 – 2023. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag, 2024 [gedruckt]

Helene Petrenz war die Bibliothekarin, welche in Jena in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts als Direktorin die dortige Lesehalle und Volksbibliothek – Vorgängerin der heutigen Ernst Abbe Bücherei – aufbaute. Diese war damals eine der grössten und modernsten Volksbibliotheken in Deutschland. Über die Jahre wurde sie deshalb zum Beispiel in der volksbibliothekarischen Presse immer wieder thematisiert. Und dennoch ist Petrenz selber kaum bekannt, so wie die Arbeit der meisten Bibliothekar*innen ausserhalb ihres jeweiligen Wirkungskreises für die Nachwelt meist unbekannt bleibt. Dass der Förderkreis der heutigen Bücherei diese Publikation über Petrenz veranlasste, ist zu begrüssen: Petrenz leistete in einer Zeit, in der die Gesellschaft sich rapide veränderte und (bürgerliche) Frauen sich ihren Platz in der Arbeitswelt erst erobern mussten, eine kontinuierliche, selbstbewusste und wirksame Arbeit.

Die reich bebilderte Publikation basiert auf zahlreichen Quellen von und über Petrenz sowie der Volksbibliothek selber. Dabei, so wird im Text sichtbar, ist aber auch vieles heute einfach nicht mehr bekannt. Die beiden Autorinnen können Einiges über das Leben und Wirken Petrenz zeigen, aber wirklich an die Person Helene Petrenz kommen sie nicht mehr heran. Diese hat vor allem Quellen über ihre Arbeit, nicht aber über ihr Leben hinterlassen. Wir wissen, wo sie geboren wurde, wo sie starb, mit wem sie verheiratet war und auch, wie viele Kinder sie hatte. Aber was sie dachte, welche Ziele sie hatte, welche Träume und welche Erfolge oder Misserfolge – das wissen wir praktisch nicht mehr. Auch das wird für das Leben vielen Bibliothekar*innen gelten. Die Bibliotheksgeschichte ist halt fast immer eine Geschichte der Einrichtungen und nicht der einzelnen Bibliothekar*innen.

Dennoch ist die Publikation mit Vorsicht zu lesen. Zuerst fällt auf, dass der Text nicht so inhaltsreich ist, wie es auf den ersten Blick erscheint. Nicht nur ist der Band, wie schon gesagt, mit sehr vielen Abbildungen ausgestattet. Auch zitiert der Text an vielen Stellen unnötig lang einzelne Statistiken oder Briefe, die zum eigentlichen Inhalt wenig beitragen. Am erstaunlichsten ist aber, dass an vielen Stellen der Eindruck auftaucht, als wären die Autorinnen – obgleich beide im Bibliothekswesen aktiv – praktisch nicht mit der Geschichte der Volksbüchereien vertraut. Immer dann, wenn es um die Einordnung der professionellen Aktivitäten von Petrenz geht, wird der zeitgenössische Kontext, welcher für eine solche Bewertung nötig wäre, nicht wirklich dargestellt. Die Autorinnen präsentieren zum Beispiel den Richtungsstreit – eine heftig geführte ideologische Auseinandersetzung über die Aufgaben und Arbeitsweisen der deutschen und österreichischen Volksbüchereien, welche in den 1910er bis 1930er Jahren geführt wurde – praktisch nur als eine Auseinandersetzung um das Verhalten einer Person (Walter Hofmann) und das auch nur, weil Petrenz einmal einen Offenen Brief unterzeichnet hatte, der sich an Hofmann richtete. Sie verorten auch die Arbeit der Volksbibliothek überhaupt nicht in der normalen Arbeit der damaligen Zeit, können also nirgends zeigen, was an der Bibliothek in Jena besonders modern oder gerade nicht modern war. Einzig, dass sie als eine der ersten eine Frau als Direktorin einsetzte (wenn auch gerade nicht als erste Wahl, wie im Text dargestellt wird), können sie hervorheben. Erstaunlich ist auch, dass sie sich offenbar gar nicht die Frage stellen, wie es in der damals aufstrebenden Industriestadt um andere Büchereien (vor allem um Arbeiterbibliotheken und Leihbuchhandlungen) stand, so dass bei ihnen die Volksbücherei als eine alleinstehende Einrichtung erscheint, nicht als Teil einer Landschaft von Büchereien, die sie mit hoher Wahrscheinlichkeit war. Sie scheinen bei der – wie sie schreiben – Spurensuche vergessen zu haben, Quellen kritisch zu lesen und zu kontextualisieren.

Insoweit ist die Publikation zwar zu begrüssen und vermittelt mit den Abbildungen auch tatsächlich ein Bild der damaligen Arbeit in der Volksbibliothek in Jena. Das Leben von mehr Bibliothekar*innen sollte so sichtbar gemacht werden. Es ist gewiss auch ein Beitrag zur Stadtgeschichte Jenas. Aber als Beitrag zur Bibliotheksgeschichte ist sie kritisch zu sehen. (ks)


Wolcott, Renée (2022). Preserving Useful Knowledge: A History of Collection Care at the APS Library. (Transactions of the American Philosophical Society, Volume 111, Part 1.) Philadelphia: American Philosophical Society Press, 2022 [gedruckt]

Die Autorin ist aktuell eine der Bibliothekar*innen, welche mit dem Erhalt und der Reparatur der Bestände in der Bibliothek der American Philosophical Society beauftragt ist. Dies ist eine der ältesten wissenschaftlichen Vereinigungen in den USA, gegründet einige Jahre vor der US-amerikanischen Revolution, unter anderem von Benjamin Franklin. Die ältesten Bücher und Manuskripte der Sammlung stammen aus dieser Gründungszeit. Das Buch stellt die Ausarbeitung eines längeren Vortrags vor, in dem die Autorin die Geschichte ihre Vorgänger*innen und deren Arbeit darstellte. Unterteilt in vier Hauptkapitel tut sie dies dann auch in dieser Publikation. Im ersten Kapitel werden Buchbindearbeiten im ersten Jahrhundert der Bibliothek bis Mitte des 19. Jahrhunderts vorgestellt, im zweiten einzelne Buchbinder*innen und Restaurator*innen sowie deren Arbeit. Nicht zu allen liegen heute viele biographische Angaben vor. Schwierig ist auch, dass sich erst in den letzten Jahrzehnten etabliert hat, dass bei solchen Arbeiten jeweils genau dokumentiert wird, warum ein Buch oder Manuskript repariert und wie dabei vorgegangen wurde. Daher muss die Autorin immer wieder Spuren früherer Arbeiten an den Medien durch Autopsie interpretieren. Sie ist dabei immer wertschätzend gegenüber ihren Vorgänger*innen, stellt aber auch mehrfach dar, dass diese viele Entscheidungen trafen, die bei der heutigen Restaurierungsarbeit nicht mehr getroffen werden würden. Dann, im dritten Teil, werden relativ aktuelle Reparaturen vorgestellt, inklusive bildlicher Darstellungen. Hier können die Leser*innen praktisch einen Einblick in die Werkstatt von Buch- und Papierrestaurator*innen erhalten. Im abschliessenden vierten Kapitel gibt die Autorin nochmal einen Überblick darüber, welche Entscheidungen getroffen werden müssen, wenn ein Bestand, wie der von ihr betreute, langfristig erhalten werden soll.

Das Buch erschien in der wissenschaftlichen Publikationsreihe der Society und richtet sich offenbar an Personen, die auf der einen Seite wohl keinen professionellen Bezug zu dieser Arbeit haben, aber auf der anderen Seite nicht davon überzeugt werden müssen, dass sie notwendig ist. Sicherlich ist diese Arbeit heute ein Spezialthema des Bibliothekswesens. Dieses Buch bietet einen guten Einblick in deren Status Quo, wenn auch am Beispiel einer ausserordentlich gut mit Ressourcen ausgestatteten Einrichtung. (ks)


Pavillon, Olivier (2024). Les Maisons du Peuple de Lausanne (1899-1945). (Collection Histoire) Lausanne: Éditions Antipodes, 2024 [gedruckt]

Maisons du Peuple – in deutsch Volkshaus, in italienisch Casa del Popolo – waren vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Orte der Selbsthilfe und Bildungsbestrebungen der Arbeiter*innenbewegungen. Oft von Gewerkschaften und linken Parteien, aber auch von Einkaufsgenossenschaften und Einzelmitgliedern getragen, stellten sie Einrichtungen dar, in denen verschiedene Bildungs- und Freizeitaktivitäten stattfanden, Genossenschaften Läden betrieben, Gesundheitspraxen für Arbeiter*innen unterhalten wurden und so weiter. Sie waren auch Orte der gewerkschaftlichen und politischen Organisation. Teilweise waren sie aber auch von Personen aus dem damaligen bürgerlichen Spektrum getragen, die etwas für Arbeiter*innen unternehmen wollten. Solche Einrichtungen gab es in verschiedenen europäischen Städten. In der Schweiz existieren sie heute, wenn auch oft mit anderen Funktionen – vor allem als Gewerkschaftshäuser – teilweise weiter, unter anderem in Lausanne. Dieses kurze Buch beschäftigt sich mit der Geschichte der Maison du Peuple in dieser Stadt.

Dabei zeigt der Autor, dass das heutige Maison du Peuple nur eines von zweien war. Während das heute noch bestehende in den 1930er Jahren direkt von sozialistischen und gewerkschaftlichen Gruppen gegründet wurde, war das andere eines, das auf genossenschaftlicher Basis auch von bürgerlichen Gruppen und Personen getragen wurde. Der Autor schildert, immer in sehr kurzen Kapiteln und unterstützt von vielen Abbildungen, die Geschichten der beiden Einrichtungen, der Aktivitäten, die in ihnen stattfanden und auch der politischen Auseinandersetzungen in ihnen und um sie. Es ist eine sehr lokale Geschichte, die auch dadurch unterstützt wird, dass ein Grossteil der Strassen und Adressen, die genannt werden, heute noch existieren. Wer sich in Lausanne auskennt, kann die ganze Zeit nachvollziehen, auf was für einer doch kleinen Fläche sich diese Geschichte abspielte.

Der Rezensent hat dieses Buch nicht nur aus einem lokalhistorischen Interesse gelesen, sondern auch, um zu erfahren, ob sich etwas über die Bibliotheken der beiden Maison du Peuple lernen lässt. In dieser Hinsicht ist das Buch enttäuschend: Schon auf dem Cover findet sich ein Bild des ersten Volkshauses. Auf diesem Bild ist unter dem Namen der Einrichtung der explizite Verweis auf eine Bibliothek zu finden. Auch im Buch taucht diese Bibliothek immer wieder auf. Schon bei der Gründung des ersten Hauses wird eine solche angedacht und ein Etat für sie bereitgestellt. Immer wieder wird erwähnt, wie wichtig sie war und dass die Arbeitsgruppe, welche die Bibliothek betreute, teilweise die grösste war. Auch wird erwähnt, dass die Bibliothek mehrfach erweitert und modernisiert wurde. Aber es gibt keine konkreteren Informationen. Der Autor schreibt über einzelne Vorträge, die in beiden Häusern gehalten wurden, über Abstimmungen, über handgreifliche Auseinandersetzung in der Bar des zweiten Maison und so weiter. Aber die Arbeit der Bibliothek – die ja offenbar im Alltag wichtig war – thematisiert er nicht. Wie so oft scheint diese Bibliothek (oder, so klar ist es nicht, ob es sie im zweiten Haus auch gab, vielleicht dieser beiden Bibliotheken) schnell in den Hintergrund zu geraten. Irgendwie wichtig, aber offenbar für die Geschichtsschreibung doch nicht spannend.

Dabei ist noch heute auffällig, dass die Stadtbibliothek in Lausanne eine Filiale direkt neben dem heute noch existierenden Maison du Peuple führt. Es wäre interessant gewesen, herauszufinden, ob das Zufall ist, ob sie einst eine Arbeiterbibliothek gewesen war, die zur städtischen umgewidmet wurde oder ob sie von der Stadt explizit dort angesiedelt wurde, um die Bildung der Arbeiter*innen nicht dem selbstorganisierten Maison du Peuple zu überlassen. Aber leider schweigt das – sonst recht kurzweilige – Buch zum Thema Bibliothek. (ks)


Hui, Andrew (2025). The Study: The Inner Life of Renaissance Libraries. Princeton ; Oxford: Princeton University Press, 2025 [gedruckt]

In diesem Buch geht es, wie im Titel genannt, um die Bibliotheks-, Lese- und Arbeitsräume von Humanisten (immer Männer), um die Gedanken und Ängste, die sie in diesen Räumen formulierten und die Netzwerke, die sie aus diesen Räumen heraus knüpften. Es geht um Träume und Alpträume. Aber: Es ist ein kulturwissenschaftliches Werk, kein rein historisches. Es gibt schon frühere Arbeiten, welche die privaten Bibliotheken der Humanisten untersuchten, auf die Hui hier aufbaut. Was ihn interessiert, sind die Welten, die in den Köpfen der Humanisten entstanden, als sie in diesen Privatbibliotheken arbeiteten.

Das alles ist ein Parforceritt durch die Aufklärung und gleichzeitig Interpretation von Schlüsseltexten sowie Bildern der damaligen Zeit, immer wieder zurückgeführt auf den Raum Bibliothek oder die Sammlung von Büchern, mit denen sich die Aufklärer umgaben. Gleichzeitig schreibt sich Hui persönlich mit seinen Gedanken in den Text. Innovativ sind die Verweise auf ähnliche Diskurse, Denk- und Bildprogramme, wie sie in asiatischen Kulturen (hier China und Japan) existierten, die Hui an verschiedenen Stellen (aber nicht systematisch) einflicht.

Hui beschreibt sein Buch als Essay und, wohl getreu der kulturwissenschaftlichen Herangehensweise, muss man es auch so lesen. Es ist keine neue Geschichte der genannten Bibliotheken, sondern eine – in vielen Teilen auch anregende – Denkübung über Bibliotheken und Humanismus. Für diese bietet die Geschichte, hier als chronologische Abfolge verstanden, ein Organisationsprinzip, an dem sich entlang gehangelt wird. (ks)


Blume, Patricia F. (2024). Die Geschichte der Leipziger Buchmesse in der DDR: Literaturtransfer, Buchhandel und Kulturpolitik in deutsch-deutscher Dimension. Berlin, Boston: Walter de Gruyter, 2024, https://doi.org/10.1515/9783111317076

Diese Arbeit stellt die Entwicklung der Leipziger Buchmesse und ihrer Vorläufer von 1946 bis 1990, einschliesslich einem Ausblick auf das Überleben und Neuerfinden in der Zeit danach, dar, also die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Ende der DDR. Das alles passiert umfassend, detailliert, teilweise ausschweifend. Quellen sind Archivmaterialien, offizielle Veröffentlichungen, Berichte des Ministeriums für Staatssicherheit, Interviews mit Beteiligten und mit damaligen Besucher*innen. Einige dieser Quellen – mindestens die Interviews mit ehemaligen Besucher*innen – wurden auch mit Studierenden in einem Seminar er- und bearbeitet. Insgesamt ist die Arbeit gleichzeitig eine Dissertation, für die sich Detailgenauigkeit anbietet. Aber in gewisser Weise stellt diese Fülle an Quellen auch das Problem der Arbeit dar: Sie ist über 700 Seiten lang und äusserst genau. Im Grunde stellt sie mehrere Bücher dar. Gerade der Abschnitt zur Überwachung der Messe durch die Staatssicherheit ist so fokussiert geschrieben und umfassend, dass er auch hätte selbstständig erscheinen können. Die Detailtreue führt auch dazu, dass bei der Darstellung nicht immer klar wird, ob umfassende Entwicklungen geschildert werden oder ob es um die inhaltlichen Positionen und Entscheidungen von Einzelpersonen geht. Teilweise scheint es in der Darstellung, als wären bestimmte Entwicklungen nur aufgrund von Einzelpersonen geschehen. Das alles führt dazu, dass die Arbeit die Lesenden stellenweise mit Fakten, Daten und Einschätzungen überhäuft. Es stellt sich dann der Eindruck ein, dass es notwendig ist, sich durch den Text zu kämpfen, um zwischen den Details nicht die grosse Geschichte zu verpassen. Dass eine historische Dissertation keine für die breite Öffentlichkeit geschriebene Darstellung ist, ist dieser Arbeit anzumerken.

Nichtsdestotrotz ist sie selbstverständlich relevant. Sie zeigt, wie die Buchmesse als Mustermesse gegründet wurde, welche die Produktion der sowjetischen Besatzungszone widerspiegeln sollte und dabei für den Buchbereich an die traditionelle Leipziger Messe für die Buchbranche (aber nicht für ein allgemeines Publikum) anknüpfte, die während des Zweiten Weltkrieges eingestellt worden war. Es wird sichtbar, wie die Messe in der Folge weg entwickelt wurde von einer Veranstaltung, bei der vor allem Verlage und Sortimente (also der Buchhandel) miteinander verhandelten und Geschäfte machten, hin zu einer Publikumsmesse. Das geschah unter anderem, weil sich andere Formen des Buchhandels (neue Bestellverfahren) entwickelten. Aber bis zum Ende der DDR geschah es auch immer im Rahmen der gesamten Leipziger Messe. Alle Versuche, die Buchmesse als eigenständige Veranstaltung zu etablieren, schlugen fehl.

Die Arbeit ist grösstenteils chronologisch aufgebaut – nur der Abschnitt zur Überwachung durch die Staatssicherheit weicht davon ab, weil er einem Zeitraum zugeordnet wurde, aber eigentlich für die gesamte Zeit der DDR gilt – und folgt Einteilungen, die sich aus der Entwicklung der Buchmesse selber ergeben. Beispielsweise ist der Umzug der Messe in ein eigenes Haus der Punkt, an dem ein Kapitel endet. Gleichzeitig zeigt die Arbeit, dass die Messe sich auch immer mit der allgemeinen Kulturpolitik der DDR (und, da diese immer auch auf die BRD bezogen war, auch die der BRD) zusammenhing. Die Schliessungen gegenüber Westdeutschland, der Mauerbau, die Ausweisung von Wolf Biermann, die Niederschlagung des Prager Frühlings und darauffolgende kulturpolitische Entscheidungen, die Angst vor dem Übergreifen der Solidarność sowie der Perestroika und auch die vorsichtige Annäherung an die BRD ab den 1970er Jahren, spielten alle eine Rolle für die Buchmesse. Sie war immer als Veranstaltung gedacht, die eine Aussenwirkung haben sollte und deshalb zum Beispiel immer daran interessiert war, möglichst viele unterschiedliche Länder zu präsentieren und zudem aus der BRD möglichst viele Verlage. Gleichzeitig geriet die Messe immer wieder neu in Krisen, die regelmässig angegangen werden mussten.

Was in der Arbeit aber auch klar wird, ist, dass der Messe und der Literatur von Seiten der DDR-Führung (und der Staatssicherheit) eine erstaunlich hohe Wirkung zugeschrieben wurde. Sie musste ständig überwacht, ausgehandelt und auf ihren möglichen Einfluss auf die DDR-Bevölkerung hin abgeklopft werden. Bibliotheken kommen im Werk allerdings nur am Rand vor – teilweise als Einrichtung, welche die Zensur unterstützen, teilweise als Teil der Kund*innen. Ansonsten ist dies Literatur-, aber keine Bibliotheksgeschichte. (ks)

4. Weitere wissenschaftliche Medien (Konferenzberichte, Abschlussarbeiten)

[Diesmal keine Beiträge]

5. Populäre Medien (Social Media, Zeitungen, Radio, TV)

Knibbs, Kate (2023). The Battle Over Books Could Change AI Forever. In: Wired, 04.09.2023, https://www.wired.com/story/battle-over-books3/

Der Artikel beschreibt, wie es dazu kam, dass ein Datensatz von circa 196.000 digitalen Büchern als Trainingsgrundlage für eine Vielzahl von Large Language Model KI-Anwendungen verwendet wurde. Dabei kommen verschiedene Personen zu Wort, die diese Verwendung ablehnen oder befürworten. Die ablehnende Position wird vor allem durch Urheberrechtsverstöße und die Verletzung der Rechte der Autor:innen begründet. Befürworter:innen sehen durch die freie Verfügbarkeit des Datensatzes insbesondere die Chancengleichheit kleiner und nicht-kommerzieller Anbieter von KI-Anwendungen gewahrt, die sonst durch finanzstarke Großkonzerne übervorteilt würden. Der Artikel gibt damit einen interessanten Einblick in die Sichtweisen der verschiedenen Akteure. (eb)


Savin, Serge (März 2025). Biblioteket som en varmestue. In: Akademikerbladet. https://dm.dk/akademikerbladet/magasinet/2025/dm-akademikerbladet-nr-1-2025/biblioteket-som-en-varmestue/

In der Mitgliederzeitschrift Akademikerbladet der dänischen Gewerkschaft DM wird über die Herausforderungen im Umgang mit auffälligen Personen in öffentlichen Bibliotheken aus Sicht des Bibliothekspersonals berichtet. Ausgangspunkt ist eine Umfrage der Gewerkschaft, nach der 90 % der Beschäftigten Unruhe, Geschrei und unangemessenes Verhalten erlebt haben, davon 50 % mindestens einmal täglich oder wöchentlich. Diese gehen vor allem von Obdachlosen, psychisch Erkrankten und anderen benachteiligten Personengruppen aus. Sie treffen in der Regel auf unvorbereitetes Bibliothekspersonal, das nicht dafür ausgebildet ist, mit solchen Konfliktsituationen umzugehen. Am Beispiel der Bibliothek Næstved werden Anpassungsstrategien diskutiert, die sowohl die Sicherheit des Personals (Dienstausweise mit integrierten Notrufknöpfen, Fluchtwege für das Personal, Videoüberwachung) als auch bauliche Veränderungen zur Verhinderung von Vandalismus (Wegfall der Waschbecken in den Toiletten zugunsten einer zentralen Waschgelegenheit auf dem Flur) umfassen. Besonders erfolgversprechend erscheint der Einsatz von sogenannten relationsmedarbejder, die über eine sozialpädagogische Ausbildung verfügen. Sie sprechen Personen mit auffälligem Verhalten an, vermitteln sozialpsychologische Unterstützungsangebote der Kommune und ziehen gegebenenfalls die Polizei hinzu. In den Kopenhagener Stadtteilbibliotheken in Vesterbro konnte so die Zahl der Vorfälle um 60 % gesenkt werden, so dass nun auch in Nørrebro relationsmedarbejder eingesetzt werden. Auch in Næstved wird auf die Zusammenarbeit mit Streetworkern und Polizei gesetzt. Die Gewerkschaft DM unterstützt ihre Mitglieder mit virtuellen Konfliktseminaren und setzt sich bei den Bibliotheksleitungen für mehr Sicherheit ein. (nj)


Redaktion beck-aktuell, js (15.04.2025). Dies ist ein Werk mit umstrittenem Inhalt: Autor muss Warnhinweis einer Bücherei dulden. In: beck-aktuell. Heute im Recht. https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/vg-muenster-1l5925-einordnung-hinweis-buch-gerechtfertigt-stadtbuecherei

Im Blogeintrag wird kurz über einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster berichtet. Ein Autor hatte in einem Eilverfahren verlangt, dass ein Hinweis entfernt wird, den die Stadtbücherei Münster in einem von ihm verfassten Buch angebracht hatte. Es wurde darin auf den umstrittenen Inhalt des Buches, das insbesondere auch die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki bestreitet, hingewiesen.

Das Verwaltungsgericht entschied, dass dieser Hinweis zulässig ist. In der Begründung wurde dabei auf die folgenden Punkte verwiesen: 1) Bibliotheken können inhaltlich durch Empfehlungen oder durch Kritik zu ihren Medien Stellung beziehen. 2) Bibliotheken haben einen Bildungsauftrag, der durch das reine Verleihen von Büchern nicht gedeckt sei. 3) Die Bibliothek sei nicht verpflichtet, gegenüber dem Autor neutral zu sein. 4) Die Bibliothek sei dem Sachlichkeitsgebot gefolgt, da der Hinweis auf Tatsachen beruhe. (eb)

6. Weitere Medien

Case Tracker: Artificial Intelligence, Copyrights and Class Actions, https://www.bakerlaw.com/services/artificial-intelligence-ai/case-tracker-artificial-intelligence-copyrights-and-class-actions/ (abgerufen: 16.12.2024)

Auf dieser Seite bietet eine amerikanische Anwaltskanzlei eine laufend aktualisierte, detailreiche Übersicht über laufende Gerichtsverfahren zum Thema KI und Copyright. Dies beschränkt sich zwar auf die Vereinigten Staaten, aber da die einschlägigen Konzerne dort ihren Sitz haben, gibt es potentiell Auswirkungen für den gesamten KI-Markt. (eb)


Harington, Robert (2024). A Dissonance of Ideals: Openness, Copyright, and AI. In: The Scholarly Kitchen, 25.11.2024, https://scholarlykitchen.sspnet.org/2024/11/25/robert-harington-attempts-to-reveal-inherent-conflicts-in-our-drive-to-be-as-open-as-possible-authors-need-to-understand-their-rights-and-a-librarys-mandate-to-provide-their-patron/

Der Artikel diskutiert – unter dem Stichwort der kognitiven Dissonanz – eine Zwickmühle, in der sich Bibliotheken befänden, die mit den neuen Tatsachen der KI-Anwendungen konfrontiert sind. Auf der einen Seite setze man sich im Zuge der Open-Access-Bewegung dafür ein, dass Autor:innen ihre Publikationen so offen wie möglich verbreiten und gleichzeitig die Rechte an ihren Werken weitestmöglich wahren. Auf der anderen Seite würden die Anbieter von KI-Anwendungen und eben auch das der KI zugrundeliegende technische Prinzip eben diese Rechte der Autor:innen routinemäßig verletzen. Gleichzeitig sollen Bibliotheken ihren Nutzer:innen bestmögliche Unterstützung bei Forschung und Recherche bieten und kämen dabei früher oder später nicht um KI-Anwendungen herum.

Der Artikel bietet keine Lösung für diese widersprüchlichen Prinzipien, verweist aber auf erste, punktuelle Anstrengungen zur Behebung des Problems und weitere Rahmenbedingungen und Informationsressourcen. (eb)


Jasper Franz T. Mapa: Pirates of the Academe: A Critical Criminological Analysis of Intellectual Property Laws Criminalizing Filipino College Students Using Pirated Papers from Sci-Hub. Manila: De La Salle University Publishing House. 2024. Asia-Pacific Intellectual Property Management and Innovation Book Series. 3. https://animorepository.dlsu.edu.ph/apipmibookseries/3

Die Studie untersucht am Beispiel von Sci-Hub die Nutzung von Schattenbibliotheken durch Studierende in den Philippinen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Nutzung aus juristischer Sicht zwar gesetzlich untersagt ist (malum prohibitum), aber nicht inhärent unrecht ist (malum in se). Die Angebote tragen sogar zu einer mitunter gewünschten besonderen Verbreitung von Inhalten aus Kunst und Wissenschaft bei, so dass sie aus der Perspektive unterschiedlicher Interessen reflektiert werden müssen. Sie erfolgt in der Praxis der Studierenden aus dem Bedarf heraus, für die wissenschaftliche Ausbildung relevante Quellen einsehen und zitieren zu können. Der Bedarf ist besonders ausgeprägt, wenn aus sozioökonomischen Gründen keine andere Möglichkeit zum Zugriff auf diese Inhalte besteht. Dies betrifft überproportional Studierende in Ländern des Globalen Südens. Als Lösungen für die sich aus dem Gebrauch von Schattenbibliotheken ethischen ergebenden Problemen werden unterschiedliche Ansätze vorgeschlagen, unter anderem der Ausbau von Open-Access- beziehungsweise alternativen Publikationsmodellen; gegebenenfalls verzögerte Open-Access-Publikation nach einem zeitlichen Embargo, eine stärkere auch forschende Problematisierung von Zielkonflikten zwischen Urheberrecht beziehungsweise Intellectual Property und den Zugangsinteressen. (bk)


Rhea Nayyar (2025): Historic Buildings Destroyed in Southern California Blazes. In: Hyperallergic / News. 08. Januar 2025. https://hyperallergic.com/982535/it-looks-like-a-bomb-exploded-la-artists-grapple-with-loss-as-fires-rage/

Während des Palisades Fire brannte im Januar 2025 in Pacific Palisades, Los Angeles die dortige Palisades Branch Library, Zweigstelle der Los Angeles Public Library, vollständig nieder. (bk)


Lisa Yin Zhang (2025): Raquel Rabinovich, Artist of Submerged Worlds, Dies at 95. In: In: Hyperallergic / Obituaries. 10.01.2025. https://hyperallergic.com/982551/raquel-rabinovich-artist-of-submerged-worlds-dies-at-95/

Am 05. Januar 2025 starb die aus Argentinien stammende Künstlerin Raquel Rabinovich, zu deren Zentralwerk die Langzeitserie River Library gehört, eine Serie von Zeichnungen auf handgeschöpftem Papier, für die sie den Schlamm aus verschiedenen Flüssen als Material verwendet. Im Schlamm und seiner Eigenschaft als Schichtung sowohl als Lebensraum als auch von totem Material sah sie die Erdgeschichte und die der Menschheit kumuliert. (bk)


o.A. (2025): Bibliothek der Dinge für blinde Kinder eröffnet. In: Deutschlandfunk / deutschlandfunk.de. 07.01.2025 https://www.deutschlandfunk.de/bibliothek-der-dinge-fuer-blinde-kinder-eroeffnet-104.html

Die in Marburg ansässige Deutsche Blindenstudienanstalt e. V. (blista) eröffnete, wie verschiedene Medien melden, Anfang Dezember 2024 die erste Deutsche Blinden-Mediathek. (bk)