Übersetzung des Aufsatzes "Interrelation of Knowledge,
Meaning, Mind, and Information:
The Semognostic Approach", erschienen in Informacijos Mokslai
2002, Vol. 21, p. 59-69.
Volltext abrufbar unter URL:<http://www.leidykla.vu.lt/inetleid/inf-mok/21/str5.html>
Deutsche Übersetzung: Ben Kaden in Zusammenarbeit mit der LIBREAS-Redaktion. Wissen, Geist und Information
werden in einem relativ neuen Wissenschaftsgebiet, der Kognitionswissenschaft,
untersucht. Die traditionelle Kognitionswissenschaft nähert
sich dem Phänomen des Geistes aus der Richtung der „Computation“
d.h. einer rechenoperationsbasiert-informatischen Perspektive. Dieser
Ansatz wird heute allerdings äußerst kritisch betrachtet.
In diesem Artikel wird ein alternativer Ansatz dargestellt, der
kein „informatischer“ im strengen Sinne des Wortes ist.
Die Erklärung basiert auf der Annahme, dass der Aspekt der
Bedeutung einer Information von der traditionellen Idee der „Computation“
vernachlässigt wird. Im vorliegenden Aufsatz wird Bedeutung
als eine der zwei Ideen vorausgesetzt, die den Geist bestimmen.
Wissen ist die zweite grundlegende Idee. Bedeutung und Wissen werden
als messbare quantitative Werte in Raum und Zeit gesehen. Beide Elemente werden als miteinander
verbunden verstanden und stellen die beiden Seiten des komplexen
Phänomens Bedeutungswissen (meaning-knowledge) dar. Dieser
Ansatz an Bedeutung, Wissen und Intelligenz wird in dem Neologismus
„Semognostik“ (semognostics) zusammengeführt (vom
Griech. „semantic“ – „von der Bedeutung“
und „gnostic“ – vom „Wissen“). Die
Feldtheorie wird als Modell für semognostische Phänomene
angewendet. Weiterhin wird postuliert, dass verschiedene geistige
Phänomene ebenfalls in den semognostischen Ansatz einbezogen
werden können. Die semognostische Theorie sollte
als Hypothese betrachtet werden, deren Beweis noch geführt
werden muss. Dabei könnten bestimmte, in verschiedenen mit
der Kognition befassten Wissenschaften bereits bekannte, Erkenntnisse
zur Anwendung kommen. Beträchtliche Anstrengungen
wurden bei der Untersuchung des Geistes auf der Perspektive der
Informationsverarbeitung (information processing) unternommen. Unterschiedliche
Forschungsgegenstände führten zu einer neuen Wissenschaftsausrichtung
in der sich verschiedene Disziplinen, wie Informatik, Psychologie
(besonders Kognitionspsychologie), Philosophie (Erkenntnisphilosophie),
Linguistik und Neurobiologie verbunden fanden. Diese neue Richtung
wurde unter der Bezeichnung „Kognitionswissenschaft“
zusammengefasst. ahlreiche Definitionen der Kognitionswissenschaft
stehen in Beziehung zur Idee der „Computation“. Nach dem Dictionary of Consciousness
wird Kognitionswissenschaft folgendermaßen definiert: ”Cognitive science is
the science study of the aspects of mind which are governed by
computation for the formation, transformation, and destruction
of information” Im vorliegenden Aufsatz wird ein
abweichender Ansatz präsentiert und diskutiert. Er ist nicht
„computational“ im traditionellen Sinn des Wortes, Bedeutung
wird von der „Computation“ ignoriert. Nach dem hier ausgeführten
Ansatz wird Bedeutung als eines der beiden Basiselemente bei der
Betrachtung des Geistes angenommen. Wissen stellt das zweite Element
dar. Die Idee der Information wird als Einheit von Bedeutung
und Wissen verstanden. Wie schon zuvor erwähnt, verwenden
wir den Ausdruck „semantisch“, um das Phänomen
der Bedeutung zu bezeichnen und den Term gnostisch als Bezeichnung
für das Phänomen des Wissens. Der Ausdruck gnostisch
wird hier in seiner ursprünglichen Bedeutung verwendet und
nicht nach seiner Bedeutung in der Philosophie, wo er eine Denkrichtung
des frühen Christentums bezeichnet. Wir benutzen den Terminus
Semognostik um das Forschungsgebiet, das sich mit semantischen und
gnostischen Phänomenen und den Beziehungen zwischen diesen
beschäftigt, zu bezeichnen. Eine erste Verwendung des Begriffs
Semognostics findet sich in der Monographie Semognostics. Intellectual
Phenomena and Information (Budrevicius, 1994). Ziel dieses Textes ist die Darstellung
des semognostischen Ansatzes und seine Diskussion in einem auf weitere
Wissenschaftsfelder erweiterten Kontext sowie die Darstellung einiger,
den Ansatz stützende Fakten. Das Projekt der Erstellung eines
auf natürlicher Sprache aufbauenden Datenbank-Interfaces (Budrevicius,
1982) bildete die empirische Basis und die Hauptinspiration zur
Entwicklung des Konzepts der „Semognostik“. Ein wichtiges
Merkmal war die Erfassung des Gesamtprozesses der Anfrageformulierung,
die beim vorbewussten Stadium im Denken des Nutzers beginnt. Das
Interface setzte sich aus zwei Teilen zusammen: Der erste Teil bestand
aus Natural-Language-Scripts, die den Nutzer bei der Formulierung
seiner Suchanfrage unterstützten. Diese Skripte führten den
Nutzer durch einen spezifischen Frage-Antwort-Dialog (Budrevicius,
1984). Diese Methode der Just Noticeable Differences im
Bedeutungsgehalt der Fragen und Antworten wurde zur Messung des
Bedeutungsgehalts der Suchanfragen verwendet. Den zweiten Teil des Interfaces
stellte ein Programm dar, das die Antworten des Nutzers analysierte
und daraus eine auf der Booleschen Logik basierende Anfrage formulierte.
Es imitierte im Prinzip die Anfragen
der Nutzer. Verschiedene Versionen des Programms wurden in den Programmiersprachen
PL/1, Basic und C++ erstellt. Experimente mit diesem System führten
zu dem Ergebnis, dass Anfragen, die mit maschineller Unterstützung
formuliert wurden, nicht schlechter waren als solche, die von erfahrenen
Nutzern formuliert wurden (Budrevicius, 1987). Das System wurde
über mehrere Jahre erfolgreich zur Unterstützung von Nutzern
bei der Recherche in verschiedenen Datenbanken genutzt. Die ersten Modelle des Systems
wurden auf der Grundlage der verschiedenen Ansätze wie der
theory of the questions (Kubinski, 1970), der theory of the fuzzy
sets (Budrevicius, 1983), der measurement theory (Suppes, Zinnes,
1963) und der decision-making theory (Bellman, Zadeh, 1970; Budrevicius,
1980) konstruiert. In der Folge schlugen wir vor, Axiome zu verwenden,
die den gesamten Vorgang der Anfrageformulierung einschlossen. Eine erweiterte Betrachtung zeigte,
dass diese Axiome allgemein genug waren, um als theoretische Möglichkeit
zur Beschreibung der grundsätzlichen intellektuellen Prozesse
zu dienen. Schließlich erkannten wir, dass anstelle des formalen
Modells die Operationalität des Systems auf einem weniger formalen
Ansatz, der auf den Vorstellungen von Wissen und Bedeutung beruht,
aufgebaut werden sollte. Diese Erkenntnis bildet das Hauptergebnis
unserer empirischen Untersuchung. Die Beziehung zwischen Bedeutung
und Intelligenz soll einführend linguistisch abgeklärt
werden. Der Terminus „Intelligenz“ stammt vom lateinischen
Wort intelegere, was „verstehen“ bedeutet.
Das Wort ist offensichtlich mit dem Phänomen der „Bedeutung“
verbunden. Viele intellektuelle Phänomene
sind eindeutig mit „Wissen“ verbunden. Z.B. haben Termini
wie „Kognition“ oder das englische recognition
ihre Wurzel im lateinischen Ausdruck cognoscere, welches
dieselbe Wurzel enthält wie das griechische Wort gnosis
(vom Wissen). Ein Aspekt von Bedeutung, Wissen
und anderen Phänomenen kann über eine einfache Analyse
aufgezeigt werden. Ein Phänomen wie das Lernen kann
etwa als ein Prozess des Wissenserwerbs gesehen werden. Zur Begründung der Idee,
dass Bedeutung und Wissen als Elemente intellektueller Phänomene
zu sehen sind, soll auf eine Erkenntnis aus dem Bereich der Psychophysik
zurückgegriffen werden. Diese bezieht sich auf die Elementargesetze
der Wahrnehmung. Es ist nicht unbedingt üblich,
die Begriffe Bedeutung und Wissen mit dem Bereich der Psychophysik
zu verknüpfen. Trotzdem findet sich nach unserem Verständnis
gerade hier die Möglichkeit, die Relation zwischen Bedeutung
und Wissen mathematisch abzubilden. Die klassische Psychophysik versteht
Wahrnehmung als Beziehung zwischen inneren (psychischen) und äußeren
(physischen) Vorgängen. Die Gesetze von Weber-Fechner (Fechner,
1860) und Stevens (Stevens, 1961) beschreiben die Grundgesetzmäßigkeiten
dieser Beziehung. Lange Zeit war es problematisch,
an dieser Stelle eine Kompatibilität herzustellen. Später
kam die Idee auf, dass es möglicherweise zwei Information-Input-Kanäle
gibt: einen perzeptiven und einen kognitiven. Wir schlugen vor,
den perzeptiven Kanal als den Aufnahmekanal für den Bedeutungsanteil
einer Information und den kognitiven Kanal als die Aufnahme des
Wissensanteils einer Information zu begreifen. Unser Ansatz impliziert, dass Information
beide Aspekte enthält. Das Weber-Fechnersche-Gesetz greift,
wenn der Wissens-Aspekt überwiegt, das Stevensche Gesetz wenn
der semantische Anteil überwiegt. Aus einer solchen Interpretation
lässt sich ableiten, dass Bedeutung und Wissen die zentralen
Ideen für die Gesetze der Wahrnehmung darstellen. Wenn dem
so ist, gibt es Gründe, die Ideen von Bedeutung und Wissen
auf das Phänomen der Wahrnehmung anzuwenden. Daher können
Bedeutung und Wissen ebenfalls als die Schlüsselideen für
Intelligenz angenommen werden. Zur Begründung dieser Annahme
ist eine gesonderte und detaillierte Untersuchung notwendig. Wie schon vorangehend ausgeführt wurde,
werden hier Bedeutung und Wissen als miteinander verknüpft
verstanden. Sie bilden die beiden Seiten des komplexen Phänomens
des Bedeutungs-Wissens (meaning-knowledge). Dieser Ansatz
wird nicht unbedingt in allen Wissenschaftsbereichen, die mit Bedeutung
und/oder Wissen zu tun haben, als selbstverständlich angenommen.
Die Semiotik, als die Lehre
von den Zeichen, bezieht sich ausschließlich auf die Bedeutung
von Zeichen. Morris definierte die Semantik (Morris, 1966) als einen
von drei Einzelbestandteilen der Semiotik (Semantik, Syntaktik und
Pragmatik). Greimas hat im Anschluss an Hjemselv in seinem Buch
„Structural Semantics“ (Greimas, 1966) die Notwendigkeit
der Abgrenzung der Semantik (als Bereich der Bedeutung) von der
Epistemologie (als dem Bereich des Wissens) betont. Gegenstand der Linguistik ist
zu großen Teilen die semantische Dimension der Sprache. Trotzdem
ist evident, dass ein Text oder die Sprache allgemein Wissen repräsentiert.
Wissen steht ebenfalls in Beziehung zur Grammatik einer Sprache.
Generell ist Bedeutung in der Linguistik explizit als Element enthalten
und weit verbreitet, wogegen das Wissen eher nur latent berücksichtigt
wird. Die logische Semantik interpretiert
logische Konstruktionen. Die Bedeutung wird hier hauptsächlich
als separates Phänomen gesehen. Ryle beschreibt verschiedene
Sichtweisen auf das Phänomen der Bedeutung (Ryle, 1957). Frege
äußert sich über die Quellen mathematischen Wissens
und ihrer Relation zur Bedeutung. Generell bezieht die logische
Semantik „Wissen“ nicht explizit ein. Die Informationstheorie nach
Shannon betrachtet Information unabhängig von Bedeutung. Der
Aspekt des Wissens wird in ihr nicht explizit berücksichtigt.
Dennoch lässt sich sagen, dass nach Shannon dann Wissen erworben
wird, wenn eine Nachricht, d.h. Information, empfangen wurde. In
Theorien, die sich auf die Semantik von Information beziehen, wird
die Bedeutung von Information in die Betrachtung einbezogen, der
Aspekt des Wissens jedoch ignoriert. In der allgemeinen Verwendung
wird das Konzept der Information häufig synonym zu „Wissen“
definiert (WWWebster). Die Kognitionswissenschaft
beschäftigt sich mit den verschiedenen Phänomenen der
Kognition. Kognition ist nach dem Webster’s Dictionary
ein Akt oder ein Prozess des Wissens, welcher sowohl Wahrnehmungs-
(awareness) wie auch Urteilsvermögen (judgement) mit einschließt
(WWWebster). Daher ist Wissen Bestandteil der Definition von Kognition.
Man kann auch davon ausgehen, dass Bedeutung eine Komponente der
Kognition genauso wie auch des Bewusstseins und des Urteilsvermögens
ist. Trotzdem werden Wissen und Bedeutung nicht als zentrale Konzepte
der Kognitionswissenschaft gesehen. Weiterhin ist festzustellen,
dass die Beziehungen zwischen Bedeutung und Wissen nicht grundlegende
Gegenstände der kognitionswissenschaftlichen Forschung sind.
Die Philosophie ist der Teil
der Wissenschaft, in dem auch das Wissen der Antike Gegenstand ist.
Es muss an dieser Stelle bemerkt werden, dass in diesem Text der
Terminus gnostisch auf alle Arten von Wissen bezogen wird,
was im Gegensatz zum philosophischen Begriff der Gnosis steht, welcher
sich hauptsächlich auf eine eher esoterische Art des Wissens
bezieht. Im frühen Christentum gab es eine ganze Denkschule
des „Gnostizismus“. Die Epistemologie ist ein
Zweig der Philosophie, der sich ausschließlich der Betrachtung
des Wissens widmet. Viele große Philosophen beschäftigen
sich mit Problemen des menschlichen Wissens. Platon schrieb mit
seinem Theaitetos eine der ersten spezialisierten Studien zum „Wissen“.
Im Anschluss an die Ideen von Aristoteles definierte Thomas von
Aquin Wissen mithilfe der Idee der Intentionalität, welche
vermutlich eine der anspruchsvollsten Abhandlung zum Ursprung des
Wissens darstellt. Die Philosophie des Geistes
ist ein Zweig der modernen Philosophie, die in enger Beziehung zur
traditionellen Theorie des Wissens (Epistemologie) steht. Hermeneutik ist ein Zweig
der modernen Philosophie, die sich mit der Betrachtung der Interpretation
befasst. Bedeutung wird hier als Ergebnis der Interpretation angesehen.
Die phänomenologische Hermeneutik bezieht sich auf
Bedeutung und Realität. Daher wird Bedeutung hier als Fundamentalkonzept
verwendet. Das Wissen bleibt im Hintergrund. Die linguistische Hermeneutik
bezieht sich auf die Interpretation und das Verstehen einer textuellen
Bedeutung. Nach Dilthey (Dilthey, 1982) ist Verstehen eine Quelle
des Wissens. Hier findet sich explizit ein Bezug auf die Beziehung
zwischen Bedeutung und Wissen. Weiterhin ist dies als Aussage, dass
Wissen aus einem Verstehensprozess heraus generiert wird, zu sehen.
So formuliert deckt sich diese Aussage mit einem Aspekt unserer
Untersuchung, der im nächsten Kapitel (Statement 4) dargestellt
wird. Dieser kurze Überblick zeigt, dass, wenn
in verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen eines der Elemente
(Bedeutung oder Wissen) betrachtet wird, das andere häufig
vernachlässigt oder nur am Rande berücksichtigt wird.
Die Beziehung zwischen beiden Elementen wird in keinem Wissenschaftsbereich
als zentrales Objekt gesehen. Der semognostische Ansatz konzentriert sich
zentral auf die Beziehung von Bedeutung und Wissen als Kernobjekt
seiner Untersuchungen. Die separate Beschreibung von Bedeutung und
Wissen wird hauptsächlich als Mittel zur Analyse angewendet. Postulate zu „Bedeutung“ und „Wissen“ a) Bedeutung und Wissen sind nicht reduzierbare
und zueinander in einer Wechselbeziehung stehende Ideen. b) Bedeutung und Wissen können empirisch
untersucht werden. c) Bedeutung und Wissen können gemessen
werden. d) Bedeutung und Wissen treten in verschiedenen
Formen in Raum, Zeit und Bewegung auf. e) Bedeutung und Wissen sind grundlegende
Ideen mit einem Betrachtungsfeld intellektueller Phänomene.
Bedeutung und Wissen selbst werden an dieser
Stelle nicht weiter definiert. Sie sind erste Begriffe in der Semognostik
und entsprechend als intuitiv zu erfassen. Stattdessen sollten ihre
verschiedenen Erscheinungsformen und Relationen zueinander definiert
und betrachtet werden. Es sollte weiterhin erwähnt werden,
dass die Beziehung zwischen Bedeutung und Wissen an dieser Stelle
nicht in der herkömmlichen Art und Weise behandelt wird. In Übereinstimmung mit der Aussage „a)“
lassen sich drei Klassen von Phänomenen festhalten: Bedeutung
(semantische Phänomene), Wissen (gnostische Phänomene)
und „Bedeutungswissen“ (semognostische Phänomene).
Semantische Phänomene können nicht auf gnostische
Phänomene reduziert werden und umgekehrt, während semognostische
Phänomene beide Aspekte einschließen. Eine klare Unterscheidung
dieser drei Klassen von Phänomenen ist das bestimmende Merkmal
des semognostischen Ansatzes. Es ist nicht gängig, intellektuelle Phänomene
über die Faktoren Raum und Zeit zu beschreiben. Bei Brentano
(Brentano, 1925) findet sich die erweiterte Sicht, dass Raum ein
Merkmal zur Unterscheidung mentaler Phänomene von physikalischen
Phänomenen darstellt. Eine solche Theorie könnte als eine
physikalische verstanden werden, was sie aber nicht ist, da ihre
Grundelemente (Bedeutung und Wissen) keine physikalischen Objekte
sind. Die Aussage „d)” soll in der Folge weiter
ausgeführt werden. 1) Bedeutung kann in zwei grundlegenden Formen
von „Raum” auftreten: in der Form der Akkumulation
(z.B. als eine Wortbedeutung) und als eine Form von Kontinuum
(z.B. als eine Textbedeutung oder ein Bedeutungskontext). Beide
Formen der Bedeutung sind miteinander verknüpft: die Akkumulation
von Bedeutung erzeugt ein Raumkontinuum für Bedeutung und
umgekehrt. Bedeutung existiert weiterhin in der Form der „Bedeutungsrelation“
(Assoziation). 2) Bedeutung kann innerhalb der Zeit die Form eines
Prozesses annehmen. Ein solcher ist zum Beispiel beim Lesen und
Verstehen eines Satzes gegeben. 3) Die grundlegende Form des Raumes für Wissen
ist ein Wissenskontinuum. Dieses lässt sich auch als Wissenskontext
kennzeichnen. Wissen existiert zusätzlich in Gestalt von
Wissensrelationen (Assoziationen). 4) Die Veränderung von Bedeutung ist eine Bedingung
für die Entstehung von Wissen. In anderen Worten induziert
die Bewegung von Bedeutung Wissen. Zum Beispiel wird, wenn wir
einen Satz lesen und verstehen, Wissen induziert. Weiterhin gilt
folgende Aussage: Eine Veränderung von Wissen führt
zu einer Veränderung von Bedeutung. 5) Es gibt keine räumliche Akkumulation von
Wissen (im Gegensatz zu Bedeutung). Wie das vierte Postulat zeigt,
entsteht Wissen, weil es einen Wandel (oder eine Bewegung) der
Bedeutung gibt. Ein Modell einer Feldtheorie wurde zur Beschreibung
des Hauptteils von Bedeutungs- und Wissensphänomenen in Raum
und Zeit gewählt. Diese Entscheidung ist hauptsächlich
beeinflusst von der experimentellen Arbeit im Zusammenhang mit dem
Interface und tatsächlich auf Intuition gegründet,
was keine ausreichende Grundlage für den Aufbau einer Theorie
darstellen kann. Im Anschluss wird versucht, diese Entscheidung
über folgende Erwägungen zu begründen. Die Feldtheorie bietet die weitesten Möglichkeiten
zur Bearbeitung quantitativer Phänomene in Raum und Zeit, die
mit unserem Ansatz und unseren Zielen korrespondieren. Es gibt bestimmte Ähnlichkeiten zwischen der
Form semognostischer Phänomene und den Formen, welche in der
Feldtheorie berücksichtigt werden. Dies lässt sich anhand
der Definition von Bedeutung und Wissen, wie sie in den Aussagen
1-5 im vorangehenden Kapitel beschrieben werden, erkennen. Es gibt in der Neurobiologie, der Psychologie, der
Linguistik und in anderen Bereichen Erkenntnisse, die ebenfalls
herangezogen werden können, um die Feldtheorie zu begründen.
Neurobiologie: Im menschlichen Gehirn
gibt es elektromagnetische und elektrochemische Prozesse, wobei
die elektromagnetischen mit bestimmten intellektuellen Phänomenen
in Beziehung stehen. Dies wurde experimentell zuerst von Berger
nachgewiesen (Berger, 1933) und wird nun allgemein anerkannt (auch
wenn eine direkte Form dieser Aussage von Walker, 1970 kritisiert
wurde, da ebenfalls experimentell die Tatsache nachgewiesen wurde,
dass intellektuelle Phänomene nicht elektromagnetische Phänomene
sind.) Wie bekannt ist, werden elektromagnetische Phänomene
mithilfe der Feldtheorie beschrieben. Im Rückgriff auf diese
Tatsachen und unter der Annahme, dass intellektuelle Phänomene
mittels des semognostischen Modells beschrieben werden können,
lässt sich folgende Hypothese aufstellen: Elektromagnetische
Phänomene bilden eine physikalische Basis für semognostische
Modelle. Im Anschluss daran lassen sich Bedeutungs- und Wissensphänomene
ebenfalls mittels der Feldtheorie beschreiben. Diese Hypothese ist
in einer separaten Studie zu untersuchen. Psychologie: Die Idee des Feldes
bildet die Grundlage für die Gestaltpsychologie. Levin hat
sie zur Erklärung einiger geistiger Phänomene verwendet
(Levin, 1935). Linguistik (Semantik): Die Idee des
semantischen Feldes findet sich in der Linguistik bzw. in der Semantik
z.B. im Zusammenhang mit der Wortbedeutung (Ullmann, 1962; Jost
Trier, 1931). Nalimov verwendete im Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeitstheorie
die Idee des semantischen Feldes. (Nalimov, 1974) Der Ansatz des „dynamischen Systems”
in der Kognitionswissenschaft begreift geistige Phänomene als
Zustände, die von der Zeit abhängig sind (Van Gelder,
1995). Diese Richtung lässt sich vermutlich ebenfalls im Zusammenhang
mit dem Ansatz der Feldtheorie sehen. 1) Das Konzept des Feldes findet bereits Anwendung
zur Beschreibung von Bedeutung und intellektuellen Phänomenen.
2) Die Idee ist für die Beschreibung einiger
Phänomene innerhalb des Gehirns, welche im Zusammenhang mit
intellektuellen Phänomenen zu sehen sind, geeignet. Diese Möglichkeit muss in einem nächsten
Schritt experimentell begründet werden. Zu diesem Zwecke sollen
Modelle eines semognostischen Felds zu einer Art Basis für
Experimente entwickelt werden. Weiterhin soll angemerkt werden, dass neben
der Feldtheorie, die die Aspekte von Raum, Zeit und Quantität
betont, auch weitere theoretische Ansätze zur Behandlung anderer
Aspekte von Bedeutung und Wissen zur Anwendung kommen können. Handlungsaspekt: Handeln als
die dritte Komponente neben Bedeutung und Wissen muss in einer erweiterten
Version des semognostischen Ansatzes berücksichtigt werden.
Dessen Bedeutung soll folgendermaßen veranschaulicht werden:
Bedeutung und Wissen führen zum /erzeugen Handeln und vica
versa- Handeln führt zu/erzeugt Bedeutung und Wissen. Ein solches
Verständnis steht in Übereinstimmung mit Annahmen der
Ansätze der Situated Cognition und der Embodied Cognition innerhalb
der Kognitionswissenschaft. Die Beziehung zwischen Handeln, Bedeutung und
Wissen wurde schon in der ersten Publikation zum semognostischen
Ansatz kurz dargestellt. Der Aspekt des Handelns wurde als pragmatische
(Griech. pragmos = Handeln) Komponente der semognostischen
Theorie angeführt. Handeln in Beziehung zur Kognition wird
in Wissenschaftsrichtungen wie der Action Theory und der
Agent Theory betrachtet. Der semognostische Ansatz sollte
sich dieser bedienen und Konzepte aus diesen Ansätzen integrieren.
Der Ursprung von Bedeutung und Wissen:
Der dargestellte Ansatz enthält wenige Erkenntnisse zum Ursprung
von Bedeutung und Wissen als solche. Diese werden hier als erste
Dinge betrachtet und sind in einer übergreifenderen Theorie
zu definieren. Qualitativer Aspekt: Wie weit
reicht die Bandbreite der intellektuellen Phänomene, die als
semognostisch gesehen werden können? Welche Phänomene
entziehen sich einer Betrachtung vor dem Hintergrund von Bedeutung
und Wissen? Der semognostische Ansatz wird hier auf der
Grundlage der Kategorien Quantität, Raum und Zeit beschrieben.
Diese Kategorien sind für eine Erfassung der gesamten Komplexität
von Bedeutungs- und Wissensphänomenen sicher nicht zureichend. "In spite of its etymology, consciousness
should not be confused with knowledge (...). Many states of consciousness
have little or nothing to do with knowledge. Conscious states
of undirected anxiety or nervousness, for example, have no essential
connection with knowledge." (Searle; 1992) In diesem Zusammenhang muss Folgendes angemerkt
werden: Das gnostische Modell des Bewusstseins beschreibt einen
– wahrscheinlich den wichtigsten – Aspekt. Dennoch ist
es offensichtlich, dass das gnostische Modell nicht die gesamte
Komplexität des Phänomens fasst. So vernachlässigt
es die Aspekte der qualitativen Erfahrung. In der Kognitionswissenschaft wird dieser Gesichtspunkt
als phänomenologische Eigenschaft der Erfahrung (oder Qualia)
ebenfalls berücksichtigt. Qualia werden nicht (oder wenigstens
nicht direkt) in Zusammenhang zu Bedeutung und Wissen gesetzt. Dieser
Aspekt von Bewusstsein und Geist wird z.B. in den Arbeiten von Dennet
(Dennet, 1993) dargestellt. Es sollte ebenfalls erwähnt werden, dass
Phänomene wie Emotionen bzw. die emotionale Facette intellektueller
Phänomene nur schwer über Bedeutung oder Wissen erfasst
werden können. Diese Ebene des Geistes steht ebenfalls in Beziehung
zu den Qualia. Momentan wird der qualitative Aspekt noch nicht
bei der Anwendung des semognostischen Ansatzes verwendet. Vermutlich
wäre diese qualitative Annäherung eher in einer komplementären
Theorie des Geistes zu fassen. Die semognostische Theorie und eine qualitative
Theorie sollten gemeinsam eine allgemeine Theorie des Geistes bilden. Der semognostische Ansatz stimmt mit der Grundidee
der Kognitionswissenschaft, dass der Geist aus einem Blickwinkel
der Informationsverarbeitung betrachtet werden muss, überein.
Die Idee der Information selbst wird dagegen nicht in traditioneller
Form behandelt. Sie wird in ihrer gesamten Komplexität, d.h.
unter der Berücksichtigung sowohl der Bedeutung wie auch des
Wissens und den Beziehungen zwischen beiden Aspekten erfasst. Darin
unterscheidet sich das semognostische Konzept von dem traditionellen
informatischen Ansatz, in dem der Aspekt der Bedeutung keine Rolle
spielt. Der Unterschied lässt sich über zwei Wege erfassen. Der semognostische Ansatz kann als ein nicht-informatischer
gesehen werden, weil er nicht auf die tradierte Idee der Computation
zurückgreift. Berücksichtigt man jedoch den weitaus breiteren
linguistischen Gehalt des Konzepts der Computation, lassen
sich semognostische Modelle durchaus als computational
begreifen, da sie auch auf eine bestimmte, besondere Form der Computation
zurückgreifen. Diese Form der Computation unterscheidet
sich jedoch maßgeblich von der traditionellen. Wir haben den Ansatz
einer semognostischen Computation noch nicht weiter entwickelt,
aber einige Aspekte sind schon jetzt zu erwähnen: sie ist kontinuierlich,
anstatt diskret; sie ist nicht binär; sie arbeitet eher ähnlich
einem Calculus als mit numerischen Werten. Vermutlich kann sie nicht
einmal als rule governed state transitions definiert werden
und ist eher ähnlich der Funktionsweise eines semognostischen
Modells. Semognostische Computation ist darüber
hinaus noch ein quantitatives Phänomen. Weitere Ausführungen
zu diesem Aspekt finden sich in einer anderen Arbeit (Budrevicius,
2001). Der semognostische Ansatz beginnt bei größeren
Elementen als Binärzuständen Der semognostische Ansatz verändert ebenfalls
das Problem der Formalisierung. Im Fall des computational-Ansatzes
müssen die Aufgaben für den Computer völlig formalisiert
sein. Die Aufgaben, die mittels der Konzepte Bedeutung und Information
behandelt werden, müssten hier auf das Niveau elementarer Rechenoperationen
reduziert werden. Nach dem semognostischen Ansatz ist eine derartige
Formalisierung nicht erforderlich. Hierin liegt der Hauptvorteil
des Konzepts. Dennoch ist ein gewisses Maß an Formalisierung
notwendig und daher ist eine Art „semognostischer Formalismus“
zu entwickeln. Zusätzlich müssen Wege zur Implementierung
eines solchen Formalismus entworfen werden. Entsprechend ergibt
sich neben der Überwindung dieser großen Schwierigkeit
ein neues Problem. Bezüglich der Implementierung eines semognostischen
Formalismus muss bemerkt werden, dass es zwei Optionen gibt: den
Aufbau einer neuen technologischen Basis oder die Anpassung an konventionelle
Computertechnologie. Bei einer Konfrontation mit einem schwierigen
Sachverhalt muss man sich normalerweise zwischen zwei Alternativen
entscheiden. Entweder man teilt ihn in kleinere Einheiten und nimmt
sich dann die Einzelteile für eine Detailanalyse. Damit gewinnt
man an Erkenntnis in der Tiefe, verliert aber in der Breite, da
andere Teile aus dem Blickfeld geraten. Oder man betrachtet das
Problem als Ganzes, verliert jedoch an Tiefe. Bei der Betrachtung
der Beziehungen von Wissen, Bedeutung, Geist und Information haben
wir uns für die zweite Option entschieden. Wir versuchten das
Problem in der Breite zu erörtern. Es ist am Leser, zu entscheiden,
wo uns dies nicht gelungen ist. Wir können nur hoffen, dass
es keine allzu signifikanten Vernachlässigungen gab. Aquinas. Thomistic Philosophy Page. Knowledge
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Moskva, 1982. Walker E. H. The Nature of Consciousness // Mathematical
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<http://www.m-w.com/cgi-bin/dictionary> Algirdas Budrevicius
ist Dozent an der Faculty of Communication der Universitas
Vilnensis (Universität Vilnius).
Einleitung
Geist, Information und Bedeutung
Forschungshintergrund:
ein Interface für eine Datenbank
Bedeutung und Wissen als
Elemente der Intelligenz
Andere intellektuelle Phänomene lassen sich wiederum nicht
eindeutig mit Bedeutung und Wissen zusammenführen. Für
solche Prozesse, wie z.B. Entscheidungsfindung, Gedanken, Zögern,
ist eine weiterführende und komplexere Analyse notwendig.Bedeutung, Wissen und
die Gesetze der Psychophysik
Die Beziehung zwischen
Bedeutung und Wissen in verschiedenen Bereichen der Wissenschaft
Die Bandbreite der philosophischen Theorien der Kognition ist sehr
groß (Bieri, 1992). Eine Theorie des Wissens aus einer traditionellen
Perspektive findet sich bei Chisholm (Chisholm, 1996). Die Epistemologie
sollte als eine wichtige Quelle von Fakten zur Begründung der
Grundideen einer Betrachtung von Bedeutung, Wissen und der Beziehung
zwischen diesen beiden Phänomenen Anwendung finden.
Als Teil der Kognitionswissenschaft beschäftigt sie sich mit
Wissen in einem erweiterten Kontext, wobei Aspekte der menschlichen
und technischen Informationsverarbeitung einbezogen werden. In der
Philosophie des Geistes – wie auch in der Kognitionswissenschaft
– ist der Terminus Kognition dem Terminus Wissen übergeordnet.
In Entsprechung dazu wird die Idee der Bedeutung ebenfalls nicht
als Grundidee gesehen.
Wissen ist allerdings nicht direkt Gegenstand der wissenschaftlichen
Untersuchungen in der Hermeneutik. Entwurf einer Theorie von Bedeutung
und Wissen
Die folgenden Aussagen werden zur Beschreibung der Phänomene
„Bedeutung” und „Wissen” vorgeschlagen.
Bedeutung und Wissen als Feld-Phänomene
An dieser Stelle können nur wenige Fakten angeführt werden.
Hier ist sicher die weitere Arbeit einer gesonderten Analyse notwendig.
Dennoch kann festgehalten werden:
Weiterhin sollte bemerkt werden, dass die Feldtheorie im Sinne einer
mathematischen Feldtheorie nur in der Neurobiologie ihre Anwendung
findet.Wo liegen die Grenzen des semognostischen
Ansatzes
In der schon erwähnten Monographie (Budrevicius, 1994) wird
ein Modell des Bewusstseins über das Konzept des Wissensfelds
entwickelt. Dieses deckt sich jedoch nicht mit Searles Aussage:
Der semognostische Ansatz und die Informatik
und -operationen. Bedeutung und Wissen selbst müssen hier nicht
weiter berücksichtigt werden, da sie als grundlegende und nicht
reduzierbare Elemente angenommen werden. Stattdessen müssen
ihre verschiedenen Erscheinungsformen erschlossen und beschrieben
werden. Die Annahme des Geistes, auf der Grundlage der Konzepte
von Bedeutung und Wissen, ist eine weniger komplizierte Aufgabe
als der Bezug auf den traditionellen computational-Ansatz. Der Grund
dafür ist, dass größere „Bausteine“
verwendet werden. In der Monographie (Budrevicius, 1994) wird ein
solcher Ansatz umrissen.
Literaturverzeichnis
Homepage: < http://www.kf.vu.lt/~albud
>
Die Beziehung zwischen Wissen, Bedeutung, Geist und Information: Der semognostische Ansatz
Algirdas Budrevicius
Zitiervorschlag
Algirdas Budrevicius,
"Die Beziehung zwischen Wissen, Bedeutung, Geist und Information: Der semognostische Ansatz. ".
LIBREAS. Library Ideas, 4 (2006). https://libreas.eu/ausgabe4/004bud.htm