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Vollrechtsfähigkeit, was nun? Neue Ausbildungsformen im BID-Wesen in Österreich


Zitiervorschlag
Gabriele Pum, "Vollrechtsfähigkeit, was nun? Neue Ausbildungsformen im BID-Wesen in Österreich. ". LIBREAS. Library Ideas, 3 ().


In ganz Europa zeigt sich im Informationswesen gegenwärtig überall dasselbe Bild der Umstrukturierungen und Anpassungen der Ausbildungsformen, -längen und -inhalte an die Gegebenheiten des stagnierenden bzw. immer enger werdenden Arbeitsmarktes, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Bibliotheken und die gesetzlichen Gegebenheiten bzw. Ansprüche an die Ausbildungssituation. Diese Entwicklungen beeinflussen die verschiedenen Ausbildungsformen im Bibliothekswesen.

Ausbildung ist ein immer aktuelles und diskutiertes Thema! Vor allem in Zeiten von Ressourcenknappheit allerorts wird die Diskussion verstärkt geführt, geprägt durch den Rechtfertigungskampf des Berufsstandes gegen maschinelle Suchmaschinen wie zum Beispiel Google in der Wissenschaftswelt. Daraus entwickelt sich unabdingbar eine Neudefinierung und Standortbestimmung sowie ein geändertes Selbstbild. Das allgemein verankerte Berufsbild ist leider meist mit dem aktuellen Selbstbild nicht identisch!

Auf welche Berufsgruppe sollte die Bildungsforderung Life Long Learning eher zutreffen, als auf den wissenschaftlichen Bibliothekar oder Informationsfachmann/fachfrau, neudeutsch auch „Informationsmanager“? Allein schon die Existenz der verschiedensten Varianten in der Berufsbezeichnung deutet auf Umstrukturierungsprozesse und ein nicht genau definiertes oder sich im Wandel befindliches Berufsbild hin. Am Rande bemerkt, finde ich es interessant, dass das Wort „Bibliothekar“ fast in keiner neu geschaffenen Ausbildungsbezeichnung mehr vorkommt, sondern Bezeichnungen irgendwo zwischen Informationsmanager und Wissensmanager gewählt werden.

Auch in Österreich haben sich in den letzten Jahren einige tiefgreifende Veränderungen ergeben, denen mit gezielten Maßnahmen im Bereich der Ausbildung begegnet wurde. 2002 wurden die Österreichische Nationalbibliothek und die Bundesmuseen einschließlich ihrer Bibliotheken vollrechtsfähig, und schließlich wurde 2004 das Universitätsgesetz (UG) 2002 umgesetzt und die 18 Universitäten sowie die drei Medizinuniversitäten zu vollrechtsfähigen „juristischen Personen öffentlichen Rechts“.

Bis dahin war die Ausbildung im Bundesdienst, welche die größte Gruppe der wissenschaftlichen Bibliothekare umfasst, durch die verwaltungsinternen Grundausbildungen für den Bibliotheks-, Informations- und Dokumentationsdienst für die Akademiker und Maturanten (i.e. Abiturienten) in den Bundesgesetzblättern 1978 und 1999 für den Fachdienst 1985 und 2000 geregelt.

Trotz der Autonomie der Universitäten findet sich im Universitätsgesetz 2002 eine konkrete Aussage zur bibliothekarischen Ausbildung im Gegensatz zur Organisationseinheit Universitätsbibliothek, die keinerlei Erwähnung findet:

„Für das Bibliothekspersonal aller Universitäten ist eine einheitliche Ausbildung aus dem Bereich Bibliotheks-, Informations- und Dokumentationswesen vorzusehen" (§ 101 Abs. 3 UG 2002).

Eine noch klarere Sprache sprechen die Erläuterungen zum UG 2002:

„Für den Bibliotheksdienst hat sich die Österreich-weit einheitliche Ausbildung bewährt. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird in Absprache mit den Universitäten dafür zu sorgen haben, dass diese Ausbildung den mit Bibliotheksaufgaben befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universitäten auch weiterhin ermöglicht wird."

Jetzt stellt das Universitätsgesetz 2002 die einzige Rechtsgrundlage für die Universitäten dar. Neu eingestellte Beschäftigte gehören nicht mehr dem Öffentlichen Dienst an, sie sind Privatangestellte der Universitäten. Kollektivverträge, wie sie in der österreichischen Privatwirtschaft üblich sind, existieren allerdings bislang nicht. Eines war allerdings klar: Die bisher geltenden Verordnungen würden ihre Gültigkeit für die Ausbildung verlieren, denn sie basierten auf dem Beamten- bzw. Vertragsbedienstetendienstrecht.

In Zukunft wird es nicht mehr die bisher im Öffentlichen Dienst üblichen Einstufungen geben, wohl aber unterschiedliche Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die grundlegenden Veränderungen der Rechtssituation führten fast zwangsläufig zur Entwicklung neuer Ausbildungsangebote, wobei sich Österreich erstmals stärker an Standards der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz orientierte.

Diese sind:

  • Verordnung über die Grundausbildungen für das Bibliothekspersonal aller Universitäten aus Bereich Bibliotheks-, Informations- und Dokumentationswesen
  • der interuniversitäre Universitätslehrgang Master of Science (MSc) Library and Information Studies
  • Lehrlingsausbildung Archiv-, Bibliotheks- und Informationsassistent/in

Unabhängig davon wird der Lehrgang Professional MSc Bibliotheks- und Informations-management an der Donau-Universität Krems und der Studiengang Informationsberufe an der Fachhochschule Eisenstadt (ab WS 2005/2006 als Bakkalaureats-Studiengang) weitergeführt.

Zur Unterscheidung im Ausbildungssystem musste vorerst ein Äquivalent zu den Verwendungsgruppen gefunden werden, da sich die Verträge zwar nicht mehr unterscheiden, aber sehr wohl der Tätigkeitsbereich. Man fand ihn in der Unterscheidung nach

  • höher qualifizierten Tätigkeitsbereichen (Akademiker)
  • qualifizierten Tätigkeitsbereichen (Maturanten)
  • Tätigkeitsbereichen mittlerer Qualifikation (Fachdienst)

Der Universitätslehrgang wurde am 24. Juni 2004 an der Universität Wien eingerichtet und wird in Kooperation mit der Österreichischen Nationalbibliothek durchgeführt. Die ersten Grundlehrgänge starteten im Herbst 2004. Am 1. Juni 2005 wurde der Lehrgang an der Universität Innsbruck errichtet; Graz und Salzburg werden in absehbarer Zeit folgen.

Zugangsbedingungen und Curricula orientieren sich an international vergleichbaren Studiengängen. Die internationale Vergleichbarkeit wird durch die Zuordnung von ECTS-Punkten gemessen.

Ein interuniversitärer Masterstudiengang, der von 5 Universitäten eingerichtet wird, ist ein ziemlich komplexes Gebilde. Um also dieses komplexe Gebilde zu steuern und eine österreichweit einheitliche Ausbildung zu garantieren, wird ein Leitungsgremium eingesetzt, das aus folgenden Mitgliedern besteht:

  • Ein/e wissenschaftliche/r Leiter/in und 2 Stellvertreter/innen aus dem Kreis der     habilitierten Universitätslehrer/innen;
  • Ein/e organisatorische Leiter/in für jede Universität, an der der Universitätslehrgang errichtet wird;
  • ein/e Vertreter/in der Arbeitsgemeinschaft der Bibliotheksdirektor/innen;
  • der/die Leiter/in der Ausbildungsabteilung der Österreichischen Nationalbibliothek;
  • bis zu zwei weitere fachwissenschaftlich einschlägig qualifizierte Personen
Bewusst wurde pro durchführende Universität - und damit Bundesland bzw. „bibliothekarischem Einzugsgebiet“ - ein Universitätsprofessor gewählt, der die Forderungen des Universitätslehrganges auch hinsichtlich der Interessen der eigenen Universität überprüft und damit ermöglicht, gemeinsame Lösungen zu finden. Dieses Gremium entwickelt einheitliche Durchführungsrichtlinien, die für alle teilhabenden Universitäten verbindlich sind.

Es garantiert sowohl für die Gleichbehandlung der Lehrgangsteilnehmer/innen bei Zulassung und Anrechnung und sichert das Lehrgangsniveau durch die permanente Überwachung des Curriculums, über die Auswahl der Lehrbeauftragten und überwacht alle Agenden bezüglich der wirtschaftlichen Kalkulation.

Auf Vorschlag der wissenschaftlichen Leitung wird darüber hinaus noch ein Wissenschaftlicher Beirat eingesetzt, der den/die wissenschaftliche/n Leiter/in in allen wissenschaftlichen Angelegenheiten berät und die wissenschaftliche Qualität und Praxisrelevanz der Lehrveranstaltungen sowie die Evaluation des Universitätslehrganges überwacht.

Nun direkt zum Lehrgang: Der Lehrgang dauert insgesamt 4 Semester und gliedert sich in:

  • Grundlehrgang: 1. und 2. Semester zu je 15 Semesterstunden (60 ECTS-Punkte
  • Fachspezifisches Praktikum im Umfang von 100 Tagen (30 ECTS-Punkte): 25 Tage
  • externes Praktikum an anderen BID-Einrichtungen, 20 Tage Projektarbeit, 55 Tage, Anwendung am Arbeitsplatz
  • Aufbaulehrgang und Master-Thesis: 3. und 4. Semester (60 ECTS-Punkte)

Um Missverständnisse zu vermeiden, möchte ich dezidiert darauf hinweisen, dass - anders als in Deutschland - österreichische Masterstudiengänge nicht Bestandteil der regulären Studien sind, sondern vielmehr im Bereich der universitären Weiterbildung angesiedelt sind.

Der Grundlehrgang wird mit der Bezeichnung „Akademischer Bibliotheks- und Informations-experte/Akademische Bibliotheks- und Informationsexpertin“ abgeschlossen und stellt die einheitliche Ausbildung für das Bibliothekspersonal aller Universitäten für den qualifizierten und höher qualifizierten Tätigkeitsbereich gemäß § 101 (3) UG 2002 dar. Voraussetzungen zur Aufnahme in den Grundlehrgang sind Matura, Studien-berechtigungsprüfung oder vergleichbare Qualifikationen.

Ziel des Lehrgangs ist die Vermittlung von Kenntnissen im Bereich des Bibliotheks-, Informations- und Dokumentationswesens sowie deren wissenschaftliche Vertiefung, Er-weiterung und praktische Anwendung. In zeitlichen Modulen zusammengefasst werden theoretische Grundlagen aus den Bereichen „Managementgrundlagen des Bibliotheks-, Informations-, und Dokumentationswesens in Österreich und im Ausland“, „Medientheoretische Grundlagen“, „Medienerschließung“, „Information Retrieval“ und „Rechtsgrundlagen“ angeboten. Neben den theoretischen Blöcken wird auf einen umfangreichen Praxisteil und Berufsnähe geachtet. Die Lehrbeauftragten sind facheinschlägige Expertinnen und Experten.

Der Lehrgang bildet die Teilnehmer/innen für qualifizierte und höher qualifizierte Tätigkeitsbereiche des Informationsmanagements, insbesondere in Bibliotheken, Informations- und Dokumentationsstellen sowie verwandten Einrichtungen aus. Er richtet sich an Interessent/innen, die bereits in diesem Bereich tätig sind bzw. tätig werden wollen, und vermittelt theoretische und praxisorientierte Fähigkeiten zur Berufsausbildung.

Näher möchte ich hier auf das Fachspezifische Praktikum eingehen, das insgesamt 100 Tage umfasst und sich aus folgenden Teilen zusammensetzt:

  • Fachspezifische Anwendung des Gelernten am eigenen bzw. einem facheinschlägigen Arbeitsplatz: 40 Tage
  • Anwendung von z.B. Regelwerken für formale und inhaltliche Erschließung, Informationsvermittlung im Rahmen von Wahlfächern in Form von eigenen Lehrveranstaltungen: 15 Tage
  • Kennenlernen von verschiedenen Einrichtungen des BID-Wesens: 25 Tage
  • Projektarbeit: 20 Tage

Die fachspezifische Anwendung des Gelernten am eigenen Arbeitsplatz ist vor allem für die externen Lehrgangsteilnehmer von Bedeutung. Lehrgangsteilnehmer in einem aufrechten Dienstverhältnis arbeiten in der Zeit zwischen den Theoriemodulen an ihrem Arbeitsplatz. Anders stellt sich die Situation für das Drittel externer Teilnehmer in den ersten Lehrgängen dar. Diese Lehrgangsteilnehmer und Lehrgangsteilnehmerinnen, die über noch keinerlei einschlägige Erfahrung verfügen, haben im Rahmen des vorgeschrieben facheinschlägigen Praktikums die Möglichkeit, im Realbetrieb eingesetzt zu werden und die Umsetzung der Theorie in die Praxis zu erleben.
Die Ausbildungsbibliothek stellt ihnen einen Arbeitsplatz für diese Zeit zur Verfügung, nachdem sie den gesamten Betriebsablauf kennen gelernt haben. Das Netzwerk, das im Zusammenspiel zwischen den Lehrgangsteilnehmern und Lehrgangsteilnehmerinnen, den Lehrbeauftragten und auch den Betreuern und Betreuerinnen der facheinschlägige Praxis an verschiedenen Institutionen entsteht, wird von allen Lehrgangsteilnehmer/innen sehr geschätzt. Für einige hat sich über das Praktikum hinaus eine konkrete Einsatzmöglichkeit entwickelt. Auch hilft dieses facheinschlägige Praktikum, festzustellen, in welche Richtung man sich zukünftig entwickeln will.

Die Anwendung von z.B. Regelwerken für formale und inhaltliche Erschließung, Informations-vermittlung im Rahmen von Wahlfächern in Form von eigenen Lehrveranstaltungen ist eigentlich selbsterklärend.

Für das Kennenlernen von verschiedenen Einrichtungen des BID-Wesens gibt es bestimmte Vorgaben. Diese externen Praktika sollen an 2-4 verschiedenen Einrichtungen des BID-Wesens erfolgen. Lehrgangsteilnehmer/innen aus bibliothekarischem Bereich sollen auch dokumentarische Tätigkeiten oder ein Archiv oder einen Verlag kennen lernen und Vice Versa. Auch hier ist der Vernetzungscharakter nicht zu unterschätzen.
Im Rahmen dieser Praktika können die Teilnehmer/innen verschiedene Ablaufsysteme und Einsatzgebiete in unterschiedlichsten Institutionen des In- und Auslands kennen lernen, was sonst in dieser Intensität und auch von der Zugänglichkeit her nicht möglich ist. Diese Praktika werden individuell auf Einsatzgebiet, Neigung und Spezialisierung zusammengestellt. Die Praktika sind individuell planbar. Ein Praktikumsbericht dokumentiert die Einsatzgebiete und durch Praktikumspräsentationen erhalten die Lehrgangsteilnehmer/innen einen genaueren Ein- und Überblick über die Institutionen des BID-Wesens.

Bei der als Abschlussarbeit geforderten Projektarbeit, die eine komplexe und/oder fachübergreifende Aufgabe aus der Praxis behandelt, wird auf einer Metaebene neben der fachlichen Problematik auch Teamarbeit und Projektmanagement über die Theorie hinaus erarbeitet und angewandt.

Die Themen kommen großteils von den Lehrgangsteilnehmer/innen, die aktuelle Problemstellungen aus der Praxis mitbringen, die im Team von zwei bis vier Personen bearbeitet werden und aus einem der fünf Fachbereiche des Curriculums stammen. Dienststellenleiter übernehmen meist die Rolle des Auftraggebers und ein gewählter Betreuer steht dem Projektteam zur Seite. Somit erhalten diese Projekte einen Stellenwert, der nicht zu unterschätzen ist. Sie werden in der Regel mit weit mehr Zeitaufwand als dem vom Lehrgang geforderten erstellt. Der Lerneffekt ist ein sehr hoher, da vielschichtige Problemstellungen Lösungen erfordern. Die Ergebnisse werden im Rahmen einer Abschlussveranstaltung vor Fachpublikum präsentiert.

Diese Abschlussveranstaltungen haben sich zu Leistungsschauen entwickelt, die auch im Sinne von Fortbildungsveranstaltungen von Kolleginnen und Kollegen besucht werden, die sich mit ähnlichen Problematiken befassen. Natürlich wird hier auch ein Augenmerk auf die Präsentation gelegt. Erfreulich ist, dass die Ergebnisse der meisten Projekte über den Lehrgang hinaus weitergeführt oder weiterentwickelt werden.

Spezialisierungsmöglichkeiten ergeben sich für alle Lehrgangsteilnehmer/innen einerseits durch die Projektarbeit und die Wahl der externen Praktika, andererseits durch die Wahlfächer.

Ein Erfahrungswert ist, dass der Grundlehrgang, der sich über die Zeitspanne von einem Jahr erstreckt, ein sehr intensives Jahr für die Teilnehmer/innen darstellt. Die externen Teilnehmer/innen, die während des Lehrganges auf ein adäquates Arbeitsangebot stoßen, sind immer wieder vor die Wahl gestellt, ob sie gleich den Einstieg in die Praxis wagen oder den Lehrgang abschließen sollen. Tatsache ist, dass einige der externen Teilnehmer/innen schon während und auf Grund dieses Lehrgangs die Chance geboten wird, in diesem Tätigkeitsfeld zu arbeiten.

Der Praxiskonnex, auf den beim Lehrgangsdesign großer Wert gelegt wurde, dürfte sich in der Umsetzung bewähren. Eine Erweiterung des Horizonts und vor allem das Wissen um die Zusammenhänge in diesem Bereich werden von allen Lehrgangsteilnehmer/innen bestätigt, auch in dem Bewusstsein, dass dieser Wissensstand durch permanente Fortbildung aktuell gehalten werden muss.

Interessant ist der dezidierte Wunsch der Lehrgangsteilnehmer/innen nach differenzierter Beurteilung und nach Leistungsanreizen, um sich besser einschätzen zu können. Auch die Erwartungen an die Lehrbeauftragten haben sich geändert. Es ist nicht mehr nur gefragt, die für die Praxis benötigten Kompetenzen zu erwerben, sondern es soll der theoretische Input geprüft und weiterführende Literatur und Fallstudien in der vorgegebenen Zeit untergebracht werden. Damit steht hinter jedem theoretischen Input mindestens der doppelte Aufwand der Erarbeitung. Diese Forderungen schlagen sich natürlich in didaktischen Konzepten, adäquaten Begleitmaterialen und Prüfungsformen nieder.

Die Qualitätssicherung erfolgt durch Evaluationen. Einerseits besteht die Lehrgangsevaluation aus einer mündlichen und schriftlichen Evaluation der Lehrbeauftragten und andererseits erfolgt neben Einzelevaluationen eine standardisierte mündliche Evaluation pro Modul in der Gruppe. Eine abschließende Evaluation, positioniert ca. ein Jahr nach Lehrgangsende, wird derzeit entwickelt, um die Anwendbarkeit des Fächerkanons in der Praxis und geänderte Einsatzbereiche der Lehrgangsteilnehmer/innen zu überprüfen.

Der Aufbaulehrgang dauert ebenfalls 2 Semester zu insgesamt 15 Semesterstunden und wird mit einer Master Thesis und der Präsentation der Ergebnisse in einer Defensio abgeschlossen. Der Aufbaulehrgang setzt die Absolvierung des Grundlehrgangs voraus, ist grundsätzlich postgradual ausgerichtet und wird berufsbegleitend angeboten.

Der Universitätslehrgang (Grundlehrgang und Aufbaulehrgang) schließt mit dem akademischen Grad „Master of Science (MSc) Library and Information Studies“ ab. Die ersten Absolvent/innen werden im September 2006 erwartet.

Nun möchte ich zwei weitere Ausbildungsmöglichkeiten für die Tätigkeitsbereiche mittlerer Qualifikation vorstellen, die ebenfalls als eine Folge der Vollrechtsfähigkeit nicht nur entwickelt, sondern zwischenzeitlich auch entstanden sind: Die Verordnung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, zuständig für die einheitliche Ausbildung im Bereich Bibliotheks-, Informations- und Dokumentationswesen für das Bibliothekspersonal der Universitäten gemäß Universitätsgesetz 2002 und der Universität für Weiterbildung Krems (BGBl II Nr. 189 vom 21. Juni 2005) gibt den Universitäten Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg in Kooperation mit der Österreichischen Nationalbibliothek zudem die Möglichkeit, Ausbildungskurse für Tätigkeitsbereiche mittlerer Qualifikation (entspricht Tätigkeiten des Fachdienstes) anzubieten.

Die theoretische Ausbildung dauert 30 Tage, dabei werden die Fachbereiche „Grundlagen des Bibliotheks-, Informations- und Dokumentationswesens“, „Medienerschließung“, „Information Retrieval“ und „Rechtsgrundlagen“ abgedeckt. Das fachspezifische Praktikum umfasst insgesamt 50 Tage. Es gliedert sich in das Kennenlernen ausgewählter Abteilungen der Ausbildungsbibliothek, das Kennenlernen verschiedener Einrichtungen des Bibliotheks-, Informations- und Dokumentationswesens und die fachspezifische Anwendung des Gelernten am eigenen oder einem facheinschlägigen Arbeitsplatz.

Ein weiterer Meilenstein in der Ausbildung des Bibliothekspersonals war die Einrichtung des Lehrberufs Archiv-, Bibliotheks- und Informationsassistent/Archiv-, Bibliotheks- und Informationsassistentin mit einer Lehrzeit von drei Jahren am 1. Dezember 2004. Durch die Berufsausbildung im Lehrbetrieb und in der Berufsschule soll der ausgebildete Lehrling befähigt werden, die folgenden Tätigkeiten fachgerecht, selbstständig und eigenverantwortlich auszuführen: Medien, Informationen und Daten beschaffen und erwerben; Medien, Informationen und Daten formal erfassen;, in Datenbanken und -netzen recherchieren; Bestand ordnen, archivieren und Register erstellen; technische Medienbearbeitung, Bestandspflege und Revision durchführen; Entlehnvorgänge abwickeln; Erstinformation für Benutzer/innen geben; administrative Arbeiten mit Hilfe der betrieblichen Informations- und Kommunikationssysteme durchführen; an der betrieblichen Buchführung und Kostenrechnung mitwirken und Statistiken, Dateien und Karteien anlegen, warten und auswerten.

Der Lehrberuf zählt zu den kaufmännisch-administrativen Berufen, der Rahmenlehrplan für die Berufschulausbildung lehnt sich stark an den Lehrplan für den Lehrberuf Buch- und Medienwirtschaft an. Die Inhalte sind mit dem Büchereiverband Österreichs, mit Vertretern der Archive und mit der Österreichischen Gesellschaft für Dokumentation und Information akkordiert.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es in den Jahren 2004 und 2005 schlussendlich gelungen ist, verschiedene Bildungskonzepte für alle Tätigkeitsbereiche im Bibliotheks-, Dokumentations- und Informationswesen zu entwickeln und umzusetzen, damit die gemeinsame einheitliche Ausbildung der wissenschaftlichen Bibliothekare Österreichs auf allen Ebenen gewährleistet ist. Gleichzeitig wurden große Schritte in Richtung Internationalisierung und Positionierung im europäischen Ausbildungswesen gesetzt.


Gabriele Pum ist Ausbildungsleiterin der Österreichischen Nationalbibliothek.