Picture this, paint a picture, picture perfect, paint a perfect picture (Ice Cube in: George Clinton / Paint the White House Black, 1993)
Erstaunlich ist, wie beiläufig Visualisierung geschieht und wie selbstverständlich sie Bestandteil unseres Alltags ist. Bei den redaktionsinternen Diskussionen zum Thema der Ausgabe – Bilder, Graphen, Visualisierungen – stand daher die Frage im Raum, ob es überhaupt relevant sei. Aber dann, als der Call for Papers veröffentlicht war und wir entsprechend sensibilisiert durch die Welt liefen, tauchten immer mehr Formen der Visualisierung von Informationen auf. Skizzen von Planungsprozessen für Unkonferenzen und Summer Schools, Graphen von Informations-netzwerken, Tafelbilder, Pfeile, die Entwicklungsrichtungen anzeigten, Kästchen, die Objekte repräsentierten, Busfahrpläne und Studienverläufe, Karten und Kategorien, mit denen wir schon immer arbeiteten. Es hätte uns nicht überraschen müssen, befinden wir uns doch unter anderem im ausgerufenen visuellen Zeitalter. (Neben dem spacial turn, der Generation Internet, dem semiotic turn der Bibliotheks- und Informationswissenschaft etc. Die Postmoderne lässt ja das unbefangene Neben- und Ineinander von Zeitaltern und Turns zu.) Nicht das Vorhandensein von Visualisierungen an sich ist das Interessante, sondern der bewusste und allgegenwärtige Umgang mit ihnen zur Darstellung von Informationen; Infografiken sind derzeit standardmäßig bei Statistikdarstellungen anzutreffen.
Redaktionsorte II (Hamburg Schanzenviertel, Mai 2012)
Dabei ist Bild/Grafik nicht einfach und objektiv Bild/Grafik, sondern immer auch Bedeutung, Interpretation aufgrund situativen und institutionalisierten Wissens. Und manchmal auch einfach nur schön. Das ist ebenfalls nicht per se überraschend, aber es wird (außerhalb der Designerzunft) selten gesagt. Wird es jedoch einmal angesprochen verwandelt sich das Bild als Symbol zum Bestandteil eines Bedeutungsnetzwerks, welches das Denken über Informationsstrukturen anstößt und – je nach Fantasie – ins endlich oder unendlich Komplexe laufen lässt. Gleichzeitig ist das Bild (dank spatial turn) heute Raum, vieldimensional und vielschichtig durchdringbar, was die Sache teilweise praktischer, aber nicht einfacher macht.
Wie meistens umkreisen die Themenbeiträge der Ausgabe das Thema von heterogenen Ausgangspunkten. Und wie meistens hätte das Thema noch weitaus mehr solcher Punkte und daher auch weitaus mehr Beiträge hergegeben. Aber Vollständigkeit ist im Gegensatz zur Wiederholung ohnehin ein Modell aus anderer Zeit. Wie immer werden die Kernbeiträge mit anderen von nicht minder heterogener Ausrichtung ergänzt, u. a. zu sehr praktischen Fragen.
Überleitung: Verein
Das ist so gewollt. Denn wir verstehen uns als Teil einer Kommunikationskultur in der Bibliotheks- und Informationswissenschaft sowie der Bibliothekspraxis. Und wir freuen uns, sagen zu können, dass der Verein, der im letzten Jahr aus dem Kreis der Redaktion und des Vorbereitungsteams der Unkonferenz frei<tag> heraus begründet wurde, beginnt, ein Eigenleben zu führen. Wie nicht nur die Vereinspage (www.libreas-verein.eu) verkündet, soll der Verein die Herausgabe der LIBREAS ermöglichen und gleichzeitig weitere Unternehmungen zur Unterstützung der Kommunikation im besagten Feld tragen.
Zwei davon, die Unkonferenz frei<tag> 2012 und die erste LIBREAS. Verein Summer School gab es im August, auf hohem Niveau, und mit wenigen, dafür aber engagierten Teilnehmenden. Am Niveau wollen wir nichts ändern, am Engagement auch nichts, aber vielleicht bei der Zahl. LIBREAS wird nur dann eine wirkliche Erfolgsgeschichte, wenn es eben nicht als exklusiver, mehr oder minder Berlin-Brandenburgisch-stämmiger Zirkel agiert, sondern die gesamte Community berücksichtigt.
Überleitung: Mitmachen
Ein Editorial ist immer auch ein guter Ort für Aufrufe. Insoweit ist dies hier ein weiterer Aufruf zur Teilnahme am Diskurs und zur Unterstützung des Vereins. Uns liegt am Herzen, dass sich eine größere Zahl von Kolleginnen und Kollegen in die bibliotheks- und informationswissenschaftliche Debatte einbringen, dass sie auch Rechenschaft und Transparenz bei Entscheidungen über Bibliotheken und bibliothekarische Infrastruktur einfordern, dass sie, wenn nötig, mehr Niveau der Debatte fordern. Und zwar nicht nur in der LIBREAS, sondern auch in allen anderen Publikationen und Formen. Insoweit wollen wir an dieser Stelle auch schon vorausgreifend die Kolleginnen und Kollegen der möglichen neuen Open Access-Periodika im Feld, die aktuell in der Diskussion sind, grüßen und ihnen alles Gute wünschen und natürlich unsere Kooperationsbereitschaft signalisieren. Auf einen fantastischen Herbst,
Redaktion LIBREAS
(Berlin, Bielefeld, Chur, Mannheim)
Redaktion LIBREAS besteht aus einer Anzahl von jungen Bibliothekswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern.