Das gedruckte Buch hat unsere heutige Gesellschaft wesentlich geprägt. Notwendig dafür waren, neben dem technischen Know-How, gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die garantierten, dass das gedruckte Wort für alle zugänglich ist. Eckpunkte dieser Rahmenbedingungen sind Gesetze wie das Urheberrecht und die Pflichtabgabe, Verfahren wie die bibliografische Kontrolle und Einrichtungen wie Bibliotheken.
Diesen freien Zugang gilt es, so Zivkovic, auch für den Bereich des elektronischen Buchs zu bewahren. In ihrem Buch untersucht sie daher, wie ein solcher gesellschaftliche Rahmen für das elektronische Buch geschaffen werden kann. In den einzelnen Kapiteln geht sie auf die Definition des Begriffs elektronisches Buch, auf die bibliografische Kontrolle, auf neue Urheberrechtsgesetze und auf Print on Demand (PoD) als einem potentiellen Einsatzgebiet für elektronische Bücher ein.
Der Titel „The Electronic Book“ mag den Leser in die Irre führen, werden doch kaum Informationen über das elektronische Buch an sich vermittelt. Es wäre durchaus interessant gewesen, etwas über die verschiedenen Ausprägungen elektronischer Bücher zu erfahren, über potentielle Mehrwertfunktionen, deren Grad der Verbreitung und auch über potentielle Anwendungsgebiete. Zivkovic versucht zwar in einem Kapitel auf mögliche Anwendungsgebiete elektronischer Bücher einzugehen, ist aber mit der Beschränkung auf Print on Demand (PoD) wenig überzeugend. Elektronische Bücher können eben auch in elektronischer Form sinnvoll genutzt werden, in Bibliotheken z. B. in der Fernleihe, als Ergänzung des Bestandes außerhalb der Öffnungszeiten oder als Ansichtsexemplar vor der Magazinbestellung. E-Books müssen nicht zwingend ausgedruckt werden, um nützlich zu sein.
Gelungen dagegen ist die Definition des Begriffs elektronisches Buch: „An electronic book consists of one or more files of monografic character available to the public online or in physical form (on CD-ROM, diskette and the like physical carriers)“ (61). [ -> 01]
Zivkovic betont den „monografischen Charakter“ als wesentliches Definitionsmerkmal des Buches. Dadurch ist es ihr möglich, sich gegen die auf materielle Bestandteile abzielenden Definitionen[ -> 02] abzugrenzen. Interessanterweise geht Zivkovic dabei gerade von der UNESCO-Definition von 1991 aus, die den Begriff Buch wenigstens zum Teil über die Materie des Buchs („at least 49 pages“) bestimmt. In einer Fußnote wird dort allerdings von einem „Konzept eines Buches“ gesprochen, das „microfilms“ und „mixed media publications“ beinhaltet. Hier setzt Zivkovic an, mit dem Ergebnis, dass die Gemeinsamkeit dieser Publikationen im Wesentlichen ihr „monografischer Charakter“ ist und nicht die materielle Beschaffenheit.
Ebenso geschickt wird in den Kapiteln „Bibliografische Kontrolle“ und „Copyright“ der eigentliche Schwerpunkt des Buches erarbeitet, die Analyse der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Um den Zugang zu Informationen auch im elektronischen Zeitalter zu gewährleisten, müssen nach Zivkovic folgende Rahmenbedingungen des gedruckten Buches umgestaltet werden:
- die Pflichtabgabe für elektronische Publikationen muss eingeführt werden,
- das Urheberrecht muss die Balance zwischen den Verwertungsinteressen der Rechteinhaber und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit finden und zwar so, dass der freie Zugang zu Informationen gewährleistet bleibt,
- die eindeutige Identifikation des Titels muss um die eindeutige Standortinformation ergänzt
Das Buch "The Electronic Book" von
Daniela Zivkovic erfüllt seinen Zweck, indem es alle wichtigen
Informationen über die notwendigen Veränderungen der gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen für den Bereich des elektronischen Buchs
sammelt und darstellt.
Lesenswert macht dieses Buch aber vor allem die Definition des Begriffs
E-Book, die mit ihrem Bezug auf den „monografischen Charakter“
m.E. in der Lage ist, die grundlegende Begriffsdiskussion zu beenden.
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-> 01] Siehe Artikel "Das elektronische
Buch" von Daniela Zivkovic in der vorliegenden LIBREAS-Ausgabe.
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-> 02] Vgl. u.a.: Pohl, S.; Umlauf,
K.: Warenkunde Buch. Strukturen , Inhalt und Tendenzen des deutschsprachigen
Buchmarkts der Gegenwart. Wiesbaden: Harrassowitz Verlag, 2003,
Seite 48.
Oder: Kleper, M.: The handbook of digital publishing. Upper Saddle
River, NJ: Prentice Hall PTR, 2001, Seite 501.
Peter Just hat vor wenigen Monaten sein Studium am Institut für Bibliothekswissenschaft erfolgeich abgeschlossen. Momentan ist er Praktikant bei Directmedia Publishing.