Am 13. März diesen Jahres wies in INETBIB Michael Mandelartz von der Meiji University, Tokio, darauf hin, dass Austrian Literature Online von jedem in Innsbruck nicht mehr vorhandenen oder nicht mehr im Buchhandel erhältlichen Buch ein E-Book auf CD erstellt.
Im Sommer letzten Jahres berichtete auf einer Tagung über das amerikanische Bibliothekswesen, veranstaltet von ICR (International Ressource Center, Botschaft USA Berlin) der Bibliotheksleiter von Harvard, dass in 1 bis 1 1/2 Jahren der gesamte Bestand in digitaler Form vorliegen würde.
Schon jetzt greifen amerikanische Bibliotheken von Universitäten und Colleges auf diesen Fundus zurück, wenn ihre eigenen Bestände ausgeliehen oder als Reference das Bibliotheksgebäude nicht verlassen dürfen. Der auswärtige Leser kann dann zwischen einer gedruckten Ausgabe (20 Dollar) oder einer etwas preiswerteren elektronischen Übermittlung auswählen.
Bei diesen Beispielen handelt sich eher um Digitalisate gedruckter Bücher, aber nicht um elektronisch veröffentlichte Bücher, die durch eine von der gedruckten Form verschiedene Aufbereitung ganz andere Möglichkeiten der Recherche, der Querverbindungen und der Darstellung bieten.
Wie in fast allen Fällen zu beobachten, bringt die Einführung eines neuen Mediums Probleme mit sich, die geklärt werden müssen: Das betrifft nicht nur die Technik, im vorliegenden Falle die Lesegeräte oder auch die Form und Übermittlung des E-Book (welche Dateiform?), sondern auch die Organisation und Einordnung dieses neuen Mediums in den bibliothekarischen Alltag. Die Definition des elektronischen Buches von Daniela Zivkovic, Professorin an der Philosophischen Fakultät Zagreb, Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft, und langjährige Mitarbeiterin der internationalen ISBN-Agentur will eine Basis für dieses Thema legen.
Gesprächspartner von Frau Zivkovic ist Herr Peter Just, der sich in seiner Magisterarbeit am Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt- Universität mit dem elektronischen Buch beschäftigt hat und noch weiter beschäftigen wird.
Aber das elektronische Buch ist per se kein akademisches Thema, es ist ein neues Medium, dessen Markteinführung in den USA eine steile Aufwärtskurve zeigt.
Es wird die Informationsarbeit in den Bibliotheken vergrößern und dem Service weitere Möglichkeiten eröffnen, sei es bei dem Zugang zu Fachbibliotheken als auch, dass dadurch die schweren Handbücher ? oft nicht ausleihbar ? mit sich getragen werden können, was nicht nur Juristen erfreuen wird. Auch bei kranken und schwachen Patienten kann das elektronische Buch nicht nur in der Bibliotherapie eingesetzt werden. Dem Leihverkehr werden neue Dimensionen eröffnet und das E-Learning privat, im Campus oder bei der Fortbildung kann von ihm profitieren.
LIBREAS freut sich, hier verschiedene Anstöße zu einer Diskussion und Beschäftigung mit diesem neuen Medium vorzustellen, das bestimmt in einigen Jahren die Bestandsentwicklung und Informationsarbeit in den Bibliotheken vor neue Aufgaben und Möglichkeiten stellen wird.
Für weiterführende Lektüre sei zum Thema „elektronisches Buch“ auf die sehr ausführliche Bibliographie von Chennupati K. Ramaiah, veröffentlicht Anfang des Jahres in der Zeitschrift „The Electronic Library“ (Volume 23, Number 1, 2005, pp. 17-44), verwiesen.
Zusätzlich gibt es in dieser Ausgabe von LIBREAS einen kleinen Bericht zum Potsdamer INFODATA-eDepot, das, wenn auch nicht explizit E-Books, elektronische Texte sammelt und verfügbar hält. Dabei verwundert es dann auch nicht, dass sich dort u.a. mit einem schönen Aufsatz von Achim Oßwald, Texte zum elektronischen Buch wiederfinden: eBook-Angebotskonzepte von Aggregatoren für Bibliotheken (2004) - Volltext als pdf.
Dieser Text wird aufgrund von Creative Commons frei zur Verfügung gestellt, was direkt auf eine Kernfrage für elektronische Bücher verweist: die des Management der Digital Rights, mit denen sich der Beitrag von Dörte Böhner und Doreen Lutze in dieser Ausgabe von LIBREAS auseinandersetzt.
Inwieweit die zunehmende Einbeziehung elektronisch vorliegender Inhalte "ästhetische"Wirkung im Bereich der Bibliotheksarchitektur zeigt, ist bislang kaum abzusehen.
Den Versuch einer neuen Architektur stellt sicherlich der Neubau des IKMZ in Cottbus dar. Inwieweit er tatsächlich adäquat eine elektronische "Informations-, Kommunikations- und Medienwelt" repräsentiert, wollen wir offen lassen und stattdessen einfach ein paar Bilder aus dieser bunten Bibliothekswelt an das Ende dieser Ausgabe stellen.
Über Hinweise, Anregungen
und Ideen freut sich die LIBREAS-Redaktion und verbleibt
mit herzlichen Grüßen aus dem Institut für Bibliothekswissenschaft
in Berlin.