Kaum eine LIBREAS-Ausgabe vermochte mit ihrem Themenschwerpunkt eine in Medien und Gesellschaft aktuell geführte Debatte so nah zu berühren, wie diese. Angesichts der kontrovers wie emotional in unzähligen Kommunikations(platt-)formen diskutierten Guttenbergischen Plagiatsaffäre bekommen die Aspekte und Fragen, welche der Call for Papers für die vorliegende Ausgabe mit dem Fokus auf Wissenschaftskommunikation und Wissensorganisation aufgeworfen hatte, eine unverhoffte Brisanz. So freuen wir uns Ihnen zahlreiche – nicht ausschließlich – bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Reflexionen zur Gegenwart und Zukunft der mehr als technologischen Unterstützung (guter) wissenschaftlicher Praxis durch von Informationsdienstleister bereitgestellten Werkzeuge präsentieren zu können.
Den theoretischen „Überbau” bilden die Beiträge von Walther Umstätter und Ben Kaden. Walther Umstätter diskutiert in seinem Text „Wissen als Geistiges Eigentum” den Erwerb und Vertrieb von Immaterialgüterrechten vor dem Hintergrund der Informationstheorie. Auf der anderen Seite beginnt Ben Kaden mit dem ersten Teil und dem zweiten Teil seiner „Notizen zur Bibliothekswissenschaft” die Bibliothek und sich mit ihr beschäftigenden Fachdisziplin unter der Einflussgröße des Digitalen intensiv zu reflektieren. In seinen Überlegungen liefert er wichtige Denkanstöße zur zukünftigen Rolle von Bibliotheken und den Möglichkeiten der Bibliothekswissenschaft sich diesen zu nähern.
Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Fachdisziplinen mit ihren eigenen Publikationskulturen und über diese hinaus beschreiben der Mediziner Martin Fenner, die Sprachtechnologen Georg Rehm und Felix Sasaki, der aus der Historischen Fachinformatik kommende Thomas Meyer sowie der Bibliothekswissenschaftler Karsten Schuldt aktuelle Problemfelder und Projekte. Martin Fenner nimmt sich der eindeutigen Autorenidentifikation an und gibt einen Überblick über existierende Initiativen und deren Charakteristika; darunter ORCID, in dessen Board of Directors der Verfasser aktiv ist. Georg Rehm und Felix Sasaki widmen sich in ihrem Beitrag META-NET, dem europäischen Kompetenznetzwerk, welches sich zur Aufgabe gemacht hat, Technologien und Informationsinfrastrukturen zu entwickeln, welche die Vielfalt europäischer Sprachen berücksichtigt und damit sprachbedingte Ausgrenzung beim Zugang zu Informationen möglichst minimiert. Vom Konzept und den ersten Aktivitäten zum Aufbau eines sogenannten „Historischen Forschungsnetzes” berichtet Thomas Meyer. So ist es das Ziel des seit Januar 2011 DFG-geförderten Projekts, die in der über die deutsche geschichtswissenschaftliche Fachcommunity hinaus akzeptierten und vielgenutzten Fachinformations- und Kommunikationsdienste Clio-online, H-Soz-u-Kult und die damit verbundenen Projekte zu einer Virtuellen Forschungsumgebung weiterzuentwickeln. Karsten Schuldt thematisiert abschließend anhand der Rückmeldungen aus Schulleistungsvergleichsstudien den Bruch, welcher bei der Kommunikation wissenschaftlichen Wissens in die Öffentlichkeit auftreten kann. Seiner Meinung nach bietet sich dieses Thema zur Problematisierung dieses Bruches an, da es relativ gut untersucht ist.
Im Zusammenhang mit dem Schwerpunktthema sind ferner einige Ankündigungen in der Ausgabe zusammengekommen: Michaela Voigt stellt mit ENCES eine europäische Initiative zur Vertretung urheberrechtlicher Interessen von Wissenschaft und Bildung vor, beschreibt den Stand der Aktivitäten des Netzwerks seit seiner Gründung im Jahre 2008 und wirbt gleichzeitig für eine intensivere Beteiligung. Ein Autorenteam um Carolyn Scheffield vom Smithsonian Institution Archives and the National Museum of Natural History, informiert über das "Field Book Project", in dessen Rahmen eine Forschungsumgebung zur Organisation von Primärdaten zur Biodiversitätsforschung entsteht. Der Fokus liegt auf dem zugrundeliegenden Metadatenstrukturmodell. Ferner beschreibt eine Projektgruppe aus dem Bereich Naturhistorischer Museen ihren Ansatz für die Gründung eines neuen OA-Journals zum Themenbereich deskriptive (biologische) Taxonomien auf europäischer Ebene.
Wir hoffen, dass die hier versammelten LIBREAS-Beiträge Sie informativ wie unterhaltsam in den Frühling begleiten. Für alle, die auch im Frühsommer noch mehr diskutieren, noch mehr lernen und sich austauschen wollen haben wir noch einen besonderen Hinweis: Am 10. Juni werden das Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft (IBI) der Humboldt-Universität und wir von der LIBREAS im direkten Anschluss an den 100. Bibliothekartag die Unkonferenz "frei<tag>" ausrichten. Diese soll die Gelegenheit bieten, explizit bibliothekswissenschaftliche Diskussionen zu führen. Weitere Informationen gibt es rechtzeitig in unserem Weblog, Facebook und den Mikroblogs! [identi.ca] [twitter]
Wir freuen uns wie immer über Eure / Ihre Anregungen und Kritik – zur Ausgabe, und freuen uns auf die Interessierten am frei<tag>-Event.
Eure / Ihre LIBREAS Redaktion (Berlin, Mannheim, Bielefeld, Leuven)
LIBREAS-Redaktion libreas.eu