Es gibt wohl 15- bis 20.000 Schulbibliotheksmenschen
in Deutschland. Die meisten sind Mütter, Ein-Euro-Jobber/innen,
Lehrer/innen, Verwaltungsangestellte, einige wenige sind Bibliothekar/innen.
Die allermeisten interessieren sich aus nachvollziehbaren Gründen
ausschließlich für ihre Schulbibliothek und dafür,
woher sie Geld für ein paar neue Bücher kriegen. Weniger
interessiert sind sie am „Schulbibliothekswesen“ oder
der Schulbibliothekspolitik, an Kommunikation und Austausch. Und
daher auch nicht an Basedow1764: http://basedow1764.wordpress.com
Basedow1764 ist ein „Meinungsblog“, weniger ein „Nachrichtenblog“,
der meldet, was andere anderswo ins Netz oder in die Zeitung gestellt
haben („With apologies for crossposting“). Dessen Meldungen
sollen so prononciert sein, dass er Anstöße gibt und
zur Auseinandersetzung einlädt. Damit erreiche ich circa 50
regelmäßige Leser/innen, Kommentare sind dementsprechend
nicht sehr zahlreich. Neben konzeptionellen Überlegungen, kritischen
Bemerkungen zur Schulbibliothekspolitik von Regierungen und Verbänden
gibt es im Basedow1764 auch Lesetipps und praktische Empfehlungen.
Mit letzteren wird eine Tradition aus Lehrgängen der hessischen
LAG Schulbibliotheken fortgesetzt: „Tipps und Tricks für
Barfußbibliotheken“. Also für die Menschen, die
in Schulen ohne viel Geld und meist auch ohne Fachkenntnisse Schulbibliotheken
„machen“. In dieser Reihe empfahl ich vor über
einem Jahr Computertische, bei denen der Monitor unter der (gläsernen)
Tischplatte eingebaut ist. Also ein Möbel, das meines Erachtens
besser in einen Lesesaal passt als eine Reihe von Monitoren, deren
Geflimmer jeden Leser im Saal stören würde. Unter den
empfohlenen Tischen war auch ein Modell des südhessischen Medienmöbellieferanten
Demolux. Mehr als ein Jahr nach Erscheinen dieser Meldung, die sich
andauernder Beliebtheit erfreute, gab es zwei kritische Kommentare
zu Demolux (vgl. hier).
[Redaktioneller Einschub: Aufgrund der nicht
eindeutigen Rechtslage bei einem eventuellen Zitat der von Demolux
beanstandeten Kommentare wird der Inhalt dieser Textstellen nur
beschrieben und nicht wortwörtlich wiedergegeben. Die Formulierungen
der folgenden zwei, rot gesetzten, Absätze wurden von der Redaktion
und nicht vom Autor angefertigt.] Im ersten Kommentar wurde
unter einem fiktiven Schulnamen ein nicht näher benanntes
Produkt der Firma Demolux als reklamationsbedürftig beschrieben.
Die Reaktion der Firma, so die Behauptung, habe offensichtlich
in einem aggressiven Zurückweisen des Reklamationsanspruchs
bestanden. Man habe sich daraufhin für ein Produkt einer
anderer Firma entschieden, die einen weitaus besseren Service
anböte. In Zukunft würde man sich auf diese zweite Firma
verlassen. Diese zweite Firma wird auch im anderen
von Demolux beanstandeten Kommentar genannt. In diesem wurde der
Firma Demolux vorgeworfen, Produkte, die nicht erkennbar professionell
erzeugt werden, anzubieten. Daraus erkläre sich der scheinbar
günstige Preis, der sich jedoch noch als überteuert
herausstellt. Es wird behauptet, dass die Firma Demolux Produkte
eines anderen Möbelhändlers umbaue und zu einem nicht
im Verhältnis stehenden Preis weiterveräußere.
Diese Praxis wird drastisch kritisiert. Von Produkten der Firma
Demolux rät der Kommentar ab. Vier Wochen später erhielt ich vom Geschäftsführer
der Demolux Ltd., die im Briefkopf die Zeile „sicher ist besser“
aufführt, einen Einschreibebrief mit Rückschein, in dem
mir mitgeteilt wurde, dass wegen der beiden Kommentare Strafanzeige
gestellt wurde. Meine rudimentären Kenntnisse des Internetrechts
sagten mir, dass ein Weblogbetreiber damit rechnen kann, dass es
Richter/innen gibt, die ihn für fremde Kommentare in seinem
Blog haftbar machen. Manche Betreiber schützen sich, in dem
sie Benutzungsordnungen, Registrierungen und die redaktionelle Überprüfung
von Kommentaren einführen. Nicht zuletzt haben wir auf der
LAG-Homepage einen langen Schriftsatz, mit dem wir uns vor der Haftbarmachung
für Inhalte auf den Links schützen wollen. (Was Rechtsanwälte
für unerheblich halten.) Die Internetrechtsprechung in Deutschland
ist (noch) sehr uneinheitlich. Die alte Seefahrerweisheit: „Auf
hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand“ gilt hier. In dem mir von der Briefträgerin gegen Unterschrift
ausgehändigten Einschreiben (vgl. hier)
stand, dass Demolux Anzeige erstattet habe. Es stand nicht drin,
dass gegen mich Anzeige erstattet worden war. Diese Feinheit fiel
mir erst einmal nicht auf und auch weiteren Lesern nicht. Ich schrieb
also im Weblog, dass mich Demolux verklagt habe. Warum sonst teilte
mir Demolux mit, dass es wegen eines Kommentars in meinem Weblog
Klage erhebe? Da der Schuss offensichtlich nach hinten losging,
startete Herr Grunwald eine Kommentaroffensive. Einigen mit mir
solidarischen Kommentatoren schrieb er sogar persönliche Antworten.
Nachdem er von einer Kommentatorin aufgefordert worden war, das
Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft mitzuteilen, reichte er das
in einem seiner bisher sechzehn (wenn ich richtig gezählt habe)
Kommentare nach. Er verriet auch, dass die Klageschrift mehr als
60 Seiten umfasse und dass er Anzeige gegen Unbekannt und namentlich
benannte Weitere gestellt habe. Also gegen mindestens drei Übeltäter.
Wie er in einem Kommentar später schrieb, ging es ihm um die
Löschung der beiden oben genannten Kommentare. Dem werde ich,
nach diesem Auftakt, sozusagen im laufenden Verfahren, nicht nachkommen.
Im Widerspruch dazu steht aber ein anderer Kommentar von ihm, den
ich wörtlich zitieren möchte: „Wollen Sie die immer einfach so stehen lassen
? (Anm. GS: Gemeint sind derartige Kommentare.) Wenn das häufiger
geschieht, wird es die Qualität von Basedow 1764 sicher mindern.
Wollen Sie die immer einfach entfernen ? Wie können Sie beurteilen,
was richtig und was falsch ist ? Aus meiner Sicht gibt es Gesetze,
die wir befolgen sollten und Staatsorgane, die festzustellen haben,
was richtig und was falsch ist. Deshalb hat Demolux bei der Staatsanwaltschaft
Strafanzeige erstattet. Das sind Profis. Die wissen, was zu tun
ist.“ Fortsetzung folgt. [1] http://basedow1764.wordpress.com
Demolux-Geschäftsführer Peter H. Grunwald glaubte wohl,
mit dem Einschreibebrief mit Rückschein einen Blogger zu verunsichern.
Womit er nicht gerechnet hatte, war, dass mehrere Blogs, unter anderem
netbib (vgl. hier)
und infobib (vgl. hier),
die Angelegenheit aufgriffen, dass es viele Solidaritätsadressen
gab. Dies war wohltuend. Basedow1794 erwachte aus seinem Nischendasein.
Statt der täglichen 30 Aufrufe gab es jetzt 300. Bei Google
standen neben der Demolux-Firmenseite zehn „Demolux klagt“-Treffer.
[2] http://basedow1764.wordpress.com/2008/02/27/zur-einrichtung-von-schulbibliotheken-5/
[3] http://basedow1764.files.wordpress.com/2009/07/demolux.pdf
[4] http://log.netbib.de/archives/2009/07/24/demolux-beklagt-sich/
[5] http://infobib.de/blog/2009/07/31/demolux-verklagt-bibliotheksblogger-oder-auch-nicht/#comment-6780
Günter K. Schlamp betreibt das Weblog Basedow1764.
Er hat die Homepage www.schulbibliotheken.de
der LAG Schulbibliotheken in Hessen e.V. (LAG) begründet, deren
mailing list "hids" http://mailman.bildung.hessen.de/mailman/listinfo/hids
und zum Thema Schulbibliotheken publiziert. (http://basedow1764.wordpress.com/publikationen/)
Er ist Gründungs- und jetzt Ehrenvorsitzender der LAG. LIBREAS.Library
Ideas veröffentlichte kürzlich ein Gespräch mit dem
Verfasser über die LAG Schulbibliotheken als: www.ib.hu-berlin.de/~libreas/libreas_neu/podcast/podcast_11/index.html
Basedow1764, Demolux und eine Klage
Günter K. Schlamp
Zitiervorschlag
Günter K. Schlamp,
"Basedow1764, Demolux und eine Klage. ".
LIBREAS. Library Ideas, 15 (2009). https://libreas.eu/ausgabe15/texte/009.htm