Kinder stellen in Bibliotheken nach wie vor die größte Benutzergruppe dar und sie sehen die Bibliothek im besten Fall als einen positiv besetzen Ort. Diese intensive Nutzung ist einer der Hauptgründe für die – allen Angriffen auf die tatsächliche Infrastruktur und Personalausstattung zum Trotz – weithin positive Haltung der Öffentlichkeit zu Bibliotheken. Trotzdem – oder gerade deswegen? – kommen Kinder in der bibliothekarischen Diskussion und Literatur hauptsächlich als zu Erziehende vor, über die gewissermaßen paternalistisch entschieden werden kann. Ebenso erscheint die – durchaus positiv gemeinte – Bezugnahme von Bibliotheken auf Kinder seltsam einseitig. Sie wird hauptsächlich als Leseförderung thematisiert, auf die hin die bibliothekarische Arbeit ausgerichtet werden müsse. Besucht man hingegen die realen Kinder- und Jugendbereiche, wird offensichtlich, dass dies nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Arbeit ausmacht: Kinder nutzen die Bibliothek, so wie andere Räume auch, hauptsächlich als Spiel- und Erlebnisort.
Allein im weiten Flur?
Ungeachtet aller Schieflagen suchen und brauchen Kinder Freiräume.
Können, sollten, wollen gerade Bibliotheken solche bieten?
Das Symposium sucht eine Antwort.
Quelle: futurologistiques/flickr
Daneben fällt auf, dass bibliothekarische Fachbeiträge kaum einen Bezug zu Forschungen über Kindheit, Spiel und Lernen in der Soziologie, Erziehungswissenschaft, Ethnologie und anderen Disziplinen herstellen. Dabei wäre zu vermuten, dass die dort gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere jene, die einer zu einfachen Vorstellung von Spiel- und Lernprozessen von Kindern widersprechen, für die bibliothekarische Arbeit relevant wären. Ebenso wäre zu erwarten, dass die in den letzten Jahren wieder verschärft geführten Debatten um das Verhältnis der Elementarpädagogik zur Vorschulpädagogik einen Einfluss auf die Arbeit von Bibliotheken mit Kindern haben müssten.
Nicht zuletzt verändert sich die Gesellschaft in Deutschland rasant und damit auch die Gruppe der Kinder. Zum einen steigt der Anteil von Kindern mit unterschiedlichsten „Migrationshintergründen“ beständig, zum anderen findet Kindheit heute in einer sich immer weiter differenzierenden Medienumwelt statt. Egal wie man dies einschätzt: es ist unbestreitbar, dass dies auch auf die Arbeit von Bibliotheken Einfluss hat. Trotzdem existiert eine auffällige Ungleichzeitigkeit von Diskurs und Realität.
Diesem Widerspruch möchte LIBREAS auf den Grund gehen und plant deshalb für den Herbst 2009 ein Symposium zum Themenbereich 'Kinder und Bibliotheken'. Wir wollen in einem möglichst offenen Rahmen mit Engagierten des deutschen Bibliothekswesens und Vertreterinnen und Vertretern von Forschungsdisziplinen, die sich mit Kindern und Kindheit beschäftigen, über die Möglichkeiten und Grenzen bibliothekarischer Arbeit mit und für Kinder diskutieren.
Dabei freuen wir uns über Vortrags- und Debattenbeiträge,
die bei der LIBREAS-Redaktion eingereicht werden können. Die
Vorträge und Diskussionen des Symposiums werden dann Schwerpunkt
einer folgenden LIBREAS-Ausgabe sein.