> > > LIBREAS. Library Ideas # 13

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Hybrides Publizieren und Verlage. Ein Standpunkt


Zitiervorschlag
Britta Kamp, "Hybrides Publizieren und Verlage. Ein Standpunkt. ". LIBREAS. Library Ideas, 13 ().


Verlage und Open Access – das passt doch nicht zusammen! Wenn jeder Publikationen frei zugänglich im Internet finden kann, wer kauft denn dann noch Bücher?!

So oder ähnlich denken viele Wissenschaftsverlage und sträuben sich noch immer vehement gegen die freie elektronische Veröffentlichung ihrer Bücher, indem sie ihren Autoren das Recht dazu verweigern. Dass sie damit eine nicht mehr zeitgemäße Publikationspolitik verfolgen, scheint ihnen (noch) nicht bewusst. Dabei wird besonders das Finanzierungsmodell der klassischen Verlage, die sog. Doppelfinanzierung durch die öffentliche Hand – öffentlich finanzierte Forschungsergebnisse müssen von staatlichen Geldern zurückgekauft werden – als ein Hauptgrund für den Strukturwandel der Informationsversorgung angesehen. Doch auch dieser Umstand kann die meisten Fachverlage nicht zum Umdenken bewegen, und das obwohl dieses Geschäftsmodell immer mehr in die Kritik gerät. Open Access macht ihnen schlichtweg Angst.

Wir denken darüber aber ganz anders! 'Wir', das ist das kleine Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat mit Sitz im schönen Münster. Mit unserer Edition „MV-Wissenschaft“ führen und pflegen wir ein eigenes wissenschaftliches Segment und veröffentlichen seit 2001 wissenschaftliche Werke aus nahezu allen Fachbereichen und vielen renommierten Instituten und Institutionen. Neben wissenschaftlichen Monographien, Habilitationen und Dissertationen werden auch verschiedene universitäre Reihen und Forschungsberichte bei uns publiziert.

Für uns stellen Wirtschaftlichkeit und Open Access in der Verlagswelt keinesfalls Widersprüche dar. Dass wir dadurch eine Sonderstellung einnehmen, ist uns klar – aber das finden wir gut!

Wir wissen, dass der Wissenschaftler seine Forschungsergebnisse schnell und effizient verbreitet sehen möchte, ebenso wie der Nutzer einfach und schnell auf diese Arbeiten zugreifen möchte. Open Access ist hier ideal. Wir sind der Ansicht, dass Open Access auf Dauer nicht nur unverzichtbar sondern auch aus Sicht aller Beteiligten wünschenswert ist.

Unsere Überzeugung: Bücher, die als freie Online-Versionen für jedermann zugänglich sind, fungieren als sog. „full-range-teaser“ und damit als kostenlose Werbung im Internet: Ist der Nutzer mittels Volltextsuche o.ä. auf eine Publikation gestoßen und hat er sich von deren Relevanz überzeugt, wird er zur intensiveren Auseinandersetzung auf eine Printversion zurückgreifen, da dies eindeutig komfortabler ist. Unser Vorschlag für eine Lösung aus dem ganzen Dilemma ist daher das Modell des „hybriden Publizierens“. Es handelt sich dabei um das gleichzeitige Veröffentlichen eines Textes in elektronischer und in gedruckter Form, also um ein und, nicht um ein oder . Dadurch werden die Vorteile beider Publikationen vereint und gleichzeitig deren spezifische Nachteile ausgeräumt. Die Realisierung kann zum einen durch die wissenschaftliche Institution allein erfolgen, die ihre Publikationen z.B. im Selbstverlag herausbringt.

Eine viel elegantere und auch einfachere Lösung bildet hier aber eine Kooperation zwischen der Einrichtung und einem Verlag, der vielmehr als Verlagsdienstleister fungiert. Die Institution veröffentlicht ihre Dokumente online im Open Access, parallel dazu erscheinen sie – vollkommen textidentisch – als reguläre Verlagspublikation in einheitlicher Aufmachung. Die Infrastruktur ist weitgehend ausgelagert, der wissenschafltichen Institution verbleiben bei der letztgenannten Lösung nur wenige administrative Aufgaben.

Ein Großteil der Arbeiten rund um die Veröffentlichung, also Druckvorbereitung und Druck, die Distribution sowie die Fakturierung werden durch den Verlag übernommen. „Publishing on demand“ erweist sich dabei als nahezu kostenneutraler Weg der Herstellung, denn die Bücher werden nur entsprechend der Nachfrage hergestellt. So können sie außerdem zu einem sehr günstigen Preis angeboten werden. Es wird keine Auflage gefertigt, deren Kosten in klassischen Fachverlagen zu einem Großteil der Autor übernehmen muss. Das hat den Vorteil, dass sich viel mehr Autoren zu einer Publikation ihrer Arbeit entschließen können, was der Forschung nur zweckdienlich sein kann. Zugleich entscheidet ausschließlich die Wissenschaft, was veröffentlicht werden soll und nicht mehr der kommerzielle Verlag, der sich z.T. stark in inhaltliche Fragen einmischt. Die Begutachtung der Texte, das sog. „Peer review“ erfolgt durch das universitäre Netzwerk von Wissenschaftlern.

Einrichtungen, wie z.B. Universitäten, die auf diese Weise ihren wissenschaftlichen Output managen, bauen sich so schnell ein bedeutendes Renommee auf, das sie für ihre Arbeit zuvor auch schon verdient hätten, welches aber die kommerziellen Verlage für sich beansprucht haben.

Eine Ablehnung der hybriden Publikation wissenschaftlicher Forschungsergebnisse durch den Verleger ist unserer Meinung nach weder gegenüber den wissenschaftlichen Ansprüchen, noch aus wirtschaftlichen Gründen vertretbar, zumal sich unbewegliche Verlage – unserer Meinung nach zurecht - hier in Zukunft sicherlich einem stark zunehmenden Druck von Seiten der Wissenschaft ausgesetzt sehen werden.

WWW:
http://www.mv-verlag.de/