Vielerorts müssen Bibliotheken ein Zeitschriftenabonnement
nach dem anderen kündigen, denn ihre Etats reichen für
die ständig steigenden Zeitschriftenpreise schon lange nicht
mehr aus – die „Zeitschriftenkrise“ grassiert
an unseren Bibliotheken und findet immer neue Opfer.
Nein, ein Allheilmittel dagegen hält auch Christian Woll nicht
bereit, aber er zeigt, wie mit Hilfe alternativer Publikationsstrukturen
versucht wird, der Marktüberlegenheit großer wissenschaftlicher
Verlage entgegenzuwirken.
Dabei geht der Autor zunächst auf die konventionellen „Abwehrstrategien“ der Bibliotheken ein: verzweifeltes Abbestellen der Printabonnements (z.T. zugunsten von E-Ausgaben), das Bilden von Konsortien wie auch das Erhöhen von Bibliotheksetats; allesamt Lösungen, die leider nur einen Tropfen auf den heißen Stein darstellen, wenn nicht gar das Gegenteil des gewünschten Effekts veranlassen.
Im Anschluss daran betrachtet Woll, welche Lösungen der Bereich des Open Access bisher herbeizuführen im Stande ist, bzw. einmal sein könnte. Hierbei erläutert er, wie sich der Weg des freien Zugangs von Information im Netz bisher gestaltet hat, was es mit Begriffen wie Self-Archiving, also institutionellen und fachlichen Repositorien auf sich hat und welche Einschränkungen dazu führten und noch führen, dass sich der Weg des Open Access beschwerlicher gestaltet, als ursprünglich angenommen. Dabei geht Woll auch gezielt auf Vorurteile und Ängste ein, die als Ursachen für diese Hemmnisse in der Entwicklung alternativer Publikationsstrukturen zu sehen sind, als da wären Angst vor Plagiaten, urheberrechtliche Bedenken etc. Wie Bibliotheken den Open Access-Gedanken für sich nutzen und z.B. gegenüber ihren Geldgebern rechtfertigen können, wird leider nur sehr oberflächlich besprochen. Hier hält der Titel leider nicht ganz, was er verspricht.
Erst das letzte Drittel der Publikation beschäftigt sich näher mit der Rolle von Bibliotheken im Publikationsprozess. So wird hier beispielsweise auf die Thematik der Hochschulverlage eingegangen, an deren Durchführung nicht selten die Bibliotheken beteiligt werden, um zusätzliche Stellen einsparen zu können.
Abschließend geht Woll auf die Bedeutung der Bibliothek als Informationsvermittler im zunehmend digitalen Zeitalter ein. Leider finden auch in diesem Bereich manche Aspekte nur kurz in der Zusammenfassung Erwähnung, die gerade für Leser aus dem bibliothekarischen Bereich genauer hätten dargelegt werden können. Der Autor verweist dabei auf zukünftige Entwicklungen im Bibliothekswesen, ohne die nötigen Schritte zu erläutern, die Bibliotheken dafür umzusetzen haben.
Mit „Bibliotheken als Dienstleister im Publikationsprozess“ hat Woll dennoch ein Buch vorgelegt, dass sich durch seine kurz und prägnant gehaltenen Abschnitte auszeichnet, welche die wichtigsten Aspekte rund um die aktuellen Entwicklungen im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens leicht verständlich erläutern. Es ist dadurch ein gelungenes Überblickswerk entstanden, das sowohl Studenten der bibliothekarischen Fachrichtungen als auch Fachleuten aus der Bibliothekspraxis den Einstieg in die Thematik wesentlich erleichtern wird. Es werden sonst für den Laien oft undurchsichtig erscheinende Zusammenhänge logisch und einfach dargelegt, was Neulingen sehr zugute kommen wird, Spezialisten in diesem Bereich jedoch nur wenig wirklich neue Erkenntnisse liefern dürfte. Das sollte jedoch nicht dem Autor zur Last gelegt werden, sondern ist in vielen Bereichen, die das Buch anspricht, schlicht der Tatsache geschuldet, dass (tiefer gehende) Erfahrungen aus dem deutschen Raum fehlen.
Das Buch zeichnet sich neben den kurzen Erläuterungen von Fachtermini im Bereich der alternativen Publikationsstrukturen – ein Abkürzungsverzeichnis wäre sicherlich zusätzlich sinnvoll gewesen – ebenso aus, wie vor Allem auch durch seine sehr ausführlichen Recherchen, die sich im umfangreich angelegten Anhang widerspiegeln. Hier finden sich neben einer Auflistung sämtlicher Dokumenten- und Publikationsserver deutscher Universitäten auch die eigens vom Autor recherchierten Profile sämtlicher deutscher Hochschulverlage.
Elise Harder studiert Bibliothekswissenschaft und Evangelische Theologie an der Humboldt-Universität zu Berlin.