1. Einleitung
Fachpublikationen geben, neben anderen Funktionen, die sie haben, immer auch einen Einblick in die jeweilige Profession, aus der sie stammen: Was wird zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Profession thematisiert? Was nicht oder nicht mehr? Wie werden bestimmte Dinge genannt, welche Sprache wird verwendet? Wer «spricht» in den Publikationen und wer nicht? Sicherlich kann man Fachpublikationen und die jeweilige Profession nicht in eins setzen: Was in ihnen publiziert wird, was zum Thema wird und was nicht, ist immer das Ergebnis von Entscheidungen auf verschiedenen Ebenen: Redaktionen, die Artikel zulassen oder nicht zulassen, gar explizit zu ihnen einladen und inhaltliche Schwerpunkte setzen. Autor*innen, die bestimmte Themen aufgreifen und damit als wichtig genug für eine Publikation bewerten. Einrichtungen, die ihre Mitarbeitenden auffordern oder auch anweisen, über ein bestimmtes Thema zu schreiben. Einrichtungen, die verhindern, dass über bestimmte Themen geschrieben wird. Leser*innen, die sich dazu äussern, ob sie bestimmte Themen, Sprachformen, Textformen relevant oder nicht relevant finden. Gleichzeitig prägen die Fachpublikationen immer, was überhaupt in der Profession thematisiert wird und motivieren damit teilweise erst, dass über ein Thema mehrfach publiziert wird. Kolleg*innen lesen, was andere geschrieben haben und reagieren (vielleicht) darauf. Leitungen nehmen das, worüber geschrieben wird, als relevantes Thema wahr. Firmen entwerfen Produkte auf der Basis dessen, was in der Literatur als zu lösendes Problem beschrieben wird.
Dies war der gedankliche Hintergrund zu einer Studie, welche die bibliothekarischen Fachzeitschriften des DACH-Raumes, die jeweils in den Jahren 2001, 2011 und 2021 erschienen sind, miteinander verglich.1 Die Daten und die Auswertung dieser Studie sind als Open Research Data publiziert.2 Sie sind allerdings so umfangreich, dass die Darstellung in mehreren Artikeln, die sich auf spezifische Fragen fokussieren, erfolgt. In diesem Artikel hier wird es um Fragen der Internationalität und Sprachenvielfalt in diesen Publikationen gehen. Diese Themenwahl wird weiter unten begründet.
Aufgebaut ist der Text wie folgt. Im nächsten Kapitel (2.) werden die konkreten Fragestellungen und Überlegungen hinter diesen dargestellt. Darauf (3.) folgt eine kurze Darstellung der Methodik der Gesamtstudie selbst, auf deren Basis die hier präsentierte Auswertung erfolgt. Anschliessend (4.) werden im Hauptteil des Textes die betreffenden Daten dargestellt und jeweils pro Frage ausgewertet sowie kommentiert. Im letzten Kapitel (5.) wird eine übergreifende Bewertung der Ergebnisse vorgenommen.
2. Fragestellungen
Diese Text fokussiert auf ein spezifisches Themenfeld, welches sich erst während der eigentlichen Datenerstellung zur genannten Studie als relevant herauskristallisierte, nämlich der Frage, wie sehr die bibliothekarischen Publikationen im DACH-Raum – und vermittelt damit auch die nationalen Bibliothekswesen allgemein – auf sich selber bezogen oder aber gegenüber Themen und Beiträgen aus anderen Ländern und Sprachen offen sind. Anders gesagt: Wie und wie sehr überhaupt die Diskussionen und Entwicklungen aus anderen Bibliothekswesen und anderen Sprachräumen in den Publikationen auftauchen. Und gleichzeitig, welche Länder und Sprachräume3 die bibliothekarische Literatur abbildet. In diesem Text wird dies auf verschiedenen Ebenen betrachtet: (1) Kurz, wie multilingual die bibliothekarischen Publikationen sind. (2) Dann, wie sehr sie innerhalb des DACH-Raumes miteinander vernetzt sind. (3) Und schliesslich, wie sehr sie mit Bibliothekswesen aus anderen Sprachräumen vernetzt sind und wie sehr sie über Entwicklungen in anderen Sprachräumen berichten.
2.1 Subjektive Faktoren bezüglich der Fragestellungen
Ich denke, mein Interesse an den Fragen, die ich in diesem Text behandeln möchte, ist auch aufgrund meiner persönlichen Geschichte und damit subjektiven Wahrnehmungen entstanden. Insoweit bin ich mir nicht sicher, ob es einen Konsens darüber gibt, dass diese wichtig sind, auf dem ich aufbauen kann oder ob ich zumindest meine Überlegungen hinter den Fragen transparent darlegen muss. Deshalb weiche ich in diesem Unterkapitel von dem sonst in wissenschaftlichen Texten geforderten Anspruch der möglichst grossen Objektivität ab und schildere kurz mein persönliches Interesse.
Seit einigen Jahren schreibe ich in die Kurzbiographien unter meinen Texten, dass ich gleichzeitig in drei Städten lebe: Berlin, Chur und Lausanne. Dahinter verbirgt sich, dass ich einerseits in Berlin gross geworden bin und diese Stadt auch nicht wirklich verlassen habe, aber gleichzeitig in die Schweiz gezogen bin. Ich bin aktuell sogar im Prozess, die schweizerische Staatsbürgerschaft zu erwerben. In der Schweiz lebe ich wechselnd zwischen dem Regionalzentrum Chur, in dem mein Arbeitgeber angesiedelt ist und das unter anderem Hauptort des einen Kantons ist, in welchem mit dem Rätoromanischen eine kleine, aber lebendige eigene Sprachgemeinschaft – die immerhin die vierte Landessprache der Schweiz darstellt – existiert, und der Grossstadt Lausanne, in der grundsätzlich Französisch gesprochen wird. Zudem bin ich in der DDR geboren und habe dort meine ersten Lebensjahre verbracht, was mir weiterhin einen spezifischen Blick mit sich zu bringen scheint, insbesondere darauf, wie schnell und umfassend (ungewollt) von anderen über solche spezifischen Erfahrungen hinweggegangen und man beispielsweise umstandslos zusammen mit Personen ohne diese Erfahrungen zum «Deutschen» erklärt wird.
Was ich bei diesem Wechsel zwischen Ländern und Sprachregionen gelernt habe, ist unter anderem, dass es tatsächlich kleine, aber relevante Unterschiede gibt, in welchem der Länder und in welcher Sprachregion man sich befindet und Teil welcher Sprachgemeinschaften man ist. Vieles ist ähnlich, aber doch nicht gleich. Intellektuell ist dies gewiss auch so klar, aber beim Leben in den drei Städten ist es spürbar, wie vieles doch je ein wenig anders organisiert ist und anders verstanden werden kann. Oder, wie bestimmte Probleme erst durch den lokalen Kontext überhaupt als Problem erscheinen. Gleichzeitig wird so auch direkt erlebbar, wie wenig man von diesen Unterschieden überhaupt weiss, solange man sie nicht selber erlebt. Mir war zum Beispiel schon vor meinem Zuzug in die Schweiz klar, dass das Leben in Berlin anders ist als anderswo. Aber erst durch das Erleben, wie man anderswo tagtäglich lebt, ist für mich auch in gewisser Weise «fühlbar» geworden, wie offen und international das Leben in Berlin im Vergleich zu meinen anderen Wohnorten ist. Dafür wurde mir aber auch klar, wie wenig man als «jemand aus Berlin» über die Schweiz – und dann wohl auch über andere Länder – wirklich weiss. Das Gleiche gilt für Sprachen. Kultur, auch im gleichen Land, ist immer auch an Sprache gebunden und daran, wie sehr eine Sprache dominiert oder nicht dominiert. Das ist spürbarer, wenn man selber einmal inmitten einer anderen Sprachgemeinschaft, in meinem Fall der französischen und auch der Schweizerdeutschen (die wieder mehrere Dialekte umfasst), gelebt hat oder versucht in einer der nicht-dominanten Sprachgemeinschaften, in meinem Fall die rätoromanische, «hineinzuschnuppern».
Durch meine Beschäftigung mit dem schweizerischen Bibliothekswesen, nachdem ich für die Arbeit im deutschen Bibliothekswesen ausgebildet wurde, ist mir auch klar geworden, wie national unterschiedlich diese Bibliothekswesen – und dann auch, in der Schweiz, nochmal unterschiedlich in den verschiedenen Sprachregionen – sind. Immer ähnlich, aber nie gleich.
Mein Interesse an den Fragen in diesem Text scheint mir deshalb auch aus meinen persönlichen Erfahrungen zu stammen. Intellektuell hätte ich sie wohl auch stellen können, wäre ich immer in Berlin wohnen geblieben. Aber vor dem Hintergrund meiner persönlichen Geschichte scheinen sie mir noch relevanter. Für mich ist klar, dass es von Bedeutung ist, ob, wie oft und wie Entwicklungen aus anderen Ländern in der bibliothekarischen Fachliteratur diskutiert werden oder ob die Sprachenvielfalt einer Region abgebildet wird. Daraus motivieren sich die im Folgenden gestellten Fragen.
2.2 Sprachen in der bibliothekarischen Fachliteratur
Die erste Frage, die in diesem Text angegangen wird, lautet: In welchen Sprachen wird in der bibliothekarischen Fachliteratur des DACH-Raumes publiziert?
Relevant ist diese Frage aus zwei Gründen. Einerseits ist keines der drei Länder monosprachig. In der Schweiz gibt es bekanntlich vier Landessprachen, in Deutschland und Österreich jeweils mehrere explizit anerkannte und geförderte Minderheiten- und Regionalsprachen wie zum Beispiel das Niederdeutsch oder das Burgenlandkroatisch. Gleichzeitig werden in all diesen Ländern von einem Grossteil der Bevölkerung zahlreiche weitere Sprachen gesprochen, auch im Alltag (beispielsweise Englisch, aber auch, je nach Land unterschiedlich verteilt, Türkisch, Arabisch, Tamilisch, Vietnamesisch, Spanisch und viele andere). Spiegelt sich diese mehrsprachige Realität in der bibliothekarischen Literatur eigentlich wieder?
Andererseits wird in anderen Ländern in anderen Sprachen kommuniziert. Wie geht die bibliothekarische Fachpresse damit um? Übernimmt sie Originaltexte? Lässt sie Autor*innen in ihren Sprachen schreiben?
Gleichzeitig ist es im internationalen Bibliothekswesen wohl (so meine Vermutung) auch so, dass Autor*innen einfacher wahrgenommen werden, wenn sie in Englisch publizieren. Spiegelt sich dies vielleicht auch darin wieder, dass in den bibliothekarischen Zeitschriften des DACH-Raumes relativ viel in Englisch publiziert wird? Oder sind dies wohl eher zwei getrennte Publikationswesen, eines in Englisch und eines in Deutsch (oder den anderen Sprachen, die im DACH-Raum gesprochen werden)?
2.3 Vernetzung über die Landesgrenzen hinaus
Die zweite Frage lautet: Wird über die Landesgrenzen des DACH-Raumes hinaus publiziert und wenn ja, in welchem Masse?
Dass die Länder des DACH-Raumes eng miteinander verwoben sind, ist eine implizite Annahme hinter der gesamten Studie, aus der die hier ausgewerteten Daten stammen. Menschen wechseln mit relativer Leichtigkeit zwischen diesen Ländern und können sich durch die gemeinsame Sprache zum Beispiel auch gut miteinander verständigen. Intuitiv würde man dies auch für die Bibliothekswesen und die bibliothekarischen Publikationen erwarten. Aber: Stimmt das oder sind bibliothekarische Fachpublikationen auch innerhalb des DACH-Raumes vor allem an Themen aus dem eigenen Land interessiert? Wie hat sich dies über die drei untersuchten Jahre (2001, 2011, 2021) hinweg entwickelt?
2.4 Arbeitsländer der Autor*innen
In der dritten Frage wird dann praktisch die zweite auf den internationalen Raum ausgedehnt: In welchen Ländern sind Autor*innen in den bibliothekarischen Fachpublikationen des DACH-Raumes beruflich aktiv?
Hier geht es darum herauszufinden, ob die bibliothekarischen Publikationen im DACH-Raum auch auf das Wissen von Autor*innen aus anderen Ländern – und dann welchen – zurückgreifen. Wieder gibt es dabei eine implizite Vermutung, nämlich dass Wissen über die Besonderheiten, Probleme und Diskussionen eines Bibliothekswesens in einem Land vor allem bei Personen vorhanden ist, die auch dort arbeiten und leben. Es gibt immer auch, das führt dann zur vierten Frage, die Möglichkeit, dass Personen andere Länder besuchen und über diese Besuche berichten oder aber sich aus dem DACH-Raum heraus über das Bibliothekswesen in anderen Ländern informieren. Aber dies führt tendenziell wohl eher dazu, zusammenfassende Überblicke zu produzieren oder Einzeldarstellungen, die weniger lokal kontextualisiert sind.
Sicherlich lassen sich immer Einzelfälle postulieren, welche diese impliziten Annahmen aufheben. Kolleg*innen können beispielsweise in einer Bibliothek oder Hochschule nahe einer Landesgrenze arbeiten, aber in einem anderen Land wohnen – beispielsweise in Aachen tätig sein, aber in Lüttich wohnen, dort oft mit belgischen Bibliothekar*innen über das belgische Bibliothekswesen kommunizieren und somit ein fundiertes Wissen über dieses Bibliothekswesen haben. Aber das werden, wenn es diese Personen tatsächlich gibt, Ausnahmen sein.
2.5 Internationale Themen
Die vierte Frage geht auf den Inhalt der Publikationen ein: Über welche Länder wird in den bibliothekarischen Publikationen des DACH-Raumes berichtet?
Bei dieser Frage geht es darum, zu verstehen, wie international die bibliothekarischen Fachpublikationen im DACH-Raum orientiert sind. Wird in ihnen über Themen aus anderen Ländern berichtet? Wenn ja, wie viel und über welche Länder – oder auch, über welche Länder nicht? Gab es dabei über die Zeit Veränderungen? Diese Fragestellung zielt also darauf, ob in der bibliothekarischen Fachpresse Entwicklungen, Probleme und Lösungen aus anderen Ländern wahrgenommen werden. Oder, um dies umzudrehen, ob sich eher auf das jeweils eigene Land oder den DACH-Raum konzentriert wird.
3. Methodik und Datenlage
Für die Studie, über deren Teilauswertung zu den im letzten Kapitel genannten Fragen hier berichtet wird, wurden vom Autor dieses Textes Daten erhoben zu allen Beiträgen aus bibliothekarischen Zeitschriften, die jeweils in den Jahren 2001, 2011 und 2021 im DACH-Raum erschienen. Dies geschah auf der Basis eines vor der Datensammlung erstellten Schemas. Beispielsweise wurden die Namen, Funktionen und beruflichen Aufgaben der Autor*innen aufgenommen, ebenso deren Arbeitsorte, aber auch die Publikationsorte und herausgebenden Körperschaften der Zeitschriften. Der Inhalt der Texte wurde in frei vergebenen Schlagworten, welche möglichst die in den Texten verwendeten Begriffe verwendeten, beschrieben. Die Texte wurden alle nach Autopsie aufgenommen, also direkt eingesehen. Bei den – erstaunlich vielen – Zeitschriften, die nur gedruckt vorliegen, musste der Autor dafür auf Bibliotheksbestände in verschiedenen Städten zurückgreifen.4 Zudem wurden, um die Arbeitslast einzuschränken, einige Grenzen gesetzt:
Es wurden nur Zeitschriften betrachtet, in denen sich direkt an Bibliothekar*innen und Bibliotheken gerichtet wurde. Somit wurden zum Beispiel Zeitschriften, mit denen sich Bibliotheken an die breite Öffentlichkeit oder direkt an ihre Nutzer*innen richten, ausgeschlossen.
Ebenso wurde als Grenze angelegt, dass in einer Zeitschrift im untersuchten Jahrgang mindestens 50% der Texte aus Bibliotheken stammen, sich mit Bibliotheken beschäftigen oder sich explizit an Bibliotheken richten müssen. Damit wurden leider gerade auch Zeitschriften ausgeschlossen, in denen Bibliotheken und andere Einrichtungen miteinander kommunizieren, wie etwa archivarische Zeitschriften oder – für den Autor überraschend – eine Fachzeitschrift wie die Bausteine Forschungsdatenmanagement.
Viele bibliothekarische Zeitschriften veröffentlichen auch kurze Meldungen, die manchmal nur wenige Zeilen lang sind. Auch diese in die Daten aufzunehmen, war wegen der dann noch höheren Arbeitslast unmöglich. Deshalb wurde die Grenze gesetzt, dass ein Beitrag mindestens eine Seite umfassen muss, um in den Daten verzeichnet zu werden. (Für rein elektronische Zeitschriften ohne Seitenzahlen wurde der Wert von mindestens 2000 Zeichen angesetzt.) Dies ist keine perfekte Grenzziehung, da die Formate der Zeitschriften zum Beispiel sehr unterschiedlich sind, aber eine handhabbare.
Daten zu den Autor*innen wurden jeweils so gut wie möglich in den Datensatz aufgenommen. Aber insbesondere bei den beiden weiter zurückliegenden Jahrgängen 2001 und 2011 war es zum Beispiel nicht immer möglich, herauszufinden, in welcher Funktion ein*e Autor*in zum damaligen Zeitpunkt arbeitete. (Für 2021 war dies in den meisten Fällen noch recherchierbar.) Für die hiesige Auswertung relevant ist, dass auch jeweils das Land, in dem die Autor*innen arbeiteten, aufgenommen wurde.
Basis für die Recherche danach, welche bibliothekarischen Zeitschriften in den drei untersuchten Jahren im DACH-Raum existierten, waren zum einen die Zeitschriftendatenbank (ZDB) sowie – für die Bestände in den schweizerischen Bibliotheken, die in dieser Datenbank nicht verzeichnet sind – der Gesamtkatalog der Wissenschaftlichen Bibliotheken der Schweiz, Swisscovery. Zum anderen führt der Autor für ein privates, bislang nicht veröffentlichtes, Projekt seit Jahren eine Liste aller bibliothekarischen Zeitschriften (und anderen Medien) aus dem DACH-Raum seit den 1880er Jahren, auf die er bei anderen Recherchen stösst. Diese Quellen zusammengenommen ergaben eine, sich teilweise ergänzende, Sammlung von betreffenden Zeitschriften, von denen einige nach Autopsie nicht in die Daten der Studie aufgenommen wurden, weil sie den gerade genannten Kriterien nicht entsprachen.5
Die Daten wurden anschliessend auf verschiedene Fragen hin in der Statistiksprache R ausgewertet. Zumeist ging es dabei darum, Anzahl und Verteilung von Werten über die drei untersuchten Jahre miteinander zu vergleichen. Die gesammelten Daten, R-Skripte sowie die in der Auswertung erstellten Plots und Daten aus den Auswertungen wurden, wie zuvor bereits gesagt, als Open Research Data veröffentlicht und lassen sich somit sowohl nachnutzen als auch überprüfen und verbessern.6
Begonnen wurde die Studie im März 2022 und beendet im September des gleichen Jahres. Insgesamt wurden Daten zu 4459 Texten (2001: 1591, 2011: 1331, 2021: 1537) aus 90 Zeitschriftenjahrgängen (2001: 34, 2011: 28, 2021: 28) aufgenommen.
Selbstverständlich hat die Studie eine ganze Anzahl von Einschränkungen.
Sie war als Vollerhebung angelegt, aber es war dem Autor nicht möglich, alle betreffenden Zeitschriften einzusehen. Es fehlt weiterhin eine kleine Anzahl von – nur gedruckt und höchstwahrscheinlich auch nur für einen kleinen Kreis von anvisierten Leser*innen publizierten – Zeitschriften.7 Allerdings sind die wichtigsten, also vor allem die jeweils auf das gesamte Bibliothekswesen gerichteten Zeitschriften sowie alle elektronisch zugänglichen Zeitschriften, im Datensatz enthalten.
Die Studie wurde von einer Person – dem Autor – durchgeführt, insoweit basiert zum Beispiel auch die Vergabe von Inhaltsschlagworten auf den Einschätzungen dieser Person. Auch ist zu erwarten, dass die Daten weiterhin kleine Fehler (Tippfehler, Verwechslungen und Ähnliches) enthalten. Sie sollten als jeweils möglichst objektive Annäherung verstanden werden. Dies ist nicht perfekt, war aber die einzige realistische Möglichkeit, die Studie überhaupt durchzuführen. Zudem ist zu vermuten, dass sich etwaige Fehler über die Daten hinweg streuen und sich nicht zum Beispiel in einem Jahrgang oder bei den Daten zu einer Zeitschrift konzentrieren.
Wichtiger aber ist die Einschränkung auf Zeitschriften. Bibliothekar*innen publizieren und kommunizieren selbstverständlich auch in anderen Medien: Monographien, Weblogs, Facebook-Gruppen und so weiter. Insoweit wird hier in der Auswertung nur ein, wenn auch wichtiger Teil, aller Kommunikation zwischen Bibliothekar*innen und Bibliotheken betrachtet.
Die konkreten ausgewerteten Fragen, die über die hier berichteten hinausgehen, lassen sich selber in den R-Skripten sowie den Graphiken und ausgewerteten Daten im schon genannten Datensatz nachvollziehen. Sie werden, wie erwähnt, an anderen Stellen detaillierter ausgewertet. Grundsätzlich sollten aber alle hier präsentierten Daten als möglichst grosse Annäherung an die Realität verstanden werden.
4. Ergebnisse
In diesem Kapitel werden nun, orientiert an den in Kapitel 2 genannten Fragen, die betreffenden Ergebnisse berichtet. Anschliessend wird über einige Beobachtungen berichtet, die ebenfalls zum Themenfeld gehören und bei der eigentlichen Datensammlung auffielen.
4.1 Sprachen in der bibliothekarischen Fachliteratur
Sprache | Anzahl 2001 | Anzahl 2011 | Anzahl 2021 |
---|---|---|---|
Deutsch | 1.568 | 1.341 | 1.513 |
Französisch | 42 | 16 | 35 |
Englisch | 21 | 10 | 12 |
Italienisch | 1 | 1 | 3 |
Mehrsprachig | - | - | 16 |
Russisch | 3 | - | - |
Tabelle 1: Anzahl der Artikel in der jeweiligen Sprache
Für die Frage, in welchen Sprachen in der bibliothekarischen Literatur im DACH-Raum publiziert wird, und für welche die Daten in der Tabelle 18 berichtet werden, ist die Antwort sehr eindeutig: Fast durchgängig wird in Deutsch publiziert, alles andere sind Ausnahmen. Nicht direkt in dieser Tabelle sichtbar, aber bei der Datenaufnahme selber, war, dass es sich hierbei auch fast ausnahmslos um das in der Schweiz sogenannte «Schriftdeutsch» handelt, also um ein Deutsch, dass möglichst von landesspezifischen oder lokalen Besonderheiten frei ist und auch nicht einen Dialekt darstellt. Einige Helvetismen (beispielsweise, dass ß nicht zu nutzen) oder österreichische Eigenheiten (beispielsweise Jänner als Name des ersten Monats im Jahr) finden sich schon. In den Titeln einiger Konferenzen, über die berichtet wurde, wurden auch Dialekte des Deutschen verwendet. Aber ansonsten ist das verwendete Deutsch sehr normiert.
Zudem fanden sich alle Texte, die in Französisch oder Italienisch publiziert wurden, in schweizerischen Zeitschriften, also dem Land des DACH-Raumes, in welchem diese Sprachen auch Landessprache sind. Ebenso sind die in der Tabelle genannten 16 mehrsprachigen Texte immer Deutsch / Französisch oder Deutsch / Französisch / Italienisch. Diese finden sich alle in einer Zeitschriften, der bibliosuisse info, die vom schweizerischen Bibliotheksverband herausgegeben wird. Es sind, bis auf einige Interviews, in denen Fragen und Antworten in jeweils verschiedenen Sprachen publiziert sind, kurze Texte, die nebeneinander in den zwei oder drei Sprachen dargeboten werden.9
Die beiden anderen in der Tabelle sichtbaren Ausnahmen sind Englisch und Russisch. Auch die russischen Texte finden sich nur in einer spezifischen Zeitschrift, den Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft der Bibliotheken und Dokumentationsstellen der Ost-, Ostmittel- und Südosteuropaforschung (ABDOS) e.V., die sich vor allem an Kolleg*innen richtete, bei denen zumindest passive Sprachkenntnisse des Russischen als Arbeitsvoraussetzung gelten konnten.
Erstaunlich ist eher, wie wenige Texte in den bibliothekarischen Zeitschriften im DACH-Raum in Englisch publiziert werden. Bibliothekar*innen aus dem DACH-Raum publizieren vermutlich in Zeitschriften aus anderen Sprachräumen in dieser Sprache, aber das ist nicht Fokus dieser Studie. Trotzdem könnte man im DACH-Raum auf weit verbreitete, zumindest passive Kenntnisse des Englischen voraussetzen, aber auf diese wird offenbar in den Zeitschriften kaum aufgebaut.
Grundsätzlich heisst dies, dass die bibliothekarische Kommunikation im DACH-Raum praktisch in einer Sprache passiert. Die vierte schweizerische Landessprache, die anerkannten und geförderten Minderheitensprache in Deutschland und Österreich sowie all die sonstigen im Alltag gesprochenen Sprachen werden dafür nicht genutzt. Warum das so ist, ist aus den Daten alleine nicht zu bestimmen. Auffällig ist aber, dass es dabei über die untersuchten 20 Jahre keine wirkliche Veränderung gab. Festgehalten werden kann aber schon, dass für Menschen, für die Deutsch nicht die erste Sprache ist, hier eine Hürde besteht, sowohl für die passive Wahrnehmung als auch die aktive Teilnahme an der Kommunikation.10 Mit einem Blick aus der Schweiz, in der eine Unterscheidung zwischen Schriftsprache und gesprochenem Dialekt gemacht wird, ist auch das Vorherrschen des «Standarddeutschen» auffällig.
Die sprachliche Vielfalt, die es im DACH-Raum gibt (und die sowohl mit dem steigenden Bildungsstand der Bevölkerung als auch dem Status als Migrationsgesellschaften wohl nur wächst), ist in der bibliothekarischen Literatur nicht abgebildet.11
Dies gilt dann auch für Personen, die vielleicht von ausserhalb des deutschen Sprachraumes ein Interesse daran entwickeln könnten, in den bibliothekarischen Zeitschriften des DACH-Raumes zu publizieren. Die Daten zeigen, dass dies offenbar in Ausnahmefällen in Englisch möglich ist. Aber auch das kann für solche Personen eine Fremdsprache sein. Dies ist deshalb relevant, weil es damit schwierig wird, sich zum Beispiel vorzustellen, dass ein*e Bibliothekar*in aus Kroatien oder Island sich entschliesst, Fragen und Entwicklungen aus dem Bibliothekswesens des Landes, in dem sie in Bibliotheken arbeitet, in diesen Zeitschriften vorzustellen, um zu einem Austausch über diese einzuladen. Wenn, dann wird dies wohl nur auf direkte Einladung aus den Redaktionen der bibliothekarischen Zeitschriften oder anderer Bibliothekar*innen hin geschehen.
4.2 Vernetzung über die Landesgrenzen hinaus
Arbeitsland Autor*in | Sitz (Land) der herausgebenden Körperschaft | 2001 | 2011 | 2021 |
---|---|---|---|---|
Deutschland | Deutschland | 1.225 | 985 | 1.204 |
Österreich | Deutschland | 26 | 15 | 24 |
Schweiz | Deutschland | 15 | 16 | 58 |
Deutschland | Österreich | 5 | 15 | 5 |
Österreich | Österreich | 119 | 138 | 84 |
Schweiz | Österreich | 1 | 1 | 1 |
Deutschland | Schweiz | 3 | 3 | 22 |
Österreich | Schweiz | - | - | - |
Schweiz | Schweiz | 104 | 45 | 117 |
Tabelle 2: Vergleich Arbeitsländer und Sitz der Körperschaften
Um die Stärke der Vernetzung – oder, wie die Daten zeigen, eher Schwäche – im Bibliothekswesen innerhalb des DACH-Raumes zu untersuchen, wurden die Arbeitsländer der Autor*innen und die Länder, in denen die herausgebenden Körperschaften der Zeitschriften sitzen, miteinander verglichen. Die Arbeitsländer wurden gewählt, da diese erstens einfacher zu eruieren sind als die Wohnorte der Autor*innen und zweitens eindeutigere Aussagen ermöglichen. Dass Menschen in mehr als einem Land leben, zumal bei direkten Grenzen wie im DACH-Raum, ist weniger ungewöhnlich, als dass sie in verschiedenen Ländern arbeiten. Aber selbstverständlich gibt es auch hier Grenzfälle, wenn zum Beispiel Bibliothekar*innen auch Lehraufträge an Hochschulen eines Nachbarlandes wahrnehmen. In diesen, sehr wenigen Fällen, wurde jeweils das Land aufgenommen, in denen die Autor*innen offenbar hauptsächlich aktiv sind.
Zu vermerken ist – dies gilt dann auch für die nächste Frage –, dass eine ganze Anzahl von Personen in der bibliothekarischen Fachpresse auch publiziert, ohne einen Arbeitsort anzugeben. Teilweise sind dies Personen, die trotz Rentenalter weiterhin aktiv sind, insbesondere beim Schreiben von Rezensionen. Teilweise sind es auch Personen, die gerade ihre Ausbildung oder ihr Studium abgeschlossen haben und oft die Ergebnisse ihrer Abschlussarbeiten vorstellen, aber wohl noch auf der Suche nach dem Einstieg in den Arbeitsmarkt sind. In den meisten Fällen ist aber auch bei Autopsie der Artikel nicht sichtbar, warum keine Angaben zum Arbeitsort gemacht werden.12 Auch hier wurde bei der Datenaufnahme so verfahren, dass Arbeitsländer aufgenommen wurden, wenn diese mit einiger Sicherheit – beispielsweise, weil den Autor*innennamen auch Privatadressen beigefügt wurden – bestimmt werden konnte. Ansonsten wurden keine Arbeitsländer aufgenommen (diese Autor*innen fehlen dann in der Teilauswertung, die in der obigen Tabelle 2 dargestellt wird).
Beim Sitz der herausgebenden Körperschaft gab es nur eine Zeitschrift, die von einer Körperschaft aus einem Land in Zusammenarbeit mit einer Körperschaft aus einem anderen Land herausgeben wurde, die Giraffe: Bibliotheken für Kinder und Jugendliche im Blick, herausgegeben von der Kommission des Ehemaligen Deutschen Bibliotheksinstituts für Kinder- und Jugendbibliotheken in Zusammenarbeit mit dem Büchereiverband Österreich (BVÖ). Die Zeitschrift erschien nur drei Jahre lang, davon aber eines im hier ausgewerteten Jahr 2001. Hier wurde sich, mit Blick auf die Beiträge, die dann in der Zeitschrift tatsächlich publiziert wurden, dafür entschieden, nur Deutschland als Sitz der Körperschaft aufzunehmen, da es nicht so scheint, als hätte der BVÖ einen grossen Einfluss auf die Zeitschrift gehabt. Ansonsten war die Zuordnung immer eindeutig.13
Zu beachten ist zudem, dass hier jeweils nach individuellen Autor*innen gefragt wurde, unabhängig davon, wie viele Texte diese in einem Jahr publiziert haben. Hätte man dies einbezogen, wären die Ergebnisse noch eindeutiger: Mit drei Ausnahmen (Rafael Ball, Stephan Holländer, Karsten Schuldt) haben alle Autor*innen in anderen Ländern als ihren Arbeitsländern höchstens ein oder zwei Artikel pro Jahr publiziert, wovon ein Autor dies auch noch als Redakteur getan hat, der vor allem Editorials publizierte. Die «Vielschreiber*innen» publizierten alle in dem Land, in dem sie selber arbeiteten.
Aber auch wenn man all diese Grenzfälle mit beachtet, sind die Daten, welche in Tabelle 2 dargestellt werden, wieder eindeutig. Es gibt zumindest bei den Texten, die in den bibliothekarischen Zeitschriften publiziert werden, im DACH-Raum kaum eine Vernetzung über die Landesgrenzen hinaus. Eine mögliche Tendenz deutet sich dabei an, dass 2021 mehr Autor*innen aus der Schweiz in «deutschen» Zeitschriften publizierten. Man muss aber die nächsten Jahre abwarten oder weitere Jahrgänge bibliothekarischer Zeitschriften auswerten, um zu sehen, ob dies eine allgemeine Entwicklung ist. Gleichzeitig ist offenbar der Anteil der Autor*innen aus Deutschland in schweizerischen Zeitschriften gestiegen, aber nicht über den gesamten Zeitraum hinweg, sondern «nur» im Jahr 2021.
Dessen ungeachtet ist sichtbar, dass Autor*innen aus einem Land vor allem in Zeitschriften aus eben diesem Land publizieren. Das heisst auch, dass die Entwicklungen aus den zwei anderen Bibliothekswesen im DACH-Raum in den jeweils anderen Ländern wohl kaum sichtbar sind.
Das hat Konsequenzen. Beispielsweise überwiegen Zeitschriften aus Deutschland. Von den nicht lokal orientierten werden in Österreich nur die Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen & Bibliothekare und in der Schweiz die Informationspraxis und 027.7 – Zeitschrift für Bibliothekskultur herausgegeben. Die restlichen – beispielsweise, aber nicht erschöpfend, die BuB: Forum Bibliothek und Information, der Bibliotheksdienst, die ZfBB: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, o-bib. Das offene Bibliotheksjournal oder auch die LIBREAS. Library Ideas – haben ihren Sitz in Deutschland. In ihnen finden sich dann auch zumeist Beiträge, die sich auf Entwicklungen, Diskussionen, Probleme und Lösungen aus dem deutschen Bibliothekswesen fokussieren. Für Kolleg*innen in Österreich oder der Schweiz, sind diese Artikel vermutlich oft weniger relevant, als für solche aus Deutschland. Bedenklich wird dies wohl vor allem, wenn dieser Fokus auf ein Land vergessen geht und die Inhalte als typisch für alle Bibliothekswesen angesehen werden.
4.3 Arbeitsländer der Autor*innen
Die Frage nach den Arbeitsländern der Autor*innen aus der zweiten Frage wird für die dritte Frage auf die gesamte Welt ausgeweitet. Die konkreten Daten dazu finden sich in der Tabelle 4 im Anhang. Visualisiert sind sie in der Graphik 1, damit das grundsätzliche Ergebnis noch besser zu sehen ist. Die Anzahl der Autor*innen ist jeweils in der Grösse der Kästchen als auch noch einmal im Farbton zu sehen: Je grösser der Kasten und je dunkler das Grün, umso grösser die Anzahl. (Zu sehen ist hier auch, dass die Zahl der individuellen Autor*innen über die drei untersuchten Zeiträume gewachsen ist, aber dies ist nicht eine Frage der hier präsentierten spezifischen Auswertung.)
Das Autor*innen von Texten, die in bibliothekarischen Zeitschriften im DACH-Raum publizierten, nicht im DACH-Raum selber arbeiten, stellt eine Ausnahme dar. In der Treemap in der Graphik zeigt sich dies zum Beispiel darin, dass die Namen der Arbeitsländer in vielen Fällen vom Platz her gar nicht in die Kästchen, welche die Anzahl der Autor*innen repräsentieren, passen.
Die Ergebnisse sind sogar noch weiter einzugrenzen: Ein Grossteil der Texte von Autor*innen aus anderen Ländern als dem DACH-Raum erschienen in Schwerpunkten. Beispielsweise publiziert die BuB: Forum für Bibliothek und Information jährlich einen Schwerpunkt über das Land, welches bei der Frankfurter Buchmesse als Gastland eingeladen wurde. In diesem Schwerpunkt werden dann meist auch Autor*innen aus diesem Land gebeten, eine Übersicht über Literatur und Bibliothekswesen dieses Landes zu geben. Es sind also nicht Einzelbeiträge, die sich mit spezifischen Themen beschäftigen, sondern vor allem Texte, die einen Überblick geben, der dann notwendigerweise oft skizzenhaft ist oder sich auf sehr ausgesuchte Beispiele konzentriert. Oft sind diese Autor*innen dann die einzigen aus ihrem Land, welche im gesamten Jahr in den hier untersuchten Zeitschriften publizieren. Dies gilt zum Beispiel auch für alle Autor*innen, die in der Graphik im Jahr 2011 unter dem Landesnamen «Brasilien» angegeben werden und die auf einen Schwerpunkt zum brasilianischen Bibliothekswesen in der zweiten Ausgabe der Bibliothek – Forschung und Praxis in diesem Jahr zurückgehen. Eine andere Einschränkung ist, dass eine nicht geringe Anzahl von Bibliothekar*innen verschiedener Goethe-Institute in der bibliothekarischen Fachpresse im DACH-Raum publizieren (auch, aber nicht nur, vor allem jeweils Überblicke zu Bibliothekswesen des Landes, in dem sie jeweils aktuell arbeiten). Sie arbeiten dann ausserhalb des DACH-Raumes, aber für einen Verein mit Sitz in München und mit einem Fokus auf Deutschland.
Doch selbst dann bewegt sich die Anzahl der Autor*innen aus Ländern, die in der Treemap immerhin sichtbar sind, jeweils im einstelligen oder sehr niedrigen zweistelligen Bereich pro Jahr. Sie veröffentlichen dann im untersuchten Zeitraum in den untersuchten Zeitschriften auch fast immer genau diesen einen Artikel und nicht etwa mehrere.
Festgehalten werden kann also, dass die Bibliothekswesen im DACH-Raum zumindest in ihren Zeitschriften vor allem von Autor*innen aus dem DACH-Raum selber informiert werden. Selbstverständlich können auch diese über andere Länder schreiben – was Thema der nächsten Frage ist –, aber das würde wohl vor allem aus dem Blickwinkel ihrer Erfahrungen aus dem DACH-Raum geschehen.14
4.4 Internationale Themen
Ein Blick in die Daten, welche für die Beantwortung der vierten Frage genutzt werden, bestätigt die Tendenzen, die schon bei den Antworten auf die anderen Fragen sichtbar wurden. Schaut man sich an, welche Länder (und damit oft auch Bibliothekswesen) ausserhalb des DACH-Raumes in den Texten bibliothekarischer Zeitschriften thematisiert werden, zeigt sich, dass schon eine solche Thematisierung an sich eine Seltenheit darstellt. Die jeweils konkrete Anzahl lässt sich in der Tabelle 5 im Anhang finden, aber grundsätzlich werden Themen aus anderen Ländern nur in Ausnahmefällen erwähnt. In den Daten ist die grösste Gruppe Grossbritannien (mit je 16 Erwähnungen in den Jahren 2001 und 2011). Ansonsten bewegt sich die Anzahl im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Bereich. Auch hier gelten die Verzerrungen, welche schon weiter oben angesprochen wurden (vergleiche 4.3): Ein Grossteil dieser Texte erscheint in Schwerpunkten zu einem Land. Ausserdem gibt es eine Anzahl von Texten, die Bibliothekswesen aus mehreren Ländern ansprechen und dabei notwendigerweise skizzenhaft bleiben.15 Eine kontinuierliche Berichterstattung oder gar Diskussion zu Entwicklungen in anderen Ländern existiert nicht.
In Graphik 2 sind diese Erwähnungen auf Weltkarten dargestellt. So wird noch einiges anderes sichtbar. Eine kurze Erklärung zu dieser Darstellung: Auf den drei mit Jahreszahlen bezeichneten Karten sind jeweils die Länder, die in diesem Jahr erwähnt wurde, abgetragen. Je dunkler das Grün, um so mehr Artikel wurden zu dem jeweiligen Land veröffentlicht – aber immer im Verhältnis zu den anderen Ländern.16 Dies sind, wie beschrieben, immer geringe Zahlen.
In der mit «NA» betitelten vierten Karte sind die Länder dargestellt, welche in der bibliothekarischen Literatur, die hier untersucht wurde, in den untersuchten Jahren gar nicht erwähnt wurden. Hier wird sichtbar, dass ein grosser Teil der Welt praktisch nie in den Blick gerät, insbesondere fast der gesamte Kontinent Afrika. Auch die Erwähnungen Ozeaniens oder Mittel- und Südamerikas sind fast immer Ausreisser. Brasilien erscheint 2011 nur wegen des schon genannten Schwerpunktes in der Bibliothek Forschung und Praxis dunkelgrün. Dass Russland 2001 relativ oft thematisiert wurde, ist erklärungsbedürftigt. Teilweise scheint dies auf Kontakte und Interessen von Kolleg*innen zurückzugehen, welche in den 1990er Jahren, nach der politischen Wende in den realsozialistischen Staaten, ein Interesse an der Zusammenarbeit mit Bibliothekar*innen in Russland hatten. Auffällig ist zumindest, dass dieses Interesse 2011 fast nicht mehr vorhanden ist und gleichzeitig auch ein Grossteil der Autor*innen, welche 2001 die betreffenden Artikel geschrieben hatten, dann nicht mehr publizierte.17
Auch der massive Einbruch internationaler Themen 2021 ist auffällig. Man kann vermuten, dass die Covid-19 Pandemie, und damit einhergehend vielleicht eine geringere Reisetätigkeiten oder persönliche Kontakte auf Konferenzen, dabei eine Rolle spielten. Aber es setzt auch eine Entwicklung fort, da 2011 schon weniger Texte zu internationalen Themen publiziert wurden als 2001.
Schlagwort | Anzahl 2001 | Anzahl 2011 | Anzahl 2021 |
---|---|---|---|
International | 10 | 3 | - |
Europa / EU / EU-Projekt | 19 | 3 | 1 |
IFLA / IFLA-Kongress | 18 | 3 | 3 |
Tabelle 3: Entwicklung der Anzahl thematisch passender Schlagworte
Diese Feststellung wird auch durch die Verteilung von Schlagworten, welche einen Bezug zu internationalen Themen haben und die für den Inhalt der Texte vergeben wurden, unterstützt. Diese sind in Tabelle 3 dargestellt. Sichtbar ist, dass diese Begriffe oder die Erwähnung des «Weltbibliotheksverbandes» IFLA schon von 2001 zu 2011 massiv zurückgehen (teilweise wohl, weil der IFLA-Kongress 2003 in Berlin stattfand und deshalb schon 2001 über ihn informiert wurde, aber nicht nur). Gleichzeitig war die Anzahl dieser Artikel auch im Jahr 2001, im Vergleich zu den 1.591, welche für dieses Jahr erfasst wurden, sehr gering.
Zusammengefasst scheint es einen Trend dahin zu geben, dass in der bibliothekarischen Literatur des DACH-Raumes immer weniger über Themen aus anderen Ländern berichtet wird. Dies mag durch die Covid-19 Pandemie im Jahr 2021 verstärkt worden sein, aber ist wohl nicht alleine durch diese zu erklären.
4.5 Weitere relevante Beobachtungen zum Themenfeld
Während des Sammelns der Daten fielen drei weitere Punkte auf, die zum Themenfeld gehören.
Es war auffällig, dass ein Grossteil der Artikel, die sich mit dem französischen und zum Teil dem britischen Bibliothekswesen beschäftigten, von genau einem, äusserst produktiven Autor, Gernot U. Gabel, stammen. Gabel war – zumindest 2001 (14 Artikel) – Bibliothekar an der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, aber auch als Literaturwissenschaftler und Sammler aktiv.18 Er publizierte auch 2011 (9 Artikel) und 2021 (3 Artikel), aber offenbar aus dem Ruhestand heraus (sowie selbstverständlich auch zwischen den in dieser Studie untersuchten Jahren) und mit erkennbar abnehmender Tendenz. 2001 und 2011 fand er sich jeweils unter den 10 Autor*innen mit den meisten Publikationen.19 In praktisch allen diesen Artikeln stellte er entweder einzelne Bibliotheken und deren neuesten Angebote oder aber bibliothekspolitische Entwicklungen vor. In gewisser Weise war er über lange Zeit der Botschafter des französischen Bibliothekswesens im DACH-Raum. Mit dem Rückgang seiner Publikationstätigkeit haben auch die Informationen über Frankreich (und Grossbritannien) in den deutschsprachigen bibliothekarischen Zeitschriften merklich abgenommen. Bislang ist niemand aufgetreten, seine «Funktion» zu übernehmen. Es stellt sich damit die Frage, ob es tatsächlich ein Interesse an diesen Informationen gab oder ob sie auf Vorlieben von Gabel alleine zurückgingen. Immerhin wurden seine Texte von einer grossen Anzahl von Zeitschriften zur Publikation angenommen, können wohl also nicht vollständig als Privatinteresse abgetan werden.
Was sich in den Daten auch zeigt, ist die Abwicklung des Deutschen Bibliotheksinstituts (DBI), welche sich 2001 noch hinzog. Das Institut war offiziell 2000 geschlossen worden, aber befand sich 2001 noch in einer Übergangsphase, in der es als «Ehemaliges Deutsches Bibliotheksinstitut (EDBI)» auftrat. Das Bibliothekswesen war 2001 noch damit beschäftigt, Aufgaben, die das Institut übernommen hatte, auf andere Strukturen zu verteilen.20 Das DBI hatte eine eigene «Bibliothekarische Auslandsstelle» unterhalten, die sowohl die internationale Zusammenarbeit förderte und Kontakte pflegte, als auch über Entwicklungen im Ausland berichtete. Diese ging 2001 in die Kommission Bibliothek Information International (BII) des Verbandes Bibliothek & Information International über, welche weiterhin besteht.21 Zumindest in Bezug auf die Publikationstätigkeiten kann man aber feststellen, dass die gerade aufgelöste beziehungsweise in neue Strukturen überführte Stelle des ehemaligen DBI – sowohl als Struktur als auch Einzelpersonen aus der Stelle – deutlich aktiver war, als dann 2011 und 2021 das BII.22 Dies scheint sich sowohl auf die Zahl der Erwähnungen internationaler Themen als auch deren Diversität ausgewirkt zu haben.
Erstaunlicherweise finden sich in den Daten, die hier ausgewertet wurden, gleich zwei Artikel, die sich – entgegen dem Trend zu immer weniger internationalen Themen in bibliothekarische Publikationen im DACH-Raum – mit dem Thema «Vergleichende Bibliothekswissenschaft» auseinandersetzen. Einer von Jürgen Freitag, ehemaliger Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin und einer von Haike Meinhardt, Professorin am Institut für Informationswissenschaft an der TH Köln.23 Sie stammen also beide aus der Forschung und besprechen beide notwendige Vorbedingungen für eine Bibliothekswissenschaft, die faire und erkenntnisfördernde Vergleiche zwischen den Bibliothekswesen verschiedener Länder durchführen soll. Erstaunlicherweise bezieht sich Meinhard nicht auf Freytag, was allerdings auch daran liegen kann, dass dieser – er begann seine Karriere in der DDR und wurde, wie er in seiner Vita explizit anmerkt, in den 1990er Jahren vor dem normalen Ende dieser Karriere entlassen – aus politischen Gründen für sie als Persona Non Grata galt. Auffällig ist zumindest, dass an diese Arbeiten, soweit ersichtlich ist, nicht weiter angeschlossen wurde. Eine «Vergleichende Bibliothekswissenschaft» hat sich im DACH-Raum nicht etabliert, vielmehr scheinen die Möglichkeiten dafür sogar weiter zurückgegangen zu sein.
5. Fazit
Die Daten, welche hier dargestellt wurden, zeigen, dass die bibliothekarischen Fachzeitschriften im DACH-Raum zumindest in den untersuchten Jahren – und darüber vermittelt wohl auch grosse Teile des Bibliothekswesens, aus welchem und für welches diese Zeitschriften publiziert werden – vor allem mit Themen des jeweils eigenen Landes beschäftigt sind. Sie spiegeln auch nicht die gelebte sprachliche Diversität im DACH-Raum wider, sondern sind fast durchgängig in Deutsch (oder im geringen Masse in der Schweiz in zwei anderen Landessprachen) verfasst. Es scheint zudem eine Tendenz zu immer weniger Interesse an internationalen Themen zu existieren. Die wenigen Erwähnungen von Entwicklungen in Bibliothekswesen aus anderen Ländern heisst auch, dass Bibliothekar*innen, wenn überhaupt, nur kurze Einblicke oder Überblicke zu diesen erhalten. Sicherlich, dies wäre ein mögliches Thema für eine weitere Studie, können sie sich auch auf anderen Wegen über andere Bibliothekswesen informieren.24 Aber ausgehend von den Fachzeitschriften kann man festhalten, dass die Bibliothekswesen im DACH-Raum – also sowohl die Bibliotheken, Bibliotheksverbände, bibliothekarischen Infrastrukturen wie Verbünde und so weiter als Institutionen, als auch die Bibliothekar*innen, Bibliotheksleiter*innen, Forschenden an betreffenden Hochschulen und so weiter als Einzelpersonen – fast nur über Entwicklungen, Diskussionen, Problemen und Lösungen im DACH-Raum selber informiert sind. Und auch dort wohl vor allem über das eigene Land.
Dies soll nicht als Kritik verstanden werden, sondern als Feststellung einer Situation.25 Die Bibliothekswesen im DACH-Raum sollten die Situation diskutieren, anstatt zum Beispiel einfach eine Forderung nach mehr Internationalisierung aufzustellen. Gefragt werden sollte eher: Was sind ihre Auswirkungen? Was vergeben sich die Bibliothekswesen im DACH-Raum, wenn sie sich nicht regelmässig mit anderen Ländern beschäftigen und wenn sie fast nur in Deutsch publizieren?
Selbstverständlich wäre so eine Beschäftigung mit «anderen Bibliothekswesen» an sich interessant, aber es müsste kein Selbstzweck sein. Ein Vorteil, sich mit anderen Bibliothekswesen intensiv zu beschäftigen – und nicht nur im Überblick oder auf ausgewählte Beispiele wie die jeweils neu gebauten «Vorzeigebibliotheken» konzentriert – wäre wohl, dass man auch einen anderen Blick auf die eigene Situation, das eigene Denken und Handeln gewinnen würde. Insbesondere den Einfluss des Kontextes ausserhalb von Bibliotheken auf die Entwicklung des Bibliothekswesens anderswo wahrzunehmen, würde wohl helfen, auch mehr über den Zusammenhang von Kontext und Bibliothekswesen im eigenen Land zu verstehen. Es würde auch das Nachdenken über mögliche andere Ansätze für bestimmte Entwicklungen und Probleme fördern, da es wohl motivieren würde, gedanklich von eingespielten oder als praktisch alternativlos angesehenen Pfaden abzugehen.
Zusätzlich wäre es, wenn regelmässiger über andere Bibliothekswesen berichtet würde, auch schwieriger, ein ausgesuchtes Beispiel aus einem Land ausserhalb des DACH-Raumes – zumeist den Neubau einer Bibliothek in einem skandinavischen Land – einfach als anzustrebende Zukunft für das deutsche, schweizerische oder österreichische Bibliothekswesen darzustellen. Es wäre bei Kolleg*innen dann wohl mehr Wissen darüber vorhanden, dass solche Beispiele immer in einen grösseren Kontext eingebunden sind.
Ein Argument für das Vorherrschen des Schriftdeutschen wird vermutlich sein, dass dieses weithin im gesamten DACH-Raum verstanden wird. Man kann es aber auch als Barriere interpretieren. Nicht nur Menschen, die an sich in ihrem Alltag mit anderen Hauptsprachen als dem Deutschen leben, sondern zum Beispiel auch solche, die eher andere Formen des Deutschen – regionale und länderspezifische Formen, Dialekte, Soziolekte – als Alltagssprache benutzen, können durch das Vorherrschen des Schriftdeutschen davon abgehalten werden, sich in den bibliothekarischen Publikationen zu äussern. Insbesondere, wenn man möchte – und das sollte ein Ziel sein – dass nicht nur Personen mit einer hohen Bildung und relativ hohen Positionen in den Leitungsebene sich äussern, die den ständigen Wechsel zwischen Sprachebenen und Sprachen durch ihre beruflichen Stellung eher gewohnt sind, sollte man dies zumindest als Hindernis wahrnehmen.26
Eine Frage, die auch wieder eine andere Studie benötigen würde, ist, warum die Situation überhaupt so ist, wie sie ist. Grundsätzlich wird im Bibliothekswesen im DACH-Raum seit einigen Jahren das Prinzip der Diversität hochgehalten – mehrere Zeitschriften haben ini den letzten Jahren dazu sogar eigene Schwerpunkte veröffentlicht – und sich zum Beispiel aktiv gegen politische Entwicklung gewandt, die sich auf nationale Rahmen zurückziehen und innerhalb von Nationen möglichst normierte Gesellschaften formen wollen. Und gleichzeitig scheinen die Fachzeitschriften selber thematisch immer weniger divers, zumindest bezogen auf internationale Themen, und auch durch den Sprachgebrauch erstaunlich wenig offen. Wird hier einfach der eigene politische Anspruch nicht gelebt oder gibt es dafür andere Gründe? Dies lässt sich mit der Auswertung der hier präsentierten Daten nicht klären, sondern sollte Thema von Diskussionen in den Bibliothekswesen des DACH-Raumes werden.
Anhang
Land | Anzahl 2001 | Anzahl 2011 | Anzahl 2021 |
---|---|---|---|
Deutschland | 1233 | 1003 | 1209 |
Schweiz | 120 | 62 | 175 |
Österreich | 145 | 153 | 108 |
USA | 9 | 10 | 6 |
Niederlande | 3 | 4 | 4 |
Grossbritannien | 5 | 4 | 3 |
Kanada | - | 1 | 2 |
Dänemark | 3 | 2 | 2 |
Tschechien | - | - | 1 |
Norwegen | - | 1 | 1 |
Finnland | - | 4 | 1 |
Brasilien | - | 11 | 1 |
Bosnien und Herzegowina | - | - | 1 |
Venezuela | - | 1 | - |
Ungarn | 2 | - | - |
Türkei | 1 | - | - |
Südafrika | - | 1 | - |
Spanien | - | 1 | - |
Schweden | - | 1 | - |
Russland | 6 | - | - |
Portugal | 1 | - | - |
Polen | 2 | 1 | - |
Mongolei | - | 1 | - |
Mexiko | 2 | 1 | - |
Luxemburg | 1 | - | - |
Lettland | 1 | - | - |
Kroatien | 3 | - | - |
Kolumbien | - | 1 | - |
Jordanien | 1 | - | - |
Italien | 1 | 2 | - |
Island | - | 2 | - |
Iran | - | 1 | - |
Indonesien | - | 2 | - |
Frankreich | 5 | 4 | - |
China | - | 2 | - |
Chile | - | 2 | - |
Belgien | - | 1 | - |
Tabelle 4: Arbeitsländer der Autor*innen (geordnet nach der Anzahl 2021)
Land | Anzahl 2001 | Anzahl 2011 | Anzahl 2021 |
---|---|---|---|
Afghanistan | - | - | 1 |
Aotearoa Neuseeland | 1 | 1 | - |
Australien | 1 | - | - |
Belgien | 1 | 2 | - |
Bolivien | 1 | - | - |
Bosnien und Herzegowina | - | 1 | - |
Brasilien | - | 10 | - |
Chile | - | 2 | - |
China | 1 | 3 | - |
Dänemark | 3 | 2 | 1 |
Dominikanische Republik | - | 1 | - |
El Salvador | - | 1 | - |
Estland | 1 | - | - |
Fiji | - | 1 | - |
Finnland | 4 | 2 | - |
Frankreich | 8 | 6 | 1 |
Griechenland | 2 | - | - |
Grossbritannien | 16 | 16 | 2 |
Guatemala | - | 1 | - |
Indien | - | 1 | - |
Irland | 1 | 1 | - |
Island | - | 13 | - |
Israel | 1 | - | - |
Italien | 3 | 1 | - |
Japan | 1 | - | - |
Jordanien | 1 | - | - |
Kanada | 3 | - | 1 |
Kolumbien | 1 | - | - |
Kolumbien | - | 1 | - |
Kroatien | 4 | - | - |
Kuba | 4 | 1 | - |
Luxemburg | 1 | 1 | 1 |
Malaysia | - | 1 | - |
Malta | 1 | - | - |
Nicaragua | - | 1 | - |
Niederlande | 2 | 1 | - |
Norwegen | 1 | 1 | 1 |
Panama | - | 1 | - |
Peru | - | 1 | - |
Polen | 3 | - | 1 |
Portugal | 1 | - | - |
Puerto Rico | - | 1 | - |
Russland | 10 | 1 | - |
Samoa | - | 1 | - |
Schweden | 3 | 1 | - |
Singapur | 1 | 1 | 1 |
Slowakei | 1 | - | - |
Spanien | - | 1 | - |
Sri Lanka | - | 1 | - |
Südafrika | - | 1 | - |
Tschechien | 2 | - | - |
Türkei | - | 1 | - |
Ungarn | 3 | - | - |
USA | 10 | 10 | 1 |
Vatikanstadt | - | 1 | - |
Venezuela | - | 1 | - |
Tabelle 5: Länder ausserhalb des DACH-Raumes, die in Artikeln thematisiert wurden
Einzuschränken ist, dass mit Liechtenstein das vierte Land des DACH-Raumes in den Daten vollständig fehlt. Es gab dort offenbar im untersuchten Zeitraum keine eigenen bibliothekarischen Zeitschriften, es kam aber auch als Thema oder Arbeitsort der Autor*innen nicht in den Zeitschriften der anderen DACH-Länder vor. Ebenso fehlen als Publikationsort der untersuchten Zeitschriften Südtirol und die deutsche Gemeinschaft in Belgien, die teilweise zum DACH-Raum hinzugezählt werden.↩︎
Schuldt, Karsten (2022). Entwicklung bibliothekarischen Zeitschriften, DACH-Raum, 2001, 2011, 2021. (Datensatz). https://doi.org/10.5281/zenodo.7092582.↩︎
Verstanden als Regionen, in denen, bei allen anderen kulturellen Unterschieden, die gleiche Sprache vorherrscht. Dies ist selbstverständlich ein vereinfachtes Verständnis von Sprachräumen, die zum Beispiel über Fragen der unterschiedlichen Entwicklungen der jeweiligen Sprache in unterschiedlichen Ländern und Regionen hinweggeht.↩︎
Konkret waren dies die Bibliothek der Fachhochschule Graubünden (hinter der insbesondere für elektronische Zeitschriften auch das Konsortium der Schweizerischen Hochschulbibliotheken steht) sowie die Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz – Berlin, die Zentrale Landesbibliothek Berlin, die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (Berlin) sowie die Deutsche Nationalbibliothek (Leipzig). Ohne der dort von den Bibliothekar*innen geleistete Arbeit wäre diese Studie nicht möglich gewesen.↩︎
Während dieser Studie wurde erfahrbar, dass auch die Daten der ZDB oder in Swisscovery nicht vollständig oder perfekt sind. Sie waren eine unermessliche Hilfe, aber dennoch sind dem Autor auch mehrfach falsche Datensätze untergekommen, beispielsweise von Zeitschriften, die offenbar schon lange eingestellt sind, aber laut ZDB noch immer erscheinen; von Beständen, die in bestimmten Bibliotheken stehen sollten, aber dort leider unauffindbar sind (obwohl sich in allen diesen Bibliotheken zahlreiche Bibliothekar*innen dankenswerterweise spontan auf die Suche nach ihnen machten), von Jahrgängen, die entgegen der Angaben in der ZDB einfach nie erschienen sind oder auch von Zeitschriften, die elektronisch vorliegen sollten, sich aber – auch zum Beispiel im Internet Archive – nicht mehr finden liessen.↩︎
Vergleich Fussnote 2.↩︎
Alle diese existieren nur gedruckt und liegen heute meist nur in einer Bibliothek im DACH-Raum vor. Aufgezählt werden sie in der «readme.txt»-Datei im oben genannten Datensatz (vergleiche Fussnote 2).↩︎
Die auffällige Entwicklung der Anzahl von Artikeln (Rückgang 2011, Anstieg 2021) wird Thema eines anderen Textes sein. Zurückzuführen ist sie aber hauptsächlich darauf, dass zwischen 2001 und 2011 zahlreiche lokal orientierte oder auf Teilaspekte des Bibliothekswesen fokussierte Zeitschriften eingestellt und dass zwischen 2011 und 2021 eine ganze Anzahl von neuen Diamond Open Access Zeitschriften gegründet wurden.↩︎
Dies entspricht grundsätzlich einer schweizerischen Eigenheit, die auch zum Beispiel für Texte von Bundesbehörden bekannt ist: Texte, die als sehr wichtig angesehen werden, werden gleichzeitig in Deutsch und mindestens einer weiteren Landessprache zugleich publiziert, andere tendenziell eher in nur einer.↩︎
Wobei diese Barrieren unterschiedlich sind, je nachdem, ob das Deutsche eine erlernte Zweitsprache ist oder aber zu einer der normalerweise gesprochenen Sprachen gehört und selbstverständlich auch von subjektiven Sprachfähigkeiten abhängt.↩︎
Hier soll kurz erwähnt werden, dass es in der Studie darum ging, überhaupt einmal die Situation zu untersuchen. Es wäre leicht möglich, die Bewertungen des Autors als Kritik an den Redaktionen der bibliothekarischen Zeitschriften zu deuten, aber das ist nicht das Ziel. Nicht zuletzt ist der Autor selber Teil einer solchen Redaktion einer Zeitschrift, die zum Beispiel in Sachen Sprachenvielfalt auch nicht anders abschneidet, als andereuntersuchte Zeitschriften.↩︎
Dies kann zum Beispiel auch Ergebnis der Entscheidung von Redaktionen sein. Es war aber keine in dieser Studie untersuchte Frage. Relevant ist hier nur, dass einem grossen Teil der Autor*innen kein Arbeitsland zugeordnet werden konnte.↩︎
Dies gilt allerdings nicht für alle Redaktionsmitglieder. Es gibt mehrere Fälle, in denen Redaktionsmitglieder in einem anderen Land arbeiten als den Sitz der herausgebenden Körperschaft. (Der Autor dieses Artikels ist dafür nur ein Beispiel, aber schon in dem Institut, in dem er tätig ist, gibt und gab es mehr Personen, für die dies ebenso gilt.) Der Grad der Diversität dieser Redaktionen wäre eine mögliche Frage für eine weitergehende Studie.↩︎
Auch hier liessen sich gegenteilige Beispiele konstruieren. Beispielsweise könnten Autor*innen aus einem anderen Land in den DACH-Raum eingewandert und dann ihre Erfahrungen, vielleicht auch Kontakte, aus anderen Ländern mitgebracht haben. Oder sie könnten zum Beispiel aus dem DACH-Raum stammen, ihre Abschlussarbeiten in einem anderen Land über dortige bibliothekarische Themen erarbeitet haben und diese jetzt, wieder zurück im DACH-Raum, vorstellen. Das ist selbstverständlich schwer festzustellen. Man müsste dafür die Biographien aller Autor*innen recherchieren. Aber zumindest von dem, was in den Publikationen selber sichtbar ist, scheint es in den Jahren 2001, 2011, 2021 solche Beispiele real praktisch nicht gegeben zu haben.↩︎
Beispielsweise im Titel schon sichtbar bei: Schwarz, Helga (2011). Unter dem Kreuz des Südens: Samoa, Fidschi, Neuseeland, Singapur, Malaysia: Ein bibliothekarischer Streifzug durch exotische Länder, Inseln und Städte. In: BuB: Forum für Bibliothek und Information (2001) 5: 391-397.↩︎
Integriert sind in diesen Karten auch Texte, die sich explizit auf nationale Bibliothekswesen im DACH-Raum bezogen.↩︎
Eine mögliche Frage für eine weitere Studie wäre, warum Bibliothekar*innen aufhören, zu publizieren. Es ist leicht möglich, sich eine Anzahl von Gründen – beispielsweise den Renteneintritt, Stellenwechsel, ein Wechsel der Profession an sich, ein nachlassendes Interesse oder mangelnde Unterstützung von Arbeitsstellen oder Kolleg*innen – postulieren, aber nicht aus den hier vorliegenden Daten herauslesen.↩︎
Es existiert heute eine «Sammlung Gernot Uwe Gabel» an dieser Bibliothek, die aus von ihm gespendeten, privaten Beständen besteht. https://www.ub.uni-koeln.de/sammlungen/gabel/index_ger.html↩︎
Eine Liste mit der Anzahl von Texten pro Autor*innen pro Jahr findet sich im oben genannten Datensatz zur Studie.↩︎
Vgl. Flemming, Arend (2001). Abwicklung und Neukonzeption der zentralen Koordinations- und Serviceaufgaben im deutschen Bibliothekswesen. In: Bibliotheksdienst (2001) 9: 1107-1116. Anonym (2001). (E)DBI-Publikationen: Vertrieb durch ZLB. In Bibliotheksdienst (2001) 9: 203-204. Schwarz, Helga (2017). Das Deutsche Bibliotheksinstitut: im Spannungsfeld zwischen Auftrag und politischen Interessen. Berlin: BibSpider Verlag, 2017.↩︎
Beispielsweise: Lang, Ulrike (2001). Bericht der Bibliothekarischen Auslandsstelle. In: Bibliotheksdienst (2001) 1: 14–16.↩︎
Freytag, Jürgen (2001). Nachholbedarf für Deutschland: Überlegungen zu einer Vergleichenden Bibliotheks- und Informationswissenschaft (VBIW). In: BuB: Forum für Bibliothek und Information (2001) 9: 582-585. Meinhard, Haike (2011). Vergleichende internationale Bibliothekswissenschaft: Eine Annäherung. In: BuB: Forum für Bibliothek und Information (2011) 5: 386–391.↩︎
Vermutet werden könnte, dass dies heute sogar einfach möglich wäre, weil viele bibliothekarische Publikationen elektronisch und als Open Access veröffentlicht werden. Die hier benutzten Daten zeigen aber auch, dass dies im DACH-Raum erstaunlich oft nicht stimmt. Weiterhin werden viele Zeitschriften nur gedruckt publiziert, insbesondere lokal orientierte. Zudem werden auch bibliothekarische Zeitschriften nicht immer im Open Access oder nur auf dem Grünen Weg mit einer Embargofrist zugänglich gemacht. Wenn dies auch für die Bibliothekswesen in anderen Ländern gilt, dann würde dies heissen, das viele Zeitschriften, die sich mit lokalen Entwicklungen beispielsweise in Provinzen einzelner Länder beschäftigen, im DACH-Raum nur mit grösserem Aufwand verfügbar wären. (Dies gilt aber schon für den DACH-Raum selbst. Zum Beispiel ist die bibliosuisse info laut ZDB nur in zwei deutschen und keiner österreichischen Wissenschaftlichen Bibliothek überhaupt vorhanden. Für die elektronische Publikation hat sie ein Embargo von 12 Monaten. Insoweit ist es schwer vorstellbar, dass zum Beispiel Kolleg*innen in Graz zeitnah wahrnehmen werden, was in dieser besprochen wird.)↩︎
Ansonsten wäre es zynisch, dass auch dieser Text in «Schriftdeutsch» verfasst wurde, obwohl der Autor auch einen Dialekt oder aber eine andere Sprache hätte wählen können.↩︎
Wobei nicht verschwiegen werden sollte, dass zum Beispiel ein Grossteil der bibliothekarisch / bibliothekswissenschaftlichen Open Access Zeitschriften im DACH-Raum in den letzten Jahren explizit Beiträge in verschiedenen länderspezifischen Formen des Deutschen publiziert haben. Aber auch dies muss teilweise von den Redaktionen gefördert werden und wird nicht unbedingt von Reviewenden getragen. In der persönlicher Erfahrung des Autors ist es nicht ungewöhnlich, Reviews zu erhalten, die auf eine Anpassung von Helvetismen bestehen, und dazu eine Anmerkung der Redaktion, dass dies «selbstverständlich» nicht notwendig wäre.↩︎
Karsten Schuldt, Dr., Wissenschaftlicher Projektleiter am Schweizerischen Institut für Informationswissenschaft, FH Graubünden. Lebt und arbeitet in Chur, Lausanne und Berlin.