Rückblick
Die Initiative Libraries4Future (L4F) wurde im Sommer 2019 gemeinsam von Vertreter*innen des Netzwerks Grüne Bibliothek und des LIBREAS-Vereins gegründet. Mit Gründung der Initiative wurden Grundsätze formuliert, die es für Einzelpersonen und/oder Bildungseinrichtungen ermöglicht, sich in punkto Umwelt- und Klimaschutz zu positionieren. Die Grundsätze wurden auf der gleichzeitig gelaunchten Webseite (http://www.libraries4future.org) veröffentlicht, kurz zuvor wurde bereits der Twitter-Account aktiviert (@Libraries4F). Die Liste der Unterzeichner*innen wuchs rasch (https://libraries4future.org/liste-der-unterzeichner/).
Von Anfang an bemühten wir uns um den Aufbau als internationale Initiative. Die Grundsätze wurden in viele verschiedene Sprachen übersetzt und auf der Webseite veröffentlicht. Inzwischen gibt es sie in 18 Sprachversionen. Ähnlich wie bei den FridaysForFuture-Bewegungen gelang es uns als Ortsgruppe Berlin
gemeinsame Treffpunkte vor Berliner Bibliotheken zu benennen und gemeinsam zu den Klimastreikdemonstrationen zu gehen. Auf der Webseite wurde zudem ein Blog eingerichtet, der über weltweite Demonstrationen von Bibliotheksmitarbeiter*innen und Menschen im Umfeld von Bibliotheken und Libraries4Future berichtet.
Best Practice – Das Museum und die Bibliothek des Naturkundemuseums Berlin
Das Museum für Naturkunde in Berlin sowie die Bibliothek liegen nah am Invalidenpark, dem festen Treffpunkt und Protestort für die FridaysForFuture-Demonstrationen in Berlin. Museums- und Bibliotheksmitarbeitende haben aktiv Kontakt aufgenommen zu den FFF-Gruppen, um einen engeren Austausch mit Forschenden und Aktivist*innen zu den gemeinsamen Themen Biodiversität, Artensterben und Klimawandel zu ermöglichen. Treffpunkt ist das sogenannte Experimentierfeld.
Jeden Freitag ab 14 Uhr und im Anschluss an die FridaysForFuture-Demonstrationen lädt das Museum für Naturkunde zum Austausch mit WissenschaftlerInnen des Museums sowie anderer wissenschaftlicher Institute ein. In den ersten Monaten fanden diese Dialoge jeweils an Thementischen statt, an denen unterschiedliche Probleme und Lösungen im Kontext des Klima- und Umweltschutzes adressiert und gemeinsam mit den SchülerInnen und Studierenden weitergedacht wurden.(Museum für Naturkunde Berlin, S. 14)
Schüler*innen Berlins erhielten zudem freitags am Nachmittag freien Eintritt in das Museum. In den Räumlichkeiten des Experimentierfelds finden Workshops und weitere Austauschformate in engem Kontakt zu Wissenschaftler*innen statt.
Dieses Beispiel zeigt anschaulich, wie Bildungseinrichtungen Austauschforum und Begegnungsort sein können. So geht gesellschaftlicher Diskurs!
Libraries4Future in Zeiten von Corona
Dann kam das Jahr 2020 und die Corona-Pandemie bringt seitdem das Leben vielerorts zum regelrechten Stillstand. Initiativen benötigen Zeitressourcen, Austausch, Ideen und Engagement, um Lebendigkeit und Tatkraft nicht zu verlieren. Dies war und ist aktuell in Zeiten von Corona um vieles schwerer. Im Mai 2020 versuchten wir virtuell weiterhin durch Partizipation und Vernetzung L4F sichtbarer zu machen. In Zusammenarbeit mit dem Team von morgen
bot sich im Sommer 2020 eine wunderbare Möglichkeit, virtuell aktiv zu werden.
Die Karte von morgen ist eine interaktive Onlineplattform für Initiativen des Wandels und für nachhaltige Unternehmen.(von morgen 2020) Die AktionKarte von Morgenrief auf zu einem Mapathon-Wochenende. Die Mission dahinter:Durch das Kartieren, Verbinden und Verbreiten zukunftsweisender Entwicklungen, geben wir Orientierung für gemeinwohlorientiertes Leben und Wirtschaften.(von morgen 2020)
Die virtuellen Begegnungen der unterschiedlichen ForFuture-Bewegungen waren spannend. Zugleich ist es ein wichtiges, verbindendes Gefühl zu wissen, wie viele Menschen sich trotz der Pandemie-Situation zusammenfinden und die universelle Dringlichkeit von Umwelt- und Klimaschutz nicht aus den Augen verlieren. An der ein oder anderen Reaktion war jedoch auch abzulesen, dass es eher verwunderte: Bibliotheken positionieren sich im Klima- und Ressourcenschutz? Bibliotheken kennen die Nachhaltigkeitsziele und die Agenda 2030 und richten ihre Arbeit und ihr Handeln danach aus?
So wurde bei der Kartierungsaktion hier wichtige Aufklärungsarbeit geleistet und alle Bibliotheken auf der Unterzeichnerliste wurden in die virtuelle Karte eingetragen. L4F fordert in seinen Grundsätzen unter anderem den gesellschaftlichen Diskurs und Austausch. In der Karte von morgen
finden sich unzählige potenzielle Partner für Bibliotheken, um diesen Austausch und auch zukünftige Partnerschaften und Vernetzungen zu realisieren. Die Visualisierung macht eine schnelle regionale Suche sehr einfach: Gibt es für meine Bibliothek eine NGO, eine Initiative, ein Verein mit dem ich vielleicht die nächste Veranstaltung zum Thema Nachhaltigkeit, Regionalität, Gleichstellung, Mobilität in meiner Stadt/Gemeinde, biologische Vielfalt et cetera anfragen kann? Die Zielsetzungen sind nahezu übereinstimmend: Eine lebenswerte Zukunft für alle Menschen weltweit unter Beachtung von intra- und intergenerationeller Gerechtigkeit. Umweltbildung, Bereitstellung von Fakten und Bildungsangebote, um die globalen Zusammenhänge unseres Welt(öko)systems zu verstehen, ist und soll eine wichtige Aufgabe von Bibliotheken sein.
Diese Aufgabe richtet sich nicht nur an die Nutzer*innen von Bibliotheken. Das eigene Team in der Bibliothek sollte offen über die Mehrdimensionalität von Nachhaltigkeit nachdenken, darüber diskutieren und gleichzeitig anhand der Grundsätze von L4F Leitbilder, Ziele und Taten folgen lassen. Neben der bestehenden Komplexität zum Thema Nachhaltigkeit sind die fünf Grundsätze von L4F eine erste Orientierung für Menschen in Bibliotheken. Die Überlegungen als Akteur*innen sind vielschichtig: Wie realisieren wir ressourcenschonendes Arbeiten, klimafreundliche Mobilität zur und von der Arbeit, Kooperation mit regionalen Partner*innen und die Umsetzung von Bildung für nachhaltige Entwicklung für die Zielgruppen in der jeweiligen Einrichtung? Dies sind erste Ansätze, die sich aus den Grundsätzen heraus ergeben und die es zu beantworten gilt. Das direkte Handeln gelingt, wenn systemische Voraussetzungen geschaffen und wenn gleiche Ziele und Werte von Allen getragen werden. Die eigene Überzeugung, die intrinsische Motivation einzelner Personen spielen eine bedeutende Rolle, um im Team einer Bibliothek Bewusstsein zu schaffen für eine gemeinsame Rolle als Akteur*in im Umwelt- und Klimaschutz. Gemeinsame Ziele und Werte schaffen dafür eine gute Voraussetzung:
Werte sind die Kerne intrinsischer Motivation, also der Persönlichkeit. Für die nachhaltige Entwicklung besonders bedeutsam, da sie generationsübergreifend sind, bilden sie auch in neuen, unvorhersehbaren Situationen eine Richtschnur für das Handeln.(Ibisch et al. 2018, S. 105)
Best Practice: Bibliothekssystem der Freien Universität Berlin
An der Freien Universität Berlin entwickelten sich gemeinsame Werte im Zusammenhang mit einer strategischen Neuentwicklung für das gesamte Bibliothekssystem. Bei diesem partizipativen Prozess kam es neben der Entwicklung von Vision, Mission und Leitbild zu einem Werteverständnis, bei dem Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle einnimmt.
Über den Winter 2020 wurde an der Freien Universität Berlin erstmalig eine Strategie für das gesamte Bibliothekssystem, bestehend aus der Universitätsbibliothek, den Fachbereichsbibliotheken, dem Center für Digitale Systeme und dem Universitätsarchiv entwickelt.1 In einem umfassenden Mitgestaltungsprozess wurden erste Entwürfe für die Strategie mit vielen Kolleg*innen besprochen und in einem Workshop Ende Januar mit mehr als 70 Personen überarbeitet. Hier wurde deutlich, dass sich die Mitarbeitenden eine explizite Benennung des Nachhaltigkeitsthemas in der strategischen Ausrichtung unserer Arbeit wünschen. Als einer von sieben Werten, die unsere Zusammenarbeit leiten sollen, wurde deswegen Nachhaltigkeit und Verantwortung
festgeschrieben: Wir nehmen unsere Verpflichtung gegenüber den zukünftigen Generationen wahr. Deswegen prüfen wir unsere Entscheidungen stets auf ihre Nachhaltigkeit im ökologischen, ökonomischen und sozialen Sinn und richten unser Handeln entsprechend verantwortungsbewusst aus.
Trotz der erschwerten Bedingungen durch die Pandemie haben wir seitdem einiges in Bewegung gebracht: Eine Arbeitsgruppe hat in Kooperation mit der Stabsstelle Nachhaltigkeit und Energie
der Freien Universität ein Konzept entwickelt, um das Thema Nachhaltigkeit in allen Teilen des Bibliothekssystems zu verankern. Den Auftakt dazu bildete ein virtueller Workshop im August 2020, an dem mehr als 50 Kolleg*innen teilgenommen haben. Hier haben wir grundlegende Aspekte der Nachhaltigkeitsarbeit vorgestellt, die Interessen der Teilnehmenden dokumentiert und werden nun Vertiefungsthemen wie Nachhaltige Mobilität
oder Nachhaltigkeit in der Büroausstattung
in konkrete Handlungsansätze ausarbeiten.
Dieser Prozess wird sich bis ins Jahr 2021 ziehen, gelebt
werden die Werte bereits. Bewusstseinsbildung und Transparenz über ressourcensparendes Arbeiten und die Verantwortlichkeit im eigenen Handeln gilt es zu stärken.
Die fünf Grundsätze von L4F sind hierbei nicht nur Orientierung, sondern machen sehr deutlich, wie Haltung und Handlung ineinander gehen können und müssen.
Libraries4Future – wie geht es weiter?
Die Libraries4Future-Initiative wird bisher nur von sehr wenigen Menschen aktiv getragen, was die Arbeit sehr stark beeinträchtigt. Das ist problematisch, da sie in Zukunft stärker und sichtbarer werden muss, um besser als Ansprechpartner*in und als Akteur*in zur Verfügung zu stehen und lokale Initiativen unterstützen zu können.
Um stärker und sichtbarer zu werden, ist vor allem der Aufbau von Kooperationen mit anderen Initiativen innerhalb und außerhalb von Bibliotheken geplant. Etwas erschwert wird dieses Ziel durch das immer noch vorherrschende Image von Bibliotheken, dass sich dort alles ‚nur um das Buch’ dreht.
Ganz im Sinne der 4Future-Bewegung
soll die Libraries4Future-Initiative von Regionalgruppen getragen werden, die sich noch organisieren müssen. Damit soll vor allem dem Aspekt Rechnung getragen werden, dass die Voraussetzungen sowie die Ziele lokal sehr unterschiedlich sein können und nur lokal angegangen werden können. Startpunkte für regionale Gruppen können zum Beispiel lokale Barcamps sein, die von Libraries4Future organisiert werden. Oftmals ist erst die direkte Begegnung der Zündfunke Kooperationen und Initiativen zu starten!
Gleichzeitig soll es der Libraries4Future-Initiative aber auch ermöglichen, durch verschiedene regionale Gruppen, globaler zu agieren und mehr Kraft zu entfalten.
Damit wir gemeinsam diese Ziele erreichen können, brauchen wir Unterstützung! Helft uns, unseren Blog mit Leben zu füllen und unser Mailpostfach zu betreuen! Helft uns, Netzwerke mit anderen Gruppen aufzubauen! Helft uns, Ortsgruppen zu gründen! Libraries4Future steht erst am Anfang seiner Entwicklung. Wir brauchen jede helfende Hand, um weiter vorwärts zu kommen!
Deswegen:
- unterstützt die Libraries4Future-Initiative,
- helft uns, gemeinsam stärker zu werden,
- helft uns, die Grundsätze von Libraries4Future auch in der eigenen Bibliothek umzusetzen,
- helft uns, Bibliotheken zu Akteur*innen für Klimagerechtigkeit werden zu lassen!
Bei Interesse bitte einfach eine Mail an:
info@libraries4future.org
Literaturverzeichnis
Ibisch, Pierre L.; Molitor, Heike; Conrad, Alexander; Walk, Heike; Mihotovic, Vanja; Geyer, Juliane (Hg.) (2018): Der Mensch im globalen Ökosystem. Eine Einführung in die nachhaltige Entwicklung. Unter Mitarbeit von Michael Succow und Marlehn Thieme. Gesellschaft für Ökologische Kommunikation mbH. München: oekom.
Museum für Naturkunde Berlin: Dialog im Forschungsmuseum 2019. DOI: https://doi.org/10.7479/rpkp-ht60.
von morgen (2020): von morgen - Alles Gute auf einer Karte - von morgen. Online verfügbar unter http://blog.vonmorgen.org/, zuletzt aktualisiert am 20.09.2020, zuletzt geprüft am 20.09.2020.
Mehr Informationen zum Change-Projekt finden Sie auf den Webseiten der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin: https://www.fu-berlin.de/sites/ub/ueber-uns/wandel/index.html.↩︎
Janet Wagner ist Mit-Initiatorin von Libraries4Future, aktiv im Netzwerk Grüne Bibliothek und Bibliothekarin an der Philologischen Bibliothek der Freien Universität Berlin.
Tim Schumann ist Mit-Initiator von Libraries4Future, aktiv im Netzwerk Grüne Bibliothek und leitet die Heinrich-Böll-Bibliothek in Berlin.
Christina Riesenweber ist Projektmanagerin beim Projekt Organisationsentwicklung in der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin (https://www.fu-berlin.de/sites/ub/ueber-uns/team/riesenweber/index.html)