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Learning Cities

Ende der 1990er waren die Bibliotheken der Stadt Hume bei Melbourne, Australien, unter den ersten, die Lernort, Bildungskooperationen und Stadtentwicklung in einem Konzept und zum Wohle der Bürger gedacht haben. Heute ist Hume unter den „Lernenden Städten” der UNESCO oder den lokalen Bildungsnetzwerken nicht mehr allein. Solche lokalen Netzwerke wollen die Stärken regionaler Bildungsakteure bündeln, um den Bedürftigsten der Bevölkerung durch Lebenslanges Lernen eine neue Perspektive zu geben. In Hume hat das funktioniert, auch wenn es ein langer, herausfordernder Weg war. Jene Herausforderungen werden im deutschsprachigen Raum für non-formelle Bildungsanbieter, wie Bibliotheken, kaum zusammenhängend diskutiert. Das Beispiel Hume soll sechs praktische Erfolgsfaktoren aufzeigen, um diese Lücke zu füllen.


Zitiervorschlag
Stefan Volkmann, "Learning Cities". LIBREAS. Library Ideas, 32 ().


Einleitung

Kulturelle Vielfalt, massive Zuwanderung und soziale Ungleichheit sind charakteristisch für die australische Stadt Hume im Nordwesten von Melbourne. Als die Kommunalverwaltung Mitte der 1990er an Stelle von Entwicklungsmaßnahmen unter Anderem in ein größeres Polizeigebäude investiert, verleitet das den Journalisten und Lokalpolitiker Frank McGuire zu einer ungewöhnlichen Initiative. Anstatt die Bevölkerung für ihre missliche Lage unter Generalverdacht zu stellen, wollte er tatsächlichen Fortschritt. Sein Plan war, in dem besonders betroffenen Stadtteil Broadmeadows eine erste Bibliothek zu bauen, die das Fundament für ein lokales Bildungsnetzwerk formen würde. Lebenslanges Lernen sollte Hume in eine bessere Zukunft bringen. (HGLV n.d.; Wheeler et al. 2013, p. 35)

Über eine Entwicklungszeit von fast zehn Jahren wurden eine Vielzahl an lokalen, und sogar nationalen und internationalen Partnern für das Bildungsnetzwerk aktiviert, das als Hume Global Learning Village (HGLV) bekannt ist. 2003 eröffnete dann das Hume Global Learning Center (HGLC), das neben der geplanten Bibliothek auch ein Café, Teile der Kommunalverwaltung und weitere Räumlichkeiten unter modernem Stahl und Glas zusammen führte. Zum ersten Mal hatten die Bewohner von Broadmeadows einen zugänglichen und nichtkommerziellen Ort zum Verweilen und Lesen, für soziale Aktivitäten, freien Internetzugang, oder eben zur Weiterbildung. Partnerschaften aus Bildung, regionalen Arbeitgebern und der öffentlichen Hand steuerten Beträge hinzu, die Angebote für unterschiedliche Alters- und Sozialgruppen ermöglichten.

Keine zehn Jahre nach dem Start des HGLC lag der Bibliotheksnutzeranteil bereits über 50 % und damit über dem Durchschnitt des Bundesstaates Victoria. (Wheeler et al. 2013, pp. 39–40) Auch wenn die Durchschnittseinkommen und die Quote der Bildungsabschlüsse weiterhin unter denen Melbournes sind, haben sie sich sichtbar verbessert. (Wheeler et al. 2013, pp. 35–36) Entsprechend wird bereits an einem dritten Lernzentrum gebaut. Der moderne, einladende Charakter dieser Orte, sowie die vielen, kooperativ geschaffenen Angebote, die durch sie entstanden sind, haben dem Thema Bildung eine neue Bedeutung für die Menschen Humes verliehen. (Wheeler et al. 2013, p. 37)

Ausschlaggebend für den Erfolg des HGLV ist jedoch nicht die Idee an sich, und die große Aufmerksamkeit, die sie mit sich brachte. Wie eine genauere Betrachtung des Planungs- und Umsetzungsprozesses zeigt (Volkmann 2016), sind es vor allem menschliche Faktoren, wie genug Zeit und Kapital, die nicht nur in Hume, sondern auch in vielen anderen Lernenden Städten weltweit zu positiven Veränderungen in der Region geführt haben. Gerade weil jene Faktoren in Fachdiskussionen eher selten zusammenhängend und kritisch behandelt werden (Kearns 2015), lohnt es sich, den Werdegang Humes für den deutschsprachigen Raum einmal aufzuarbeiten. Da man in Deutschland Bildungslandschaften tendenziell auf Schulentwicklung einschränkt, kann ein erweitertes Verständnis von umfassenden, lokalen Bildungsnetzwerken Kommunen und Bildungseinrichtungen aller Art neuen Ansporn verleihen, sich gemeinsam für die mittellosesten Mitbürger einzusetzen. (Aring 2014)

Ziel dieses Beitrags soll es sein, sechs Erfolgsfaktoren des Hume Global Learning Village auf Grundlage von Volkmann (2016) vereinfacht aufzuarbeiten. Hierdurch soll besonders der deutschsprachigen Bibliothekswelt die Erfolgsgeschichte aus Hume zugänglich gemacht werden. Das Thema Lernende Städte und Bildungsnetzwerke kann auch für nicht-schulische Bildungseinrichtungen verständlich und praktikabel sein.

Zunächst werden Bildungsnetzwerke in den heutigen Kontext gesetzt, indem ihr historischer Werdegang sowie die Begriffe um Netzwerke und Lebenslanges Lernen erläutert werden. Als nächstes wird der demographische und gesellschaftliche Hintergrund Humes geschildert sowie die Rolle verschiedener Einzelpersonen im Aufbau des HGLV. Dies mündet in die Diskussion um die nötigen Kompetenzen und die interne Lernfähigkeit der Netzwerkteilnehmer. Schließlich werden auch organisationale Fragen um die Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses von Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit erarbeitet. Zuletzt wird auf das Problem der Langfristigkeit von Bildungsnetzwerken und deren Finanzierung eingegangen.

Lernende Städte und Bildungsnetzwerke im internationalen und deutschsprachigen Kontext

Die Idee von lokalen Bildungsnetzwerken beruht auf der Grunderkenntnis, dass man als einzelner Akteur, als einzelne Bildungseinrichtung, nur eingeschränkten Zugang und Einfluss auf die regionale Bevölkerung hat. Stattdessen könnte man doch viel umfassendere Ziele erreichen, und nebenbei den eigenen Standort in der Kommune sichern oder stärken, wenn man sich mit gleichgesinnten Einrichtungen zusammentut. Es geht also um eine innovative Art über die eigenen organisatorischen Grenzen hinaus in Netzwerken zu denken und zu handeln. Dieser Gedanke ist interessanterweise weder neu, noch einzig auf den Bildungssektor zutreffend. Er entstammt einem Neudenken der öffentlichen Verwaltung, das heute auf fast jeder Agenda des öffentlichen Sektors zu finden ist. (Cepiku 2017; Torfing 2016, pp. 7–10; Ramesh, Howlett 2017)

Die globalen Herausforderungen von heute reichen von Klimaveränderung und Digitalisierung über Urbanisierung und Migration, Globalisierung und wachsender Ungleichheit, bis zum demographischen, arbeitsweltlichen Wandel. (Stang, Eigenbrodt 2014, pp. 233–235) Es sind Themen, die alle Bevölkerungsschichten betreffen, für die aber nur bedingt politische Lösungen vorliegen. Mit einem sinkenden Vertrauen in die politische Führung wächst daher in den letzten Jahrzehnten die Zahl der Kommunen und Regionen, die nicht länger auf eine Wegweisung von staatlicher Seite warten wollen. (Goldsmith, Eggers 2004) Entgegen jeglicher Alternativlosigkeit besinnen sie sich auf vorhandene Stärken und Ressourcen, um ihre Probleme auf eigene Art zu lösen, nämlich in Netzwerken.

Schon in den Siebzigern gab es Städte, die aus eigener Initiative regionale Netzwerke aufgebaut haben, um ihre Eigenständigkeit und Wirtschaftlichkeit zu bestärken. (Watson, Wu 2015, pp. 9–11) Heute gibt es im Wettbewerb der internationalen Metropolen kaum noch eine, die keine Strategie zur regionalen Innovationsförderung, oder zum Anlocken der Bestausgebildetsten fährt. (Landry 2008; Florida 2003; Longworth 2006) Man nennt sie Kreative Städte, Wissensstädte oder eben Lernende Städte.

Diese neuen Ansätze der Stadt- und Regionalentwicklung zeichnen sich dadurch aus, dass man verschiedenste Akteure (kommunale Verwaltungen, Bildungs- und Kultureinrichtungen, Firmen, Vereine, Bürgervertreter), die sonst wenig miteinander zu tun haben, an einen Tisch bringt. Gemeinsam sollen Wege gefunden werden, um lokale Probleme, von denen alle betroffen sind, durch öffentliche Dienstleistungen und Infrastrukturen neu anzugehen. Hierzu werden die existierenden Stärken und Kapazitäten der Netzwerkteilnehmer kombiniert, um so die Lebensqualität Aller zu verbessern. Es kann hier um Wirtschaftswachstum, Nachhaltigkeit, Innovation und Technologie, aber auch soziale Inklusion oder Bildung gehen. (Longworth [2014b], pp. 4–5)

Essenziell ist jedoch, dass sich die Kooperation nach Zielerreichung nicht auflöst, sondern weiterbesteht, sich eher sogar ausbaut, und sich höhere Ziele steckt. Ebendas differenziert Bildungsnetzwerke von projektbasierten Kooperationen. Sie sind auf Dauer angelegt und müssen entsprechend belastbar und ressourcenstark sein. (Schäffter 2004, p. 32; Tippelt 2015, p. 21) Nicht alle Bildungskooperationen schaffen den Übergang zu einem langfristigen Netzwerk. Genau das ist aber nötig, um die sozioökonomischen Probleme, vor denen Kommunen und ihre Bürger stehen, ganzheitlich anzugehen.

Bemerkenswert ist dabei, dass es bei der Vielzahl der Probleme, vor denen Städte und Regionen weltweit stehen, eine Herangehensweise gibt, die als universeller Lösungsansatz gesehen wird: Lebenslanges Lernen. (Longworth [2014b]; Duke 2012; Brookfield 2012) Ansätze zum Lebenslangen Lernen sollen eine Gesellschaft schaffen, in der Lernen als fortlaufender Lebensinhalt akzeptiert wird, und die Bürger Selbstverantwortung für ihren Lernfortschritt übernehmen. (Longworth 2006, p. 25) Der Schlüssel soll darin liegen, Menschen zu ermöglichen, die Kontrolle über ihr Leben (wieder) zu übernehmen. (Schuller & Watson in Wheeler et al. 2013, p. 10) Ob eine Kommune nun ihr Wirtschafts- und Innovationspotential stärken, die Umwelt schützen, Kulturen oder Generationen zusammenbringen will – jedes dieser Ziele wird bedient, wenn das selbstgesteuerte, Lebenslange Lernen kooperativ gefördert wird. Ein gemeinsames Ziel vor Augen verbinden solche Netzwerke lokale Bildungseinrichtungen, -akteure, und -zielgruppen langfristig. Sie stellen gegenseitig Mehrwert und greifbarere Bildungszugänge her.

Ebendieses Prinzip wurde auch im australischen Hume angewandt. Durch eine kooperative Vernetzung kommunaler Bildungsangebote und -akteure wurden Ressourcen und Kapazitäten gebündelt, und gleichzeitig neue Zugänge und Synergien geschaffen. Schon in den ersten Jahren wuchs das Netzwerk in Hume auf über 300 teilnehmende Vereine und Einzelpersonen an und steht 2011 bei etwa 700. Es umschließt neben dem neu-gebauten Hume Global Learning Center (HGLC) im Stadtteil Broadmeadows vier weitere Bibliotheken, eine mobile Bibliothek, diverse Schulen, sieben Erwachsenen-Lernzentren, sowie Partnerschaften mit wichtigen Unternehmen1 und Hochschulen. (Wheeler, Osborne 2011, p. 536; Faris 2006) Entsprechend hat sich die Reichweite und die Erreichbarkeit aller Partner vergrößert. Darüber hinaus können bestehende und kollaborative Angebote jetzt weitaus effektiver auf bestimmte Zielgruppen fokussiert werden, die zuvor nur schwer anzusprechen waren. So wird Lernen und soziale Teilnahme völlig neuen Teilen der Bevölkerung nähergebracht, was für den gesellschaftlichen Kontext in Hume ein großes Veränderungspotential bietet. Im Folgenden soll dieser Kontext und der erste Erfolgsfaktor des HGLV näher betrachtet werden.

Führung und die Erfolgsgeschichte Hume

Hume ist eine von Industrie und anhaltender Migration geprägte Stadt am nordwestlichen Rand von Melbourne, Australien. Wirtschaftliche Pfeiler der Region sind Melbournes Flughafen und eine Automobilfabrik, die für Arbeitsplätze und Investitionen sorgen (Bentley 2009). Angesichts eines rasanten Bevölkerungszuwachses an vielen, unterschiedlichen Kulturen profitieren davon nicht alle sozialen Gruppen. 2011 lebten in Hume 160.000 Einwohner aus über 140 Nationen, von denen etwa 30 % im Ausland geboren waren und die über 125 Sprachen sprechen. Bis zum Jahre 2030 werden 240.000 Einwohner erwartet. Beträchtlich ist der Anteil an jungen Menschen. 30 % der Bevölkerung ist 19 Jahre oder jünger, wohingegen nur etwa 8 % über 65 sind. (Wheeler, Osborne 2011, p. 535; O’Hagan 2014, pp. 2–3)

Obwohl Hume also eine wachsende und enorm junge Stadt mit Potenzial ist, liegt sie im Bildungsdurchschnitt hinter Melbourne und anderen Kommunen. Neben kulturellen und sprachlichen Barrieren machen sich auch höhere Behinderungs- und Arbeitslosigkeitsraten, sowie niedrigere Internet-Heimzugänge oder Durchschnittseinkommen in der Demographie bemerkbar. Über die letzten Jahrzehnte wuchs die Zahl der sozial ausgegrenzten Jugendlichen, aber die Politik reagierte nicht auf die Ursachen der Entwicklung. Anstatt die Situation als Gelegenheit für die Region zu nutzen und den Menschen mehr Chancen zu ermöglichen, wurde in die Strafverfolgung investiert.

Diese Untätigkeit der Verwaltung verleitete den Journalisten und Lokalpolitiker (später Bürgermeister, dann Landespolitiker) Frank McGuire zu der Idee, in dem besonders betroffenen Stadtteil Broadmeadows eine Bibliothek zu bauen, die die Grundlage für ein lokales Bildungsnetzwerk sein sollte. Die Grundannahme war, dass Menschen mit mehr Bildung zufriedener mit ihrer Arbeit und Freizeit sind, überhaupt höhere Chancen auf Beschäftigung haben, gesünder und rechtskonformer handeln, sowie mehr am demokratischen Leben teilnehmen. (Wilkinson und Pickett in Wheeler et al. 2013, p. 22)

Als jemand, der selbst in Hume aufgewachsen ist, kannte McGuire die Situation vieler Einwohnergruppen. In seinem weitreichenden, politischen Netzwerk fand er Befürworter für seine Idee. Mit den richtigen Kontakten stand bald sogar der Premier des Bundesstaates Victoria, Steve Bracks, hinter der innovativen Strategie, und dessen Nachfolger, John Brumby, sorgte für die nötigen Investitionen in die kommunale Infrastruktur. Neben der australischen Regierung wurde auch die Aufmerksamkeit von lokalen Unternehmen, Stiftungen, sowie den Hauptarbeitgebern der Region geweckt, was McGuires Initiative den nötigen Schwung und die Finanzierung verlieh.

Mitte der 1990er wurde Frank McGuire von der Stadt zum Vorsitzenden einer unabhängigen Safe City Taskforce ernannt, die die Vorarbeit für das HGLV-Netzwerk machte. 2003 wurde dann die geplante Bibliothek eröffnet, die viele bildungsnahe Organisationen und Akteure der Umgebung verbinden sollte. Der eigentliche Aufbau und das Management des Netzwerkes übergab McGuire jedoch an Vanessa Little. Sie wurde wegen ihrer Erfahrung in bibliothekarischen Kooperationen ausgewählt, und sollte mit ihrem Team die Idee des HGLV der Bevölkerung verständlich und genießbar machen. Die Aussicht auf ein glücklicheres und erfolgreicheres Leben sollte vermittelt werden. Das Team war der Stadtverwaltung unterstellt, was ihnen eine hohe Steuerfähigkeit und Glaubwürdigkeit einbrachte. Littles externer Fokus, aufbauend auf McGuires Vorarbeit, brachte die ersten Netzwerkteilnehmer zusammen. Laut Little war besonders hilfreich, dass viele Leute, die sich aus freien Stücken entschieden hatten, in Hume zu leben und zu arbeiten, dies mit guten Intentionen taten. Little bot also denen, die der Stadt und ihren Menschen ohnehin etwas Guten wollten, ein Forum.

McGuire und Litte sind nur zwei starke Beispiele für charismatische Persönlichkeiten, die einen Beitrag zum HGLV leisteten oder es noch heute tun. Die Rolle solcher Einzelpersonen ist für den Aufbau von Bildungsnetzwerken essenziell. (Longworth 2006, p. 163) Auf die Agenda der Lokalpolitik gelangen Netzwerkansätze schließlich nicht ohne überzeugende Menschen und Visionen. (Brandt, Maas 2015, p. 24) Entsprechend brauchte es Initiatoren, wie McGuire, Ausführende, wie Little, und viele weitere, damit eine Lernende Stadt langfristig Realität wird. Die unterschiedlichen Funktionen dieser Führungspersönlichkeiten lässt sich wie folgt kategorisieren: Neben den Initiatoren um McGuire, die die Vision schaffen oder anstoßen, bedarf es charismatische oder autoritäre Schlüsselfiguren oder Champions, die Begeisterung für jene Vision in bestimmten Bevölkerungsgruppen oder zukünftigen Partnern zu schaffen vermögen. Diese beiden Führungscharaktere müssen jedoch nicht zwangsweise das tatsächliche Netzwerken oder das Netzwerkmanagement ausführen. Der operative Betrieb eines Bildungsnetzwerks bedarf eher eines fähigen Teams an Managern und Vermittlern, wie Vanessa Little und ihrer Arbeitsgruppe. Sie müssen Partner identifizieren und engagieren und die Zusammenarbeit der Netzwerkpartner ermöglichen oder gar steuern. Letztendlich gilt die Notwendigkeit des stetigen Ausbaus des Netzwerkes aber für alle drei Typen. Alle Führungscharaktere müssen fortlaufend neue Schlüsselpersonen identifizieren, aktivieren und befähigen, um dem Netzwerk ein nachhaltiges Fundament zu schaffen.

Kommunikation und ein gemeinsames Verständnis von Lebenslangem Lernen

Der Werdegang des HGLV veranschaulicht, wie wichtig fähige Einzelpersonen in der Schaffung eines Bildungsnetzwerkes sind. Eine der kritischen Fähigkeiten, die sie beherrschen müssen, ist eine charismatische und vertrauenserweckende Kommunikation. Denn was Andere mit dem Begriff um Bildungsnetzwerke verbinden, kann stark variieren, und mit schlechten Erfahrungen oder Vorurteilen belastet sein. Das kann die Akzeptanz für derartige Projekte schon im Keim ersticken, wenn damit keine konkrete Vision für die regionale Entwicklung verbunden ist. Die Netzwerkführung muss also klar aufzeigen können, wie sich die Region durch Bildungskooperationen machbar zum Besseren verändern kann. (Laitinen 2015, p. 40)

Kommunikation wird aber auch von den unterschiedlichen Gruppen, aus denen die Region und das Bildungsnetzwerk besteht, erschwert. Lehrer, Bibliothekare, Planer, Manager, oder Beamte der öffentlichen Verwaltung, sowie unterschiedliche soziale und kulturelle Hintergründe der Bürger bedeuten verschiedene Verständnisse von Lernen und wie es organisiert sein sollte. Bevor man also überhaupt über Bildungskooperationen sprechen kann, muss erst einmal ein gemeinsames Verständnis von Lernen, wie auch von lokalen Problemlagen und den Zusammenhängen aufgebaut werden. (Johnson, Lomas 2005, p. 24; Longworth [2014a], p. 3, 2006, pp. 5–6)

In Hume konnten diese Sprach- und Verständnisbarrieren mit der Zeit überwunden werden. Grundlegend war der kommunikative Fokus McGuires, weg von der Betonung offensichtlicher, regionaler Defizite, hin zu konstruktiven Möglichkeiten, die sich aus dem Netzwerk auftaten. (Wheeler, Osborne 2011, p. 535) Stets das Positive hervorzuheben verband auch die Bevölkerung mit der Vision von mehr Wohlstand für alle. Besondere Bürgernähe wurde aber auch durch organisatorische Details erzielt, wie die zentral organisierte Übersetzung der Öffentlichkeitsarbeit in die meistverbreitetsten Sprachen Humes. Klare und differenzierte Kommunikation der Führungspersonen und professionelle Öffentlichkeitsarbeit ist also das zweite Erfolgskriterium zu einem effektiven Bildungsnetzwerk.

Netzwerkmanagement, -beteiligung und Zusammenarbeit

Die rhetorische und emotionale Übersetzung der Idee des HGLV hat dem Netzwerk eine solide Akzeptanz verschafft. Nun ergibt sich die Fragestellung, wer überhaupt in dem Netzwerk teilnehmen kann, und in welcher Form Entscheidungen getroffen werden. Es geht um die Methoden und Prozesse, um unterschiedliche Menschen und Ansichten zur Diskussion und zu einem Konsens zu bringen.

Ein lokales Netzwerk muss zunächst nicht bedeuten, dass jeder Bürger seine Meinung kundtun kann. Bürgerbeteiligung kann ein Werkzeug sein, um die Wurzel lokaler Probleme zu identifizieren, Ideen zu generieren, oder auch nur um Vertrauen zu schaffen. Praktisch sind es aber eher ehrenamtlich zusammenkommende Vertreter verschiedener Organisationen und Bürgergruppen, die gemeinsam Kooperationen aushandeln und umsetzen. Je unsicherer oder umstrittener eine Idee jedoch ist, umso mehr sollte ein solches Gremium die Meinung der Bevölkerung einbeziehen. Um hier optimal zu differenzieren, hat das HLGV eine interne Richtlinie entwickelt. (Hume City Council [2012], pp. 13–18)

Auch das Vertretergremium muss in sich selbst eine gewisse Balance haben, und alle Sektoren, die einen Einfluss auf die Lebensqualität in der Region haben, einbeziehen. Dass Interessenkonflikte und Meinungsverschiedenheiten einen Konsens erschweren, ist eine zentrale Herausforderung für die Netzwerkleitung. Werden Diskussionen und Entscheidungsprozesse aber zudem nicht gleichberechtigt geführt, bestimmen schnell die etablierten und kapitalstärksten Teilnehmer, oder eben wieder alteingesessene Politiker die Agenda und Beschlüsse des Netzwerks. (Margerum 2011, 2002)

Bildungsnetzwerke stehen hier vor einer großen Herausforderung, weil der effektive Austausch praktischer Erfahrungen häufig an die Teilnahme an überregionalen Netzwerken wie Städtepartnerschaften gebunden ist. (Longworth [2014b], p. 13) Daneben ist es jedoch keine Seltenheit, sich externe Hilfe zu holen, um die Aufbau- und Entscheidungsprozesse zu begleiten. In Hume engagierte man deshalb eine Vielzahl an Experten aus Bildung und öffentlicher Verwaltung, aber auch Hochschulen aus dem nahegelegenen Melbourne, die das Projekt aus wissenschaftlicher Perspektive begleiteten. Darüber hinaus nimmt man noch heute an internationalen Programmen und -konferenzen teil, um Erfahrungen mit anderen Lernenden Städten zu teilen, wie zum Beispiel im UNESCO Global Network of Learning Cities (2013).

Um aber nicht nur auf Ideen von außerhalb zu setzen, wurde in Hume eine Kultur des Lernens voneinander schon früh als eine zentrale Strategie für richtig befunden. Auch wenn man klein anfangen musste, rentierte es sich, die Netzwerkgruppen zum Teilen ihrer Erfahrungen und Ansichten um Bildung und Kooperation zu bewegen. So kamen die Bildungsakteure in Hume langsam zur Einsicht, dass zusammen tatsächlich mehr erreicht werden kann. Damit war der Weg für größere Projekte geebnet.

Erfolgreiche Bildungsnetzwerke zeigen also, dass offene, integrative Methoden zur Zusammenarbeit essenziell sind, aber auch ihre Grenzen haben. Es setzt viel Expertise und Zeit voraus, alle Netzwerkteilnehmer gleich stark einzubinden, und ihnen allen ein Podium, sowie Gestaltungs- und Mitentscheidungsmöglichkeiten zu bieten. (Harrison, Hutton 2014, p. 246) Dazu kommt häufig die ideelle Ambition, so viele regionale Gruppen wie nur möglich zu beteiligen. Je größer aber der Unterschied zwischen den Gruppen, desto größer auch der Aufwand, alle zu einem Dialog und gegenseitigem Verständnis zu bringen. Methodischer Erfolg setzt also Kompetenzen und Kapazitäten voraus. (Ramesh, Howlett 2017; Goldsmith, Eggers 2004, p. 49)

Fehlen den Netzwerkmanagern diese Fähigkeiten, wird es schwierig, die unterschiedlichen Gruppen über die lange Aufbauphase, in der noch längst keine Erfolge abzusehen sind, zusammen und motiviert zu halten. Kompetenzschulungen sind allerdings nicht immer eine Lösung (Ramesh, Howlett 2017, p. 328), da jene Führungsfähigkeiten nicht allein aus Büchern oder Workshops im Voraus erlernt werden können, sondern sich eher erst durch den Anwendungsprozess selbst ausbilden.

Das hat zur Konsequenz, dass der einzelne Manager oder Teilnehmer ein Bildungsnetzwerk als konstanten Lernprozess für sich selbst sehen muss. Entsprechend dürfen sich Workshops, Trainings und Feedback nicht nur auf die Anfangsphase beschränken. Vielmehr sollten die wichtigsten Verantwortlichen, aber auch engagierte Teilnehmer und selbst zum Beispiel Bibliotheksmitarbeiter fortlaufend in ihrer Selbst- und Führungsentwicklung unterstützt werden. Plakativ kann man sagen, dass ein Bildungsnetzwerk und seine Vertreter zuallererst selbst Lebenslange Lerner werden müssen, bevor sie ihre Region dazu bewegen können. Im organisationalen Kontext wird hier von Lernenden Organisationen gesprochen. (Dollhausen 2007)

Lernende Organisationen

Damit ein Bildungsnetzwerk die Werte und Kultur von Lebenslangem Lernen durch lokale Kooperationen verbreiten kann, müssen die teilnehmenden Bildungsinstitutionen dieses Lernen zuerst selbst in ihren Alltag integrieren. Das betrifft sowohl Schulen, Bibliotheken, als auch Kultureinrichtungen, Firmen und Verwaltungen. Als ein Beispiel dafür soll an dieser Stelle nicht das HGLV, sondern die Geschichte der nahegelegenen Gwydir Learning Region, New South Wales, herhalten. (Wheeler et al. 2013, pp. 29–31)

Ähnlich wie in Hume wollte der Bürgermeister eine Lösung für die niedrigen Bildungs- und Alphabetisierungsraten in der Region finden. Er begann in der eigenen Verwaltung. Die Mitarbeiter erhielten gezielt Kompetenzschulungen und es bildete sich eine Kultur des Lernens, die sich in der gesamten Kommune verbreitete. So bekamen die Bürger Gwydirs einen schärferen Sinn für ihre Zukunft und Karriere, heißt es. Lernende Organisationen können also auch ohne Netzwerk schon einen positiven Effekt auf ihre Umgebung haben. Wie Gwydir zeigt, sind es aber weniger die organisatorischen Veränderungen selbst, die den Effekt hervorbringen, sondern die Menschen und Mitarbeiter, die davon betroffen sind.

Eine Lernende Organisation muss ihre Mitarbeiter also dazu motivieren, selbst lernen und sich selbst verändern zu wollen. Dies setzt voraus, dass Angestellte über die organisationalen Grenzen hinausschauen und im Netzwerk neue Chancen sehen wollen. Intern müssen hier häufig Barrieren überwunden werden, bevor sich die Belegschaft auf Weiterbildung oder die Kooperation mit womöglich stereotypisierten oder als Kongruenz angesehenen Gruppen und Institutionen einlässt. Es gilt also ähnliche Überzeugungsarbeit und integrative Methoden anzuwenden wie im Netzwerkmanagement oben. (Lepoluoto 2012; Dollhausen 2007, p. 6)

Entgegen den typischen Argumenten um so haben wir das schon immer… ‚ oder … noch nie gemacht, müssen Betriebsstrukturen angepasst werden, schon um überhaupt Zeit und Möglichkeit für ein Andersdenken einzurichten. Es geht weniger darum, einfach noch mehr zu tun, als sich als Organisation auf diejenigen Dienstleistungen und Prozesse zu fokussieren, die den stärksten Unterschied machen. Die Bibliotheken in Hume haben zum Beispiel die Arbeitsbeschreibungen der Mitarbeiter ausdrücklich um die Rolle des Learning Facilitator ergänzt. Anstatt nur vorgeschriebene Dienstleistungen zu erbringen, soll der Bibliothekar aktiv die Kommune zum Lernen bewegen und durch das Netzwerk gemeinschaftliche Angebote vermitteln.

Veränderungen im Führungsstil und der Arbeitsstruktur können Mitarbeiter dazu bewegen, selbst in Netzwerken zu denken und zu handeln, über den eigenen Arbeitgeber und die Beschäftigung hinaus, hin zu einem größeren Beitrag. (Laitinen 2015, p. 52) Das ist die Voraussetzung dafür, dass Organisationen aus sich selbst heraus lernen, sich fortwährend reflektieren und optimieren können. Nur diese Art von Bildungsanbieter wird schließlich ein effektives und kooperationsbereites Mitglied eines Bildungsnetzwerks.

Ein langatmiger Prozess

Wie schon in der Einleitung dargestellt, haben sich der Bildungsstand und die Lebensqualität in Hume verbessert, jedoch erst über ein Jahrzehnt an Überzeugungs- und Netzwerkarbeit. (Wheeler et al. 2013, p. 8) Obwohl man statistisch weiterhin unter dem regionalen Durchschnitt bleibt, ist es den Schlüsselakteuren des HGLV gelungen, die politische Kurzsichtigkeit zu überbrücken. Das ist nicht immer trivial.

Es ist schwierig, ein Netzwerk aus fast ausschließlich altruistisch motivierten Teilnehmern über zehn Jahre mit der Vision einer besseren und gerechteren Region zu engagieren. Vor allem die kurzen, politischen Legislaturperioden können einem auf lange Zeit angesetzten Netzwerk schnell den Rückhalt oder die Finanzierung zunichte machen (Longworth [2014b], p. 3; Goldsmith, Eggers 2004, p. 50). Warum sollte sich ein/e Politiker/in auch für ein Projekt begeistern, das erst dann Resultate abwirft, wenn die eigene Amtszeit schon vorüber ist!?

Auch das HGLV kam an dieser Konfrontation nicht vorbei. 2013 stellten manche Geldgeber in Frage, weshalb die vielen kooperativen Bildungsangebote keine erkennbare Verbesserung in der Arbeitslosenquote bewirkt hätten. (Hume Learning Community 2015; Remplan Community 2017) Eine Untersuchung ergab schließlich, dass die verschiedenen Programme sehr wohl Menschen zu Bildung und Arbeit verhalfen. Das Problem lag in der hohen Fluktuation in Hume. Wohlhabendere würden in andere Städte abwandern, und neue Bedürftige zuziehen, sodass es immerzu einen relativ hohen Anteil an Arbeitslosen gäbe, auch wenn es völlig andere Menschen sind. Umstände dieser Art machen es schwierig, Erfolge nachzuweisen.

Kommunikation muss also auf Dauer überzeugen und darf die Langatmigkeit eines Bildungsnetzwerks nicht herunterspielen. Das fällt zurück auf die Schlüsselpersonen und die Netzwerkplanung. Sobald sich ein Wechsel von wichtigen Politikern und anderen gesellschaftlichen Vertretern abzeichnet, müssen potentielle Nachfolger bereits identifiziert und von den richtigen Kanälen aus angesprochen werden. (Tippelt et al. 2014, pp. 73–74) Idealziel ist, dass trotz Amts- oder Positionswechsel die Unterstützung und die Kapitalflüsse für das Bildungsnetzwerk unberührt weiterbestehen.

Für diese Art von Lobbyarbeit darf man sich nicht zu schade sein. So positiv der Effekt von McGuires Initiative auch ist, Bildungsnetzwerke und Lernende Städte sind keine Wunderwaffe, die soziale Ungleichheit über Nacht beseitigen. Man muss langfristig Denken, um die Wirkung der vielen Kleinsterfolge und Veränderungen zu bemerken, und politisch und öffentlichkeitswirksam einzusetzen.

Finanzierung von lokalen Bildungsnetzwerken

So sehr sich Bildungsnetzwerke auf Ehrenamt stützen, kommen sie schon in der Aufbauphase selten ohne externe Beratung, Managementkosten, und Öffentlichkeitsarbeit aus. Kommunale Finanzierung und Fundraising sind zudem häufig nur punktuell oder auf wenige Jahre ausgelegt. Sind Strategien zur langfristigen finanziellen Nachhaltigkeit nicht schon früh vorzeigbar, kann von Schlüsselgeldgebern und -partnern weder Vertrauen erwartet werden, noch wird es sich unter den Netzwerkmitgliedern selbst ausbilden. (Margerum 2002, pp. 245–246)

Das HGLV wurde durch McGuires Kontakte und Expertise auf ein solides Fundament aus vielen unterschiedlichen Geldgebern und Unterstützern gestellt. Neben der Stadt ist das zum Beispiel der Bundesstaat Victoria, die Pratt Foundation, oder die in der Einleitung genannten Unternehmen The Age und der Autohersteller Ford. (Wheeler, Osborne 2011, p. 535; Phillips et al. 2005, p. 25) Es gilt also von Beginn an Finanzierungsmöglichkeiten aller Art und auf allen Ebenen zu identifizieren und auszuschöpfen. Neben Regierungsprogrammen und Stiftungen geht es lokal um den Zugang zu Einzelpersonen mit den richtigen Verbindungen, um Vereine oder um Partnerschaften mit Arbeitnehmern. Zusätzlich zum Netzwerken mit Politik und Geldgebern sollten strukturierte Evaluationsprozesse und Ergebnistransparenz das Vertrauen in das Konzept erwecken. (Cavaye et al. 2013, p. 605) Kosten-Nutzen-Analysen müssen aufzeigen können, dass die Investition in Lebenslanges Lernen tatsächlich einen Unterschied für die Nötigsten macht. (Valdes-Cotera 2015, p. 9; Hume Learning Community 2015, pp. 4–22)

Andererseits muss eine Lernende Stadt auch kein alleiniger Kostenfaktor sein. Nicht selten werden Bildungspartnerschaften gerade da angesetzt, wo Sparzwang oder gar Schließung von Einrichtungen droht. Stang (2011, pp. 19–20) berichtet zum Beispiel über deutschsprachige Bibliotheken und Volkshochschulen, deren finanzielle Situation zu der Idee einer gemeinsamen Raumnutzung und einer kooperativen Organisationsstruktur führte. Zusammenarbeit kann also Betriebskosten senken. Das kann für Personal und Management zutreffen, aber auch für die Zusammenlegung von Leistungen, Infrastruktur und Räumlichkeiten.

Selbst bei der Entwicklung von Kooperationen lohnt es sich, auf Kosteneffizienz zu pochen. Häufig resultieren Bildungspartnerschaften in zusätzlichen Leistungen, die die Partner erbringen müssen, anstatt auf existierenden Ressourcen und Stärken als Grundlage zu bauen. (Baumheier, Warsewa 2010) Die Herausforderung ist, effektiv die Kostenverteilung im Netzwerk zu moderieren, sodass der Aufwand und das Risiko nicht nur bei wenigen Teilnehmern bleiben. Eine derartig klare Voraussicht, zusammen mit dem richtigen Spürsinn und dem Netzwerk für Finanzierungsquellen stellen den letzten Erfolgsfaktor dar, der aus dem HGLV und aus anderen Lernenden Städten herauszulesen ist.

Fazit

Die australische Vorstadt Hume hat es durch den Aufbau eines Netzwerks aus unterschiedlichen Bildungsakteuren, Vereinen, Firmen, und Privatpersonen geschafft, das Bildungsniveau ihrer multikulturellen, häufig benachteiligten Bevölkerung anzuheben. Als Mittel und Ziel soll fortlaufendes, Lebenslanges Lernen mehr in den Mittelpunkt der Gesellschaft gebracht werden. Ein Bibliotheksneubau legte 2003 den Grundstein für verschiedenste Bildungskooperationen und zieht bis heute viel Aufmerksamkeit auf sich. Schulen, Kulturvereine und Arbeitgeber engagieren sich in einem von der Stadt unterhaltenen Netzwerk. Es soll die regional ärgsten Probleme durch besseren und dauerhaften Zugang zu kooperativ gestalteten Bildungsangeboten bewältigen. Die Bibliothek stellt dafür das Grundgerüst dar.

Aus diesem Werdegang lassen sich sechs Erfolgsfaktoren ableiten, die auch für Bildungsnetzwerke in anderen Kontexten ausschlaggebend sind. Die ersten zwei unabdingbaren Voraussetzungen sind lokal verankerte Einzelpersonen mit einerseits ausgeprägten Führungsfähigkeiten und andererseits überzeugender Kommunikationsstärke. Diese haben es nach Jahren der Lobbyarbeit in Hume geschafft, viele Prominente, Politiker und Fonds für ihre Idee zu gewinnen, den sozialen Herausforderungen in Hume durch eine Bibliothek und einem Bildungsnetzwerk zu begegnen.

Neben selbstsicherer PR und der Fähigkeit, eine machbare Vision in die Köpfe der Bürger zu setzten, will solch ein Netzwerk auch entsprechend professionell geleitet werden. Dritter Erfolgsfaktor ist, dass das Hume Global Learning Village (HGLV) bis heute Teil der Langzeitstrategie des Stadtrats ist, organisatorisch etabliert ist und ein fähiges Administrationsteam hat. Moderations- und Expertenkompetenz wurde teils von außerhalb geholt, um Konsens und Vertrauen zwischen den teilnehmenden Organisationen zu bilden. Schließlich müssen Letztere zu aller erst lernen, von sich selbst aus in Netzwerken und Kooperationen zu denken, da Zusammenarbeit zuvor eher selten vorkam. Vorurteile bei Führungskräften und Mitarbeitern müssen abgebaut, und Raum zum Neudenken von Dienstleistungen gegeben werden. Lernende Organisationen sind also die vierte Voraussetzung für erfolgreiche Bildungsnetzwerke.

Diese Wandlungsprozesse brauchen viel Zeit und eine langfristige, finanzielle Unterstützung. Das sind die letzten zwei Faktoren, denn Lebenslanges Lernen nachhaltig in einer Region zu verbreiten und zu verankern, kann eben nicht über Nacht und ohne Mittel geschehen. Entsprechend müssen Bildungsnetzwerke wie das HGLV über politische Perioden hinweg überzeugende Kosten-Nutzen-Bilanzen und den Rückhalt in der Bevölkerung sicherstellen.

Nicht nur in Hume, sondern in vielen Regionen der Welt verändern Bildungsnetzwerke nicht nur die Situation der Bevölkerung zum Besseren, sondern auch die der Bildungsakteure. Das Hume Global Learning Center (HGLC) und ihre Bibliothek ist in aller Munde und wurde zum zentralen Treffpunkt vieler lokaler Einwohnergruppen. Humes Bibliotheken wurden 2015 zu den besten Australiens gewählt. (Hume City Council 2015) Dorthin gekommen sind sie jedoch nicht nur durch Eigeninitiative, sondern vielmehr durch ein nachhaltiges Netzwerk. Die sechs diskutierten Erfolgsfaktoren des HGLV sollen Bibliotheken und anderen bildungsnahen Institutionen praktische Ansätze geben, um den Herausforderungen der Lokalbevölkerung gemeinsam zu begegnen.

Bibliographie

Aring, Jürgen (2014): Integration hoch zwei. Bildungslandschaften und Stadtentwicklung verknüpfen. In Forum Wohnen und Stadtentwicklung (3), pp. 115–120. Online verfügbar unter: http://www.vhw.de/fileadmin/user_upload/08_publikationen/verbandszeitschrift/2000_2014/PDF_Dokumente/2014/3_2014/FWS_3_2014_Integration_hoch_zwei_-_Bildungsland___schaft.pdf.

Baumheier, Ulrike; Warsewa, Günter (2010): Lokale Bildungslandschaften. Stadtteilnetzwerke für Bildung und soziale Integration. In sozialraum.de. Online verfügbar unter: http://www.sozialraum.de/lokale-bildungslandschaften.php.

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  1. Die Lokalzeitung The Age unterstütze das Vorhaben zum Beispiel zuerst nur finanziell, weil sie die Werte und die Vision des Projekts teilten. Dann kam es zu engeren Kooperationen, in denen die Print- und e-Ressourcen des Zeitungsverlags über die Bibliothek zugänglich gemacht wurden. Lehrern und Schülern bringen sie dort auch den Umgang mit neuen Medien bei. Ressourcenschwache Grundschüler können ein Jahr lang einen Computer mit Internetzugang gesponsert bekommen. Motorenhersteller Ford betreibt ein Mentoring-Programm, in dem Angestellte einheimische Langzeitarbeitslose in Schlüsselkompetenzen schulen. Ford und The Time demonstrieren damit unternehmerische Gesellschaftsverantwortung und verbessern ihr Arbeitnehmer-Image. Sie zeigen aber auch kleineren Firmen der Region, dass sich die Teilnahme am Bildungsnetzwerk lohnt.


Stefan Volkmann arbeitet für AIESEC in Denmark.