Smarte und ubiquitäre Städte als Forschungsthema der Informationswissenschaft
Mit dem Aufkommen der Computer, des Internets und des Smartphones sind Personen in der Lage, Informationsbedürfnisse zu stillen. Was passiert aber, wenn das Informationsbedürfnis über die klassische
Retrievalkomponente hinausgeht? Bewohner einer ubiquitären Stadt könnten erwarten, dass der Kühlschrank immer eine gewisse Anzahl von bestimmten Lebensmitteln enthält. Falls das nicht der Fall ist, soll der Kühlschrank selbstständig die fehlenden Lebensmittel bestellen. Auch das Bedürfnis, eine Auskunft über den eigenen Stromverbrauch in den letzten Wochen zu erhalten, zählt zu den nicht klassischen Informationsbedürfnissen. Ist jemand gesundheitlich angeschlagen, so wird dem behandelnden Arzt sofort die Information übermittelt, dass er ohnmächtig geworden ist oder dass sein Blutdruck einen kritischen Wert überschritten hat. Letztlich können wir als Bewohner einer ubiquitären Stadt wohl auch erwarten, dass wir mit einer Chipkarte alles regeln können: die Schließung der Wohnung, den Eintritt in die lokale Bibliothek, den Zugang zur U-Bahn, die Begleichung der Rechnung im Restaurant. Oder?
An verschiedenen Orten der Welt entstehen sogenannte Smart Cities
beziehungsweise ubiquitäre Städte
. Smart Cities sowie ubiquitäre Städte verfügen über eine stark ausgeprägte technologische Infrastruktur. Mittels Informations- und Kommunikationssystemen werden den Bewohnern bestimmte Techniken zur Verfügung gestellt, die den Alltag sowie das Berufsleben erleichtern sollen. Masdar City in den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie New Songdo City in Südkorea sind solche neuartigen Städte. In diesem Bericht soll auf Ergebnisse einer Forschungsarbeit hinsichtlich der südkoreanischen Stadt New Songdo City eingegangen werden. Das Ziel hierbei ist herauszufinden, welche ubiquitären Systeme bereits in New Songdo City implementiert wurden und wie zufrieden die Bewohner mit diesen Systemen sind.
Was bedeutet smart
und ubiquitär
in Bezug auf Städte? Fietkiewicz und Stock (2015) definieren eine Smart City
mit Hilfe von zwei Konzepten. Das erste Konzept ist eine engere Definition des Begriffes Smart City
. Angelehnt an Chourabi, Nam, Walker, Gil-Garcia, Mellouli, Nahon, Pardo, & Scholl (2012, S. 2289) wird eine Smart City
als eine nachhaltige und lebenswerte Stadt
charakterisiert. In einer Smart City werden Ziele verfolgt, die dazu beitragen, dass eine Stadt umweltfreundlich und sicher ist (Hall, Bowerman, Braverman, Taylor, Todosow, & von Wimmersperg, 2000). Das zweite Konzept deckt einen größeren Bereich von diversen Aspekten ab und entspricht eher der breiteren Auffassung einer informationellen Stadt
. Angelehnt an Giffinger et al. (2007) gehören zu den wichtigen Aspekten unter anderem die smart economy, smart people, smart governance, smart mobility, smart environment, and smart living
(Fietkiewicz & Stock, 2015, S. 2345). Darüber hinaus enthält die breitere Definition einer Smart City
natürlich auch die engere Auffassung einer Smart City, nämlich die ökologischen Aspekte.
Die Forschungsarbeit ist an informationswissenschaftliche Methoden und Konzepten angelehnt (Stock & Stock, 2013). Hierzu zählt auch die Theorie von Manuel Castells hinsichtlich der Netzwerkgesellschaft (Castells, 2010) sowie der informationellen Städte (Castells, 1989). Unsere Forschungsarbeit ist ein wichtiger Bestandteil eines größeren Forschungsprojektes über Städte, die als prototypisch für die Wissensgesellschaft gelten. Auch hier liegen theoretische Konzepte zu Grunde, wie solche prototypischen Städte des 21. Jahrhundert aussehen (Stock, 2011; Khveshchanka & Mainka, 2011; Mainka, Khveshchanka, & Stock, 2011; Linde & Stock, 2011). Darüber hinaus existieren aber auch empirische Ergebnisse über essentielle Bestandteile informationeller Städte. Hierzu gehören zum Beispiel digitale und physische Bibliotheken (Mainka & Khveshchanka, 2012; Mainka, Hartmann, Orszullok, Peters, Stallmann, & Stock, 2013) aber auch das e-Government (Mainka, Fietkiewicz, Kosior, Pyka, & Stock, 2013; Mainka, Hartmann, Stock, & Peters, 2014). Prototypische Städte des 21. Jahrhunderts gibt es auf der ganzen Welt verteilt. Solche informationellen Städte, wie Oulu in Finnland (Schumann, Rölike, & Stock 2013), Städte der Golf Region, japanische Städte (Fietkiewicz & Pyka, 2014; Fietkiewicz & Stock, 2014), London (Murugadas, Vieten, Nikolic, & Mainka, 2015) sowie Singapur (Khveshchanka, Mainka, & Peters, 2011) wurden bereits untersucht.
Die ubiquitäre Stadt New Songdo City
Etwa 65 Kilometer entfernt von der südkoreanischen Hauptstadt Seoul befindet sich heute nicht mehr das Wattenmeer, sondern die Stadt New Songdo City (kurz Songdo) (Abb. 1). Sie ist ein Teil der Millionenstadt Incheon. New Songdo City erstreckt sich über circa. 600 Hektar (Lee & Oh, 2008). Sie ist die erste geplante südkoreanische ubiquitäre Stadt.
Familien, aber auch viele Geschäftsleute sollen hier eine neue Möglichkeit finden, um zu arbeiten und zu wohnen. Segel (2005, S. 1) beschreibt die Stadt als den prinzipiellen Business Mittelpunkt in Nordasien
. Dies wird durch Faktoren wie zum Beispiel Lage und fortgeschrittener Infrastruktur begünstigt (Segel, 2005). Mit Hilfe von moderner Architektur sowie der Integration von Informations- und Kommunikationstechnologien soll New Songdo City eine Stadt werden, die nicht nur aus ökonomischer Sicht, sondern auch aus Sicht des technischen Fortschrittes als ein Vorzeigebeispiel dient. Die Stadt ist im Wesentlichen durch eine an den Westen angelehnte Architektur geprägt (Kim, 2010). So enthält sie einen eigenen Central Park, angelehnt an den New Yorker Central Park, sowie eine Einkaufsgasse Canal Walk (Abb. 2), die den Kanälen in Venedig ähnelt (O’Connell, 2005). Für die Architektur sind die amerikanische Firma Gale International sowie die koreanische Baufirma POSCO E&C verantwortlich (Kim, 2010). Das amerikanische Unternehmen Cisco ist als Entwickler der digitalen ubiquitären Dienste in New Songdo City (Halpern, LeCavalier, Calviloo, & Pietsch, 2013) verantwortlich.
Eine solche ubiquitäre Stadt ist, angelehnt an Jang und Suh (2010, S. 263), eine im 21. Jahrhundert futuristische Stadt
. Hinter dem lateinischen Begriff ubiquitär versteckt sich der Begriff allgegenwärtig. Allgegenwärtig sind in ubiquitären Städten die Informations-und Kommunikationstechnologie (IKT). Mit Hilfe von IKT ist das […] Management von Verkehr, Abfall, Elektrizität, Abwasser und Wasserqualität [möglich] […]
(Lee, Han, Leem, & Yigitcanlar, 2008, S. 1). Das Ziel im Bereich ubiquitous computing spiegelt sich in der Einbindung von Rechnern in unseren Lebensraum wider (Weiser, 1991, S. 4). Aber wie kann man sich das vorstellen? Anders als bei Computer, die die Nutzer in ihrer Umwelt aktiv sehen und benutzen, sollen beim ubiquitous computing Rechner in unsere physikalische Umgebung so eingebaut werden, dass sie für den Nutzer unsichtbar bleiben (Weiser, 1993).
Anders formuliert bedeutet dies, dass ubiquitous computing als […] die Allgegenwärtigkeit von Informationstechnik und Computerleistung verstanden [wird], die in prinzipiell alle Alltagsgegenstände eindringen
(Friedewald, Raabe, Georgieff, Koch, & Neuhäusler, 2010, S. 9). Hierbei werden Mikroprozessoren bis hin zu Sensoren in Objekte/Geräte eingebaut, die dann bestimmte Informationen erfassen, verarbeiten und weitergeben (Friedewald et al., 2010). Häufig liest man in diesem Zusammenhang über den Begriff Internet der Dinge
. Angelehnt an Friedewald et al. (2010) ist dies jedoch nur ein reiner akademischer Unterschied zum ubiquitous computing, da auch hier das Ziel dadurch charakterisiert wird, dass zum Beispiel anhand eingebauter Mikroprozessoren und Sensoren viele Tätigkeiten unterstützt und erleichtert werden sollen. Mit Hilfe der RFID-Tags können Gegenstände identifiziert, verfolgt und lokalisiert
werden (Weber, 2009, S. 522). Hierbei handelt es sich um einen elektronischen Produkt-Code (Weber, 2009). Solch ein RFID-Tag könnte in ein Buch eingebaut werden, so dass Bibliothekare jederzeit exakte Informationen erhalten, wo sich das Buch befindet oder ob vielleicht auch ein Buch gestohlen wurde. Ein anderes prototypisches Beispiel im Bereich Internet der Dinge
, das häufig genannt wird, ist der intelligente Kühlschrank. Hinter dieser Idee versteckt sich ein Kühlschrank, der automatisch fehlende Lebensmittel nachbestellt. Damit dies jedoch funktioniert, müssen die entsprechenden Lebensmittel mit einem RFID-Tag versehen sein. Erst so kann das Gerät die genaue Menge an Lebensmitteln identifizieren.
Die Verfügbarkeit sowie der Einsatz von Breitband ist ein wichtiger Aspekt in einer ubiquitären Stadt. In ubiquitären Städten ist es wichtig, dass Breitband nicht nur der Allgemeinheit zu Verfügung steht, sondern dass auch die Kosten tragbar sind, so dass die Einbindung und Nutzung in öffentlichen Bereichen, wie zum Beispiel im Bereich der Gesundheit und der Erziehung bzw. Schule möglich sind (Fietkiewicz & Stock, 2015; El-Darwiche & Singh, 2010). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Entwickler mithilfe von Sensoren, Prozessoren, RFID-Tags und vielen weiteren Aspekten der IKT eine Kommunikation zwischen Gegenständen, aber auch den Dialog zwischen Mensch und Gegenstand zu unterstützen beziehungsweise zu vereinfachen versuchen.
Methoden
Für die Akzeptanz- und Informationsbedarfserfassung sowie für die Untersuchung, ob es sich bei New Songdo City um eine ubiquitäre bzw. smarte sowie um eine urbane Stadt handelt, wurden verschiedene Methoden angewendet (Ilhan, Möhlmann, & Stock, 2015). Um einen Eindruck von der Stadt zu erhalten, wurde ein Aufenthalt von einer Woche eingeplant. In dieser Woche wurden vor Ort mit insgesamt 23 Bewohnern (inklusive Mitarbeiter des Unternehmens Gale International und Cisco) Interviews durchgeführt, ausgehend von einem Fragebogen, der der SERVQUAL-Methode ähnelt (Parasuraman, Zeithaml, & Berry, 1988). Hier kommt es darauf an, dass man zum einen die Erwartung sowie zum anderen die Erfahrung des Befragten zu einem bestimmten Thema erfahren will. Die Antwortmöglichkeiten werden hierbei mit Hilfe einer Skala dargestellt, die eine Auswahlmöglichkeit zwischen den Werten 1 (stimmt gar nicht) und 7 (stimme voll zu) anbietet. Der SERVQUAL-ähnliche Fragebogen ermöglicht es, einen Eindruck davon zu erhalten, wie zufrieden Personen mit den angebotenen Diensten sind und ob bestimmte Dienstleistungen in New Songdo City überhaupt vorhanden oder integriert sind (Abb. 3). Wertet man die Ergebnisse aus, so ergeben sich drei Werte: Erfahrungswert, Erwartungswert und der Differenzwert. Letzteren erhält man durch die Subtraktion des Erwartungswertes von dem entsprechenden Erfahrungswert. Insgesamt haben wir 21 Bewohner befragt, wovon 14 Interviewpartner Studierende sind. Bei bestimmten Fragen wurden die Studierenden ausgeschlossen, da sie nicht wie die restlichen 7 Bewohner in Appartements, sondern in Studentenwohnheimen wohnen. In diesen Studentenwohnheimen sind bestimmte Ausstattungen nicht vorhanden.
Die Interviews mit Gale International und Cisco weichen von den Interviews mit den Bewohnern ab. Zwar waren die beiden Interviews ebenfalls angelehnt an einen Fragebogen, hier jedoch basierend auf die Customer Value Research-Methode (McKnight, 2006). Diese Art von Fragebogen ähnelt dem SERVQUAL-Verfahren, wobei nun nicht mehr die Erwartung auf der linken Seite gefordert wird, sondern lediglich die modifizierte Erwartung des Experten. Dabei handelt es sich um eine Einschätzung der Personen. Der Experte versetzt sich in die Lage seines Kunden, in dem er die Erfahrung seines Kunden einschätzt. Die rechte Seite des Fragebogens spiegelt dabei die Erfahrung des Nutzers, die aus dem SERVQUAL-ähnlichen Fragebogen entnommen wird. Diese Methode ermöglicht es, einen Irritationswert
zu erhalten, in dem der modifizierte Erwartungswert des Entwicklers von dem durchschnittlichen Erfahrungswert des Nutzers subtrahiert wird. So kann dann ausgewertet werden, inwiefern die Kunden mit den Produkten der Entwickler wirklich zufrieden sind und ob die Experten die Qualität beziehungsweise die Zufriedenheit ihrer Kunden richtig wahrnehmen.
Akzeptanz der ubiquitären Informationsdienste bei den Bewohnern Songdos
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass einige ubiquitäre Systeme bereits in New Songdo Cityumgesetzt und integriert wurden. Hierzu gehört zum Beispiel die automatische Müllentsorgung (Abb. 5). Zum einen haben die Bewohner die Möglichkeit, den Müllbeutel über einen Schacht, der in den Korridor eingebaut ist, zu entsorgen und zum anderen befinden sich in einigen Appartements die Schächte draußen auf dem Hof. Über unterirdische Röhren, die als Beförderungsmittel dienen, werden die Müllbeutel automatisch durch ein pneumatisches Unterdrucksystem zu einem Ort transportiert, wo der Müll automatisch verarbeitet wird.
In jedem Appartement ist ein sogenannter Master Panel integriert. Dieser ähnelt einem Tablet und ist an mehreren Zimmern in den Wohnungen an den Wänden angebracht (Abb. 6). Es bietet verschiedene Funktionen vom Telefonieren bis hin zur Ansicht des Energieverbrauches an. Auch die Lichtregulierung kann über diesen Master Panel ausgeführt werden. Zusätzlich besitzen die Appartements eine weitere Schaltfläche für die Lichtregulierung (Abb. 7).
In den Höfen befinden sich Kameras vor der eigenen Haustür und im Haupteingang der Wohnung. So können die Bewohner genau sehen, wer gerade unten im Hof spielt. Eine weitere Besonderheit: Vor der Eingangshalle gibt es ebenfalls ein Display, auf dem die Nummer der Wohnung eingetippt wird, um zu sehen, wer gerade anklingelt
. Es kann gegebenenfalls auch eine Unterhaltung geführt werden. Um den Müll in den Schacht im Korridor zu entsorgen sowie aber auch um die Tür der Wohnung zu öffnen, benötigen die Bewohner von New Songdo City eine Chipkarte (Abb. 4).
Freies Internet war zum Zeitpunkt unseres Aufenthaltes nur in Maßen verfügbar. Häufig war dies über Hotspots unter anderem in Restaurants möglich. Im Showroom von Cisco in New Songdo City gibt es noch viele weitere ubiquitäre Systeme, die allerdings erst prototypisch zur Verfügung stehen. Hierzu gehört beispielsweise ein nachgestelltes Büro, das personalisiert wurde. Sobald die Tür zum Büro den eigenen Fingerabdruck identifiziert hat, fahren die Jalousien hoch, das Radio und die Klimaanalage schalten sich ein, alles auf die entsprechende Person, die im Büro arbeitet, abgestimmt. Des Weiteren wurde eine von uns befragte Bewohnerin von Cisco als Testperson für ein Produkt ausgewählt. Hierbei handelt es sich um einem Receiver, der eine Skype-ähnliche Unterhaltung zwischen Bewohnern aus verschiedenen Wohnungen ermöglicht.
Abbildung 8 zeigt, dass die Erfahrung der Bewohner in einigen Bereichen ihre allgemeine Erwartung übertrifft. Daraus kann man schließen, dass die Anwohner mit den hier eingesetzten Systemen (Lichtregulierung, Chipkarte, automatische Müllentsorgung) zufrieden sind. Allerdings verdeutlicht die Befragung auch, dass die Bewohner mit den kulturellen Einrichtungen unzufrieden sind. Die Auswertung der SERVQUAL-Fragen hat ebenfalls ergeben, dass ubiquitäre Systeme wie ein intelligenter Kühlschrank sowie Smart Health in New Songdo City nicht realisiert sind.
Auch bei der Auswertung des Customer Value Research-Fragebogens gab es unterschiedliche Ergebnisse. Abbildung 9 demonstriert einen kleinen Einblick in die Ergebnisse. Anhand der vorhandenen Irritationswerte wird deutlich, dass die Experten zum Teil die Zufriedenheit der Kunden nicht richtig einschätzen. Cisco schätzt die Zufriedenheit des Kunden hinsichtlich der Lichtregulierung besser ein als sie letztendlich ist. Anhand dieser Werte können Entwickler nun Schwachstellen erkennen und entsprechend reagieren.
Zusätzlich wollten wir auch herausfinden, inwiefern New Songdo City als eine urbane Stadt definierbar ist. Die Befragten bekamen eine zusätzliche Frage, in der sie beantworten sollten, ob sie denken, dass New Songdo City eine urbane Stadt ist. Saskia Sassen, US-amerikanische Soziologin, sieht die Aktivität von Menschen sowie das Vorhandensein von verschiedenen Bevölkerungsschichten als essentielle Merkmale einer urbanen Stadt. Darüber hinaus ist eine urbane Stadt ständig in Veränderung und Weiterentwicklung (Sassen, 2012). Angelehnt an Van Diepen und Musterd (2009) sowie Latham (1999), spiegelt sich in Stadtcafés sowie Stadtrestaurants die Funktionen einer urbanen Stadt wieder. Trotz Unstimmigkeiten charakterisieren die Befragten New Songdo City letztendlich mit 46 % als eine urbane Stadt (Abb. 10). Sassen (2012) sieht hingegen ubiquitäre Städte wie Songdo nicht als einen urbanen Raum an, sondern viel mehr als eine Stadt, die deurbanisiert
wird. Angelehnt an Sassen (2012) ist die Stadt New Songdo City in ihren Funktionen nicht flexibel und besitzt auch keinen Freiraum, sich unabhängig von Konzernen und der Technik weiterzuentwickeln. Die intelligente Stadt versucht sich als perfektes, geschlossenes System
(Sassen, 2012). Allerdings zeichnet sich für Sassen (2012) eine urbane Stadt dadurch aus, dass sie nie vollkommen, nie fertig gebaut [ist], sie ist in ihrer Geschichte immer wieder neu geformt und umgewandelt worden
.
Diskussion
Dieser Teileinblick in die Ergebnisse zeigt auf, dass eine ubiquitäre und urbane Infrastruktur in New Songdo City ansatzweise vorhanden ist. Viele der vorgeführten ubiquitären Systeme, die im Showroom von Cisco vorhanden sind, sind in die Lebensräume der Bewohner noch nicht integriert. Das Potential des integrierten ubiquitous computing ist somit noch ausbaufähig. Insgesamt fehlten der Stadt zum Zeitpunkt der Forschung die Bewohner. Auf die Frage, Lebst du in einer urbanen Stadt
antwortet zum Beispiel ein Interviewpartner mit der Antwort: Nein; die Stadt ist zu 40-50% bewohnt
.
New Songdo City befindet sich noch in der Entwicklung. Ob die Stadt sich tatsächlich als ubiquitäre Stadt und gleichzeitig urban durchsetzen wird, wird die Zeit zeigen. Dies wird letztendlich unter anderem davon abhängen, ob das Potential ausgeschöpft wird und weitere ubiquitäre Dienste, wie eine Handyfernbedienung, Smart Health, benutzereingestellte Bürogebäude umgesetzt und den Bewohnern näher gebracht werden.
Weitere Forschungen sollten auch berücksichtigen, warum die Bewohner in einer smarten bzw. ubiquitären Stadt leben wollen, welche Motivationen vorliegen, überhaupt dorthin zu ziehen und ob bei ihnen eine spezielle Bedürfnislage vorliegt, die besonders in ubiquitären und smarten Städten befriedigt werden kann.
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Aylin Ilhan ist wissenschaftliche Hilfskraft an der Abteilung für Informationswissenschaft der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Mail: