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Versuch einer Bibliographie von Bibliographien von Bibliographien von Bibliographien

Der Artikel beschreibt die Erstellung einer Meta-Meta-Meta-Bibliographie und liefert eine Bewertung des Ergebnis, bestehend aus vier Universalbibliographien und vier Auswahlbibliographien.


Zitiervorschlag
Jakob Voß, "Versuch einer Bibliographie von Bibliographien von Bibliographien von Bibliographien". LIBREAS. Library Ideas, 29 ().


Einleitung

Die Natur von Bibliographien der Bibliographien, also Bibliographien die ihrerseits bibliographische Verzeichnisse auflisten, wird in den meisten Standardwerken zur Bibliographiekunde erklärt. Werden mehrere solcher Metabibliographien oder Bibliographien zweiter Ordnung in einem Verzeichnis zusammengefasst, so lässt sich dieses Verzeichnis als Bibliographie von Metabibliographien, Meta-Metabibliographie, Bibliographie dritter Ordnung oder Bibliographien von Bibliographien von Bibliographien bezeichnen. Im Folgenden wird der Versuch einer groben Übersicht über solche Meta-Metabibliographien unternommen.

Untersuchung

Im Vergleich zu Meta-Bibliographien ist die Anzahl von Meta-Metabibliographien klein und das Interesse an dieser Art von Verzeichnissen gering. Im Wikipedia- Artikel Bibliografie wird das Konzept (seit einem Eintrag im Februar 2007) lediglich als Idee erwähnt (Lexoldie, 2007):

Es gibt bereits eine ganze Reihe von Metabibliografien zu einzelnen Fachgebieten, sodass die Zusammenstellung einer Bibliografie der Metabibliografien durchaus sinnvoll wäre.

Der Konjunktiv deutet an, dass die Existenz von Meta-Metabibliographien unsicher ist. Es gibt sie allerdings! So führt eine Google-Suche nach bibliography of bibliographies of bibliographies unter anderem zu folgendem Ergebnis (A World Bibliography of Bibliographies 1939):

Eventually the ever increasing number of bibliographies of > bibliographies has justified the publication of Mr. Josephson’s > bibliography of bibliographies of bibliographies.

Verwiesen wird hier auf die zunächst 1901 und in erweiterter Auflage zwischen 1910 und 1913 herausgegebene Bibliographie von Aksel Josephson. Neben der Abhandlung von Taylor (1955), der auf Josephson (1901) als first separate publication of such a list verweist, ist dies auch schon die einzige ausschließliche Meta-Metabibliographie, die in Form eines selbständigen Werkes herausgegeben wurde. Taylor (1955, 129) merkt zudem an, dass die Idee von Josephson nicht neu sei und dass sich vergleichbare Listen in anderen Nachschlagewerken finden, zum Beispiel in den Bibliographien von Bibliographien von Peignot (1812) und Petzholdt (1866).

Abgesehen von Taylor selbst sowie den von ihm angeführten Quellen, blieb jedoch die Suche nach weiteren umfassenden Bibliographien dritter Ordnung erfolglos. Es scheint sich auch später niemand mehr intensiver mit Metabibliographien als Forschungsgegenstand auseinandergesetzt zu haben, so dass das Vorhandensein weiterer umfangreicher Bibliographien von Metabibliographien ebenfalls zu bezweifeln ist. In der englischsprachigen Wikipedia gibt es zwar einen eigenen kurzen Artikel Metabibliography1, dieser enthält jedoch lediglich einige eher willkürlich zusammengestellte Beispiele, so dass diese Liste, zumindest momentan, nicht als weitere Meta-Metabibliographie in Frage kommt.

Hjørland (2008) merkt treffend an, dass ihr praktischer Wert für die Recherche beschränkt ist:

Metabibliographies may again be found in meta-meta bibliographies, and so on. In most real life situations is this a highly problematic way to seek information. Why? Firstly because bibliographies are included in other bibliographies. One usually needs not go to meta-meta-bibliographies. Secondly because the primary literature via its bibliographical references is a more or less self-organized bibliographical system, which is often underestimated by LIS-professionals.

Dennoch konnten im Rahmen von Recherchehilfen und Fachliteratur zur Bibliographiekunde einige begrenzte Meta-Metabibliographien ermittelt werden (Birch, 2015; Gorraiz, 2007?; Keenan, 2015; Rösch & Härkönen, 2003). Auf eine umfangreichere Recherche wurde allerdings zugunsten einer einfachen Internetsuche verzichtet, so dass lediglich frei im Volltext zugängliche Bibliographien berücksichtigt sind.

Neben selbständigen und unselbständigen Bibliographien lassen sich aus Literaturdatenbanken virtuelle Bibliographien erstellen. So sollte beispielsweise die Menge aller mit der DDC-Notation 016.0162 erschlossenen Titel eine Liste von Meta-Bibliographien ergeben. Erschließungsqualität und Recherchemöglichkeit der meisten Kataloge lassen allerdings so stark zu wünschen übrig, dass auch dieses Verfahren keine weitere Meta-Metabibliographien ergibt.

Die Bibliographie

Universalbibliographien

Universalbibliographien umfassen Bibliographien möglichst aller Metabibliographien:

  • Josephson (1901), gedruckt in 500 Exemplaren,3 enthält 156 Titel aus den Jahren 1664 bis 1900. Die Sammlung bildet trotz aller Schwächen die Grundlage der folgenden Werke.

  • Grundtvig (1903)4 korrigiert und ergänzt Josephson im Rahmen einer allgemeinen Kritik verschiedener Metabibliographien.

  • Zwischen 1911 und 1913 gab Josephson (1911a, 1911b, 1912, 19121913b, 19121913a) eine zweite Auflage seiner Bibliographie heraus, bei der er einen Teil der Kritik von Grundtvig berücksichtigte. Wie Taylor (1955, 130) anmerkt, bleibt das Werk jedoch hinter seinen Ambitionen zurück.5 Als Mitarbeiter an der zweiten Auflage werden Charles Henry Lincoln, Adolf C. von Noé und Selma Nachman genannt.

  • Taylor (1955)6 stellt ausführlich die Geschichte der allgemeinen Metabibliographien seit 392 v. Chr. dar. Die Abhandlung enthält Beschreibungen und Bewertungen der aufgeführten Werke und kann als (einziges) Standardwerk zum Thema angesehen werden.

Auswahlbibliographien

Auswahlbibliographien umfassen Empfehlungslisten von Metabibliographien sowie Bibliographien von Metabibliographien eines bestimmten Fachgebietes:

  • Rösch & Härkönen (2003) behandeln Bibliographien der Bibliographien im Rahmen einer Lehrveranstaltung zu allgemeinen Informationsmitteln. Die Sammlung enthält zwei Lehrbücher, vier retrospektive Verzeichnisse, zwei laufende Verzeichnisse und vier Verzeichnisse von allgemeinen Informationsmitteln.

  • Gorraiz (2007?) führt in seiner Bibliographie der Bibliographien zwei Lehrbücher, acht retrospektive Verzeichnisse und fünf laufende Verzeichnisse auf zwischen 1945 und 2003 an. Zur Einführung verweist er auf Taylor (1955). Die Bibliographie ist Teil eines Leitfaden zur Bibliographiekunde.

  • Die von Keenan (2015) herausgegebene Liste von Bibliographies of Bibliographies beinhaltet insgesamt 19 Bibliographien von Bibliographien und anderen Nachschlagewerken zum Thema Russland, Osteuropa und Eurasien. Sie ist Teil eines von der Princeton University Library herausgegebenen Rechercheführers für diese Gebiete.

  • Birch (2015) listet in seinem umfangreichen Nachschlagewerk von Philatelie- Quellen als Bibliography of Bibliographies of Bibliographies zwei Meta- Metabibliographien auf, von denen allerdings eine nur in geringer Auflage an ausgewählte Personen verteilt wurde.

Daten der Bibliographie

Die angemessene Form der Erfassung von Literatur ist eigentlich eine Datenbank. Die Einträge dieser Bibliographie liegen zumindest im BibTeX-Format vor.7 Da dieses Format keine Normdaten unterstützt, hier die Identifier der Werke und beteiligten Personen (sofern vorhanden):

Werke
Personen

Zusammenfassung und Bewertung

Der vorliegende Versuch einer Bibliographie von Bibliographien von Bibliographien von Bibliographien dient in erster Linie dazu, eine Fachveröffentlichung mit ausgefallenem Titel zu lancieren. Da es sich schon bei Bibliographien um Dokumente über Dokumente, also um Meta-Dokumente handelt, bildet diese Übersicht von Meta-Metabibliographien quasi ein Meta- Meta-Meta-Meta-Dokument.9

Das Ergebnis ist überschaubar und vermutlich nicht vollständig: Insgesamt konnten lediglich vier allgemeine Bibliographien von Metabibliographien ausfindig gemacht werden, bei Zusammenfassung verschiedener Auflagen sogar nur drei. Darüber hinaus sind vier Auswahlbibliographien aufgeführt, die nicht auf Vollständigkeit angelegt sind und/oder sich auf ein bestimmtes Fachgebiet beschränken. Es ist zu vermuten, dass im Rahmen von allgemeineren Bibliographien, Nachschlagewerken und Recherchehilfen weitere, derart begrenzte Meta-Metabibliographien (oder zumindest einfache Literaturlisten) existieren.

Trotz dieser Schwächen kann, in Ermangelung ähnlicher Unterfangen, die vorliegende Übersicht als bislang umfangreichstes Verzeichnis von Meta-Meta- Bibliographien angesehen werden. Sollten weitere solche Bibliographien existieren oder erstellt werden, so ist mit einer Meta-Meta-Meta-Bibliographie zu rechnen. Forschungsbedarf besteht vor allem zur Entwicklung von Metabibliographien seit 1955, was mit der Einführung von bibliographischen Datenbanken zusammenfällt.10 Durch eine einfache Suche konnten weder Datenbanken von Datenbanken von Datenbanken noch Kataloge von Katalogen von Katalogen gefunden werden (ihre Existenz ist also nicht ausgeschlossen, aber zumindest zweifelhaft); es gibt allerdings eine Reihe von Listen von Listen von Listen sowie Listen höherer Ordnung.11 Ob die Betrachtung solch allgemeiner Meta-Sammlungen zur Erstellung von Sammlungen höherer Ordnung zielführend ist, darf bezweifelt werden. Vielmehr ist es sinnvoll, für weitergehende Untersuchungen den Akt des Sammeln und Beschreibens anderer Sammlungen und Beschreibungen selbst zu betrachten.12

Literaturverzeichnis

Bagley, P. R. (1951). Electronic Digital Machines for High-Speed Information Searching.

Birch, B. J. (2015). „Bibliographies of Bibliographies“, in The Philatelic Bibliophile’s Companion, 1205–1206. URL: http://www.fipliterature.org/pbcompanion.PDF.

Frank, P. R. Hrsg. (1978). Von der systematischen Bibliographie zur Dokumentation. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Gorraiz, J. (2007?). „Bibliographien der Bibliographien“, in Bibliographie. Leitfaden zur konventionellen Bibliographie mit besonderer Berücksichtigung von CD-ROM- und Web-Ressourcen URL: http://homepage.univie.ac.at/juan.gorraiz/konven/bibbib.htm.

Grundtvig, V. (1903). Gedanken über Bibliographie. Centralblatt für Bibliothekswesen 20, 405–443.

Hjørland, B. (2008). Information Literacy and Digital Literacy. prisma.com. URL: http://revistas.ua.pt/index.php/prismacom/article/view/684.

Josephson, A. (1901). Bibliographies of Bibliographies, chronologically arranged, with occasional notes and an index. Chicago: Bibliographical Society of Chicago.

Josephson, A. (1905). Proposition for the establishment of a bibliographical institute. Chicago.

Josephson, A. (1911a). Bibliographies of Bibliographies. The Bulletin of the Bibliographical Society of America 3, 23–24.

Josephson, A. (1911b). Bibliographies of Bibliographies. The Bulletin of the Bibliographical Society of America 3, 50–53.

Josephson, A. (1912). Bibliographies of Bibliographies (Continuation). The Bulletin of the Bibliographical Society of America 4, 23–27.

Josephson, A. (1912–1913a). Bibliographies of Bibliographies: Second edition (concluded). The Papers of the Bibliographical Society of America 7, 115–123.

Josephson, A. (1912–1913b). Bibliographies of Bibliographies: Second edition (continued). The Papers of the Bibliographical Society of America 7, 33–34.

Keenan, T. Hrsg. (2015). „Bibliographies of Bibliographies“, in Russia, Eastern Europe, and Eurasia: A Research Guide (Pricenton University Library). URL: http://libguides.princeton.edu/c.php?g=84111&p=545030.

Lexoldie, B. (2007). Bibliografie. Wikipedia. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?diff=prev&oldid=27658711.

Peignot, G. (1812). Répertoire bibliographique universel. Paris: Chez Antoine-Augustin Renouard.

Petzholdt, J. (1866). Bibliotheca bibliographica. Leipzig: Engelmann.

Rösch, H., & Härkönen, S. (2003). „Bibliographien der Bibliographien“, in Allgemeine Informationsmittel URL: http://www.fbi.fh-koeln.de/institut/personen/roesch/Material\_Roesch/Informationsmittel/Kapitel5.htm.

Taylor, A. (1955). A history of bibliographies of bibliographies. New Brunswick, N.J.: Scarecrow Press.

Voß, J. (2013). Describing data patterns. A general deconstruction of metadata standards.


  1. https://en.wikipedia.org/wiki/Metabibliography, Stand vom Anfang März 2016

  2. Synthetische Notation aus der Grundnotation 016 (Bibliografien und Kataloge von Werken über einzelne Themen) und der Notation 016 (Bibliografien, Kataloge, Indizes) aus Anhängetafel 1.

  3. Online digitalisiert verfügbar unter https://archive.org/details/bibliographiesof00joserich

  4. Online digitalisiert verfügbar unter http://www.digizeitschriften.de/dms/resolveppn/?PID=GDZPPN000264148, Nachdruck auch bei Frank (1978), S.182-209.

  5. Es bleibt offen, in wie weit Josephson von Paul Otlet’s zeitgleich agierendem Répertoire Bibliographique Universel beeinflusst wurde. Sein Vorschlag zur Einrichtung eines Bibliographischen Instituts (Josephson, 1905) weist zumindest starke Parallelen auf.

  6. Online digitalisiert verfügbar unter https://archive.org/details/AHistoryOfBibliographiesOfBibliographies

  7. Unter https://github.com/jakobib/libreas2016b/blob/master/bibliography.bib

  8. Die von OCLC herausgegebenen Werk-URIs lassen sich wie unter <http://zbw.eu/labs/de/blog /other-editions-of-this-work-an-experiment-with-oclcs-lod-work-identifiers> beschrieben abrufen.

  9. Also ein Meta22-Dokument. Diese Bezeichnung wäre allerdings ebenso verwirrend wie albern.

  10. Die erste Untersuchung zum Einsatz von elektronischen Literaturdatenbanken stammt von Philipp Bagley (1951), der übrigens später ebenfalls den Begriff Metadaten prägte.

  11. Beispielsweise die List of lists of lists in der Englischsprachigen Wikipedia (https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_lists_of_lists) und die irgendwann zwischen 2008 und 2011 von Scott Sisikind zusammengestellte List of Lists of Lists of Lists (http://www.raikoth.net/lololol.html).

  12. Ein Ansatz für den Bereich von (Meta-)Daten liegt vor (Voß, 2013).


Jakob Voß arbeitet im Bereich Forschung und Entwicklung an der Verbundzentrale des GBV (VZG).