> > > LIBREAS. Library Ideas # 19

Annotate via hypothes.is

Download PDF @ edoc HU Berlin
urn:nbn:de:kobv:11-100195007

Hat die Öffentliche Bibliothek einen sozialen Auftrag und wenn ja, welchen? Ein Dialog.


Zitiervorschlag
Wolfgang Kaiser, Karsten Schuldt, "Hat die Öffentliche Bibliothek einen sozialen Auftrag und wenn ja, welchen? Ein Dialog.. ". LIBREAS. Library Ideas, 19 ().


Vorbemerkung

Bibliotheken sind steuerfinanzierte, also von der Gesamtgesellschaft getragene Einrichtungen. Daraus kann abgeleitet werden, dass sie zum Wohle der Gesellschaft wirken sollen. Allerdings wirft diese Aussage mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Was bedeutet zum Wohle der Gesellschaft? Auf wen genau bezieht sich dies? Wie aktiv sollten Bibliotheken sich engagieren? Gibt es Grenzen des Engagements? Es gibt darauf keine einfachen Antworten.

Wir, die beiden Autoren dieses Textes, haben ein Interesse am Fragekomplex Bibliotheken und Soziale Gerechtigkeit entwickelt (Kaiser 2011, Schuldt 2011), gleichzeitig aber bemerkt, dass dies nicht nur ein komplexes Thema darstellt, sondern dass wir uns in zahlreichen Punkten nicht einig sind. Wir können auf der Basis einiger gemeinsamer Grundüberzeugungen immer wieder Argumente und Gegenargumente für unsere beiden Positionen finden. Gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass der Themenbereich eine weit größere Beachtung erhalten sollte, als dies bislang der Fall ist. Die immer wieder in bibliothekarischen Kreisen getroffene Feststellung, dass Öffentliche Bibliotheken niedrige Zugangsbarrieren hätten und somit einen fast egalitären Zugang bieten würden, ist zwar berechtigt – und zudem ein wichtiger Punkt, der für Bibliotheken spricht. Aber dies ist lange nicht ausreichend, um davon zu sprechen, dass Bibliotheken praktisch einen sozialen Auftrag wahrnehmen würden.

Wir haben diesen Text dialogisch angelegt, nicht nur, um die Differenzen und Gemeinsamkeiten unserer beiden Positionen verdeutlichen zu können, sondern auch, um anderen einen leichten Anschluss an unsere Diskussion zu ermöglichen. Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass in den Bibliotheken vor Ort weit mehr getan wird, als nur die Zugangsschwellen möglichst niedrig zu halten. Allerdings scheint diese Arbeit nicht sichtbar zu sein. Wir würden uns freuen, wenn sich dies änderte, auch um von den Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen vor Ort lernen zu können.

Gibt es einen sozialen Auftrag für Bibliotheken?

Frage: Gibt es einen sozialen Auftrag für Bibliotheken und woraus ergibt sich dieser? Oder anders gefragt: Haben Bibliotheken die Aufgabe, auf soziale Verwerfungen innerhalb der Gesellschaft zu reagieren?[Fn 1]

Wolfgang Kaiser

Als die ersten öffentlichen Büchereien in Deutschland entstanden, gab es gewisse gesellschaftliche Initiativen, die vom Bürgertum ausgingen und das Ziel hatten, den materiell benachteiligten Schichten einen Zugang zur Lesekultur zu vermitteln. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Bücherhallenbewegung und andere Initiativen den Bildungseifer der unteren sozialen Schichten beförderten. Käufer (1982) kennzeichnete diese Bewegung als eine, welche zur Lösung der „sozialen Frage” beitragen wollte. Damit waren damals Arbeitslosigkeit, Armut, Gefährdung der Familie und Alkoholismus gemeint, die heute trotz guter Konjunkturdaten nicht verschwunden sind. Das damalige hehre Ziel wurde meines Erachtens aus den Augen verloren. Warum gibt es von Seiten der Verbände, der Politik und der BibliothekarInnen keine Forderung nach einem Revival dieses ursprünglichen Ziels?

„Czudnochowski und Lüdtke formulierten im Anschluss an das ,KGSt-Gutachten‘ von 1973 einen ,umfassenden gesellschaftlichen Auftrag‘” (Schulz 2009, S. 53), welchen öffentliche Bibliotheken erfüllen sollen. Dabei wurde von beiden Autorinnen explizit darauf hingewiesen, dass die Bibliothek diesen nur erfüllen könne, wenn sie sich die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen und Veränderungen bewusst macht und darauf reagiert. Dass die Öffentliche Bibliothek eindeutig ein gesellschaftlicher Akteur sein sollte, haben Kaden und Kindling zuletzt 2007 herausgearbeitet. (Kaden & Kindling 2007) Würden sich mehr Öffentliche Bibliotheken, Verbände und Ausbildungseinrichtungen ausführlicher mit dem Artikel 20 im Grundgesetz zur Einhaltung des Sozialstaatsangebots identifizieren, wäre die Erfüllung des sozialen Auftrags eine Selbstverständlichkeit.

Sie wären durchaus in der Lage zum Beispiel Menschen, die aus sozioökonomischen Gründen noch von der politischen Meinungs- und Willensbildung weitestgehend ausgeschlossen sind, diese Bildungs- und Teilhabechancen zu ermöglichen, um mehr am Gemeinwesen zu partizipieren als bisher. Bibliotheken sind stets von ihrem soziokulturellen Umfeld geprägt und sind in der Lage dieses ebenso zu verändern, indem sie auf diese Verwerfungen reagieren. Aber inwiefern kommen sie dieser Aufgabe qualitativ überhaupt nach?

 

Karsten Schuldt

Als Einrichtungen, die von Gesellschaften unterhalten werden, haben Bibliotheken selbstverständlich auch den Auftrag, diesen Gesellschaften nützlich zu sein. Allerdings: Gesellschaften sind kein monolithischen Gebilde, sondern komplexe, von ständigen sozialen Veränderungen und Machtkämpfen durchzogene Entitäten. Die Veränderungen innerhalb dieser Entitäten schlagen sich selbstverständlich auch in den realen und angenommenen Aufgabenstellungen, welche von diesen Gesellschaften an die von ihnen unterhaltenen Einrichtungen implizit und explizit gestellt werden, nieder. Zudem haben Gesellschaften immer wieder die Angewohnheit, dass ihre Anforderungen an gesellschaftliche Einrichtungen nicht klar abzuleiten sind und sich zudem oft sehr widersprüchlich darstellen.

Das Schulsystem ist ein gutes Beispiel für diese Schwierigkeit: Ebenso aus Steuern finanziert und – trotz steigendem Einfluss unterschiedlicher Interessengruppen – vom Staat gesteuert, wie Bibliotheken, werden an die Schulen sehr unterschiedliche Anforderungen gestellt. Sie sollen Menschen bestmöglich für den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft ausbilden, gleichzeitig sollen die ausgebildeten Menschen selbstverantwortlich entscheiden und handeln, sollen nicht nur ausreichend Wissen akkumuliert haben, sondern dieses Wissen eigenständig, reflektiert und intrinsisch motiviert anwenden können, wenn es notwendig ist. Einerseits soll die Gesellschaft reproduziert, anderseits die Subjekte selbstverantwortlich werden. (Leser 2011, Giesinger 2011) Das muss kein Widerspruch sein, aber es ist nicht deckungsgleich, auch nicht in einer freien und demokratischen Gesellschaft. Zu selbstverantwortlich zu sein kann beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt negative Auswirkungen haben. Gleichzeitig wird dem Schulsystem aktuell die Aufgabe gestellt, alle Schülerinnen und Schüler bestmöglich, individualisiert und qualitätsvoll zu fördern und gleichzeitig Probleme der gesellschaftlichen Stratifikation zu lösen, also insbesondere benachteiligten Personen über Bildung Möglichkeiten zu eröffnen. (Brandes, Friedel & Röseler 2011) Das ist selbstverständlich ein Widerspruch: Wenn man alle Schülerinnen und Schüler bestmöglich und individuell fördert, fördert man die mit einer besser sozialen Ausgangslage und einem stabileren Unterstützungssystem auch weit besser, als die sozial Benachteiligten; selbst wenn bei denen ein stabiler Unterstützungssystem vorhanden ist, was oft nicht der Fall ist (Kramer 2011, Bourdieu & Passeron 1971). Dennoch: Beide Forderungen, die nach einem sozialen Ausgleich durch Bildung und die nach einer individuellen Förderung aller Talente, sind Anforderungen, die sich aus den grundlegenden Konturen freier und demokratischer Gesellschaften ergeben (Vgl. Heimbach-Steins, Kruip & Kunze 2009).

Um noch weiter zu gehen: Die Forderungen gesellschaftlicher Akteure und die Anforderungen aus der Gesellschaft können sich sogar direkt widersprechen. Dies ist bei den Hauptschulen in Deutschland deutlich zu sehen. Auch wenn in den letzten Monaten eine Veränderung von Positionen, insbesondere in konservativen Kreisen, zu verzeichnen ist, galt und gilt doch, dass ein Großteil der konservativen gesellschaftlichen Akteure – organisiert beispielsweise in der CDU und CSU, in einigen pädagogischen Verbänden und mit Leitmedien wie der FAZ und der Welt – die Existenz eines dreigliedrigen Schulsystems und damit auch der Hauptschulen als gesellschaftliche Notwendigkeit ansieht und verteidigt. Gleichzeitig gibt es seit Jahrzehnten einen klaren gesellschaftlichen Trend fort von Hauptschulen: Der Ausbildungs- und Arbeitsmarkt hat den Wert der Hauptschulausbildung negiert, gleichzeitig melden immer weniger Eltern ihre Kinder an Hauptschulen an. Das ist eine klare gesellschaftliche Entwicklung. (Bos, Müller & Stubbe 2010) Ohne auf die Gründe dafür einzugehen, zeigt dieses Beispiel, dass man bei der Frage, welche gesellschaftlichen Aufgaben eine Einrichtung hat, nicht nur auf Verlautbarungen einzelner Akteurinnen und Akteure, auch nicht auf Positionspapiere, Meinungen von Parteien, Regierungen, der EU, Stiftungen und NGOs sowie Gesetzestexte schauen kann, sondern dass man ebenso die Gesellschaft und deren implizite Anforderungen identifizieren muss. Bei den Hauptschulen ist dies sehr einfach: Arbeitsmarkt und Gesamtgesellschaft sehen sie – zumindest in der existenten Form – als unnotwendig an, insoweit müssen sie radikal verändert oder abgeschafft werden. Dies scheint auch – dank des Bildungsföderalismus 16 Mal anders – zu geschehen.

Aber zurück zu der Eingangsfrage: Wenn für das Schulsystem gilt, dass es offenbar mehrere gesellschaftliche Anforderungen an dieses gibt, welche sich zum Teil widersprechen, dann gilt das ebenso für Öffentliche Bibliotheken. Die strukturellen Gemeinsamkeiten zwischen Schul- und Bibliothekssystem sind groß genug, um dies abzuleiten. Die Frage ist, wie diese Anforderungen zumindest identifiziert werden können. Wie gesagt reicht es dazu nicht aus, einige Positionspapiere und das Grundgesetz zu zitieren. Wir müssen vielmehr die Frage stellen, in welcher Gesellschaft die Personen in der heutigen Gesellschaft leben wollen. Dies ist eine gleichzeitig ethische und politische Frage.

Schauen wir auf aktuelle soziale und gesellschaftliche Auseinandersetzungen, aber auch auf die Punkte, in denen in großen Teilen Konsens besteht, so können wir immerhin Grundlinien einer Gesellschaft zeichnen, die von den meisten Menschen als erstrebenswert angesehen wird: Diese Gesellschaft soll einerseits für die Individuen Freiheit ermöglichen. Freiheit heißt dabei nicht nur, möglichst viele Dinge tun zu dürfen, sondern auch, dafür verantwortlich zu sein und verantwortlich gemacht werden zu können, Dinge zu tun oder nicht zu tun. Gleichzeitig beinhaltet die moderne Idee von Freiheit immer auch die Freiheit zur eigenen Entwicklung, insbesondere durch Bildung und sozialen Aufstieg.

Dies führt zu einer weiteren Grundlinie: Gesellschaften, in denen es sozialen Aufstieg gibt, sind immer auch Gesellschaften, in denen soziale Unterschiede akzeptiert sind. Dass es unterschiedliche gesellschaftliche Positionen gibt, ist allgemein akzeptiert. Die Frage ist, wie weit sich diese Positionen unterscheiden sollen, was an diese Positionen gebunden ist und wie eine Person in solche Positionen gelangt. Die Antwort darauf wird immer wieder neu verhandelt, aber es ist klar, dass ein zu großer Unterschied zwischen Reich und Arm als gesellschaftlicher Skandal gilt, gleichzeitig gilt es als Skandal, wenn jemand in einer besseren gesellschaftlichen Position damit auch mehr soziale Rechte genießen soll. Dass beispielsweise der Einfluss der mittleren und oberen Sozialschichten auf politische Entscheidungen größer ist, als der von Menschen aus anderen Sozialschichten, gilt immerhin als Fehler, der behoben werden muss, auch wenn nicht klar ist, wie. Aber die Gleichsetzung von ökonomischer und politischer Macht wird weithin skandalisiert. Zudem, und hier kommen wir wieder auf Bibliotheken und andere von der Gesellschaft getragene Einrichtungen zurück, gilt es in der Gesellschaft als notwendig, dass Menschen aufgrund ihrer eigenen Anstrengungen und Fähigkeiten eine gesellschaftliche Position erreichen, nicht aufgrund von Herkunft oder anderen Ausgrenzungsmechanismen. Sehr explizit wird an gesellschaftliche Einrichtungen die Forderung gestellt, eine so genannte Chancengleichheit sicherzustellen.

Fragwürdig ist in der gesellschaftlichen Debatte nur, was Chancengleichheit heißt. Es gibt die Tendenz, diese auf die Anfangsphase eines Lebens zu reduzieren, also davon auszugehen, dass eine Förderung in den ersten Jahren und eine gemeinsame Ausbildung in den ersten Schuljahren eine ausreichende Gerechtigkeit herstellen würde. Gleichzeitig ist diese Position nicht so stark, wie sie scheint. Insbesondere Personen und Institutionen, die sich mit der gesellschaftlichen Realität befassen – beispielsweise pädagogisch Handelnde oder Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler – gehen davon aus, dass die Barrieren und Ungerechtigkeiten, die gesellschaftlich hergestellt sind, beständig wirken. Eine Gesellschaft, die fair Chancen verteilen will, muss deshalb das gesamte Leben von Individuen begleiten. Diese Begleitung findet vor allem durch den Unterhalt gesellschaftlicher Einrichtungen, zu denen Bibliotheken zählen, statt. (Brandes, Friedel & Röseler 2011. Zu einer Diskussion dieser Frage aus Sicht der Sozialen Arbeit siehe Schagerl 2009.)

Zusammenfassend: Moderne Gesellschaften versuchen, einerseits eine möglichst große Freiheit von Individuen zu ermöglichen, gleichzeitig gerecht zu sein in dem Maße, dass soziale Unterschiede vorhanden sein, aber nicht zu groß werden dürfen, und dass die einzelnen Individuen dabei unterstützt werden müssen, Chancen zu erhalten, ihr eigenes Leben (und die Entwicklung der Gesellschaft) zu bestimmen (Rawls 2007). Aus diesem Anspruch an die Gesellschaft, die vom Großteil der Personen in ihr und den Institutionen getragen wird, ergibt sich auch die Aufgabe von Bibliotheken dazu beizutragen, diese Gesellschaft zu unterstützen. Dies funktioniert nur, wenn die gesellschaftliche Realität wahrgenommen und nicht mit einfachen Erklärungsmustern überdeckt wird. Gesellschaftliche Verwerfungen müssen wahrgenommen werden.

Dabei sollte klar sein, dass die angestrebte Gerechtigkeit innerhalb moderner Gesellschaften niemals als solche erreicht werden – dieses Versprechen ist nicht einlösbar (vgl. Gelhard 2011) –, sondern sich ihr nur angenähert werden kann. Die der Gerechtigkeit widerstrebenden sozialen Kräfte – beispielsweise der Wettbewerbscharakter des Arbeitsmarktes – sind nicht nur stark, sondern werden ebenso als notwendiger Teil der Gesellschaft angesehen. Es geht immer um eine beständige Annäherung.

 

Frage: Ganz offensichtlich hat die bibliothekarische Arbeit in Bezug auf die Überwindung der gesellschaftlichen Verwerfungen ihre Grenzen. Wie aber loten wir diese Grenzen aus? Wo sind sie realistisch anzuzeigen? Sollen Bibliotheken versuchen, diese Grenzen zu überwinden?

Wolfgang Kaiser

In der bibliothekarischen Ausbildung beziehungsweise im Studium haben die meisten „AnfängerInnen” von uns keine sozialpädagogische Ausbildung erhalten. Durch den Wegfall des Zivildienstes, durch die Verkürzung des Studiums und der damit einhergehenden Kapitalisierung der Bildung mit dem Inkrafttreten des Bolognaprozesses (Münch 2010, S. 47ff.), wird es zukünftig wohl wesentlich weniger ErstsemesterstudentInnen der Bibliotheks- und Informationswissenschaft geben, die bereits Erfahrungen mit sozialen Tätigkeiten und mit Menschen in soziokulturellen Bereichen sammelten. Nicht jeder/jede, der/die BibliothekarIn wird, ist sich heute bewusst, dass es sich auch um einen Beruf mit sozialer Verantwortung handelt. Es wäre ein beachtliches Ziel, wenn diese Grenzen überwunden werden könnten. Doch dann müssten alle an einem Strang ziehen: sowohl die Ausbilder, die Unterhaltsträger als auch die BibliothekarInnen.

Doch wird dies von den ebengenannten EntscheidungsträgerInnen überhaupt gefordert?

Willimont formulierte es so: ”[…] Librarians are primarily experts in organizing and finding information.“ (Willimont 2009, S. 4)

Darin liegt genau das „Problem“, dass BibliothekarInnen mit ihrem bisherigen Wissen und vermittelten Kompetenzen alleine nicht fähig sind, gewisse Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Die im Juni veröffentlichte Ver.di-Umfrage hat deutlich gezeigt, dass BibliothekarInnen die ersten wären, um auf mögliche Veränderungen zu reagieren. Wenn aber die Rahmenbedingungen nicht stimmen, wie die Umfrage ja deutlich machte, dann sind die Grenzen längst erreicht. An dieser Stelle will ich nur einige Punkte nennen: Zufriedenheit, Begeisterung, Anerkennung und Verbundenheit mit der eigenen Arbeit sind schwach ausgeprägt.

Der Umfrage zufolge sehen sich die meisten BibliothekarInnen, die daran teilnahmen (Anmerkung: Die Resonanz war sehr hoch), in einer Arbeitssituation, die nah an Schlechter Arbeit liegt. Solange sich diese Bedingungen nicht verbessern, sehe ich auch gar keine Grundlage, über eine Überwindung der Grenzen zu diskutieren.

Das Studium, die Ausbildung und die Möglichkeiten, für QuereinsteigerInnen in den Beruf einzutreten, sollten sich dahingehend ändern, dass die soziale Komponente und der gesellschaftliche Auftrag auch wirklich benannt und anhand von Seminaren ein Bewusstsein und eine Allgemeinbildung in sozialer Arbeit und transkultureller Kompetenzen vermittelt werden.

 

Karsten Schuldt

Wolfgang Kaiser hat in seiner Antwort auf die Ausbildung der Bibliothekarinnen und Bibliothekare hingewiesen, ich würde daran gerne anschließen. Wenn Öffentliche Bibliotheken Einrichtungen sind, die von der Gesellschaft finanziert und damit auch beauftragt werden, soziale Verwerfungen zu identifizieren und an ihrer Überwindung zu arbeiten, dann muss das bibliothekarische Personal auch in die Lage versetzt werden, das zu tun. Dies beinhaltet nicht nur eine ausreichende personelle und finanzielle Ausstattung – auch wenn klar sein sollte, dass es ohne diese nicht geht –, sondern auch sozialwissenschaftliche und sozialpädagogische Kenntnisse. Wer in der Gesellschaft arbeiten will, muss sich auch mit den grundlegenden gesellschaftlichen Strukturen auskennen. Beispielsweise ist ein Wissen über die tatsächlichen Strukturdaten einer Gesellschaft notwendig, es ist notwendig, zumindest ansatzweise die Verbindung von beispielsweise Bildung und sozialer Schicht zu verstehen. Dies bedeutet nicht nur, zu wissen, dass es empirische Hinweise auf diesen Zusammenhang gibt, sondern auch, Grundmodelle zur Erklärung dieses Zusammenhanges zu kennen. Und – dies ist eher der sozialpädagogische Teil – auch in der Lage zu sein, diese gesellschaftlichen Zusammenhänge auf die Ebene der einzelnen Individuen zu interpretieren. Solche Aussage wie, dass Menschen in schwachen Sozialschichten mehr Bildung brauchen, weil sie bildungsarm wären, zeigen eher, dass der Zusammenhang nicht verstanden beziehungsweise unzuverlässig reduziert wird. (Vgl. Becker 2011, Demmer 2011)

Ein solches Wissen über die Funktionsweise der Gesellschaft – dies eine wichtige Erkenntnisse aus der Sozialen Arbeit – zeigt auch immer die Grenzen der eigenen Arbeit und deren Möglichkeiten auf, allerdings oft in einem Maße, welches klare Handlungsmöglichkeiten eröffnet. (Heiner 2010) Erst mit einem solchen Wissen und einer Handlungskompetenz ähnlich der Sozialen Arbeit sind Öffentliche Bibliotheken in der Lage, lokal und in einem überlokalen Rahmen die gesellschaftlichen Verwerfungen zu identifizieren, die sie sinnvoll zu überwinden helfen können. Zumindest, wenn sie über Absichtserklärungen hinausgehen wollen.

Werden Öffentliche Bibliotheken mit dieser Anforderung überfrachtet? Selbstverständlich, genauso wie es aktuell bei Schulen, der Sozialen Arbeit, der Museumspädagogik, der Weiterbildung, der politischen Bildung und eigentlich allen gesellschaftlichen Einrichtungen und Initiativen geschieht. Die Gesellschaft delegiert immer mehr soziale Probleme und Fragen an den Bildungssektor (inklusive aller Einrichtungen, die wie Bibliotheken auch andere Aufgaben als Bildung haben) und überfordert diesen damit. Dies ist einerseits ein gesellschaftlicher Fortschritt, da weniger soziale Probleme als polizeiliche definiert werden. Anderseits ist dies ein Rückschritt, da weniger über die gesellschaftliche Überwindung gesellschaftlicher Strukturen und Probleme geredet wird, wenn sie – vermeintlich oder tatsächlich – als Bildungsprobleme identifiziert sind. Ein Effekt dieser Verschiebung ist, dass sich gesellschaftliche Einrichtungen weit mehr mit gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzen müssen als bisher. Das wird nicht lange funktionieren. Entweder die Gesellschaft geht dazu über, ihren Anforderungen an die Einrichtungen auch eine ausreichende personelle und finanzielle Unterstützung folgen zu lassen, wie dies zumindest zum Teil mit der Schulsozialarbeit geschieht. (Speck 2007, Drilling 2009) Oder aber sie wird sich wieder mehr mit der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion von gesellschaftlichen Problemlagen beschäftigen müssen. Bis dato aber werden Einrichtungen wie Bibliotheken Aufgaben gestellt werden, die sie strukturell überfordern.

 

Frage: Wenn Bibliotheken die Aufgabe annehmen, zur Sozialen Gerechtigkeit beizutragen, werden sie dann nicht zu politischen Einrichtungen? Sollen sie dies werden und wenn ja, bis zu welchen Punkt?

Wolfgang Kaiser

Einrichtungen der öffentlichen Daseinsfürsorge kommt ein gesellschaftlicher Auftrag zu, diese (soziale) Gerechtigkeit zu fördern. Ja, die Öffentliche Bibliothek wird zu einer politischen Einrichtung, da sie als öffentliche kulturvermittelnde, kulturell geprägte und prägende Institution mit der Außenwelt – der Öffentlichkeit – kommuniziert und gesellschaftlich grundsätzlich allen offen stehen soll(te).

Wenn Menschen die Teilhabe an diesen Einrichtungen verwehrt wird oder diese nicht gegeben ist, dann verstößt dies gegen die Prinzipien der demokratischen Grundordnung. Terkessidis sprach in seinem 2010 erschienen Buch „Interkultur” von Barrierefreiheit. Er fasste diesen Begriff weiter und meinte dabei auch Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, die ihren Auftrag ruhig etwas ernster nehmen sollten. Im Hinblick auf die Erhöhung der Teilhabe- und Partizipationschancen unterschiedlicher Menschen an ihrer Öffentlichen Bibliothek soll an dieser Stelle seine Definition unbedingt Erwähnung finden:

„Um Barrierefreiheit zu erreichen, muss bereits bei der Planung berücksichtigt werden, dass es den »Normbenutzer« nicht gibt, sondern dass Personen sich in allen möglichen Beziehungen unterscheiden. Es gilt, Umgebungen so zu gestalten, dass alle Menschen sie trotz ihrer Unterschiede gleichermaßen nutzen können.” (Terkessidis 2010, S. 113)

Wurden denn in Bibliotheken schon einmal Barrieren definiert; gefragt, warum von der Norm abweichende NutzerInnen diese Einrichtungen nicht mehr nutzen? Darin liegt ein großes Manko. Natürlich sind Öffentliche Bibliotheken politische Einrichtungen, solange die darin enthaltenen Massenmedien den Pluralismus (gemäß Art. 5 GG) ihrer vielfältigen Gesellschaft widerspiegeln. Dies machte Schulz ja in ihrer 2009 veröffentlichten Publikation deutlich. (Schulz 2009)

 

Karsten Schuldt

Ja, Bibliotheken werden aktiv zum Teil der Gesellschaft, wenn sie sich an die Aufgabe machen, soziale Verwerfungen zu überwinden. Damit bewegen sie sich aus der politischen Neutralität, die sie implizit in Anspruch nehmen, heraus. Wer sich mit Armut und Sozialer Gerechtigkeit beschäftigt, kommt nicht umhin, Fragen danach zu stellen, wieso es überhaupt soziale Ungerechtigkeiten gibt. (Kronauer 2010) Dass es vorrangig gesellschaftliche Strukturen sind – und nicht persönliche Entscheidungen oder Fehler, auch selten persönliches Unglück – scheint Konsens zu sein. Die Frage ist nur, welche Strukturen wie wirken. Und jede Antwort auf diese Frage ist ein politisches Statement, denn es bedeutet, Position zu beziehen in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Sich von diesen Fragen fernhalten und einzig um sozial Schwache zu kümmern, wie es teilweise angestrebt wird, ist nicht wirklich möglich. Schon die Bestimmung, wer als sozial schwach oder eben nicht schwach gilt, ist eine politische Entscheidung, ebenso die Auswahl der Dinge, an denen mit der Unterstützung angesetzt werden soll. Wer sich beispielsweise dazu entscheidet, Soziale Gerechtigkeit mit der Förderung des Gebrauchs der deutschen Sprache oder einem Bewerbungstraining zu unterstützen, trifft politische Aussagen.

Oder anders gesagt: Gesellschaftliche Einrichtungen sind immer politisch, ob sie es wollen oder nicht. (Siehe für diese Diskussion anhand der Lebensmitteltafeln Selke 2009.) Dabei dürfen sie als Einrichtungen, die der Gesamtgesellschaft dienen sollen – einer Gesamtgesellschaft, um daran noch einmal zu erinnern, die eine größtmögliche individuelle Freiheit anstrebt und an sich einen staatliche Utilitarismus ablehnt (auch wenn sie ihn oft implizit wieder einführt, wenn zum Beispiel Bildung eingesetzt wird, um den Arbeitsmarkt zu fördern) – selbstverständlich keine Position negieren. Das ist das Recht von Tendenzbetrieben. Es muss immer wieder darauf geachtet werden, dass ein politische Positionierung nicht zu verhindern, eine endgültige politische Festlegung allerdings ebenso nicht möglich ist. Neutralität allerdings ist ebenso wenig möglich, wie rein objektive Aussagen über gesellschaftliche Strukturen.

Was heißt Soziale Gerechtigkeit?

Frage: Soziale Gerechtigkeit ist ein ständig in politischen und gesellschaftlichen Debatten wiederkehrendes Thema. Dabei herrscht die Überzeugung vor, dass Soziale Gerechtigkeit nicht mit Sozialer Gleichheit in eins gesetzt werden kann. Wie allerdings ist Soziale Gerechtigkeit ansonsten zu definieren und begründen? Und wie lässt sich dieser Diskurs – wenn überhaupt – auf Öffentliche Bibliotheken übertragen?

Wolfgang Kaiser

Eine Frage soll ja nicht mit einer Gegenfrage beantwortet werden, aber: Gibt es überhaupt innerhalb der Kommunen, des Berufsstandes beziehungsweise der Einzugsgebiete der Stadtteilbibliotheken ein gemeinsames Verständnis für diesen Begriff? Haben alle BürgerInnen und BewohnerInnen des Landes gleiche Zugangschancen zu Bildung und inwiefern nutzt ein Querschnitt der Gesellschaft, die öffentlichen Einrichtungen (Theater, Bibliotheken, Schwimmbäder) einer Kommune? Auf den Bibliothekskontext hin bezogen sollte „soziale Gerechtigkeit” ein Mindestmaß dieser Chancengleichheit einer breiten Vielfalt der Gesellschaft gewährleistet werden. Seit einigen Jahren schon hat sich zu den traditionellen Paradigmen im bundesdeutschen Sozialstaatsdiskurs, zur Bedarfs- und Leistungsgerechtigkeit der Begriff der (Chancen- oder) Teilhabegerechtigkeit gesellt. Dies wäre meiner Ansicht nach der Ausgangspunkt beziehungsweise die Bezugsgröße für Öffentliche Bibliotheken.

Hinzu kommen Zahlen, die von Meinhard Motzko und im Gespräch mit BibliothekarInnen entstanden sind, denn hierzulande nutzen etwa nur 30% der Bevölkerung Öffentliche Bibliotheken (Motzko 2008, S.50). Andere wiederum glauben, dass die Nutzung als Lernort höhere Prozentangaben beträgt. Reicht es dann aber für eine Bibliothek aus, Lese- und Lernplätze anzubieten? Das könnten das Betahaus und andere Anbieter ja auch leisten. Bei wem liegt die Verantwortung für die niedrige Teilhabe, die niedrigen Ausleihzahlen, den niedrigen Partizipations- und Identifikationsgrad mit Öffentlichen Bibliotheken im Einzugsgebiet?

Ganz sicherlich sind Öffentliche Bibliotheken nicht per se sozial ungerecht, aber wie schon John Vincent letztes Jahr in Stratford-upon-Avon sagte: „Libraries are not very keen on groups, which don’t have an great output.”

Genau an dieser Stelle würde nach meiner Auffassung soziale Gerechtigkeit für Öffentliche Bibliotheken beginnen: Wenn Gruppen aufgrund ihrer sozioökonomischen Verhältnisse nicht über das soziale und kulturelle Kapital verfügen wie die/der durchschnittliche „BibliotheksmittelschichtsnutzerIn”, um sie überhaupt zu nutzen, wertzuschätzen, aber auch Forderungen und Wünsche zu formulieren. Auf der anderen Seite gibt es die Öffentlichen Bibliotheken der Daseinsfürsorge, die ganz klar einen sozialen Auftrag zu erfüllen hätten und für ebensolche Gruppen ein barrierefreies Umfeld (nach Terkessidis 2010) schaffen müssten. Erst wenn diese Ziele in Leitbildern, aber vor allem in der Realität verwirklicht werden würden, nämlich eine stärkere Teilhabe von Menschen zu ermöglichen ungeachtet der Herkunft, deren Einkommen, deren Behinderungsgrad oder sonstiger Marginalisierungskriterien, dann wäre es realistisch von sozialer Gerechtigkeit im Sinne von Chancengleichheit im Bibliothekskontext zu sprechen.

 

Karsten Schuldt

Soziale Gerechtigkeit, die ich im Übrigen als Konzept verstehe, nicht als reine Eigenschaft und deshalb groß schreibe, heißt in einer modernen und offenen Gesellschaft Chancengleichheit plus Verteilungsgerechtigkeit. Verteilungsgerechtigkeit in dem Maße, dass es offenbar notwendig ist, eine gesellschaftliche Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, welche grundsätzlich allen Menschen zugänglich sein und ihr Leben und Überleben ermöglichen soll. Wie diese Infrastruktur aussieht, wird vor allem vom gesellschaftlichen Umfeld bestimmt. Chancengerechtigkeit in dem Sinne, dass sie allen Menschen ermöglichen soll, eigene Entscheidungen über ihr Leben zu treffen und diese umzusetzen. Dazu soll die Gesellschaft beispielsweise Bildungs- und Karrierewege eröffnen, gleichzeitig aber auch nicht forcieren.

Bekanntlich funktioniert das in der heutigen Gesellschaft nicht so, wie es sollte: Bildungs- und vor allem Lebenswege sind verstellt. Viele Menschen können bestimmte Entscheidungen nicht treffen. Solange beispielsweise der Großteil der Arbeitsplätze immer noch über persönliche Kontakte vermittelt wird, haben diejenigen Menschen mit wenigen sozialen Kontakten – und vor allem keine in höhere soziale Schichten hinein – weit weniger realistische Möglichkeit, bestimmte Berufsentscheidungen zu treffen, als andere Menschen. Solange der Bezug von Hartz IV an eine enge Kontrolle der Leistungsbeziehenden gebunden ist, haben diese weniger Chancen, über ihr Leben zu bestimmen. Dennoch: Der Anspruch an die Gesellschaft hat sich etabliert, eine stabile gesellschaftliche Grundlage zur möglichst freien Entfaltung der Individuen soll geschaffen und unterhalten werden; gleichzeitig sollen Barrieren, welche die individuelle Entfaltung verhindern, abgeschafft werden. Dies wird als Soziale Gerechtigkeit verstanden.

Lässt sich das auf Bibliotheken übertragen? Zum Teil. Sicherlich gibt es genügend Barrieren, welche die Nutzung von Bibliotheken verhindern, insbesondere soziale und habituelle, an denen gearbeitet werden kann. Wichtig ist allerdings, dass Soziale Gerechtigkeit mit Freiheit einhergeht: Auch der Freiheit, Öffentliche Bibliotheken zu nutzen oder nicht zu nutzen. Niemand, auch keine Bibliothek, hat das Recht, Individuen vorzuschreiben, dass und wie sie genutzt werden, außer es lassen sich dafür gute Gründe anführen. Die sind aber für andere Einrichtungen besser zu liefern, als für Bibliotheken.

Es gibt das absurde Bestreben, implizit eine hundertprozentige Nutzung Öffentlicher Bibliotheken anzustreben: 100% der potentiellen Nutzerinnen und Nutzer sollen eine Bibliothek aktiv nutzen. So kommt Wolfgang Kaiser auch im Anschluss an Meinhard Motzko dazu, eine Nutzungszahl von 30% als gering zu bezeichnen. Das scheint mir ein falscher Ansatz zu sein. Bibliotheken stellen eine Infrastruktur dar, die potentiell genutzt werden kann. Alle Menschen müssen die Chance haben, diese und alle Angebote der Bibliotheken zu nutzen. Nimmt nur eine soziale Gruppe die Angebote zu einem großen Teil an und andere nicht, mag das ein Grund sein, zu fragen, ob die Chancen ersterer strukturell eingeschränkt oder die letzterer besonders gefördert werden. (Und sicherlich sind sinkende Nutzerinnen- und Nutzerzahlen ein Grund zur Sorge.) Aber Soziale Gerechtigkeit in einer freien Gesellschaft heißt gerade nicht, dass alle Individuen alle Angebote einer freiwillig nutzbaren Einrichtung nutzen müssen, sondern dass sie alle die Freiheit haben, selber zu entscheiden, ob sie dies wollen und als sinnvoll ansehen. Sie müssen immer das Potential haben, auch wenn sie es nicht nutzen. Und dies muss ihnen ermöglicht werden, pro-aktiv, teilweise durch die Vermittlung von Wissen, teilweise durch den Abbau von strukturellen Barrieren.

 

Wolfgang Kaiser

Keinesfalls soll der Eindruck entstehen, dass ich mich zu denjenigen Personen zähle, die eine hundertprozentige Bibliotheksnutzung für realistisch halten, da ich diese für absolut utopisch halte. Aber gegenwärtig kenne ich viele Bibliotheken, die kaum besucht werden und wenn, dann sind es "alte" NutzerInnen, denen diese Einrichtung vertraut ist. In England erfuhr ich im letzten Jahr, dass dort durchschnittlich 50 % der EinwohnerInnen eine Bibliothek nutzen, wie auch aus dem Buch "Public Libraries and Social Justice" hervorgeht. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass mehr Menschen an Öffentlichen Bibliotheken partizipieren sollten als bisher und 30% der Gesamtbevölkerung eines Landes absolut zu wenig ist. Die Userorientierung hat meiner Meinung nach auch etwas mit demokratischen Strukturen zu tun, da eine Öffentliche Bibliothek grundsätzlichen allen gehört. Würde der Anteil der Schüler und Senioren vom Gesamtanteil der NutzerInnen abgezogen, kämen viele Alters- und Gesellschaftsschichten überhaupt nicht vor. Auf dem letzten Bibliothekartag wurde Meinhardt Motzko von der Leiterin der Stadtbücherei Traunstein gelobt, da er ihr half, gegenüber den Unterhaltsträgern eine bessere Argumentationsbasis und gesicherte finanzielle Zuwendungen zu erhalten. In keinem seiner Artikel fordert Motzko eine 100%-Nutzung. Es war manchmal deprimierend, wenn ich Bibliotheken besuchte oder dort Praktika absolvierte und erlebte, dass keiner kam. Aus diesem Grund ist es meines Erachtens durchaus begrüßenswert, wenn der Anteil höher wäre. Denn es gibt gelegentlich noch Bibliotheken, welche ihre Bestände nach den literarischen Vorlieben der LeiterInnen ausrichten. Deshalb spreche ich mich konkret für eine höhere Nutzung aus und fordere mehr Beteiligungsmöglichkeiten.

 

Frage: Zu bestimmen, was sozial nicht gerecht ist, ist einfacher, als zu bestimmen, was gerecht ist. Wie aber kommen wir dann zu einer Definition, insbesondere bezogen auf Bibliotheken?

Wolfgang Kaiser

Sozial ungerecht ist es, wenn öffentliche Einrichtungen, wie unter anderem Theater, ein bildungsbürgerliches Ideal zur Norm erklären und die soziale Distinktion gegenüber den anderen gesellschaftlichen Schichten pflegen, die diese Einrichtungen mit einem großen Anteil mitfinanzieren. Diese Tatsachen liegen mit Sicherheit auch bei Bibliotheken vor, wenn auch weniger ausgeprägt, wie ich vermute. Die Europäische Union hatte vor etwa 10 Jahren multidimensionale Indikatoren zur Beschreibung sozialer Exklusion entwickelt, die so genannten Laeken-Indikatoren (Krause & Ritz 2006, 154f.). 2002 wurden 18 statistische Faktoren zur sozialen Eingliederung bestimmt. Der Europäische Rat forderte damals die Mitgliedstaaten auf, „in ihren nationalen Aktionsplänen Ziele festzulegen, um die Zahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen bis 2010 erheblich zu senken.” (Europäischer Rat 2002, S.9) Leider ist die geforderte Umsetzung bis heute nicht wirklich erfolgt. Die darin enthaltenen Indikatoren zur sozialen Eingliederung könnten Bibliotheken als Richtschnur dienen, in welchen Bereichen die Stellschrauben so zu verändern sind, dass es ein Gleichgewicht von NutzerInnen unterschiedlicher „Klassen” gibt. Der Klassenbegriff könnte auch mit dem in Sinusstudien häufiger verwendeten Milieubegriff ersetzt werden.

 

Karsten Schuldt

Einerseits: Was sozial ungerecht ist, können wir auch im Bezug auf Bibliotheken durch eine aufmerksame Beobachtung der Gesellschaft erfahren, insbesondere bei expliziten sozialen Auseinandersetzungen. Andererseits: Strukturdaten, Indikatoren, Social Audits, gar die Sinusstudien scheinen nur einen hilflosen und immer wieder scheiternden Versuch darzustellen, dies mit Hilfe mehr oder minder betriebswirtschaftlicher Instrumente zu lösen. Hier muss ich Wolfgang Kaiser explizit widersprechen. Diese Instrumente sind geschaffen, um Arbeitsabläufe und Entscheidungsmöglichkeiten in vergleich- und steuerbaren Zahlenwerten aufzubereiten. Dies ist für die Leitung von Firmen und auch für die wirtschaftliche Seite von Institutionen sinnvoll, aber die Gesellschaft – und um die geht es bei Sozialer Gerechtigkeit – ist keine Firma und funktioniert auch nicht wie eine solche. Wie schon weiter oben gesagt, kommt man nicht umhin, politisch zu werden, wenn man sich als Institution in der Gesellschaft verortet. Dies ist für eine Firma nicht unbedingt notwendig. Und es ist auffällig, das betriebswirtschaftliche Modelle gerade daran beständig scheitern, die gesellschaftliche Seite von Firmen abzubilden und einzuberechnen. (Loidl-Keil 2008)

Empirie und Indikatoren sind immer nur Hilfsmittel, nie Instrumente, welche politische oder ethische Entscheidungen implizit für eine Einrichtung treffen. Es ist eine ethische Frage, was als gerecht oder ungerecht angesehen wird; eine Frage, bei der Position bezogen werden muss und für die man – egal, welche Entscheidung man trifft – kritisiert werden wird.

Die Sinusstudien, nur als Nebensatz, haben den Milieubegriff nicht eingeführt, sondern das Konzept weiter benutzt. Sie selber sind Marketingstudien, denen eines der wichtigsten Merkmale wissenschaftlicher Arbeit fehlt: Ihre Daten, Instrumente und Auswertungsmethoden sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich, damit sind sie auch nicht verifizierbar. Insoweit sollten sie auch für nichts anderes benutzt werden, als für den Marketingzweck, für den sie geschaffen sind. Es gibt in den Sozialwissenschaften weit sinnvollere und passendere Milieustudien.

 

Wolfgang Kaiser

Danke für diese Richtigstellung, die leider im öffentlichen Diskurs überhaupt kaum Erwähnung findet. Dem Begriff der Klasse haftet gelegentlich etwas Marxistisches an und keiner würde sich heute noch als arbeitslos bezeichnen oder gar als Abkömmling der Unterschicht. Im Grunde genommen glauben viele von uns noch an den Fahrstuhleffekt (Beck 1986), der heute leider seine Gültigkeit verloren hat (Butterwegge 2009).

Social Inclusion

Frage: Des Öfteren wird darauf verwiesen, dass sich vor allem britische Public Libraries am Konzept der Social Inclusion orientieren würden, wenn es um Fragen der Sozialen Gerechtigkeit geht. Ist dieses Konzept sinnvoll und für Deutschland übertragbar?

Wolfgang Kaiser

Ja, es ist auf Deutschland übertragbar. Der ehemalige Leiter des Weiterbildungsinstituts an der FU Berlin hatte vor wenigen Jahren einen Editorial-Artikel mit der Überschrift „Social Inclusion und die Rolle der Bibliotheken” verfasst, wobei er deutlich machen wollte, dass hierzulande mithilfe von „Interkultureller Bibliotheksarbeit” längst die soziale Inklusion praktiziert wird. (Busch 2008) Wer mag, kann ihm recht geben, aber ich denke, dass das anglo-amerikanische Verständnis, was auch Programme wie „Welcome to your library” und viele mehr zeigen, viel tiefer und ganzheitlicher greift. In keinem der Texte des Werkes, in dem der Text von Rolf Busch erschien, wurde dieser Begriff wirklich erläutert. (Busch & Hauke 2008) Die Nachhaltigkeit und das tatsächliche Vorhandensein solcher Konzepte in Deutschland blieben alle deutschsprachigen AutorInnen den LeserInnen schuldig, denn soziale Inklusion schließt ja auch Menschen ohne Zuwanderungshintergrund ein. Die Publikation erweckt nach Durchsicht des Vorwortes den Eindruck, dass nur Menschen ohne Zuwanderungshintergrund die Maßnahmen zur sozialen Inklusion nötig hätten. In diesem Falle: Lesen lernen und möglichst in deutscher Sprache. Begriffe wie „Community cohesion” sind der Kitt, welcher alle Bevölkerungsteile zusammenhält und eine inter- bzw. transkulturelle Kommunikation zwischen Ureinwohnern und den vermeintlich als „fremd” abgestempelten beziehungsweise wahrgenommenen Menschen erlaubt. Warum wählten in Stadtteilen – wie einige so genannte Arbeiterbezirke der Stadt Wien deutlich machen – besonders viele UrösterreicherInnen rechtspopulistische Parteien wie die FPÖ? Auch in Deutschland und Frankreich gibt es diese Negativbeispiele. Welche Rolle könnten Bibliotheken in solchen Bezirken spielen, um diese „community cohesion” herzustellen? Bislang kenne ich hierzulande kaum Öffentliche Bibliotheken, die jeder Art von Populismus zum Trotz sowohl den Dialog, als auch die Partizipation zwischen den einzelnen Teilen der Bevölkerung fördern. Denn von einem Mainstreaming aller Bibliotheksdienstleistungen, das soziale Inklusion prioritär in der Bibliothekspolitik ansieht, wie eine der Forderungen aus dem „Libraries for all” (DCMS 1999) lautete, sind die meisten, um nicht zu sagen alle Bibliotheken in Deutschland noch entfernt. In Großbritannien sind Bibliotheken einem Rechtfertigungsdruck ausgesetzt. Sie müssen nachweisen, dass sie innerhalb ihres Einzugsgebietes bestimmte Milieus auch erreichen. Wenn sie zum Beispiel zu wenig Menschen der jamaikanischen oder pakistanischen Community erreichen, dann erhalten diese Bibliotheken weniger finanzielle Zuwendungen. Ich halte dies für ein probates Mittel, um einen möglichst großen Anteil der Einwohner einer Kommune an der Bibliothek Teilhabechancen zu ermöglichen. Aus diesem Grunde wäre eine Gesetzesinitiative, die vorsieht, öffentlichen Einrichtungen nur dann Mittel zur Verfügung zu stellen, wenn eine möglichst breite Masse an Gesellschaftsschichten daran partizipiert, zu begrüßen. Solange Kommunen und Bibliotheken noch zu sehr auf Ausleih- und Besuchszahlen schielen, wird dieses Konzept kaum Eingang finden.

 

Karsten Schuldt

Man sollte selbstverständlich klarstellen, dass die Zeit der expliziten Förderung von Social Inclusion in Großbritannien vorbei ist. Nicht erst die aktuelle liberal-konservative Regierung, sondern schon die Labour Regierung unter Tony Blair hat nach einigen Jahren expliziter Förderung Sozialer Inklusion die Aktivitäten auf diesem Gebiet wieder zurückgefahren. Dies zeigt, dass es sich um ein politisches Konzept handelt, welches auch nur dann durchgesetzt werden kann, wenn es eingefordert wird. Dies muss nicht durch Regierungen geschehen, auch die Zivilgesellschaft kann dies tun.

Schaut man die Texte von Beginn der ersten Regierung unter Tony Blair an, welche Social Inclusion einforderte, fällt auf, dass die dort angesprochenen Themen und Probleme sich erstaunlich eng an die Forderungen und Aussagen halten, die man in Deutschland mit feministischen und antirassistischen Gruppierungen in der Zivilgesellschaft verbindet. (Muddiman et al. 2000) Sicherlich ist das nicht falsch: Die Forderung zu erheben, dass sozial ausgegrenzte oder behinderte Gruppen aktiv eingebunden und Barrieren ebenso aktiv von Institutionen identifiziert und abgebaut werden müssen, ist berechtigt. Bibliotheken sind Einrichtungen, die für alle Mitglieder der Gesellschaft existieren sollen. Dies ist gemeint, wenn ich weiter oben von einer genauen Beobachtung der Gesellschaft spreche. Ansonsten allerdings muss man sich nach einigen Jahren Social Inclusion aber auch fragen, was an diesen Forderungen neu sein soll. Vielleicht, dass gesellschaftliche Einrichtungen in die Pflicht für die Wirkung ihrer Arbeit genommen werden, was tatsächlich übertragbar ist.

 

Frage: Inklusion und Exklusion waren in den letzten Jahren Thema der sozialwissenschaftlichen Forschung, aber auch der politischen Debatten. Dabei wird davon ausgegangen, dass soziale Exklusion von Menschen einen strukturellen Prozess darstellt, der auch auf die Personen, die exkludiert werden, wirkt. Sie würden einerseits Routinen entwickeln, um mit ihrer randständigen sozialen Situation umzugehen und ihren Alltag weiterhin sinnvoll zu organisieren. Andererseits wird bei ihnen ein Changieren zwischen Resilienz und Widerstand festgestellt. Ist dies eine rein soziologische Debatte oder hat es Einfluss auf die Arbeit von Bibliotheken?

Wolfgang Kaiser

Als häufiger Konferenzteilnehmer und Leser zahlreicher deutschsprachiger Blogs und Fachzeitschriften habe ich keinesfalls den Eindruck, dass soziale Exklusion als Begriff im bibliothekarischen Alltag beziehungsweise in der Forschung überhaupt rezipiert wird – zumindest nicht im deutschsprachigen Raum. Sicherlich mag es engagierte BibliothekarInnen geben, die aufgrund ihres Vorstudiums oder aufgrund ihrer gesellschaftlichen Verantwortung ihres Berufes bestimmte Konzepte aus der sozialen Arbeit übernehmen. Die neuesten Zahlen der Ver.di-Umfrage deuten jedoch eher darauf hin, dass MitarbeiterInnen an Bibliotheken aufgrund von Arbeitsüberlastung gar nicht die Kraft und die Zeit haben, sich stärker diesen Themen zu widmen als bisher (Ver.di-Arbeitsgruppe Archive, Bibliotheken 2011). Ich habe vor zwei Jahren eine Bibliothekarin einer Chemiefirma kennen gelernt, die sich durchaus Gedanken macht, wie sie bildungsferne MitarbeiterInnen erreichen kann, da sie sich bewusst war, dass die finanziellen Mittel, welche sie im großzügigen Umfang erhält, ja nicht nur den gebildeten und lesehungrigen Teil der Belegschaft ansprechen soll.

 

Karsten Schuldt

Ich bewege mich nicht nur in bibliothekarischen Diskursen, sondern nehme bedingt durch meine Arbeit vor allem die Debatten in der Bildungsforschung aktiv wahr. Aus diesem Blickwinkel muss ich Wolfgang Kaiser zustimmen, dass in den bibliothekarischen Debatten Fakten, die anderswo zum Allgemeinwissen gehören, tatsächlich zum Teil einfach fehlen. (Wobei dies auch für die Bildungsforschung gilt, die beispielsweise die institutionelle Steuerung in den letzten Jahren als Thema entdeckt hat, obgleich diese in den Sozialwissenschaften als etabliertes Thema gelten muss.)

Aber in der Frage ging es tatsächlich um ein wichtiges Thema: Für Ausgegrenzte kann es individuell sinnvoll werden, die Angebote von Einrichtungen nicht anzunehmen oder aber – was tatsächlich viel öfter passiert – umzuinterpretieren. Gründe dafür gibt es genügend. Beständiges soziales Scheitern kann zu der Erfahrung führen, dass es besser ist, bestimmte Institutionen nicht zu nutzen. Strukturelle Ausgrenzungen können ebenso dazu führen, ohne dass diese Ausgrenzungen intendiert sein müssen. Exklusion ist ein sozialer Prozess, der Individuen prägt und zwar in dem Sinne, dass sie ihr Leben so organisieren, dass sie möglichst ohne die Institutionen auskommen, in denen Exklusion stattfindet. (Kronauer 2010, Thomas 2010, Tippelt 2011)

Es ist offensichtlich, dass dies auch für Bibliotheken eine Bedeutung hat. Die Soziale Arbeit und mit Einschränkungen auch die Pädagogik versucht seit einigen Jahren, die Individuen nicht nur ernst zu nehmen, sondern vor allem ihre Potentiale aus ihrer jeweiligen Sichtweise zu unterstützen. Nicht die institutionellen Ziele, sondern die Unterstützung der Individuen in ihrer jeweiligen sozialen und biographischen Position sollen im Vordergrund der institutionellen Arbeit stehen. Dies ist auch ein Ergebnis der Auseinandersetzung mit Exklusion und kann inhaltlich auf Bibliotheken übertragen werden. Weiter oben habe ich die These aufgestellt, dass Bibliotheken sich mit den Debatten in der Sozialen Arbeit auseinandersetzen müssen. Dies gilt auch hier.

 

Frage: Exklusion zeichnet sich auch dadurch aus, dass Barrieren existieren, die für bestimmte Menschen in bestimmten Situationen wirksam sind, Ängste und Abneigung erzeugen. Gibt es solche Barrieren auch in Bibliotheken? Wie wirken sie für wen? Lassen sie sich abschaffen oder zumindest abmindern?

Wolfgang Kaiser

Diese Barrieren existieren und durch das Wahrnehmen von Forschungen im anglo-amerikanischen Raum könnten die daraus gewonnenen Erkenntnisse stärker Eingang in die bibliothekarische Alltagsarbeit finden. Die meisten Ottonormalos betrachten Bibliotheken doch nur als Bücherhäuser, obwohl es durchaus welche gibt, die über Räumlichkeiten verfügen, wo der oder die Einzelne sich unterhalten, lachen und trinken kann. Leider gibt es solche Bücherhäuser noch, aber zunehmend wird daran gedacht, dieses Image und diese Klischees abzustreifen und peppiger zu werden. In meinem Freundes-, Verwandtschafts- und Bekanntenkreis gibt es einen sehr großen Anteil von Menschen, die noch nie oder nur einmal überhaupt in einer Öffentlichen Bibliothek waren. Die Barriere ist, ihnen zu erklären, warum sie diese Einrichtung nutzen sollten und als wichtig für ihre Freizeitgestaltung betrachten könnten. Bücher und Neugier ziehen diese Leute am wenigsten an. Im von der Bundesregierung aufgelegten Bund-Länder Programm „Soziale Stadt” spielen Bibliotheken kaum eine Rolle. Dabei wäre es doch genau in solchen Stadtteilen unheimlich wichtig, neben der Hausaufgabenbetreuung und vielem mehr die Bibliotheken dort zu installieren, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Bücherbusse sind das eine, aber die kommen nur einmal pro Woche. Einen Ort zu haben, an dem man mit anderen lesen üben, Gesellschaftsspiele und Computerspiele ausprobieren und Neugierde stillen kann, wäre doch genau das, was ein solches Programm beinhalten sollte. In Portland gibt es einen „Street Librarian”, der Obdachlosen und anderen von sozialer Ausgrenzung betroffenen Menschen Bücher und Menschlichkeit (entgegen)bringt. (Reeves 2011) Die Offene Bibliothek in Magdeburg (Salbker Lesezeichen) ist, zumindest architektonisch und von der Idee her, eine Möglichkeit diese Barrieren zu reduzieren. In meiner Stadt gibt es eine Menge Kulturvereine, ob alevitisch, ukrainisch, kosovarisch und so weiter. Bisher kenne ich noch zu wenige Bibliotheken, die mit solchen Vereinen kooperieren und ihnen die Möglichkeiten und Perspektiven der Bibliotheksnutzung näherbringen, außer Führungen anzubieten, welche sich lediglich auf den Bestand und den Öffnungszeiten der Bibliothek beschränken. Spontan fällt mir hierzu ein Beispiel ein. Die Stadtbibliothek Gandia (Spanien) schaffte es, den Anteil ihrer Bibliotheksklientel mit Zuwanderungshintergrund auf denselben Prozentsatz zu erhöhen, den die ZuwandererInnen in der Stadtbevölkerung ausmachen: Sie schrieb alle NeuzuwanderInnen per Post an und lud sie ein, in die Bibliothek zu kommen (Kaiser 2010). Mithilfe eines Vertreters ihrer Community sanken das Misstrauen und die Angst. Es entstand eine „Willkommenskultur”, wie es sie hierzulande leider viel zu selten gibt.

 

Karsten Schuldt

Ja, selbstverständlich existieren solche Barrieren auch in Bibliotheken. Einige von ihnen – insbesondere im Bezug auf Be- und Enthinderung – lassen sich mit der nötigen Aufmerksamkeit und vor allem dem emphatischen Hineinversetzen in die soziale und individuelle Situation anderer Personen identifizieren. Dies ist vielleicht ein Thema, dass eher am konkreten Beispiel diskutiert werden muss. Fraglos ist dies auch ein ethisches Thema: Wie weit und wie viel soll sich eine Einrichtung und ihr Personal darum bemühen, soziale und andere – vor allem bauliche und habituelle – Barrieren zu identifizieren und zu überwinden? Wie sehr dürfen und sollen sie ihre eigene Identität behalten?

Wichtig scheint mir wieder eine Erkenntnis aus der Sozialen Arbeit und auch der politischen Praxis: Einen vollständig barrierefreien Raum gibt es nicht, es ist immer nur möglich, ihn barrierearm zu gestalten. Selbst in Zusammenhängen, in denen Sozialarbeiterinnen und -arbeiter mit ausreichender Ausbildung und Reflexion versuchen, ihren Klientinnen und Klienten barrierefreie Angebote zu machen, gibt es immer wieder das Phänomen, dass diese Klientinnen und Klienten die Angebote erst für sich uminterpretieren und auch auf andere Weise abfragen, als vorgesehen, bevor sie darauf eingehen. (Vgl. Knab 2008, 2009 für das Phänomen des Dritten Ortes, der von den Klientinnen und Klienten aktiv außerhalb von Büros und Räumen der Sozialen Arbeit hergestellt wird, da offenbar im vorgegebenen Rahmen weiterhin Barrieren existieren.)

Keinen vollständig barrierefreien Raum herstellen zu können, heißt nicht, es nicht versuchen zu sollen, sondern bedeutet vor allem Aussagen, die etwas Gegenteiliges behaupten, kritisch gegenüber zu stehen. Die Behauptung beispielsweise, Bibliotheken seien für alle Personen gleich offen, kann nur zurückgewiesen werden. So einfach ist dies nie.

Ein weiteres Phänomen: Barrieren können nicht allein als Extreme verstanden werden. Sie halten nicht immer von einer Nutzung von Angeboten ab, aber sie beeinträchtigen diese Nutzung oder die Chancen auf diese Nutzung. So würde beispielsweise kein Bibliothekar und keine Bibliothekarin aktiv jemanden von der Nutzung einer Bibliothek ausschließen, weil diese Person keinen Schulabschluss hat Und es gibt auch immer wieder Personen mit einem solchen Hintergrund, die ihre Bildung oder ihren Wiedereinstieg in Bildungskarrieren über den Besuch von Bibliotheken realisieren. Dennoch: Der Habitus einer Bildungseinrichtung – so unvollständig er angesichts der Aufgaben von Bibliotheken ist – von und für einigermaßen sozial erfolgreiche Menschen stellt eine Barriere für solche Schulabbrecherinnen und -abbrecher dar. Keine, die unüberwindbar ist, aber eine, die aufhält. Dies sollte man insbesondere dann beachten, wenn Einrichtungen wie Bibliotheken ihre sozialen Erfolge anhand einzelner individueller Erfolgsgeschichten nachweisen wollen. So erfreulich diese Geschichten oft sind, beantworten sie nicht die Frage nach dem Vorhandensein und der Wirkung von sozialen Barrieren. Wieder kann ich nur darauf zurückkommen, dass auf die Erfahrungen und Forschungen in den Sozialwissenschaften und der Sozialen Arbeit zurückgegriffen werden muss.

Die Situation in Bibliotheken

Frage: An welchen Kriterien könnten und sollten Bibliotheken ihre Arbeit im Bezug auf Soziale Gerechtigkeit orientieren? Können sie überhaupt Erfolge einer solchen Arbeit feststellen und wenn ja, wie?

Wolfgang Kaiser

In Kanada und anderswo werden Social Inclusion - Audits verwendet und in Großbritannien in sehr vielen Bibliotheken Equality Assesment Methoden. Ich wäre dafür, mit Institutionen aus solchen Ländern Kontakt aufzunehmen und von den Hürden und den Erfolgen zu lernen. Was ließe sich für die eigene Einrichtung umsetzen? Wie kann ich gegenüber den Unterhaltsträgern eine Consultingfirma oder einen Bibliotheksdienstleister engagieren, der die Verbesserung der Chancengleichheit misst? Am IBI entstand vor einigen Jahren eine Dissertation zur Social Impact-Messung an der Stadtbücherei Wolgast (Rambow 2006). Das ist meines Erachtens eine Möglichkeit, doch dieser Ansatz geht noch nicht weit genug. Der Zeitgeist in unserer ökonomisierten Welt und auch die Unterhaltsträger und PolitikerInnen sind sehr häufig auf Kennzahlen und Erfolgsziffern fixiert. Es gilt also mehr denn je deren Sprache zu sprechen, damit die Lobbyarbeit nicht umsonst bleibt. Aus diesem Grunde schlage ich vor, das Bibliothekswesen anderer Länder zu beobachten und der Frage nachzugehen, wie in Skandinavien oder Großbritannien gearbeitet wird. Im letztgenannten Land werden nämlich im Gegensatz zur deutschen Mentalität mehr Dinge einfach ausprobiert und die Haltung ist generell eine andere, wie mir scheint.

 

Karsten Schuldt

Ja, können sie, aber meines Erachtens gerade nicht über die von Wolfgang Kaiser angeführten Kennziffern und Merkzahlen. Diese sind, wie ich schon sagte, eher hilflose Versuche, die Komplexität sozialer Prozesse unzulässig zu reduzieren und handhabbar zu machen. Gerade wenn man sich ihre Wirkung kontinuierlich anschaut, scheitern sie fast immer an dieser Komplexität. Es gibt einige Einrichtungen, welche zuvor schon gut funktionieren, die durch solche Instrumente bei ihrer Arbeit unterstützt werden, anderswo sind die Wirkungen eher verheerend, da sie die Arbeit auf das Erreichen von Kennziffern reduzieren, trotz aller eingebauten Mechanismen, die dies verhindern sollen. (Koretz 2008) Auch dem „einfach ausprobieren” würde ich eher kritisch gegenüberstehen. Oft werden dabei Probleme einfach reduziert, um sie mit relativ einfachen Mitteln bearbeitbar zu machen. Sich mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit auseinanderzusetzen ist intellektuell fordernde Arbeit, die nicht mit Hilfe einfacher Modelle umgangen werden kann.

Vielmehr: Bibliotheken – und mit ihnen die gesamte Gesellschaft sowie gesellschaftliche Einrichtungen – müssen die Gesellschaft und ihre Verwerfungen beobachten und wahrnehmen, sie müssen realisieren, welche expliziten gesellschaftlichen Auseinandersetzungen stattfinden und welche impliziten. Aus diesen Beobachtungen müssen sie ihre Kriterien Sozialer Gerechtigkeit entwickeln. Das ist müßig, es überlastet die Einrichtung Bibliothek und es führt gerade oft zu Problemen und Bearbeitungsansätzen, deren Erfolge nicht direkt zu messen sind. Kennziffern sind, wenn es um die Gesellschaft geht, zumeist Illusion. Dass sie dem Zeitgeist entsprechen, wie Wolfgang Kaiser sagt, ist vollkommen richtig. Aber es gibt, wenn man Aufgaben einer gesellschaftlichen Einrichtung ernst nimmt, keinen Grund, diesem Zeitgeist unreflektiert hinterher zu laufen. Auf diese Weise werden nur Ressourcen verschwendet, da zumeist einfach messbare, aber auch wenig einflussreiche Arbeit geleistet wird.

Vielleicht muss man sich an einige länger vergangene Auseinandersetzung erinnern, nämlich gerade an die Debatten, die versuchten, vor 250 bis 300 Jahren die Ideale der Aufklärung mit dem Staatswesen zu vereinigen. Eventuell trübt die vergangene Zeit die Wahrnehmung, aber es scheint, dass sich damals soziale Einrichtungen in ihrer Existenz mehr begründen mussten als heute. Neue Staatswesen – Republiken und aufgeklärte Monarchien – entstanden, der Aufbruch der Revolutionen in Amerika und Frankreich verband sich mit den philosophischen Überlegungen ihrer Zeit. Es war sehr schnell klar, dass gesellschaftliche Einrichtungen ihre Existenz gegenüber der Gesellschaft zu begründen hatten. (Selbstverständlich immer unter der Maßgabe, dass nur ein Teil der Gesellschaft, vor allem Adel und Bürgertum, fast nur Männer, fast nur Christen, diskutierten.) Dies begründete sich auch aus der Erkenntnis, dass Gesellschaft veränderlich ist, sich – wie wir heute noch besser wissen – sogar beständig verändert. Eine gesellschaftliche Einrichtung muss sich immer wieder neu begründen, muss immer wieder zeigen, dass sie zur Reproduktion der Gesellschaft und zur Verbesserung beiträgt. Dies ist der einzige Grund, warum man als Gesellschaft überhaupt Einrichtungen unterhalten und finanzieren sollte. Ein solcher Anspruch ist weiter berechtigt, auch wenn er vielleicht mit zunehmender funktionaler Differenzierung der Gesellschaft zurückgenommen wurde. Gleichzeitig stellt dieser Anspruch die Aufgabe an jede gesellschaftliche Einrichtung, die Gesellschaft zu beobachten, zu verstehen und Pläne zu entwickeln, sie zu verbessern. Nicht mehr und nicht weniger wäre die Aufgabe von Bibliotheken im Bezug auf Soziale Gerechtigkeit, auch wenn seit der Aufklärung der Vorrang der individuellen Freiheit aller als Ziel hinzugekommen ist. (Ist dieser Anspruch überzogen? Vielleicht, aber warum hinter die Aufklärung zurückgehen und gesellschaftliche Einrichtungen nur deshalb als wichtig akzeptieren, weil sie schon länger existieren?)

 

Wolfgang Kaiser

Natürlich gebe ich dir Recht, dass es keinen Sinn macht, Zeitgeistern unreflektiert hinterher zu laufen, aber wie kann ein Leiter einer Stadtbibliothek seine politischen Unterhaltsträger vom Wert und vom Nutzen seiner Einrichtung überzeugen, wenn die Kommune einer desolaten Haushaltlage gegenübersteht?

 

Frage: Wir gehen davon aus, dass in den Bibliotheken selber auch in Bezug auf Soziale Gerechtigkeit weit mehr getan wird, als nach außen hin sichtbar wird. Warum ist das so? Sollte das geändert werden und wenn ja, wie? Kann die Bibliotheks- und Informationswissenschaft dabei eine Rolle spielen? Die bibliothekarischen Verbände und Publikationen oder einzelne Bibliothekarinnen und Bibliothekare?

Wolfgang Kaiser

Ja, natürlich sollte dies geändert werden, aber es gibt anscheinend noch nicht den politischen Willen der Verbände (und auch ihrer Mitglieder), dass es gerechter zugehen müsste. Die Veranstaltung zur derzeitigen finanziellen Situation über die Lage der Bibliotheken in Deutschland hat auf dem diesjährigen Bibliothekar(In)tag in Berlin in einem großen Veranstaltungssaal nur wenige interessiert. Auch Sparmaßnahmen an Bibliotheken könnten ein Ungerechtigkeitsempfinden auslösen und Fragen aufwerfen: Warum sparen die Unterhaltsträger nicht bei Theatern und Museen? Machen wir etwas falsch oder was machen die anderen richtig? Dabei ginge es aber auch darum, seine bisherige Organisationskultur stärker auf den Prüfstand zu stellen. Wäre auf dem Bibliothekar(In)tag mehr Publikum bei einer solchen Veranstaltung dabei gewesen und hätte es mehr Diskussionen hierzu gegeben, wäre ich optimistischer, was in Zukunft eine Änderung betrifft. In Frankreich streiken ganze Horden von BibliothekarInnen (in Tours, Paris, Montpellier und anderswo), wenn es um Kürzungen und Sparmaßnahmen geht. Dort sind eben der Gedanke der „égalité” und das Bewusstsein von sozialer (Un-)Gerechtigkeit viel stärker ausgeprägt als bei uns. Die Ausbildung und die Studieninhalte entwickeln sich zwar stetig weiter, doch gewisse Themen bleiben auf der Strecke. Zudem steigen zwar junge BerufsanfängerInnen in die Profession ein, aber es gibt kaum eine Berufsethik des Voneinanderlernens und eine Organisationskultur, die eine Vielfalt von Meinungen und neuen Ideen wertschätzt. Im Gespräch mit vielen BerufsanfängerInnen (Generation Y) gibt es Konflikte zwischen der Generation Baby Boomer und auch mit der Generation X (Silver 2005). Solange diese Hemmnisse nicht abgebaut werden, werden an einzelnen Bibliotheken solche Diskussionen um soziale Gerechtigkeit und Teilhabe kaum stattfinden. Vor wenigen Jahren erschien eine BuB-Ausgabe über die Betriebs- und Arbeitskultur im Bibliothekswesen der USA. Warum können wir nicht bestimmte erfolgreiche Punkte daraus aufgreifen und versuchen, diese umzusetzen? Wodurch entsteht denn Innovation? Viele der so genannten Innovationen hierzulande, die etwas mit sozialer Gerechtigkeit zu haben (Best Practice zur Generation 55+, interkulturelle Bibliotheksarbeit, Mensenbieb, kamen erst zustande, als BibliothekarInnen aus Frankfurt, Göppingen, Würzburg oder Straubing einen Auslandsaufenthalt in Finnland, Schweden oder den USA verbrachten. Im Vergleich zu anderen Wissenschaften gibt es zu wenig Reflexion über aktuelle Themen, die durch Bachelor- und Masterarbeiten entstanden sind und zu wenig Blicke über den Tellerrand. Einsprachige Bibliothekszeitschriften, die meist nur über ein Land berichten, schärfen nicht den Blick für das große Ganze. Der skandinavischen Zeitschrift „Scandinavian Public Libraries Quarterly” sollte die Zukunft gehören, da das Bibliothekswesen und die Bibliothekswissenschaft einer bestimmten sprachlichen und geographischen Region Europas zusammengefasst wird und ein gewisser Austausch stattfindet. Weiß denn jemand von den ProfessorInnen und BibliothekarInnen darüber Bescheid, wenn sie nicht zufällig gut Französisch, Englisch, Schwedisch oder Japanisch beherrschen, was woanders auf der Welt im Bibliothekswesen passiert? Dies sehe ich als Voraussetzung dafür, damit bestimmte Themen, wie auch die Social Inclusion-Debatte viel stärker als bisher bei uns auf die Agenda kämen.

 

Karsten Schuldt

Selbstverständlich haben alle ihre Verantwortung. Es gibt leider in der bibliothekarischen Szene keine wirkliche Kultur der Kommunikation der eigenen Arbeit. Diese findet vielmehr immer wieder unter der Maßgabe von PR-Überlegungen statt. Im bibliothekarischen Zusammenhang muss die Erkenntnis verankert werden, dass eine offene Darstellung der eigenen Arbeit, auch und gerade der Fehlschläge und unvollendeten Projekte, zu einer qualitätsvolleren Debatte und Arbeit führen und die eigene Arbeit professionalisieren würde. Dies gilt nicht nur für das Thema Soziale Gerechtigkeit. Dafür ist ein offenerer Diskussionsstil und Habitus notwendig. Wenn man sich die Open Source Szene als Beispiel nimmt und dort den Habitus und Erfolg des „publish early, publish often”-Prinzips erlebt, kann man sich über die Verschlossenheit der Bibliotheken immer wieder nur wundern. Gerade die von Wolfgang Kaiser angeführte Tendenz, so genannte Best Practice zu veröffentlichen, ist da wenig hilfreich. Nicht an den – meist unter besonderen Umständen zustande kommenden und oft auch nicht ausreichend beschriebenen – wenigen Erfolgsgeschichten ist zu lernen, sondern am alltäglichen Geschäft des Scheiterns und des Gelingens trotz Scheiterns. Erfolgsgeschichten bauen vielleicht das Vertrauen von Individuen in die Wirkmächtigkeit ihrer Arbeit von Zeit zu Zeit auf, aber sie lehren wenig und regen auch selten Reflexion und Veränderung an.

Neben einem anderen Kommunikationsstil muss es selbstverständlich mehr und unterschiedlichere Publikationsmöglichkeiten geben, die – aber mit dieser Aussage werden in der LIBREAS und ihrer Leserinnen- und Leserschaft wohl offene Türen eingerannt – selbstverständlich vor allem möglichst offen, divers und leicht zugänglich sein müssen. Dies bezieht sich fraglos auch auf Konferenz- und Veranstaltungsformate. Und selbstverständlich ist es eine der Aufgaben der Bibliotheks- und Informationswissenschaft, die Praxis in Bibliotheken sichtbar zu machen. Dazu muss sie sich als soziale Wissenschaft begreifen, zumindest für den Fragenkomplex Soziale Gerechtigkeit. Die aktuelle Konzentration auf technische und informationstheoretische Fragestellungen muss von einem gesellschaftswissenschaftlichen Forschungsschwerpunkt flankiert werden, wenn man neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse auch zu einer Professionalisierung der Arbeit in Öffentlichen Bibliotheken beitragen möchte.

 

Frage: Wie immer stellt sich die Frage, wie eine Arbeit von Bibliotheken in Bezug auf Soziale Gerechtigkeit finanziert wird und werden kann. Wie ist die zu handhaben? Kann und sollte ein gesellschaftlicher Druck auf die Träger der Bibliotheken aufgebaut werden und wenn ja, wie und durch wen? Zudem: Gibt es auch Dinge, die ohne eine zusätzliche Finanzierung in Bibliotheken im Bezug auf Soziale Gerechtigkeit durch- und eingeführt werden können?

Wolfgang Kaiser

Sicherlich ist die Frage der Finanzierung ein Totschlagargument, um solche Maßnahmen zu verhindern. Zunächst einmal müssten Inhalte wie Bibliotheksethik und gesellschaftliche Allgemeinbildung über die soziale Umwelt, in welcher die Menschen leben, bereits im Studium und in der Ausbildung viel stärker in das Curriculum einfließen. In Frankreich gab es an der Universität Paris X (Nanterre) in Saint Cloud ein Soziologieseminar (fakultativ), das für künftige BerufseinsteigerInnen der Buch-, Verlags- und Bibliotheksbranche angeboten wurde. Darin wurden gesellschaftspolitische Themen, wie die Existenz von Banlieues und sozialen Verwerfungen, anhand von wissenschaftlichen Texten aus Fachzeitschriften diskutiert. Die Beteiligung der StudentInnen war durchaus sehr rege, da es auch einige gab, die aus diesen Vororten mit dem schlechten Image kamen und eine andere Meinung jenseits des Medienmainstreams vertraten. Darüber wurden angeregte und durchaus wichtige Debatten, wie wir sie hier in Bezug auf die Einführung von Social Inclusion bräuchten, geführt.

Bibliotheken sind doch nicht per se Orte, weil darin Bücher und/oder Menschen Platz finden. Im Studium taten sich einige MitstudentInnen anfangs schwer mit den ausländischen StudentInnen zu kommunizieren beziehungsweise hatten gewisse Vorurteile. Gewisse Themen, insbesondere solche, die demographische und gesellschaftliche Veränderungen beinhalten, welche sich (in-)direkt auf die Bibliotheksarbeit auswirken, kommen meines Erachtens im Studium an den meisten deutschsprachigen Hochschulen für angehende BibliothekarInnen zu kurz. Die meisten der heutigen angehenden BibliothekarInnen wachsen doch eher behütet, unbedarft und politisch eher desinteressiert auf. Woher sollen diese die Lebenswelten der „Anderen” überhaupt verstehen und überhaupt ein Bewusstsein dafür haben, dass diese Gruppen genauso ein Anrecht auf Teilhabe und Partizipation wie das Mainstreampublikum haben?

 

Karsten Schuldt

Sicherlich kann man immer aufmerksamer sein und durch diese verstärkte soziale Aufmerksamkeit Barrieren und gesellschaftliche Verwerfungen erkennen. Das kann auch ohne gesonderte Finanzierung geschehen.

Aber ja: Die Aufgabenstellung an Bibliotheken – aber, wie beschrieben, auch an zahlreiche andere gesellschaftliche Einrichtungen – steigen immer weiter, ohne dass die Gesellschaft eine ausreichende Finanzierung sicherstellt, welche diese Aufgaben erfüllbarer machen würden. Daran muss die Gesellschaft immer wieder erinnert werden. Eigentlich durch sich selber, aber wenn das nicht stattfindet, dann über die Institutionen und politische Aktive. Mein Bezug auf die Debatten um die aufgeklärte Gesellschaft war nicht zufällig: Die moderne Gesellschaft muss eine aufgeklärte Gesellschaft sein, die sich selber und ihre Ansprüche reflektiert. Tut sie dies nicht, scheitert sie an den eigenen Widersprüchen, die sie beständig selbst reproduziert. (Vgl. immer noch Horkheimer & Adorno 2002.) Demokratie und Kapitalismus funktionieren nicht, ohne sich beständig zu befragen (dies würde auch für andere moderne Gesellschaftsordnungen gelten). Dies ist eine gesellschaftliche Frage. Bezogen auf die gesellschaftlichen, also – um daran noch einmal zu erinnern – steuerfinanzierten Einrichtungen wie Bibliotheken bedeutet es, die Aufgabenstellungen der Gesellschaft wahrzunehmen und so gut es möglich ist, zu erfüllen. Nur dann lässt sich überhaupt begründen, warum eine bessere Finanzierung auch zu einer besseren Arbeit führen würde.

Was Bibliotheken als Gesamtheit zu fehlen scheint, sind Modelle, mit denen sie über einfache Parolen hinausgehend, der Gesamtgesellschaft begründen können, warum ihre Existenz oder gar ihr Ausbau für die Gesellschaft sinnvoll wäre. Ließen sich solche Modelle erstellen? Gewiss, in kollaborativer Arbeitsweise, wenn die Gesellschaft und ihre Verwerfungen beachtet, die tatsächliche Arbeit in Bibliotheken (und nicht ihr PR-Abbild) bekannt und zudem ein Grundwissen über die Funktionen der Gesellschaft vorlägen. Hier schließt sich meines Erachtens auch der Kreis meiner Argumentation.


Fußnoten

[1] Wobei wir hier von Bibliotheken in Deutschland und gesellschaftlich vergleichbare Gesellschaften sprechen. Für andere Gesellschaften werden sich die Fragen anders stellen. [zurück]


Literatur

Beck, Ulrich (1986) / Risikogesellschaft : Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

Becker, Irene (2011) / Bedarfe von Kindern und Jugendlichen nach dem Statistikmodell : Konzept für eine sachgerechte und verfassungskonforme Ermittlung. In: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 42 (1), 12-23.

Bourdieu, Pierre & Passeron, Jean-Claude (1971) / Die Illusion der Chancengleichhheit : Untersuchungen zur Soziologie des Bildungswesen am Beispiel Frankreichs (Texte und Dokumente zur Bildungsforschung). Stuttgart: Klett.

Bos, Wilfried; Müller, Sabrina & Stubbe, Tobias C. (2010) / Abgehängte Bildungsinstitutionen : Hauptschulen und Förderschulen. In: Quenzel, Gudrun & Hurrelmann, Klaus (Hrsg.): Bildungsverlierer. Wiesbaden: VS, Verlag für Sozialwissenschaften, 375-397.

Brandes, Holger; Friedel, Sandra & Röseler, Wenke (2011) / Gleiche Startchancen schaffen! : Bildungsbenachteiligung und Kompensationsmöglichkeiten in Kindergärten ; Eine repräsentative Erhebung in Sachsen (Dresdener Beiträge zu Bildung und Erziehung, 1). – Opladen – Farmington Hills: Budrich Press.

Busch, Rolf (2008) / „Social Inclusion” und die Rolle der Bibliotheken : Eine Einleitung. In: Busch, Rolf; Hauke, Petra (Hrsg): Brücken für Babylon : Interkulturelle Bibliotheksarbeit. Grundlagen-Konzepte-Erfahrungen. Bad Honnef: Bock+Herchen, XIII-XXXII.

Busch, Rolf & Hauke, Petra (Hrsg). (2008) / Brücken für Babylon : Interkulturelle Bibliotheksarbeit ; Grundlagen-Konzepte-Erfahrungen. Bad Honnef: Bock+Herchen.

Butterwegge, Christoph (2009) / Armut in einem reichen Land : Wie das Problem verharmlost und verdrängt wird (2. Auflage). Frankfurt am Main: Campus Verlag.

DCMS (1999) / Libraries for All : Social Inclusion in Public Libraries – Policy Guidance for Local Authorities in England. London: DCMS.

Demmer, Marianne (2011) / Welche Konsequenzen hat das „Bildungspaket” für die Praxis der Bildungseinrichtungen?. In: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 42 (1), 48-57.

Der Standard (2010) / Gemeinderatswahlen : SP verliert in Arbeiterbezirken, 11. Oktober, http://derstandard.at/1285200472287/Gemeinderatswahlen-SP-verliert-in-Arbeiterbezirken.

Drilling, Matthias (2009) / Schulsozialarbeit : Antworten auf veränderte Lebenswelten (4., aktualisierte Auflage). Bern ; Stuttgart ; Wien: Haupt Verlag.

Europäischer Rat (2002) / Schlussfolgerungen des Vorsitzes : Europäischer Rat (Barcelona) 15. und 16. März 2002. www.consilium.europa.eu/uedocs/NewsWord/de/ec/71067.doc.

Gelhard, Andreas (2011) / Kritik der Kompetenz. – Zürich: Diaphanes.

Giesinger, Johannes (2011) / Bildung als öffentliches Gut und das Problem der Gerechtigkeit. - In: Zeitschrift für Pädagogik 57 (3), 421-437.

Heimbach-Steins, Marianne; Kruip, Gerhard & Kunze, Axel Bernd (Hrsg.) (2009) / Bildungsgerechtigkeit - Interdisziplinäre Perspektiven (Forum Bildungsethik, 8). – Bielefeld: Bertelsmann.

Heiner, Maja (2010) / Kompetent handeln in der Sozialen Arbeit (Handlungskompetenzen in der Sozialen Arbeit, 1). – München: Reinhardt.

Horkheimer, Max & Adorno, Theodor W. (2002 [1944]) / Dialektik der Aufklärung : Philosophische Fragmente (Limitierte Jubiläumsedition). Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Kaden, Ben & Kindling, Maxi (Hrsg.) (2007) / Zugang für Alle – Soziale Bibliotheksarbeit in Deutschland. Berlin: Bib Spider.

Käufer, Hugo (Hrsg.) (1982) / Soziale Bibliotheksarbeit : Theorie und Praxis (DBI-Materialien, 18). Berlin: Deutsches Bibliotheksinstitut.

Kaiser, Wolfgang (2011) / Der Kampf gegen die soziale Exklusion : Die Vorreiterrolle Öffentlicher Bibliotheken in Großbritannien. In: BuB 63 (6), 486-487.

Kaiser, Wolfgang (2010) / Multikulturelle Bibliotheksarbeit : Bericht über eine Tagung in den Niederlanden im November 2009. In: BIT-Online 13 (01), 65-68, http://www.bi-international.de/download/file/2009Konf_Kaiser_65_68_BIT%201_2010%20Heft1-2.pdf.

Kaiser, Wolfgang (2008) / Diversity Management. Eine neue Managementkultur der Vielfalt – für ein neues Image der Bibliotheken. Berlin : Simon Verlag für Bibliothekswissen.

Käufer, Hugo (1982) (Hrsg.) / Soziale Bibliotheksarbeit : Theorie und Praxis (DBI-Materialien, 18). Berlin: Deutsches Bibliotheksinstitut.

Knab, Maria (2009) / Professionelles Handeln in offenen Settings und die Frage der Gerechtigkeit : Theoretische Bezuglinien zur Entwicklung von Antworten. In: Schwendemann, Wilhelm, Puch, Hans-Joachim, Edtbauer, Richard & Köhler-Offiersk, Alexa (Hrsg.): Armut – Gerechtigkeit (Evangelische Hochschulperspektiven 5). Freiburg im Breisgau: Verlag Forschung – Entwicklung – Lehre, 29-41.

Knab, Maria (2008) / Beratung zwischen Tür und Angel. Perspektiven für Professionalisierung, Forschung und eine gerechtere Infrastruktur. In: Beratung Aktuell 9 (2), 113-126.

Koretz, Daniel (2008) / Measuring Up : What Educational Testing Really Tells Us. Cambridge, MA: Harvard University Press.

Kramer, Rolf-Torsten (2011) / Abschied von Bourdieu? : Perspektiven ungleichheitsbezogener Bildungsforschung (Studien zur Schul- und Bildungsforschung, 39). – Wiesbaden: VS, Verlag für Sozialwissenschaften.

Krause, Peter & Ritz, Peter (2006) / EU-Indikatoren zur sozialen Inklusion in Deutschland. - In: Zeitschrift zur Wirtschaftsforschung 75 (3), 152-173, http://www.atypon-link.com/DH/doi/pdf/10.3790/vjh.75.1.152.

Kronauer, Martin (2010) / Exklusion : Die Gefährdung des Sozialen im hoch entwickelten Kapitalismus (2., aktualisierte und erweiterte Auflage). – Frankfurt am Main, New York: Campus.

Leser, Christoph (2011) / Politische Bildung in und durch Schule. Wiesbaden : VS, Verlag für Sozialwissenschaften.

Loidl-Keil (2008) / Soziale Dienste sind kein „Non-profit-Organisationen”! : Sozialökonomische Wertschöpfungsprozesse zwischen Werkzeugdenken und Komplexitätsbewahrung am Beispiel des „SROI” (Social Return on Investment) Modells. In: soziales_kapital, Wissenschaftliches Journal Österreichischer Fachhochschul-Studiengänge Soziale Arbeit 1 (1), http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewArticle/58.

Meisner, Matthias (2010) / Armutsforscher Christoph Butterwegge : „Das ist kein Sozialstaat mehr”, 19. Mai, http://www.tagesspiegel.de/meinung/das-ist-kein-sozialstaat-mehr/1841530.html.

Mika, Joseph J.; Rabina, Debbie (2010) / Signifikante Unterschiede in der Ausbildung : Zehn Dinge, die Sie über das Studium der „Bibliotheks- und Informationswissenschaft” in den USA wissen sollten. In: BuB 62 (3), 218-223.

Motzko, Meinhard (2008) / Abschied von der Lebenslüge der „Bibliothek für alle”. In: BuB 60 (1), 50-55.

Muddiman, Dave; Durrani, Shiraz; Durch, Martin; Linley, Rebecca; Pateman, John & Vincent, John (2000) / Open to All? The Public Library and Social Exclusion : Volume On: Overview and Conclusions (Library and Information Commission Research Report, 84). – London: Resource, The Council for Museums, Archives and Libraries.

Münch, Richard (2010) / Bologna oder die Kapitalisierung der Bildung. - In: Blätter für deutsche und internationale Politik 55 (1), 47-54.

Müller, Isabella (2006) / „Community goes Library“ : Soziale Kulturarbeit und Öffentliche Bibliotheken, http://www.lebensspuren.net/medien/pdf/Isabella_Mueller.pdf.

Paterman, John & Vincent, John (2010) / Public Libraries and Social Justice. Farnham: Ashgate Publishing Limited.

Rambow, Angela I. (2006) / Sozialer Wert der Stadtbücherei Wolgast : Outcome-based evaluation with social auditing (Dissertation). Berlin: Humboldt-Universität zu Berlin, Philosophische Fakultät I, http://edoc.hu-berlin.de/dissertationen/rambow-angela-2006-06-07/PDF/rambow.pdf.

Rawls, John (2007) / Gerechtigkeit als Fairneß : ein Neuentwurf (Suhrkamp Taschenbücher Wissenschaft ; 1804). – Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Reeves, Deborah R. (2011) / „Street Books: a bicycle-powered mobile library for people living outside“. In: dies.: First We Read, Then We Write. Reviews, Ruminations, Reflection, Reveries, 11 July, http://deborahrosereeves.wordpress.com/2011/07/11/street-books-a-bicycle-powered-mobile-library-for-people-living-outside/.

Schagerl, Marlene (2009) / Der Konflikt zwischen Leistungs- und Bedürfnisprinzip in der Sozialen Arbeit. In: soziales_kapital, Wissenschaftliches Journal Österreichischer Fachhochschul-Studiengänge Soziale Arbeit 2 (3), http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewArticle/148.

Schuldt, Karsten (2011) / Armut und Bibliotheken : Komplexe Problemlagen erfordern mehr als Zielgruppen-Arbeit. In: BuB 63 (6), 459-462.

Schulz, Manuela (2009) / Soziale Bibliotheksarbeit : „Kompensationsinstrument” zwischen Anspruch und Wirklichkeit im öffentlichen Bibliothekswesen. Berlin: Simon Verlag für Bibliothekswissen.

Selke, Stefan (2009) / Fast ganz unten : Wie man in Deutschland anhand von Lebensmitteltafeln satt wird. Münster: Verlag Westfälischer Dampfboot.

Silver, Samantha (2005) / Can’t We All Just Get Along? : Bridging Generation Gaps in Libraries, http://www.liscareer.com/silver_generation.htm.

Speck, Karsten (2007) / Schulsozialarbeit : Eine Einführung, Mit 14 Tabellen (UTB, 2929). München ; Basel: Ernst Reinhard Verlag.

Strzolka, Rainer (2008) / »Wir deprofessionalisieren uns selbst!« : Befristete Stellen, Niedriglohn, Ehrenamt: Rainer Strzolka prangert die Prekarisierung bibliothekarischer Arbeit an. In: BuB 60 (2), 148.

Terkessidis, Mark (2010) / Interkultur (edition suhrkamp, 2589). – Berlin: Suhrkamp.

Thomas, Stefan (2010) / Exklusion und Selbstbehauptung : Wie junge Menschen Armut erleben (Campus Forschung, 946). Frankfurt am Main & New York: Campus Verlag.

Tippelt, Rudolf (2011) / Drop out im Bildungssystem : Situation und Prävention. In: Zeitschrift für Pädagogik 57 (2), 145-152.

Ver.di-Arbeitsgruppe Archive, Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen (2011) / „Gute Arbeit in Bibliotheken” : Ergebnisbericht ; ver.di-Umfrage unter Beschäftigten in Bibliotheken. Berlin: ver.di, http://www.verdi-gute-arbeit.de/upload/m4ddb5925991c6_verweis2.pdf.

Welcome to your library (2008) / About us. London: Welcome To Your Library, http://www.welcometoyourlibrary.org.uk/editorial.asp?page_id=15.

Williment, Kenneth W. (2009) / It takes a community to create a library. In: Partnership: The Canadian Journal of Library and Information Practice and Research, 4 (1), http://journal.lib.uoguelph.ca/index.php/perj/article/viewArticle/545/1485.


Wolfgang Kaiser. Diplom-Bibliothekar. Tätig als Lehrkraft für SchülerInnen der Sekundarstufen I und II, Student und Interviewer zum Thema „Armut und Reichtum”/ Lebenslagen in Deutschland für den Fachbereich Soziologie/Empirische Sozialforschung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt neben der interkulturellen Bibliotheksarbeit, Fragen zur Diversität, der sozialen Gerechtigkeit auch das Bibliothekswesen anderer Länder.

Karsten Schuldt. Dr. phil., Bibliothekswissenschaftler. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Interdisziplinären Zentrum für Bildungsforschung der Humboldt-Universität zu Berlin, Lehraufträge an der Fachhochschule Potsdam. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen soziale Gerechtigkeit und Bibliotheken, Schulbibliotheken, Zivilgesellschaft und Fragen der Kommunikation im Internetzeitalter.